Ney

[610] Ney (spr. nä), 1) Michel, Herzog von Elchingen, Fürst von der Moskowa, Marschall von Frankreich, Sohn eines Böttchers, geb. 10. Jan. 1769 in Saarlouis, gest. 7. Dez. 1815, ward Schreiber bei einem Notar, trat 1788 als Gemeiner in ein Husarenregiment und wohnte den Feldzügen von 1792–95 bei. 1796 trat N. in die Maas- und Sambrearmee unter Jourdan und erwarb, indem er den Übergang über die Rednitz erzwang, den Grad eines Brigadegenerals. Im Frühjahr 1799 nahm er durch einen kühnen Handstreich Mannheim und wurde dafür zum Divisionsgeneral erhoben. Zur Verstärkung Massénas in die Schweiz beordert, erhielt er bei Winterthur eine schwere Verwundung. 1800 zeichnete er sich unter Moreau aus. Nach dem Frieden zu Lüneville bewirkte Bonaparte seine Vermählung mit Aglaé Louise Auguié de Lescans, einer Jugendfreundin der Hortense Beauharnais, und ernannte ihn zum Generalinspekteur der Kavallerie. 1802 brachte er in der Schweiz die Mediationsakte vom 19. Febr. 1803 zustande. Nachdem er bei Errichtung des Kaiserthrons den Marschallstab erhalten, schlug er im Kriege gegen Österreich 1805 den Erzherzog Ferdinand 9. Okt. bei Günzburg und führte 14. Okt. durch einen Sturm auf die Schanzen von Elchingen die Kapitulation von Ulm herbei; Napoleon I. ernannte ihn dafür 19. März 1808 zum Herzog von Elchingen. 1806 verfolgte N. nach der Schlacht bei Jena mit seiner Kavallerie den fliehenden Feind. 1807 entschied er 14. Juni den Sieg bei Friedland. Damals erwarb er sich den Namen le brave des braves. 1808–11 in Spanien befehligend, behauptete er durch eine Reihe der glänzendsten Waffentaten seinen Ruhm. Im russischen Feldzug erhielt er den Befehl über das 3. Armeekorps, an dessen Spitze er bei Smolensk, besonders aber 7. Sept. an der Moskowa tapfer kämpfte und sich den Titel eines Fürsten von der Moskowa erwarb. Auf dem Rückzuge befehligte N. die Nachhut des Heeres. Mit eiserner Strenge hielt er die Manneszucht aufrecht und rettete beim Übergang über die Beresina wenigstens die Trümmer des Heeres. 1813 erhielt er nach der Niederlage Oudinots bei Großbeeren den Oberbefehl über die zum Vordringen auf Berlin bestimmten Streitkräfte, wurde aber 6. Sept. von Bülow bei Dennewitz geschlagen. Im Feldzug von 1814 focht er bei Brienne, Montmirail, Craonne, Châlons-sur-Marne etc. Ludwig XVIII. ernannte ihn zum Mitglied des Kriegskonseils und zum Pair und verlieh ihm den Befehl über die 6. Militärdivision. Indes wurde er von den übermütigen Royalisten mannigfach gekränkt; deshalb ging er 14. März bei Auxerre mit seinen Truppen zu dem wieder in Frankreich gelandeten Kaiser über und entschied damit den Sturz der Bourbonen. Bei Eröffnung des Feldzugs von 1815 kämpfte er 16. Juni bei Quatrebras gegen den Herzog von Braunschweig und befehligte bei Waterloo das Zentrum mit mehr Tapferkeit als Umsicht. Auf der Flucht nach der Schweiz ward er entdeckt und 19. Aug. gefangen nach Paris zurückgebracht. Da sich das Kriegsgericht, vor das man ihn stellte, für inkompetent erklärte, brachte der Minister Richelieu den Prozeß vor die Pairskammer. Mit großer Stimmenmehrheit ward er des Hochverrats für schuldig befunden und im Garten des Luxembourg erschossen. Auf dem Platz der Exekution wurde ihm 1853 ein Standbild errichtet. N. hinterließ drei Söhne (s. unten), die später seine »Mémoires« (Par. 1833, 2 Bde.) veröffentlichten. Vgl Dumoulin, Histoire complète du procès du maréchal N. (Par. 1815, 2 Bde.); Rouval, Vie du maréchal N. (das. 1833); Verronais, Vie militaire de Michel N. (das. 1853); Welschinger, Le maréchal N. 1815 (das. 1893); La Bédoyère, I, e maréchal N. (das. 1902); Nießen, Marschall N., ein Lebensbild (Saarlouis 1902).

2) Joseph Napoléon, Fürst von der Moskowa, ältester Sohn des vorigen, geb. 8. Mai 1803, gest. 25. Juli 1857, erhielt 19. Nov. 1831 die Pairswürde. 1849 wurde er in mehreren Departements in die Nationalversammlung gewählt. Nach dem Staatsstreich vom 2. Dez. 1851 war er als Mitglied der konsultativen Verfassungskommission tätig und erhielt eine Senatorstelle; bald darauf ward er Brigadegeneral. Sein jüngerer Bruder, Michel Aloys Félix, Herzog von Elchingen, geb. 24. Aug. 1804, starb 14. Juli 1854 während des Krimfeldzugs als Brigadegeneral in Gallipoli an der Cholera. Dessen Sohn Michel, Herzog von Elchingen, geb. 3. Mai 1835, General der Kavallerie, erschoß sich wegen zerrütteter Vermögensverhältnisse 23. Febr. 1881; er hinterließ zwei Söhne, von denen Napoleon, Fürst von der Moskowa (geb. 1870), gegenwärtiges Haupt der Familie ist, und drei Töchter, von denen zwei mit Prinzen Murat verheiratet sind. Der dritte Bruder, Graf Napoléon Henri Edgar, geb. 20. März 1812, gest. 13. Okt. 1882, ward 1852 Kavallerieoberst und Adjutant Napoleons III., 1856 Brigadegeneral, 1857 nach dem Ableben seines ältesten Bruders, der keine Söhne hinterließ, als Prinz von der Moskowa anerkannt, 1859 Senator, 1863 Divisionsgeneral und Großjägermeister.

3) Jenny, Sängerin, s. Bürde-Ney.[610]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 610-611.
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