Michĕlsen

[766] Michĕlsen, 1) Andreas Ludwig Jakob, Germanist, geb. 31. Mai 1801 zu Satrup im Sundewitt, gest. 11. Febr. 1881 in Schleswig, studierte in Kiel und Göttingen die Rechte, bereiste sodann zwei Jahre Deutschland, die Schweiz, Frankreich, Holland und Dänemark, promovierte 1824 in Berlin, privatisierte hierauf mehrere Jahre in Kopenhagen, namentlich mit dem Studium der nordischen Geschichte, Sprachen und Rechte beschäftigt, und erhielt 1829 einen Ruf als Professor der Geschichte nach Kiēl. Hier gründete er die Gesellschaft für schleswig-holstein-lauenburgische Geschichte und veröffentlichte unter anderm das »Urkundenbuch zur Geschichte des Landes Dithmarschen« (Altona 1834) sowie die »Sammlung altdithmarscher Rechtsquellen« (das. 1842). 1842 ging er als Professor des Staats- und Völkerrechts nach Jena, wo er 1843 auch Mitglied der Juristenfakultät und 1854 des Oberappellationsgerichts ward. Bei der Erhebung der Herzogtümer Schleswig und Holstein (1848) stellte er sich der provisorischen Regierung in Rendsburg zur Verfügung, die ihn alsbald in außerordentlicher Mission nach Berlin sandte. Zurückgekehrt, wurde er von Fehmarn und Nordschleswig in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, wo er seinen Sitz in dem rechten Zentrum nahm. Von da kehrte er in seine frühere Stellung nach Jena zurück. 1862 folgte er dem Ruf als erster Vorstand des Germanischen Museums nach Nürnberg, legte aber 1864 diese Stelle nieder. Von seinen Schriften sind noch zu erwähnen: »Nordfriesland im Mittelalter« (Schlesw. 1828); »Der ehemalige Oberhof zu Lübeck« (Altona 1839); »Rechtsdenkmale aus Thüringen« (Jena 1852–62,5 Lfgn.); »Die Hausmarke« (das. 1853); »Codex Thuringiae diplomaticus« (nur 1 Heft, das. 1854).

2) Peter Christian Hersleb, norweg. Staatsmann, geb. 15. März 1857 in Bergen, war 1879–85 als Advokat, dann als Schiffsreeder tätig, zählte im Storthing, dem er seit 1891 angehörte, zu den Anhängern der radikalen »reinen« Linken, ging aber, da er in der konsularen Streitfrage (s. Norwegen, Geschichte) eine vermittelnde Richtung vertrat, 1903 ins Lager der von den Konservativen, Gemäßigten und einem Teil der Linken gegen das Kabinett Blehr (s. d.) gebildeten Koalition über, deren Sieg bei den Storthingswahlen 22. Okt. d. J. seinen Eintritt in das konservativ-liberale Koalitionsministerium Hagerup-Ibsen zur Folge hatte. Hier anfangs Mitglied der Stockholmer Staatsratsabteilung, später Chef des Finanzdepartements, übernahm er, nach dem Scheitern der schwedisch-norwegischen Verhandlungen über eine Aufhebung des bisherigen gemeinsamen Konsulatswesens, im März 1905 als Ministerpräsident die Bildung eines aus allen Storthingsparteien bestehenden Kabinetts und brachte, als König Oskar den verfassungswidrigen Storthingsbeschluß, betreffend die sofortige Durchführung eines eignen Konsulatswesens, nicht bestätigte, eine antiunionelle Minister- und Parlamentsverschwörung zustande. Seit 7. Juni Leiter der Revolutionsregierung, war er an dem Zustandekommen der schwedisch-norwegischen Karlstader Konvention über die Auflösung der Union entscheidend beteiligt und ward von dem dänischen Prinzen Karl (Haakon VII.), dessen Wahl zum norwegischen König (18. Nov.) auf seine Anregung zurückzuführen war, 27. Nov. 1905 zum ersten Ministerpräsidenten des »unabhängigen« Königreichs Norwegen ernannt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 766.
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