Canarischen Inseln

[373] Canarischen Inseln (die), 20 an der Zahl, liegen an der Westküste Afrikas, dem Vorgebirge Nun in Marokko gegenüber, haben zusammen eine Größe von 221 ! M. mit 232,600 Einw. und wurden von den Alten wegen ihres [373] herrlichen Klimas und wegen ihrer Fruchtbarkeit die glückseligen Inseln genannt. Sie haben indessen von verheerenden Regengüssen und Stürmen zu leiden und wenn der glühende Harmattan von der Wüste Sahara herüberweht, ist die Hitze äußerst drückend; auch werden sie vom gelben Fieber heimgesucht. Der Boden ist sehr gebirgig, durchaus vulkanischer Natur und es gibt noch mehre feuerspeiende Berge, daher Erdbeben nicht selten sind; wo er sich aber zum Anbau eignet, ist er höchst fruchtbar und es gedeihen Getreide, Südfrüchte und edler Wein, unter dem Namen Canariensect bekannt. Außer den gewöhnlichen Hausthieren findet man Dromedare und eine besondere Art Ziegen, ferner ist hier die Heimat der Canarienvögel, einer Finkenart, die ursprünglich auf dem Rücken grünlichgelb, unten goldgelb, an den Seiten bräunlich gefärbt sind, durch Vermischung mit Hänflingen, Stieglitzen und andern Vögeln während ihrer bald 300jährigen Übersiedelung nach Europa jedoch viele Abänderungen erlitten haben. Ihr munterer Gesang und die Gelehrigkeit, mit der sie sich zu vielerlei Künsten abrichten lassen, haben sie zu beliebten Hausthieren gemacht und in Tirol, in der Schweiz, auf dem Schwarzwalde und Thüringerwalde gibt es ganze Ortschaften, welche die Zucht und Abrichtung derselben als einen freilich früher mehr als jetzt einträglichen Erwerbszweig betreiben und bis nach England, Petersburg und Konstantinopel Absatz finden.

Nachdem seit der Mitte des 14. Jahrh. franz. und span. Abenteurer sich mit wechselndem Erfolge einzelner der lange unbeachtet gebliebenen Inseln bemächtigt hatten, eroberten sie die Spanier von 1478–96 nach hartem Widerstande der Guanchen genannten Ureinwohner, welche die tyrannische Herrschaft der Sieger schon im 17. Jahrh. gänzlich vertilgt hatte und von denen nur hin und wieder noch ein mumienartig zubereiteter, in Ziegenhäute genähter Leichnam in einer der zahlreichen Felsgrotten gefunden wird. Die jetzige Bevölkerung besteht aus Spaniern und Abkömmlingen der Guanchen, Mauren und Portugiesen, einem dunkelfarbigen, wenig betriebsamen, abergläubigen Menschenschlage, und hat die sieben Inseln Teneriffa, Canaria, Palma, Lanzerota, Fortaventura, Gomera und das kleine Ferro inne, die südwestl. von allen und nur durch den darüber gezogenen Meridian berühmt, welcher als der erste angenommen wird. Auf Teneriffa, der größten, liegt an der nordöstl. Küste die befestigte Stadt Santa-Cruz mit 8000 Einw., der Sitz des Statthalters, und im südl. Theile erhebt sich der 11,400 F. hohe Pic de Teyde, ein seit 1798 unthätiger Vulkan, von dem aus man eine entzückende Aussicht über die sämmtlichen Inseln, das Meer und die afrikan. Küste genießt. Canaria ist eine der schönsten und fruchtbarsten, hat Überfluß an Quellwasser, was mehren Inseln ganz fehlt und enthält die Stadt Palmas mit 9000 Einw.; das Gegentheil davon ist Lanzerota, welche noch 1824 der Ausbruch eines Vulkans verheerte, deren noch drei thätige vorhanden sind.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 373-374.
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