Bote

[266] Bote (lat. nuntius), in der Rechtssprache derjenige, der die Willenserklärung eines andern in dessen Auftrag einem Dritten ausrichtet, im Gegensatze zum Stellvertreter (s.d.), der im Auftrag eines andern Dienst irgend welcher Art leistet. Die Ansprüche, die für diese Tätigkeit dem Boten zustehen, der Botenlohn, verjährt nach § 196 des Bürgerlichen Gesetzbuches in zwei Jahren. – Im Verkehrswesen eine Person, die im Auftrag andrer zu Fuß, Pferd oder Wagen Sendungen befördert, entweder für einen besondern Fall gedungen (Expresser), oder regelmäßig zu bestimmter Zeit und zwischen bestimmten Orten die Aufträge bestellend (ordinärer B.). Im Mittelalter vermittelten Klosterboten, meist Klosterbrüder, den Nachrichtenverkehr für Bistümer, Abteien und Klöster. Die Studierenden, die sich je nach ihren Heimatsländern[266] in Landsmannschaften zusammentaten, nahmen für jede Landsmannschaft ihre besondern Boten in Eid und Pflicht. Diese Universitätsboten teilten sich in Haupt- oder Großboten und Unterboten. Die Geschäftslokale der erstern wurden bald wohlbesuchte Postanstalten, die sich mit der Annahme und Ausgabe von Briefen und Paketen auch von und an Privatpersonen befaßten. Die Städteboten (Boten der Städte, namentlich der Handelsstädte), zuerst Fußboten, dann auch zu Pferd und zu Wagen ihr Amt verrichtend, mußten bei dem schlechten Zustande der Wege und der herrschenden Unsicherheit tüchtige und zuverlässige Männer sein. Das Botenamt, eine reiche Einnahmequelle der Magistrate, stand unter einem Botenmeister. Die aus Silber gefertigte Botenbüchse wurde vom Rate der Stadt geliefert; als Amtsabzeichen führten die Boten kleine silberne Schilder (daher Silberboten). Städtische Botenanstalten finden sich schon zu Anfang des 15. Jahrh. in Straßburg, Köln, Konstanz, Frankfurt a. M., Augsburg u. a. O. Mitte des 16. Jahrh. erstreckten sich die städtischen Botenpostkurse, namentlich die der Hansa, der sich später der Rheinische Städtebund anschloß, auf sehr große Entfernungen. Erst die Post als Reichsanstalt nahm das ausschließliche Recht des Botenwesens für das ganze Gebiet des Deutschen Reiches in Anspruch und veranlaßte dadurch viele Rechtskämpfe mit den Landesherren, Städten und besonders mit den Reichsstädten. Beide Einrichtungen: die Reichspost und das landesherrliche und reichsstädtische Botenwesen, blieben nebeneinander in Tätigkeit, aber die kaiserlichen Wahlkapitulationen beschränkten letzteres sehr und verboten das sogen. Nebenpostieren. In Frankreich schuf Ludwig XI. 1464 eine Botenanstalt für die ganze Ausdehnung seiner Krongüter, die sogen. maîtres coureurs royaux, die unter der Leitung eines grand maître standen. Die Boten waren beritten; ein Netz von Relais war über das ganze Land verteilt; Privatpersonen war die Benutzung der Einrichtung streng untersagt. In Spanien und den Niederlanden nahmen die Botenanstalten einen hervorragenden Rang ein. In Italien dagegen hatten nur die bedeutendern Plätze der Lombardei und Venedig Botenverbindungen. In England bestand ein zunftmäßiges Botenwesen nicht, vielmehr entstand dort schon zu Anfang des 14. Jahrh. eine Beförderungseinrichtung, die sowohl nach ihrer Anlage als nach dem Namen, den sie annahm, sich als eigentliche Post darstellte. Nach den für Deutschland maßgebenden Reichsgesetzen vom 28. Okt. 1871 und vom 20. Dez. 1899 über das Postwesen ist die Tätigkeit der Boten, wie in fast allen Kulturstaaten, durch den Postzwang (s.d.) eingeschränkt; doch ist auch hier die Beförderung gegen Bezahlung durch expresse Boten gestattet. Der Expreßbote eines einzigen Absenders darf postzwangspflichtige Gegenstände weder von andern mitnehmen, noch für andre zurückbringen, und zwar ebensowenig unentgeltlich als gegen Bezahlung. – In Österreich beschränkt sich (Postgesetz vom 5. Nov. 1837) das Postmonopol auf verschlossene Briefe und periodische Schriften (§ 7); doch ist der Transport von Briefen im Lokalverkehr mit der Beschränkung freigegeben, daß niemand berechtigt ist, eine Anstalt zur Sammlung und zum kollektiven Transport von Briefen zu errichten. Die lokale Beförderung von Briefen ist vollständig freigegeben (§ 8–15).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 266-267.
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