[235] Cromwell (Krommʼl), Oliver, geb. den 25. April 1599 zu Huntingdon aus der altsächs. Familie Williams, welche den Namen C. wegen seiner Verwandtschaft mit Richard C., Grafen Essex, dem Günstlinge Heinrichs VIII. angenommen hatte. C.s Vater und Großvater waren Parlamentsmitglieder und gehörten zu der Opposition gegen die unbeschränkte Monarchie und die Hochkirche. C. hatte die Rechte studiert, verwaltete [235] dann sein väterliches Gut und wurde in die Parlamente von 162540 gewählt, welche von Karl I. alsbald aufgelöst wurden, weil sie eine unbeschränkte königl. Gewalt nicht anerkannten. C. war auf Seite der entschiedensten Oppositionsmänner, wurde aber kaum bemerkt, denn er war nicht nur kein Redner, sondern selbst unbehilflich im mündlichen Ausdrucke. Mit dem Ausbruch des Bürgerkrieges begann seine Bedeutung; er rüstete aus seinen Pächtern eine Reiterschwadron aus und erhielt als Parlamentsmitglied und Verwandter John Hampdens bald eine höhere Stellung. 1644 commandirte er in der Schlacht bei Marston-Moor bereits die ganze Reiterei der Parlamentsarmee und entschied mit ihr den Sieg. Aus der constitutionellmonarchischen und presbyterianischen Partei entwickelte sich bald eine republikanische, welche in kirchlicher Beziehung noch strengere Disciplin einführte und auch von den presbyterianischen Synoden nichts wissen wollte, die Partei der Independenten oder »Heiligen«. C. gehörte zu dieser Partei und arbeitete für sie, jedoch insgeheim, bis er sie stark genug sah, um freier auftreten zu dürfen. Das Parlament faßte den Beschluß, daß keines seiner Mitglieder zugleich eine Befehlshaberstelle im Heere begleiten sollte; dadurch wurden die constitutionellmonarchischen Pairs (die Grafen Essex, Manchester etc.) von dem Heere entfernt, C. aber nicht, weil der Obergeneral Fairfax, den C. leitete, erklärte, nur C. könne die Reiterei commandiren. C. führte nun thatsächlich den Oberbefehl und erfocht den 14. Juni 1655 bei Naseby einen entscheidenden Sieg über die Königlichen. Als der König durch die Schotten an das Parlament ausgeliefert war, wollte dasselbe C. mit dem größten Theile des Heeres nach Irland schicken, den Sold verkürzen u.s.w., aber C. rückte mit dem dadurch aufs höchste erbitterten Heere in die Nähe Londons und erzwang zuerst die Ausweisung von 11 Hauptsprechern der Presbyterianer und als die Londoner für diese einen Aufstand versuchten und die Independenten bedrohten, floh die Mehrzahl des Parlaments in das Lager zu C., der nun gegen London aufbrach, die Stadt besetzte und den König in seine Gewalt brachte. Er unterhandelte mit ihm, aber als er aus einem aufgefangenen Briefe den unversöhnlichen Zorn des Königs gegen ihn ersah und zugleich sein Ansehen bei dem Heere wankte, kehrte er sich entschlossen ab u. arbeitete fortan zum Verderben des Königs. Ein Fluchtversuch desselben mißlang, die Bedingungen, unter welchen die Independenten ihn anerkennen wollten, waren der Art, daß er nur ein Werkzeug in ihrer Hand gewesen wäre. Er schlug sie aus und hoffte von der Feindschaft der Presbyterianer u. Schotten gegen die Independenten, welche die schottische nationale kirchliche und politische Verfassung so wie den Presbyterianismus der Engländer gleichsehr bedrohten, Rettung u. Wiederherstellung seiner Gewalt. Wirklich kam das Parlament während C.s Zug gegen die Schotten mit dem Könige beinahe zu einer Vereinbarung, als C. mit dem Heere zurückkehrte, durch Oberst Pride die Presbyterianer aus dem Parlamente jagte und sich der Person des Königs bemächtigte. Durch ein Gericht aus seinen ergebensten Anhängern ließ ihn C. zum Tode verurtheilen und am 30. Jan. 1649 enthaupten. England erhielt eine republikanische Verfassung, ein Parlamentsausschuß führte die Regierung, während C. in Irland alles niederhauen ließ, was sich bewaffnet widersetzte, und den 3. Septbr. 1651 die Schotten bei Dunbar so schlug, daß sie keinen Widerstand mehr wagten. Am 3. Sept. des folgenden Jahres vernichtete er die engl. Royalisten bei Worcester und als das Parlament die Armee theilen wollte u. einige Regimenter auf die Flotte zum Kriege gegen Holland commandirte, so empörte sich die Armee und C. jagte das »lange« Parlament auseinander (es hatte 13 Jahre gedauert), 1653. C. berief ein neues Parlament, dieses machte sich aber durch seine Unwissenheit (es waren meistens Handwerker und Landleute) und alberne Frömmigkeit so verächtlich, daß es C. ohne Gefahr heimschicken konnte. Nun gab C.s Kriegsrath der Republik eine scheinbar [236] sehr liberale Verfassung, aber der zum lebenslänglichen Protector der Republik ernannte C. zeigte bei jeder Handlung, daß er das eigentliche Haupt des Staates, Englands Herrscher sei. Das Parlament von 1654, ein frei gewähltes, sollte ihm die von der Armee übertragene Gewalt bestätigen, allein es zeigte so wenig Neigung, daß es von C. heimgeschickt wurde. Ein zweites von 1656 war günstiger; es bestätigte C.s Gewalt und dieser beschwor dagegen die revidirte Verfassung, das von 1658 dagegen zeigte sich so wenig fügsam und so geneigt an C.s Gewalt zu rütteln, daß er es mit heftigen Vorwürfen auflöste. C. regierte mit und ohne Parlament gleich kräftig und umsichtig; außer den Katholiken und den engl. Episcopalen duldete er die andern Glaubensparteien als bürgerlich gleichberechtigt; die Gleichheitsmacher (Levellers) zermalmte er u. die Irländer hielt er mit eherner Gewalt nieder, gegen sie bewies er sich eigentlich grausam; das Wahlrecht machte er von einem mäßigen Vermögen abhängig; die öffentlichen Aemter besetzte er mit tüchtigen Männern; den Staatshaushalt führte er musterhaft und sein eigenes Hauswesen war das Vorbild einer nüchternen, ernsthaften Wirthschaft. England wurde durch C. dem Auslande furchtbar. Am härtesten traf er die Holländer, die ihn und die Republik schwer beleidigt hatten. Sein Admiral Blake überwand ihre Flotten und eröffnete die lange Reihe der großen engl. Seesiege. Die Holländer mußten Frieden machen u. sich die Navigationsacte C.s gefallen lassen; diese vernichtete den Zwischenhandel Hollands mit England, denn sie erklärte Schiff und Ladung eines Ausländers verfallen, wenn derselbe andere Waaren als die aus seinem Lande stammenden nach England einführen würde. Dadurch wurde C. Gründer der engl. Handelsmacht; Spanien ängstigte er durch eine Flotte im Mittelmeere, nahm Dünkirchen in den Niederlanden weg, in Westindien aber entriß er ihm die wichtige Insel Jamaika. Ebenso traf die afrikanischen Raubstaaten die Schwere seines Arms. Es war sein Lieblingsplan ein großes protestant. Bündniß zu errichten, an dessen Spitze England treten sollte; auch bedrohte er bereits den Papst mit einem bewaffneten Besuche, als er den 3. Sept. 1658 st. Seine Gewalt erbte nach einem früheren Parlamentsbeschlüsse auf seinen einzigen noch lebenden Sohn Richard C., geb. 1626, dieser war aber ebenso wenig ein Soldat als ein Politiker gleich seinem Vater; das Parlament republikanisirte, die Generale aber trachteten nach anderen Dingen. Richard sah sich solchen Verhältnissen nicht gewachsen, dankte ab u. st. 1712 in Vergessenheit, England aber wandte sich wieder der Monarchie zu, von der es allein Schutz gegen die Militärdespotie und die Gewaltthätigkeit der Sekten erwartete.