Piacenza [2]

[856] Piacenza, Hauptstadt der gleichnamigen ital. Provinz (s. oben) und wichtige Festung, 61 m ü. M., nahe am rechten Ufer des Po, unterhalb der Mündung der Trebbia, an den Eisenbahnen Parma-Alessandria, Mailand-Rom und den Dampfstraßenbahnen P.-Cremona, P.-Bettola, P.-Pianello und P.-Lugagnano, ist mit Mauern und Bastionen sowie mit elf Außenforts umgeben. Die Straßen sind regelmäßig, gerade und breit. Unter den öffentlichen Plätzen zeichnet sich die Piazza dei Cavalli mit den ehernen Reiterstatuen von Alessandro und Ranuccio Farnese (von Mocchi) und der Statue des Rechtsgelehrten Romagnosi (von Marzaron 1867) aus. Die 1122 im romanischen Stil begonnene, 1233 vollendete Kathedrale hat eine lombardische Fassade mit drei Löwenportalen, einen 68 m hohen Turm, Fresken von Guercino (in der Kuppel) und L. Carracci, eine Statue Pius' IX. von Dupré, schöne Chorstühle von Genovese und eine Krypte mit 100 Säulen. Bemerkenswert sind außerdem: die gotische Kirche San Francesco (1278); die ehemalige Kathedrale Sant' Antonio mit schönem gotischen Portikus (aus dem 11. Jahrh., wiederholt restauriert); San Sisto, ein schöner Renaissancebau von 1499 (einst durch Raffaels Sixtinische Madonna verherrlicht, jetzt mit einer Kopie von Avanzini); Santa Maria di Campagna, ein Zentralbau der Frührenaissance (15. Jahrh.) mit schönen Fresken von Pordenone, u.a. Von Palästen sind zu nennen: das Stadthaus, ein schöner gotischer Bau des 13. Jahrh., unten eine offene Halle von Marmorpfeilern mit Spitzbogen, oben ein Backsteinbau mit schönen Rundbogenfenstern und Zinnenkrönung; der Palazzo Farnese (1558 von Vignola erbaut, aber nur zur Hälfte vollendet, seit 1800 Kaserne) und der Justizpalast. Die Zahl der Einwohner beträgt (1901) 35,952. Erwerbszweige sind die Bodenkultur, die Fabrikation von Maschinen und Gußwaren, Mehl- und Teigwaren, Seide, Strümpfen, Kartonnagen und Knöpfen, Buchdruckerei und Handel. Auch befinden sich hier Artillerie- und Geniezeugwerkstätten. An Bildungsanstalten besitzt P.: zwei Lyzeen und Gymnasien, ein Seminar, ein Technisches und ein Kunstinstitut (Istituto Gazzola), eine Technische Schule, eine städtische Bibliothek mit 120,000 Bänden und 2400 Handschriften (darunter das Psalterium Engelbergas, der Gemahlin Kaiser Ludwigs II., von 827, auf Purpurpergament mit Goldbuchstaben und Silberinitialen, dann der Codice Landiano von Dantes »Göttlicher Komödie«, 1336), 3 Theater, eine Filiale der Nationalbank, ein Kranken-, Gebär- und Findelhaus und andre (zusammen 19) Wohltätigkeitsinstitute sowie ein Zuchthaus. P. ist Sitz des Präfekten, eines Bischofs, eines Tribunals, des Generalkommandos des 4. Armeekorps und einer Handelskammer. – P. war unter dem Namen Placentia seit 219 v. Chr. römische Kolonie. Im Mittelalter Hauptort einer Grafschaft, war P. Sitz zweier Kirchenversammlungen von 1095 und 1132 unter Urban II. und Innozenz II. Nachmals war es im rasch wechselnden Besitz kleiner Herren, kam 1313 an die Visconti, 1512 an den römischen Stuhl und 1545 als Herzogtum mit Parma (s. d., S. 459), dessen politische Schicksale es fortan teilte, an die Farnese. Hier siegte der Fürst Liechtenstein 16. Juni 1746 über die vereinigten Franzosen und Spanier. Vgl. Giarelli, Storia di P. (Piacenza 1889, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 856.
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