[622] Rakoczy, unrichtig Ragoczy, hieß eine in männlicher Linie schon im vorigen Jahrh. erloschene fürstliche Familie in Siebenbürgen, wo einige Mitglieder derselben seit 1606 Großfürsten und Östreichs gefährliche Gegner waren. So Georg I. R., der 1629 Fürst von Siebenbürgen wurde, welches damals vom osman. Reiche abhängig war und der die Bedrängnisse der östr. Macht während des dreißigjährigen Krieges zu wiederholten, im Ganzen jedoch planlosen Einfällen in Ungarn benutzte und erst 1643 mit Schweden und Frankreich ein Bündniß einging, welches ihm ansehnliche Geldbeiträge und glänzende Aussichten für eine nachdrückliche Theilnahme am Kriege zusicherte. Er drang hierauf 1644 in Ungarn vor und Versprechungen von kirchlicher Freiheit, indem R. sich zur reformirten Kirche bekannte, sowie von nationaler Selbständigkeit führten ihm zahlreiche Streiter zu. Ein großer Theil von Ungarn und mehre feste Plätze wurden erobert und R. näherte sich Presburg, als er ohne Mitwissen seiner Bundesgenossen 1745 plötzlich einen Waffenstillstand und dann zu Linz einen Frieden mit Östreich einging, in welchem für Ungarn freie Religionsübung und die Zurückgabe aller den Protestanten entzogenen Kirchen gewonnen und Georg I. R. außer ansehnlichen erblichen Besitzungen, sieben ungar. Comitate bis an seinen 1648 erfolgenden Tod überlassen wurden. Ein Urenkel von ihm war Franz Leopold R., geb. 1676, dessen Vater 1681 starb, worauf seine Mutter, eine Tochter jenes als Rebellen gegen Östreich hingerichteten Grafen Zriny, den Grafen Emmerich Tökely heirathete. Dieser unversöhnliche Gegner Östreichs war im Kriege von 1683–87 Bundesgenosse der Türken und mußte nach dessen unglücklichem Ausgange Sicherheit in Konstantinopel suchen, seine Gattin aber sich 1688 mit der Festung Munkacz und [622] ihren Kindern den Kaiserlichen ergeben. Franz Leopold ward nach Böhmen gebracht und katholisch erzogen, später jedoch auf seine ihm theilweise zurückgegebene Güter in Ungarn entlassen. Er vermählte sich mit einer Prinzessin von Hessen-Rheinfels, hatte jedoch keineswegs vergessen, was sein Haus durch Östreich gelitten, und trachtete darnach, seine Rechte geltend zu machen. Zu Anfang des span. Erbfolgekrieges wurde er, als gefährlicher Anschläge verdächtig, von den Östreichern verhaftet, entkam aber nach Warschau, worauf ein Preis auf seinen Kopf gesetzt und seine Güter eingezogen wurden. R. aber rief die Ungarn wider Östreich zu den Waffen und fand außerordentlichen Anhang, selbst unter den Vornehmsten, eroberte viele feste Plätze und hatte 1704 den größten Theil von Ungarn in seiner Gewalt, sodaß Kaiser Leopold I. zu unterhandeln verlangte. Da er aber Ungarn als Wahlreich anerkennen, freie Religionsübung, die Zurückgabe aller eingezogenen Güter an R. und seine Anhänger gewähren und den Erstern als Fürsten von Siebenbürgen anerkennen sollte, so kam weder jetzt noch mit Joseph I. nach Leopold I. 1705 erfolgtem Tode ein Vergleich zu Stande. R. hielt sich jedoch, wenn auch mit wechselndem Glücke, bis 1708 eine entscheidende Niederlage bei Trenczin die Kraft der Insurgenten brach und sie entzweite. Vergebens suchte er die Pforte und Peter den Großen zur Unterstützung seiner Partei zu bewegen und verließ am Ende Ungarn, wo 1711 die Stände den Frieden von Szathmar eingingen. Durch diesen ward allen Insurgenten Amnestie und Zurückgabe ihrer eingezogenen Güter, den geduldeten Religionen freie Ausübung ihres Gottesdienstes und den Ungarn im Allgemeinen die Herstellung ihrer Volksrechte zugesichert. Da R. diesen Frieden nicht anerkannte, wurde er seiner Güter verlustig erklärt, lebte seit 1713 eine Zeit lang von einem franz. Jahrgelde in Frankreich, das er aber auf östr. Betrieb verlassen mußte, und starb 1735 in der Türkei. – Von seinen zwei Söhnen, die in Wien zurückgehalten wurden, entfloh der älteste 1734, ward 1737 von der Pforte zum Fürsten von Siebenbürgen bestimmt, konnte sich aber nicht behaupten und starb 1738; durch seines Bruders Tod in Italien erlosch später das Geschlecht.