Courbet

[318] Courbet (spr. kurbä), 1) Gustave, franz. Maler, geb. 10. Juni 1819 in Ornans bei Besançon, gest. 31. Dez. 1877 in La Tour-de-Peiltz bei Vevey, sollte anfangs die Rechtswissenschaft studieren, widmete sich aber in Paris der Malerei, anfangs im Atelier von Hesse und Steuben, dann in eifrigem Studium der alten Meister im Louvre, von denen ihm besonders die Spanier sympathisch waren, anderen Naturalismus er sich zunächst anschloß. Er kultivierte besonders die Landschaft, das Porträt und später das Genre, wobei er seine Stoffe aus dem Leben des kleinen Bürger- und Bauernstandes wählte. Die beiden Hauptwerke seiner Jugend: der Mann mit dem Gürtel (sein Selbstporträt,[318] im Louvre zu Paris) und Nach dem Mittagsessen in Ornans (1849, Museum von Lille), zeigen noch den Einfluß seiner klassischen Studien. Aber schon 1851 gab er in der Beerdigung in Ornans (im Louvre) und in den Steinklopfern die ersten Proben seiner modern-naturalistischen Kunstanschauung, die, von gleicher Abneigung gegen Klassizismus und Romantik erfüllt, die gemeine Wirklichkeit an die Stelle idealer Auffassung setzen will. Um seine Opposition gegen die herrschenden Ansichten möglichst eindrucksvoll zu gestalten, verfiel er bald auf die trivialsten und gemeinsten Stoffe, wie die betrunkenen Bauern von Flagny (1852), die badenden Frauen, die Zirkusringer (1853), die Dame mit dem Papagei (1866) und besonders die Seinefräulein (1857) beweisen. In seiner Bekämpfung alles Bestehenden immer hartnäckiger fortschreitend, trat C. bald in die revolutionäre Bewegung ein, indem er sich an Männer wie Proudhon und Zola begeistert anschloß. Als Maler suchte er für die rote Republik und die freie Liebe ebenso energisch wie die Schriftsteller dieser Richtung einzutreten. Seine grenzenlose Eitelkeit, die darin gipfelte, daß er den Orden der Ehrenlegion mit den Worten ablehnte: »Man wird von mir nach meinem Tode sagen müssen: Dieser Mann hat niemals irgend einer Schule, einer Kirche, einer Institution, einer Akademie und vorallen Dingen niemals einer Regierung angehört«, verwickelte ihn in das Schicksal der Kommune, deren Mitglied er 1871 ward. Er war zum Präsidenten der Kunstkommission ernannt worden und mußte als solcher die schon vor der Septemberbewegung angeordnete Zerstörung der Vendômesäule ausführen. Seine spätere Prahlerei mit dieser Tat veranlaßte die Regierung, 1877 einen Prozeß gegen ihn anzustrengen, der seine Verurteilung zu 6 Monaten Gefängnis und zum Schadenersatz (329,091 Frank) zur Folge hatte. Der Urteilsvollstreckung entzog er sich durch die Flucht nach' der Schweiz. Seine künstlerische Bedeutung liegt hauptsächlich in seinen Landschaften mit Tierstaffage; die Rehjagd, der Hirschkampf (1861, im Louvre), das Rehlager (1866, im Louvre), die Fuchsjagd und der Hirsch im Wasser sind die Hauptwerke dieser Gattung, in denen Kraft der Stimmung und malerischer Reiz volle Harmonie hervorbringen. Seine naturalistischen Tendenzen sind durch Manet, die Impressionisten (s.d.) und ihre Nachfolger überflügelt worden. Vgl. H. d'I deville, Gustave C.; notes et documents sur sa vie et son œuvre (Par. 1878); A. Estignard, Gustave C., sa vie et ses œuvres (Besançon 1897).

2) Amédée Anatole Prosper, franz. Admiral, geb. 26. Juni 1827 in Abbeville, gest. 11. Juni 1885, trat 1845 in die Marine und wurde 1873 Linienschiffskapitän und Gouverneur von Neukaledonien. Seit 1880 Konteradmiral, erhielt er 1883 den Oberbefehl in Tongking, erzwang im August die Einfahrt in Huë und diktierte dem Kaiser von Anam den Frieden, eroberte darauf Sontay und Bacninh und ward 1884 unter Beförderung zum Vizeadmiral an die Spitze der Flotte gestellt, die China zur Nachgiebigkeit zwingen sollte. Er starb an Bord des Admiralschiffs Bayard bei den Fischerinseln; seine Leiche wurde 28. Aug. 1885 im Dom der Invaliden zu Paris beigesetzt. Aufsehen erregten seine nach dem Tode veröffentlichten Briefe, in denen er die Politik der republikanischen Minister und der Kammermehrheit scharf tadelte. Seine Biographie schrieben Ganneron (Par. 1885), I. Julien (1888), de La Fahe (1891). Vgl. auch Loir, L'escadre de l'amiral C. (6. Aufl. 1892).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 318-319.
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