Frankfurt am Main

Frankfurt am Main
Frankfurt am Main

[78] Frankfurt am Main, der Zahl der Einwohner nach die zweite, in politischer Bedeutung die erste der vier freien Städte Deutschlands, liegt auf dem rechten Mainufer in einer meist flachen, sandigen, aber trefflich angebauten Gegend.

Nach N. erblickt man die Berge der Höhe oder des Taunus und im S. die des Odenwaldes in der Entfernung einiger Meilen. Die Einwohnerzahl beläuft sich auf 52,000, unter denen die meisten der lutherischen, 2500 der reformirten, 6000 der katholischen Kirche angehören. Juden, deren Rechte seit einigen Jahren bedeutend erweitert worden sind, gibt es mehr als 6000. Im Ganzen ist F. nicht schön gebaut. Die Straßen sind unregelmäßig und meist nicht breit, und neben sehr ansehnlichen Gebäuden gibt es viele kleine und alte. Doch hat es sich in neuerer Zeit sehr verschönert, und besonders ist vor den Thoren viel gebaut worden, seitdem die Stadt aufgehört hat, Festung zu sein. Statt der ehemaligen Wälle und Gräben ist sie mit schönen Gärten und Spaziergängen umgeben. Über den Main führt eine breite steinerne Brücke nach der Vorstadt Sachsenhausen, auf welche von jener Einwohnerzahl 5000 kommen. Die größte Wichtigkeit erhält F. durch seinen Handel und Verkehr, der durch die zwei blühenden Messen sehr befördert wird. Die wichtigsten Handelsgegenstände sind: franz. und Rheinweine, Wolle, deutsche, franz., helvet., italien. und engl. Fabrikwaaren, Colonialwaaren und Leder; außerdem werden sehr wichtige Wechsel- und Speditionsgeschäfte getrieben. Die Fabriken sind nicht ausgezeichnet, doch gibt es deren mehre, vorzüglich für Schnupftaback. Ehemals war F. der Hauptsitz des deutschen Buchhandels, was jetzt Leipzig ist. F. hat 7 Land- und 7 Wasserthore. Unter den Straßen zeichnen sich die Zeit, die meist gerade, breit und mit schönen Gebäuden geziert ist, die große Gallus-, die Schnur-, die Sandgasse, die neue Kräm und die neue Mainzerstraße aus; unter den Plätzen: der Paradeplatz, der Roßmarkt, der Platz am Römer und der am Liebfrauenberge. Die merkwürdigsten Gebäude sind: der Römer oder das Rathhaus, in welchem sonst die Wahl des röm. Kaisers berathen wurde, ein altes, ehrwürdiges Gebäude. Hier ist der Kaisersaal, geschmückt mit den Bildern sämmtlicher Kaiser, und das Wahlzimmer, geziert mit Purpurtapeten und wunderlich verschnörkelten Goldleisten; der Thurn- und Taxische Palast, jetzt der Versammlungsort der Bundesversammlung, 1740 erbaut; der Saalhof, einst ein Residenzschloß karolingischer Kaiser, jetzt zum Speicher benutzt; die Börse; das Haus zum Braunfels, auch zu Kaufmannsgeschäften bestimmt; das ehemalige Zeughaus, jetzt zu Kaufgewölben eingerichtet; der Dom oder die Bartholomäikirche, im altdeutschen Styl gebaut, mit dem Grabmale des deutschen Kaisers Günther; auch ist hier die ehemalige Wahlkapelle oder das Conclave, wo die feierliche Wahl der Kaiser vollzogen wurde. An wissenschaftlichen Anstalten und Sammlungen ist F. reich. Es gehören dahin: die aus 100,000 Bänden bestehende Stadt- und Rathsbibliothek, für die seit 1825 ein neues Gebäude errichtet worden ist; ein sehr gut eingerichtetes Gymnasium im ehemaligen Barfüßerkloster; eine Bürgerschule; mehre Volksschulen, zu denen auch eine Sonntagsschule zu rechnen ist; ein Taubstummeninstitut; ein Gelehrtenverein für deutsche Sprache; die Senkenberg'sche naturforschende Gesellschaft, zu der 1817 gegründeten Senkenberg'schen Stiftung gehörig, die auch ein medicinisches und anatomisches Institut, ein Hospital und einen botanischen Garten enthält und ein eignes großes Gebäude für ihre Sammlungen besitzt; mehre öffentliche Bibliotheken und Gelehrtenvereine; das Städelsche Kunstinstitut; der sehr werthvolle Antikensaal im Bethmann'schen Hause; das Museum [78] mit mehren sehr guten Sammlungen u.s.w. Auch an Wohlthätigkeitsanstalten fehlt es nicht; dahin gehören außer dem senkenberg'schen Hospitale die seit 1809 eingerichtete Armencommission, das große Hospital zum h Geist, das allgemeine Waisenhaus, das neue Waisenhaus, das Versorgungshaus für hülfsbedürftige alte Leute, mehre Hospitäler und Privatstiftungen. Unter den Privatgebäuden darf das Göthe'sche Haus nicht übersehen werden, in welchem der große Dichter 1749 geboren wurde.

Von der Stadt F. müssen wir das Gebiet unterscheiden, das einen Flächenraum von 41/3 ! M. enthält, mit 60,000 Menschen, die Stadtbewohner eingeschlossen. Der sehr gut bebaute Boden bringt vorzugsweise Gemüse, Wein und Obst hervor; doch müssen für die Bedürfnisse der Stadt noch viele Lebensmittel von auswärts herbeigeholt werden.

F. war schon seit 1254 freie Reichsstadt, wurde aber durch Napoleon zu einem Großherzogthum F. gemacht und dem Fürsten Primas Karl von Dalberg (s.d.) übergeben. Nach dem Sturze Napoleon's wurde es wieder freie Reichsstadt und hat seit 1816 eine neue Verfassung. An der Spitze der Regierung stehen drei Gewalten: der gesetzgebende Körper, der Senat und der ständische Bürgerausschuß. Der erstere besteht aus 20 von und aus dem Senat gewählten Männern, aus 20 Mitgliedern des ständischen Bürgerausschusses und 45 aus der christlichen Bürgerschaft gewählten Personen. Die ausübende Macht liegt in den Händen des Senats, der aus 42 Mitgliedern besteht, deren dritter Theil aus dem Stande der angesehensten Handwerker gewählt wird. Die Wahl der beiden Bürgermeister wird jährlich erneuert. Der ständische Bürgerausschuß enthält 60 Mitglieder. Die Staatseinkünfte belaufen sich ungefähr auf 760,000 Gulden. Auf der Bundesversammlung hat F. mit den drei übrigen freien Städten Eine Stimme und führt unter ihnen den Vorsitz. Die Stadt hält 700 M. Soldaten und hat 475 M. als Bundescontingent zu stellen. In neuester Zeit ist F. dem von Preußen ausgegangenen Zollvereine beigetreten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 78-79.
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