Schutzmittel

[832] Schutzmittel gegen die Angriffe von Feuer, Frost, Säuren, Wasser u.s.w. sowie zur Erhaltung der Wärme werden von chemischen und andern Fabriken in großer Auswahl unter den verschiedensten Bezeichnungen (Phantasienamen) geliefert; sie dienen im wesentlichen zur Instandhaltung von verarbeiteten Baumaterialien aller Art, sind teilweise schon besonders aufgeführt (s. Anstriche, Holzkonservierung, Isoliermaterialien, Isolierschichten u.s.w.) und sollen – unter Bezugnahme auf bereits Erwähntes – hier im Zusammenhange erörtert werden.

1. Schutzanstriche und Imprägnierungen. Jedweder Ueberzug mit einer nach dem Trocknen nicht wasserlöslichen Substanz bietet einen gewissen Schutz, dessen Dauer allerdings sehr verschieden ist. Harzige Substanzen widerstehen dem Einflusse des Wassers besser als ölige (Oelfarben), ebenso auch den schwächeren Säuren, während sich den Einflüssen des Frostes nicht jeder Anstrich gewachsen zeigt, am wenigsten solche mit rein harzigen Substanzen, da die Harzüberzüge nach dem Verdunsten des Lösungsmittels durch die Kälte spröde werden und dadurch leicht abspringen. Die Widerstandsfähigkeit der Schutzanstriche ist aber auch abhängig von dem Material, auf das sie aufgebracht werden; auf Eisen und Holz haben sich bei dauernder Einwirkung des Wassers Anstriche mit Bleimennige, Asphalt- und Teerpräparaten (Carbolineum und seine Abarten, wie Barol), Harzlacke u.s.w. bewährt; für Zement, Beton, Steine u.s.w. werden ebenfalls vielfach Teerpräparate verwendet. Als Schutzanstrich auf den Zementverputz bei Trinkwasserbehältern z.B. haben sich Inertol, Siderosthen, Preolit, Siccolineum-Schwarzlack, Boschin (s.d.) u.s.w. bewährt. Uebrigens muß man bei Verwendung aller genannten Anstrichmittel mit der Inbetriebnahme der Behälter so lange warten, bis das betreffende Lacklösungsmittel vollständig verdunstet ist; andernfalls erhält das Wasser davon einen Beigeschmack. Ueber andre Schutzanstriche s. Anstrich der Schiffe, Anstriche, Anstrichfarben, Antifoulingkompositionen, Bleimennige, Carbolineum, Eisenanstriche, Eisenmennige u.s.w. Andre Schutzanstriche sind solche mit Kalk, Zement und Kaseinfarben (s.d.).

Säurebeständig sind die Anstriche mit Asphaltlacken und andern Harzlacken, aber immer nur bis zu einem gewissen Grade und nur dann, wenn sie sehr sorgfältig ausgeführt[832] werden und 1–2 mm Dicke haben, so daß das Material mit einer zusammenhängenden Decke versehen ist. Die Art und Konzentration der Säure spielt eine wesentliche Rolle dabei.

Rostschutzmittel sind Substanzen salbenartiger oder flüssiger Beschaffenheit, bestimmt, blanke metallene Gegenstände irgendwelcher Art vor Oxydation (Verrollen) zu schützen. Die besten Rostschutzmittel sind Ueberzüge mit Lacken und Farben auf vollkommen rostfreien Objekten, doch kommen diese einerseits häufig viel zu teuer, anderseits wird ein farbiger Ueberzug nicht gewünscht. Man verwendet daher bei seinen Gegenständen, wie Stahlwaren u. dergl., einen Ueberzug von Nitrocellulose, in Aetherarten gelöst (Zaponlack, Celluloidlack), bei ordinären Eisenwaren eine Einreibung mit Vaseline, Leinöl, Leinölfirnis, Mannocitin, Antioxyd, Terpentinöl-Wachsmischung, Talg, Petroleum u.s.w., oder bringt endlich direkt einen gleichmäßigen Ueberzug von Rost (s. Brünieren, Bd. 2, S. 360) auf den Stahl- und Eisenteilen hervor, wie dies in großem Maßstabe bei Gewehrläufen und Gewehrbestandteilen der Fall ist. In allerjüngster Zeit hat man im Aetzkalk ein gutes Rostschutzmittel gefunden, sofern der Anstrich fest mit dem Metall verbunden ist. Bei gußeisernen und schmiedeeisernen Röhren kommen als Rostschutzmittel – außer metallischen Ueberzügen mit Zink, Zinn u.s.w. – hauptsächlich Asphaltüberzüge, in heißem Zustande aufgebracht, zur Anwendung [1]. Die chemische Fabrik Nördlinger in Flörsheim a.M. bringt unter dem Namen »Controxine« eine große Anzahl Rostschutzmittel in Form von sorgfältig entsäuerten und entwässerten Fetten, Oelen, Firnis u.s.w. in den Handel, ebenso Rostentfernungsmittel sowie Farb- und Lackentfernungsmittel; wir verweisen auf [2].

Feuerschützende Anstriche (s. Bd. 1, S. 231) und Imprägniermittel (s.a. Holzkonservierung) machen zwar brennbare organische Körper, wie Holz, Gewebe u. dergl., nicht unverbrennbar, heben aber die leichte Entzündbarkeit derselben auf und verhindern oder verzögern das Weitergreifen des Feuers. Sie bestehen im wesentlichen aus Lösungen anorganischer Salze u.s.w. Asbestfeuerschutzfarben, Kaseinfarben, Wasserglas (s.d.), Imprägnierflüssigkeiten aller Art zum Eintauchen oder Bestreichen der Gegenstände u.s.w. werden zu diesem Zwecke von den chemischen Fabriken, auf deren Kataloge [2] wir verweisen, geliefert.

Schutzanstriche auf Steinen s. Steinerhaltungsmittel. Zum Schütze des Mauerwerks gegen aufzeigende Feuchtigkeit, Schlagregen, Hausschwamm und Mauerfraß wird neuerdings als Zumischung zum Mörtel Bitumenemulsion der Bitumenwerke in Unna (Westfalen) mit Erfolg angewendet (vgl. a. Asphalt u.s.w.).

2. Schutzmittel gegen Kälte und Frost. Gegen Kälte kommen in erster Linie Bekleidungen mit schlechten Wärmeleitern, Holz, Pappe (geölt und geteert), dann Isoliermittel aus Lehm mit Stroh, Tierfasern u.s.w. in Anwendung, die als eine Art Verputz aufgetragen werden; ferner dienen vollständige Umhüllungen mit Stroh, andern Pflanzenfasern, Einbetten in Mist, Lohe, besonders aber genügend mächtige Erdschichten gegen das Einfrieren von Wasserleitungen und das Erfrieren von Pflanzen. Oelfarben- und Oelfirnisanstriche sind infolge ihrer großen Elastizität ziemlich unempfindlich gegen Kälte und Frost; ebenso gute Lackanstriche und alle metallischen Ueberzüge. – Dem Wasser kann die Eigenschaft, bei 0° C. zu gefrieren, durch Zumischung von Gefrierschutzflüssigkeiten (Chlorcalciumlösungen, Glyzerin, Glyzerinersatz, Kochsalz u.s.w.) benommen werden; je nach Wahl des Zusatzes ist es bei guter Durchmischung möglich, den Gefrierpunkt bis auf – 20° C. und mehr herabzusetzen. Die technische Verwendung findet statt zum Anmachen von Beton, Mörtel u.s.w. bei starkem Frost, zu schwer gefrierbaren Füllungen für hydraulische Anlagen aller Art, für Feuerlöschwasserbehälter, Annihilatoren, Gasbehälter, Kühlwasserleitungen von Motoren, zur Füllung von Weichen und Stellwerken, zum Auftauen eingefrorener Schachtdeckel u.s.w.

Kältebeständige Fette dienen zur Verhinderung des Eingefrierens von Schachtdeckeln, von Hähnen und andern geschmierten Maschinenteilen im Freien; kältebeständige Oele zum Schmieren von Eismaschinen, Kompressoren, Turbinen u. dergl. sowie zum Füllen der Geruchverschlüsse in Bedürfnisanstalten (vgl. Bd. 1, S. 649). Ueber die verschiedenen Namen und Verwendbarkeiten der betreffenden Schutzmittel s. [2], vgl. a. Schmierung.


Literatur und Patentschriften für Frostschutzeinrichtungen bei Wasserleitungen s. [1], S. 542 ff.


3. Schutzmittel gegen Wärmeausstrahlung. Die Wärmeabgabe von erhitzten Körpern an ihre in niederer Temperatur befindliche Umgebung läßt sich durch Zwischenschaltung schlechter Wärmeleiter (vgl. a. Isoliermaterialien) wesentlich reduzieren. Der schlechteste Wärmeleiter ist ruhende Luft. Animalische Stoffe, wie Tierhaare, Seide, Wolle u.s.w., pflanzliche, wie Baumwolle, Holz, Kokosfasern, Kork, Stroh, Torf u.s.w., sowie mineralische Substanzen, wie Asbest, Gips, Glimmer, Kalk, Kieselgur, Schlackenwolle u.s.w., sind ebenfalls schlechte Wärmeleiter, und zwar um so mehr, je mehr ruhende Luft sie in ihren Poren feilhalten können; deshalb spielt auch die Dicke der Umhüllung erhitzter Körper mit diesen Stoffen eine große Rolle Massives Mauerwerk verhindert – bis zu einer gewissen Grenze – aus demselben Grunde die Wärmeabgabe um so mehr, je dicker man dasselbe herstellt; billiger als durch dicke Wände laß sich aber der Wärmeschutz erreichen, wenn ruhende Luftschichten zwischen parallelen oder konzentrischen Mauern (s. Hohlmauern) angeordnet werden, z.B. bei Schornsteinen, Warmwasserbehältern u.s.w. Von größter Wichtigkeit ist der Wärmeschutz an Kesseln, Dampfzylindern Rohrleitungen u.s.w., um die Kondensation des Wasserdampfes herabzusetzen. Die hierfür u Betracht kommenden Umhüllungen (im wesentlichen unter Isoliermaterialien genannt) richten sich hauptsächlich nach der Temperatur des Dampfes bezw. der Flüssigkeit in den Rohrleitungen und nach dem Preise der Ausführung. Untersuchungen der Wirksamkeit hauptsächlicher Kompositionen [3] haben recht verschiedene Resultate ergeben; die Auswahl ist nach Lage de; Speziellen Falles zu treffen.


Literatur: [1] Lueger, O., Die Wasserversorgung der Städte, 2. Abt., Leipzig 1908. – [2] Nördlinger, H., Baugewerbetarif, Flörsheim a.M. 1907/08. – [3] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1896, S. 217; 1902, S. 1366; 1904, S. 1743; 1906, S. 1655; 1907, S. 120.

Andés.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 832-834.
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