[405] Sachverständige (Experten), Personen, die auf einem bestimmten Gebiete der Wissenschaft oder Kunst etc. besonders bewandert und darum zur Beantwortung von dieses Gebiet betreffenden Fragen befähigt sind. Soweit derartige Fragen für die Entscheidung einer Rechtssache erheblich sind, macht sich für den Richter die Zuziehung von Sachverständigen häufig notwendig; deren Gutachten (die sogen. Expertise) bildet deshalb für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und für das strafrechtliche Verfahren ein wichtiges Beweismittel. Für den Beweis durch S. gelten im allgemeinen dieselben Grundsätze wie für den Zeugenbeweis (s. Zeuge). Die Auswahl der Sach. verständigen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten soll nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 404) durch das Gericht erfolgen; doch kann letzteres die Parteien zur Bezeichnung geeigneter Personen auffordern. Falls sich die Parteien über bestimmte Personen als S. einigen, hat das Gericht dieser Einigung Folge zu geben; es kann aber die Wahl der Parteien auf eine bestimmte Anzahl beschränken. Die Parteien und ebenso nach der deutschen Strafprozeßordnung im Strafprozeß der Staatsanwalt, der Privatkläger und der Angeschuldigte dürfen S. (nach § 406) aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters (s. d.) berechtigen, ablehnen. Der zum Sachverständigen Ernannte hat der Ernennung nach § 407 Folge zu leisten, sofern er zur Erstattung von Gutachten der erforderlichen Art öffentlich bestellt ist, oder die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis Voraussetzung der Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerb ausübt, oder zu deren Ausübung öffentlich bestellt oder ermächtigt ist. Ebenso ist derjenige zur Erstattung des Gutachtens verpflichtet, der sich dazu vor Gericht bereit erklärt hat. Die Sachverständigen dürfen aber nach § 408 aus denselben Gründen, welche die Zeugnisverweigerung rechtfertigen, ihr Gutachten verweigern. S., die nicht, wie z. B. die Gerichtsärzte, im allgemeinen für die Erstattung von Gutachten der betreffenden Art vereidigt sind, haben (nach § 410) den Sachverständigeneid dahin abzuleisten, daß sie das von ihnen geforderte Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten werden. Die wissentlich falsche Abgabe eines Gutachtens seitens eines vereidigten Sachverständigen wird als Meineid, die fahrlässige als fahrlässiger Falscheid bestraft. Die Gebühren, die S. in den vor die ordentlichen Gerichte gehörigen Rechtssachen zu beanspruchen haben, sind durch die Gebührenordnung vom 30. Juni 1878 geregelt worden. Auch von andern Behörden werden, wenn es sich um Fragen handelt, zu deren Beantwortung besondere Fachkenntnisse gehören, S. zugezogen, wie denn überhaupt im geschäftlichen Leben, namentlich wenn es sich um Wertschätzungen handelt, vielfach das Gutachten von Sachverständigen in Anspruch genommen wird. Zur Beantwortung von kaufmännischen Fragen und zur Abgabe von handelsrechtlichen Gutachten (sogen. Parere) bestehen zuweilen besondere Kollegien von Sachverständigen, wie z. B. das Kollegium der Ältesten der Berliner Kaufmannschaft. An die Stelle der frühern Sachverständigenvereine sind durch das Urheberrechtsgesetz vom 2. Mai 1901 für sämtliche Bundesstaaten Sachverständigenkammern getreten. Diese sind verpflichtet, auf Erfordern der Gerichte und Staatsanwaltschaften in Nachdrucksachen technische Gutachten abzugeben. und berechtigt, auf Anrufen der Beteiligten über Entschädigungsansprüche, Vernichtung von Nachdruckexemplaren oder -Vorrichtungen als Schiedsrichter zu entscheiden. In Österreich besteht bereits auf Grund des Urheberrechtsgesetzes vom 26. Dez. 1895 eine gleiche Einrichtung in den sogen. Sachverständigenkollegien. Dabei handelt es sich meistens um den Tatbestand des Nachdrucks oder der unerlaubten Aufführungen dramatischer oder musikalischer[405] Werke oder um den Betrag des dadurch verursachten Schadens. Vgl. Deutsche Zivilprozeßordnung, § 402 bis 414; Strafprozeßordnung, § 7293; Deutsches Strafgesetzbuch, § 154 ff. Mit dem Vorstehenden stimmen die Bestimmungen der österreichischen Zivilprozeßordnung in den § 351367 und die der österreichischen Strafprozeßordnung in den § 118126, 128, 129, 131135, 241243 und 247254 im wesentlichen überein.