Canada

Canada

[372] Canăda, die wichtigste Provinz des brit. Nordamerika mit einem Flächenraume von 11,000 ! M. und einer Mill. Einw., liegt nördl. von den Vereinigten Staaten und durch die miteinander in Verbindung stehenden vier großen Seen, den Obern-, Huron-, Erie-und Ontariosee, sowie auf eine kurze Strecke von dem 140 M. langen St.-Lorenzstrom davon getrennt, welcher der Abfluß des Ontariosee ist, 80 M. von seiner Mündung Seeschiffe trägt und an dessen beiden Ufern sich C. bis zu der St.-Lorenzbai erstreckt.

Nördl. wird es von Neusüdwales, von der Jamesbai und Labrador umschlossen, ohne daß bestimmte Grenzen bestehen, weil dieser Theil des Landes noch fast ohne Anbau und voller Waldungen, Seen, Sümpfe und wilder Thiere ist. Ziemlich parallel mit dem Lorenzostrom zieht sich nördl. ein 200 M. langer Höhenzug, die Landesheight, von W. nach O. durchs Land, der sich bis 1000 F. erhebt, höher aber sind die im S. an der Grenze des Freistaats Maine hinstreichenden Albanyberge. Das Klima ist viel rauher als in dem unter gleicher Breite liegenden Frankreich und Süddeutschland, und der Winter dauert in den östl. Gegenden fünf, in den westl. jedoch nur drei Monate; der drückend heiße Sommer tritt so schnell ein und scheidet so plötzlich, daß Frühling und Herbst kaum zu bemerken sind. Die Luft ist jedoch durchaus gesund und der fruchtbare Boden bringt Mais und andere Getreidearten, Hopfen, Hanf und Taback in Menge hervor; die Viehzucht begünstigen die herrlichen Triften, Fische liefern die Gewässer und das Meer, Wild und Pelzwerk aller Art, Elenn- und Rennthiere, Bäre, Biber, Fischottern, Marder, Luchse, Hafen, Bisons u.s.w. die Wälder.

C. wurde schon 1497 von dem in engl. Diensten stehenden Venetianer Cabot entdeckt, blieb aber von den Engländern unbeachtet, daher die Franzosen nach mehren verunglückten Versuchen 1608 die erste dauernde Niederlassung dort gründeten, die sehr bald einen einträglichen Handel mit Pelzwerk betrieb, daher immer mehr Auswanderer von Europa eintrafen und die Ansiedelung fortwährend erweitert wurde. Dies machte jedoch die Eifersucht der Engländer rege, welche sich wiederholt der Colonie mit Gewalt zu bemächtigen suchten, was ihnen aber erst 1759 unter Anführung des Generals Wolf gelang, der dabei den Tod fand. Hierauf wurde 1763 beim Frieden mit Frankreich C. an England abgetreten und zerfällt jetzt in die Provinzen Ober- und Untercanada, welche der in den Lorenzfluß mündende Utawafluß scheidet. Beide werden von Statthaltern regiert, denen ein vom König ernannter gesetzgebender Rath und Abgeordnete des Volkes zur Seite stehen, welche ein Ober-und Unterhaus nach Art des engl. Parlaments bilden. Hauptnahrungsquellen der Bevölkerung, die jährlich Tausende auf Staatskosten aus England übergesiedelte, sowie aus allen Theilen Europas anlangende Auswanderer vermehren, sind Landbau, Viehzucht, Jagd, Fischerei und Handel; Manufacturen und Fabriken gibt es nur wenige, indem sich z.B. die meisten Haushaltungen ihren Bedarf an leinenen und wollenen Waaren, an Zucker (aus dem Safte der Ahornbäume) selbst bereiten.

In Unter-C., an den Ufern des Lorenzstromes gelegen. herrscht von den ersten Ansiedlern her neben der engl. auch die franz. Sprache und viel franz. Sitte; das angebaute Land ist noch in Herrschaften eingetheilt, deren Bewohner jedoch dem sogenannten Grundherrn nur ein Geringes abzugeben [372] haben, alles freie Land aber wird von der Regierung vertheilt. Hier liegt am St.-Lorenzoflusse Quebek, die Hauptstadt des ganzen Landes, mit 26,000 Einw., der Sitz der Regierung, eines katholischen und eines engl. Bischofs. Die Stadt besteht aus der stark befestigten Oberstadt und der engen und winkeligen Unterstadt, hat einen vortrefflichen Hafen, steht aber als Handelsplatz dem oberhalb derselben auf einer Insel im Lorenzoflusse gelegenen Montreal mit 25,000 Einw. nach, welches der Hauptstapelplatz des Verkehrs mit Pelzwaaren ist. Die eingeborenen Indianer belaufen sich auf ungefähr 20,000, gehören zu den Stämmen der Mohawks und Schippeways, schwärmen meist noch in den Wäldern umher und nur ein kleiner zum Christenthume bekehrter Theil derselben wohnt in Dörfern beisammen. In dem schwächer bevölkerten Ober-C. ist York am Ontariosee mit 4000 Einw. die Hauptstadt, neben der nur Kingston am St.-Lorenz mit 4000 Einw. zu bemerken ist. Die Einwohner sind hier meist aus den Vereinigten Staaten eingewanderte Amerikaner, außerdem Engländer, Deutsche und wenige Indianer. – Der Niagara, der gegen sieben M. lange Abfluß des Erie- in den Ontariosee, bildet hier den größten Wasserfall der Erde, indem in der Mitte desselben die fast 4000 F. breite Wassermasse 150–160 F. tief senkrecht hinabstürzt. Die 600 Schritt lange Ziegeninsel theilt den Fall in zwei Theile, deren westl. von seiner Gestalt der Hufeisenfall, und weil er am Ufer von C. liegt, auch der canadische Fall heißt und der schönste ist; fortwährend steigt eine Dampfsäule daraus empor und des Nachts vernimmt man das Geräusch desselben acht M. weit. Hinter dem Bogen, den die täglich auf ein Gewicht von 64,000 Mill. Ctnr. berechnete herabstürzende Wassermasse beschreibt, liegt eine 120 F. hohe, 50 F. breite und 300 F. lange Grotte, in die man auf einem schmalen Pfade gelangen und so das furchtbar schöne Naturschauspiel ganz in der Nähe betrachten kann.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 372-373.
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