[511] Dante Alighieri, dessen Vorname unverkürzt Durante heißt, gehört zu den größten Dichtern aller Zeiten und ward im Mai 1265 zu Florenz geboren, wo sein Vater Rechtsgelehrter war und sein Geschlecht zu den ältesten und achtbarsten, wenn auch nicht vornehmsten gehörte.
Der früh verwaiste Knabe verdankte seine fernere Erziehung namentlich seinem als Staatsmann und Schriftsteller ausgezeichneten Lehrer Brunetto Latini, der die ernste Richtung seines Geistes erkennend, die sich in früher Kindheit in der Verachtung kindischer Spiele zuerst zu erkennen gab, ihn bald zu dem Studium der alten Dichter Anleitung gab. Durch dieselben gebildet, trat er selbst als Dichter hervör, als ihn die Liebe zu Beatrice Portinari, zu der er sich schon in seinem neunten Jahre hingezogen fühlte, höher zu begeistern anfing, und einem eignen Werke, »Das neue Leben«, die Entstehung gab, das er so nannte, weil der Anblick der Geliebten eine völlige Umwandlung seines Innern, ein neues Leben für ihn erzeugt habe. Vielleicht gehörte dazu auch der Trieb zur Thätigkeit im Dienste seiner Vaterstadt, für welche D. in den Schlachten bei Campaldino 1289 gegen die Arctiner und 1290 bei Caprona gegen die Pisaner tapfer focht. Seinen Schmerz über den Tod seiner Geliebten im J. 1290 vermochte nur das eifrigste Studium der Philosophie zu lindern, dem er sich drei Jahre lang, vorzüglich auf den Universitäten zu Bologna und Padua, widmete. Zwar verheirathete er sich 1292, allein diese Ehe ward nur aus politischen Rücksichten, nicht aus Liebe geschlossen, und das Andenken an Beatrice blieb bis an seinen Tod ihm heilig und in einer Reihe von Gedichten, von denen er später mehre auswählte, um sie unter dem Titel »Das Gastmahl«, mit dem Brote seiner Erklärung begleitet, den Freunden der Wissenschaft vorzusetzen, stellte er dar, wie er durch die Philosophie seine Trauer überwunden, welche hohe Bedeutung diese Wissenschaft für das Leben habe. Als Philosoph erwarb sich D großen Ruf, und weil man in damaliger Zeit ausgezeichnete Gelehrte gern zu Staatsgeschäften gebrauchte, ward er als Gesandter an den König von Neapel, an den Papst und an andere Höfe geschickt, in wichtigen Angelegenheiten öfter befragt und endlich 1300 zum Prior, einem hohen Amte in seiner Vaterstadt, erwählt, dadurch aber in den Kampf der die Weißen und Schwarzen genannten Parteien verwickelt, welcher von 1300–2 Florenz zerrüttete. Als die Weißen unterlagen, wurde D. 1302 mit mehren Häuptern derselben verbannt und seines Vermögens beraubt, seine Frau und Kinder blieben jedoch in Florenz. er selbst aber führte ein unstätes Leben und an unzählige Orte des obern und mittlern Italiens ist die Sage geknüpft, daß D. daselbst sich eine Zeit lang aufgehalten und gedichtet habe. D. begab sich zunächst nach Siena, dann nach Arezzo und Verona; Hoffnungen zur Rückkehr riefen ihn jedoch wieder nach Toscana, als diese aber gescheitert waren. verließ er 1307 Italien und ging nach Paris, um daselbst den Wissenschaften zu leben. Er kehrte indessen nach Italien zurück, als ihm Kaiser Heinrich VII. Anwesenheit daselbst neue Aussichten eröffnete, nachdem dieser aber Florenz 1312 vergebens belagert hatte, ging D. zu dem Herrn von Ravenna, bei dem er, mit Ausschluß weniger Jahre, welche er beim Patriarchen von Aquileja und in Verona verlebte, bis zu seinem Tode hochgeachtet sich aufhielt. In die unruhige Zeit nach seiner Verbannung, die ihm Alles, nur seinen Geist nicht raubte, fällt die Entstehung von D.'s größtem Werke, nämlich der »Divina commedia« oder »Die göttliche Kömödie«, worin er in drei Theilen, »Hölle«, »Fegefeuer« und »Paradies«, die Geschichte des einzelnen Menschen und der Menschheit überhaupt darstellt und welches bald so hohes Ansehen erlangte, daß öffentliche Lehrer zur Erklärung desselben in mehren Städten Italiens und auch in Florenz angestellt wurden, das sich jedoch erst nach seinem 1321 erfolgten [511] Tode wieder mit D. versöhnte, seine Gebeine, wiewol vergeblich, von Ravenna verlangte und ihm noch 1829 ein prächtiges Denkmal errichten ließ. Übersetzungen von D.'s Hauptwerke haben Kannegießer (3 Bde.; 3. Aufl., Lpz. 1833), und Streckfuß (3 Bde., Halle 1824–27), sowie mehre Bearbeiter von seinen lyrischen Gedichten (Lpz. 1827) geliefert, welche in besonderer Beziehung zum Leben des Dichters stehen. D. war von mittler Größe, hatte ein langes Gesicht, eine Habichtsnase, etwas heraustretende Augen, große Kinnladen, eine etwas vorspringende Unterlippe, starkes, schwarzes und gekräuseltes Haar und Bart, bräunliche Gesichtsfarbe und der gewöhnliche Ausdruck seines Gesichts war nachdenkend und finster.