Berauschende Mittel

[649] Berauschende Mittel (Inehriantia), Genuß- und Arzneimittel, die einen Rausch hervorbringen, wie Alkohol, Haschisch, Opium und ähnliches. Auch die Kohlensäure bewirkt vom Magen aus eine Art von Rausch, wie bei jungen moussierenden Weinen und bei kohlensäurereichen Mineralwässern (Brunnenrausch). Den meisten Naturvölkern sind Genußmittel bekannt, die den Zweck haben, das Nervensystem willkürlich über das Niveau des Alltagslebens emporzuheben, so daß man, ethnologisch gesprochen, das Bedürfnis zeitweiliger Berauschung als allgemein menschlich bezeichnen darf. Man benutzt in Altindien und Persien den Soma- und Haomatrank, die wie das gleichalte Bier, der Wein, Met und Kumys zu den gegornen, also spirituosen Getränken gehören, ferner erregende Pflanzenstoffe, wie Koka, Betel, Opium, Tabak, Hanfpräparate, Kaffee, Tee-Arten, Rauschpfeffer, ja selbst narkotische und giftige Mittel, wie den Fliegenschwamm in arktischen Ländern, Datura- und Hyoscyamus-Arten, Mescal etc. Oft wurde diese willkürlich herbeizuführende, bis zu Halluzinationen gesteigerte Erregung zu einem integrierenden Bestandteil des Ritus und der Religionshandlungen, wie die dem Soma gewidmeten Gesänge des Rigveda, das Trinken des heiligen Bieres bei den Chewsuren u. a. noch heute bezeugen, oder sie tritt in den Dienst des Orakelwesens und der Mantik, wieder Genuß der Gräberpflanze (Datura sanguinea) bei den alten Peruanern, des Mescal (s. Ariocarpus) bei den Mexikanern und des Apollokrautes (Hyoscyamus) in Alteuropa. Hierher gehören auch die Halluzinationen, Heilorakel etc., welche die Medizinmänner zur Erkundung verborgener Dinge und Heilmittel veranstalten, und zwar entweder an sich selbst oder bei den Novizen, die in den Bund aufgenommen werden. Vgl. Tylor, Anfänge der Kultur (deutsch, Leipz. 1873, 2 Bde.); Bartels, Die Medizin der Naturvölker (das. 1893); Lehmann, Aberglaube und Zauberei (deutsch von Petersen, Stuttg. 1898); Lewin, Über Piper methysticum (Kawa) (Berl. 1886); Buckland, Über[649] den Gebrauch von Erregungsmitteln bei wilden Völkern und den Alten (»Kosmos«, Bd. 6, Leipz. 1880). Vgl. Genußmittel.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 649-650.
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