[72] Forster (Joh. Reinhold), berühmt als Naturforscher und Begleiter Cook's (s.d.) bei dessen zweiter Reise um die Erde, wurde am 22. Dec. 1729 in Dirschau, wo sein Vater Bürgermeister war, geboren. F. wuchs bei der Kränklichkeit seines Vaters ohne besonders sorgfältig geleitete Erziehung auf; nachdem er ein Jahr die Schule in Marienwerder besucht hatte, kam er im 15. Jahre nach Berlin auf das joachimsthaler Gymnasium, wo er sich vorzugsweise auf die Erlernung der neuern Sprachen legte. Nach dem Willen des Vaters sollte er in Halle die Rechte studiren; er wählte aber die Theologie, vorzüglich weil er dabei Sprachstudien treiben konnte. Mit 24 Jahren wurde er Prediger in Nassenhuben bei Danzig, verheirathete sich und kam dadurch bei einem kleinen Gehalte in eine sehr misliche Lage; dazu kam, daß er zum geistlichen Amte keinen Beruf hatte. Er trieb seine Amtsgeschäfte nur als Nebensache, studirte dagegen Mathematik, Länder- und Völkerkunde und neue Sprachen. Naturkunde fing er erst an zu treiben, nachdem sein ältester Knabe, Georg F. (s.d.), große Wißbegierde zeigte, die Namen der Naturgegenstände zu erfahren. Die Bekanntschaft mit dem russ. Residenten in Danzig verschaffte ihm die Auffoderung von Seiten der russ. Regierung, die Gegend um Saratow und an der Wolga, wo Katharina II. fremde Colonisten aufgenommen hatte und noch mehre ansiedeln wollte, zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten. Er entledigte sich dieses Auftrags in Begleitung seines Sohnes und bekam nun den Befehl, ein Gesetzbuch für die Colonisten auszuarbeiten; da er aber trotz allen Mühen für diese Arbeit keine Belohnung und für sein inzwischen aufgegebenes Predigtamt keine Entschädigung erhielt, so entschloß er sich, in England sein Glück zu versuchen und reiste mit seinem Sohne Georg dahin ab. Hier nährte er sich anfangs vom Verkaufe der aus Rußland mitgebrachten Seltenheiten und vom Übersetzen, wurde dann Lehrer an der Akademie in Warrington, wohin er seine Familie nachkommen ließ. Aber bald gab er die Stelle wieder auf, lebte nun in London sehr kärglich, bis er den Antrag bekam, den Capitain Cook auf seiner zweiten Reise um die Erde zu begleiten. Er willigte mit Vergnügen ein, nahm seinen 17jährigen Georg mit, schiffte sich am 11. Jul. 1772 in Plymouth ein und nach drei Jahren, am 30. Jul. 1775, stieg er in England wieder ans Land. Jetzt wollte er eine Beschreibung seiner Reise bekannt machen, aber der Minister verbot es ihm, weil es gegen den mit ihm geschlossenen Vertrag sei. F. glaubte das Verbot dadurch zu umgehen, daß er seinen Sohn die Beschreibung aufsetzen ließ; aber er büßte dadurch die Belohnung ein, welche ihm von der engl. Regierung zugesichert worden war. Außerdem erlitt er noch andere Kränkungen in England, die sein sehr reizbares Gemüth verstimmten und ihn zu heftigen Äußerungen veranlaßten, die ihm viele Feinde machten. Er mußte in den nächsten Jahren mit seiner Familie in großer Armuth schmachten und wurde endlich Schulden halber sogar ins Gefängniß gesetzt. Daß ihn die Universität Oxford zum Doctor der Rechte machte, konnte seine Lage nicht verbessern; endlich rettete ihn Friedrich der Große, der auf ihn aufmerksam geworden war und ihn 1780 als Professor der Naturwissenschaften nach Halle berief, wo er bis an seinen am 9. Dec. 1798 erfolgten Tod blieb. Hier nützte er weniger durch seine sonst sehr anziehenden Vorlesungen, als durch Übersetzungen der neuesten Reisebeschreibungen und Ausarbeitung sehr schätzbarer naturwissenschaftlicher und ethnographischer Werke. Er wurde zum Doctor der Philosophie und Medicin ernannt, erhielt den Titel eines Geheimraths und die meisten gelehrten Gesellschaften Europas nahmen ihn zum Mitgliede auf. Aber seine oft unüberlegte Heftigkeit, seine Geradheit zogen ihm manche Verdrießlichkeiten zu, und da er nie Haus zu halten verstand, auch das Spiel leidenschaftlich liebte, so hatte er oft mit Nahrungssorgen zu kämpfen und kam nie aus seinen Schulden heraus. Von dieser Schattenseite abgesehen, war sein Charakter von einer seltenen Biederkeit und Gutmüthigkeit; hatte er Jemand durch sein polterndes Wesen beleidigt, so ruhte er nicht eher, bis er ihn versöhnt hatte. Er ließ gern fremdem Verdienste Gerechtigkeit widerfahren, schmeichelte aber nie, war offen und von einer unerschütterlich frohen Laune.
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