[189] Bombay, Hauptstadt der gleichnamigen Präsidentschaft (s. oben), unter 18°55' nördl. Br. und 72°54' östl. L., nächst Kalkutta die volkreichste Stadt Britisch-Indiens, auf der Südostseite der 55 qkm großen Insel B., die ein schmaler Kanal, über den eine Eisenbahn und eine Brücke führen, von der Insel Salsette trennt. Die Insel streckt nach S. zwei Halbinseln aus, westlich den Malabar Hill mit dem heiligen Dorf der Hindu, Walkeshwar, den »Türmen des Schweigens«, Begräbnisstätten der Parsen, dem Haus des Gouverneurs und zahlreichen Villen, östlich eine früher aus zwei Inseln (Old Woman's Island und Kolaba) bestehende Landzunge mit Leuchtturm, Sternwarte, Baumwollfabriken, Artilleriewerkstätten und großartigen Warenhäusern. Nördlich davon liegt der Castle genannte Stadtteil mit dem Telegraphen- und Postamt, Justizpalast, Universitätsbibliothek mit hohem Turm, Regierungspalast (s. Tafel »Tropengebäude I«), Asyl für Seeleute, Stadthalle mit Bibliothek von 100,000 Bänden, alle prachtvoll gebaut mit ausgedehnten Plätzen, umrahmt von der breiten Esplanade mit dem Standbilde der Königin Viktoria. Jenseits breitet sich das ausgedehnte Eingebornenviertel (Black Town) aus; von ihm durch die Great Indian Peninsular-Eisenbahn getrennt, liegt auf einer Landspitze die Vorstadt Mazagon mit großartigen Hafenbassins, nördlich der Viktoria-Garten mit Museum, botanischem und zoologischem Garten und Statue des Prinzen Albert.
Im ganzen besitzt B. neun öffentliche Plätze, zahlreiche Hindutempel, 89 Moscheen, anglikanische, römisch-katholische und armenische Kirchen und eine Synagoge. Die Festung ist längst aufgegeben; von den alten Befestigungen stehen nur noch das Kastell, mehrere Forts und Batterien; zwei Turmschiffe liegen ständig im Hafen. B. ist Hauptquartier des Militärdistrikts B. und hat eine Garnison von einem Regiment englischer, 21/2 Bataillonen indischer Infanterie und von 5 Batterien. Die Bevölkerung betrug 1901: 770,843 (Rückgang gegen 1891 etwa 46,000) Einw. (davon 2/3 Hindu, 1/5 Mohammedaner, 12,273 Europäer), die Müllerei, Papierfabrikation und großartige Baumwollindustrie (1891: 66 Fabriken mit 61,981 Arbeitern, 1,829,123 Spindeln und 13,547 Webstühlen), bedeutende Kunstindustrie[189] (Mosaik, Holzschnitzereien, Messingwaren, Teppiche, Brokate), vornehmlich aber Handel betreiben. Die Einfuhr betrug 1901: 263,405,990, die Ausfuhr 271,677,963 Rupien, gegen das Vorjahr ein Ausfall von insgesamt 30 Mill. Rupien; Ursache war namentlich die Dürre von 1899. Deutschland beteiligte sich an der Einfuhr mit 8,166,967, an der Ausfuhr mit 15,185,443 Rupien. Vom Gesamthandel Indiens beansprucht B. über 40 Proz., es hat Kalkutta bereits überflügelt. Zwei Eisenbahnlinien, die Great Indian Peninsular- und die B., Baroda and Central India-Bahn, verbinden die Stadt mit allen Teilen des Kaiserreichs. In B. liefen 1901 ein: 878 Dampfer von 1,102,752 Ton. und 651 Segelschiffe von 60,114 T., darunter waren 45 deutsche Dampfer von 63,011 T. Es bestehen in B. 11 Banken und 13 Konsulate, darunter ein deutsches, 11 Krankenhäuser, ein Irrenhaus und ein Asyl für Tiere. Über die Universität s. oben (Präsidentschaft B., S. 188); es bestanden 1891: 217 Schulen mit 28,192 Schülern; es erscheinen 33 Zeitungen, darunter 16 englische. Das Victoria and Albert-Museum wurde 1871 zur Förderung der Naturgeschichte Indiens und mehrerer wissenschaftlicher Gesellschaften gegründet. B. ist Sitz der Regierung der Präsidentschaft, eines Obergerichts; die städtischen Einnahmen betrugen 1891: 586,118, die Ausgaben 555,303 Pfd. Sterl. 1530 wurde die Insel B. von einem auf Salsette herrschenden Fürsten den Portugiesen überlassen, die ein Fort und Faktoreien errichteten. 1661 wurde B. bei der Heirat Karls II. von England mit der portugiesischen Infantin Katharina als Mitgabe an England abgetreten und später (1668) von der Regierung gegen einen jährlichen Erbzins der Ostindischen Kompagnie überlassen. 1686 wurde die Regierung von Surate hierher verlegt. Mit Eröffnung des Suezkanals wurde B. die wichtigste Handelsstadt Indiens. Seit 1896 hat aber B. durch fortgesetzte Mißernten und die ungeheure Sterblichkeit an der Pest und andern Krankheiten schwer gelitten.
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