[345] Faß (hierzu Tafel »Faßfabrikationsmaschinen«), in der Mitte etwas bauchiges Gefäß aus Holz oder zylindrisch aus Eisenblech. Ein hölzernes F. besteht aus Dauben (Taufeln, Faßstäbe), langen, flachen. etwas gebogenen Holzstücken und Böden, die das F. unten und oben verschließen, indem sie in einen Einschnitt der Dauben (Kimme, Gargel) eingesalzt werden. Der kurze Teil der Dauben, der über die Böden hervorsteht, heißt der Frosch. Eine der Dauben enthält das Spundloch zum Füllen, mit einem hölzernen Stöpsel (Spund) zum Verschluß, und einer der Böden nahe am Rande das Zapfenloch, das mit dem Zapfen verschlossen wird und zum Entleeren dient. Die Faßbänder (Reifen) halten den ganzen Körper zusammen und werden aus zähem Holz (Weiden, Haseln, Birken, Fichten) oder aus Bandeisen verfertigt. Zur Herstellung der Fässer werden Stämme zu Kloben von der Länge der Dauben gleich der Höhe der Fässer zerschnitten und alsdann die Kloben mit der Art und mit der Spaltklinge in dünnere Stücke gespalten und nach dem Trocknen und Sortieren auf der Schneidebank mit dem Schneidemesser zu Dauben oder zu Bodenbrettern geformt und dann auf einem langen Hobel, der Fugebank, gestrichen, d. h. glatt gehobelt. Sämtliche zu einem F. gehörenden Dauben werden darauf an ein sogen. Schlagband mit Klammern dicht aneinander zu einem Gebinde ausgesetzt. Mehrere aufgeschlagene Reisen halten dies zusammen. Zum Zusammentreiben der Dauben in die Faßform wird das Gebinde über Feuer erwärmt, dann mittels eines durch eine Winde angezogenen Seiles zusammengezogen und durch aufgeschlagene Reisen aneinander getrieben. Nachdem sodann die innere Fläche und die Ränder des Gebindes bearbeitet sind, reißt man parallel mit den letztern mit einem hobelartigen Werkzeug (Kröse), das ein schmales Schneideisen führt, die Kimme ein, in welche die verjüngt zugeschnitzten Ränder der Böden eingesprengt werden. Über die Herstellung der Fässer mit Maschine s. beifolgende Tafel mit Text.
Eiserne Fässer bestehen aus einer zylindrischen Zarge von Blech und schwach gewölbten Böden. Ungefähr um ein Drittel der Faßlänge von jedem Ende entfernt sitzt ein Reisen aus T-Eisen, auf denen das, v. zugleich gerollt wird. Man fertigt auch eiserne Fässer aus Martinstahlblech, in dem man zwei Hälften des Fasses stanzt und die Ränder so miteinander verschmilzt, daß die Naht denselben Widerstand besitzt wie das Stahlblech selbst. Papierfässer dienen zum Aufbewahren und Versenden von Drogen, Chemikalien, Farben, Eiern etc. Zur Anfertigung werden Papptafeln zylindrisch gebogen und an den abgeschrägten Enden zu einem Rumpf zusammengeleimt, der mit Böden aus Holz oder Pappe versehen und durch aufgezogene Reisen versteift wird. Zum Halten der Böden werden an jedem Ende des Rumpfes zwei Reisen im Innern desselben angebracht, oder der Rumpf wird aus zwei Lagen gebildet, von denen die äußere über die innere um ein Stück vorspringt, das ausreicht, den Deckel und einen Reisen im Innern aufzunehmen; ein herumgeschlagener Reisen schützt die Kanten gegen schnelle Zerstörung. Eine erwünschte Ausbauchung erhält der fertig hergestellte Rumpf zwischen entsprechend geformten heißen Walzen. Man leitet auch endloses Papier von einer Breite gleich der Faßlänge durch einen Trog mit Klebstofflösung und wickelt es unter starkem Druck auf eine zylindrische Walze. Eine Ausbauchung erhält das F. unter Erwärmung durch hydraulisches Einpressen von Wasser in einen sich anschmiegenden Kautschuksack. Das Einsetzen der Böden in die mit einer Maschine hergestellten Kimmen und das Aufschlagen der Reisen vollenden das F., das zum Schutz gegen die Feuchtigkeit einen Anstrich erhält. Für Fässer zum Aufbewahren von Flüssigkeiten werden die Pappen oder das Papier wasserdicht gemacht. Als die größten Fässer sind das Heidelberger (735 hl) und das 1790 erbaute F. in Ludwigsburg (900 hl) bekannt.
Hinsichtlich der Berechnung des Rauminhalts der Fässer ist zu bemerken, daß jedes F. annähernd als ein Zylinder berechnet werden kann, der mit dem F. gleiche Höhe hat, und dessen Durchmesser gleich ist dem dritten Teil der Summe von der einfachen Bodenweite und der doppelten Spundtiefe. Vervielfacht man diesen mittlern faßgleichen Durchmesser mit sich selbst, das Produkt mit der Höhe (Länge) mal 0,7854 (= 1/4π), so erhält man den Faßinhalt, und zwar in Litern, wenn Durchmesser und Höhe in Dezimetern ausgedrückt sind. Bezeichnet h die Höhe (Länge) des Fasses, A die Spundtiefe (den größten Durchmesser) und a die Bodenweite (den kleinsten Durchmesser), so ist der Rauminhalt des Fasses = hπ/4(2A + a/3)2 (Lamberts Visierregel). Nach einer allgemein gültigen Formel für Fässer mit stark oder schwach gekrümmten und geraden Dauben (bauchige Fässer, Bottiche, Kübel etc.) ist bei obiger Bezeichnung der Rauminhalt = 1/4hπ[(a + kp)2 + 1/3 (kp)2], worin p die Bogenhöhe der gekrümmten Dauben oder die halbe Spitzung des Fasses = 1/2(A - a) bedeutet. Der Koeffizient k ist für bauchige Fässer je nach Ausbauchung 11/6-11/3, für Gefäße mit geraden Dauben ist k = 1 zu nehmen.
Eine geometrische Konstruktion zur Darstellung der faßgleichen Zylinderdurchmesser kegelstumpfförmiger und bauchiger Fässer ist folgende (s. Abbildung): Man trage die Länge des größten Durchmessers, bez. die Spundtiefe AC und die des kleinsten Durchmessers oder der Bodenweite AD auf der Geraden AB von A aus ab, halbiere DC (die Spitzung) in H, teile DH in drei gleiche Teile, schlage mit zwei solchen Teilen DO als Halbmesser einen Halbkreis DKE, ziehe in H und E Senkrechte HK und EF; erstere schneidet den Halbkreis in K, verbinde A mit K und verlängere bis F, so ist AK der mittlere Durchmesser für kegelstumpfförmige Gefäße und AF der faßgleiche Zylinderdurchmesser für bauchige Fässer. Hat ein F. ovale (elliptische) Böden, so ist dessen Rauminhalt = 1/4hπ (a + kp)(b + kp1), worin a die Bodenhöhe, b die Bodenbreite, h die Höhe (Länge) und p und p1 die[345] halben Spitzungen an den Spund-, bez. an den Seitendauben bezeichnen. Aus einer einzigen Dimension, dem Schrägmaß, d. h. der innern schrägen Länge von der Mitte des Spundloches bis zur Bodenecke, kann man den Faßinhalt sehr leicht und schnell finden, wenn man die sechsfache Kubikzahl des in Dezimetern ausgedrückten Schrägmaßes durch 10 teilt. Mißt beispielsweise das Schrägmaß 90 cm = 9 dm, so ist der Faßinhalt = 0,6.93 = 6.9.9.9:10 = 437 l. Hat das F. ovalen Querschnitt, so ist der gefundene Inhalt noch mit der Bodenbreite zu vervielfachen und das Ergebnis durch die Bodenhöhe zu teilen. Zur Bestimmung der Flüssigkeitsmenge in nicht ganz vollen runden oder ovalen Fässern stößt man einen Maßstab durch das Spundloch des wagerecht liegenden Fasses und mißt die lichte Spundtiefe und gleichzeitig die Tiefe der Flüssigkeit (die Naßtiefe); dann ermittelt man, wieviel Prozent die Naßtiefe von der Spundtiefe beträgt, indem man die 100fache Naßtiefe durch die Spundtiefe teilt. Diese Zahl sucht man in nachstehender Tabelle unter N auf, die zugehörige Prozentzahl des Gesamtinhaltes unter F, vervielfache mit dem ganzen Faßinhalt und teile durch 100, so erhält man die Menge der noch im F. befindlichen Flüssigkeit.
Vgl. Barfuß, Die Kunst des Böttchers (9. Aufl. von Lange, Weim. 1894); A. Schmidt, Der Großböttcher (2. Aufl., Elberf. 1897); Bauer, Die mechanische Faßfabrikation (Münch. 1891); Romstorfer, Das Binder- und Böttcherbuch (Leipz. 1893; Ergänzungsband: Maschinen und Werkzeuge der Binderei, 1895); Voigt, Fabrikation, Berechnung und Visieren der Fässer (Weim. 1893). Tabellen zur Bestimmung des Inhalts der Fässer von Conradi (Berl. 1871), Hilbert (Stuttg. 1873), Gerstenbergk (Weim. 1883), Blum (Stuttg. 1897) u. a.
Adelung-1793: Gradir-Faß, das · Faß, das
Brockhaus-1911: Faß [2] · Per fas et nefas · Faß · Fâs
Herder-1854: Gönczer-Faß · Per fas et nefas · Fas · Faß
Lueger-1904: Faß [2] · Faß [1]
Meyers-1905: Heidelberger Faß · Per fas et nefas · Faß [2] · Fas · Fas est et ab hoste docēri
Pierer-1857: Huy faß · Per fas · Fas et nefas · Fas · Faß
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