Saint-Malo

[444] Saint-Malo (spr. ßäng-), Arrondissementshauptstadt im franz. Depart. Ille-et-Vilaine, liegt malerisch auf einer in die Mündungsbucht der Rance gegen W. vorspringenden Felsenhalbinsel, die durch einen Damm (Sillon) mit dem Festland verbunden ist. An die Anse des Sablons, welche die Stadt von dem südlich gelegenen Saint-Servan (s. d.) trennt, schließt sich landeinwärts der den beiden Städten gemeinsame, in neuerer Zeit verbesserte Hafen an, der aus einem Vorhafen und drei Bassins (von 7 m Tiefe, 42 Hektar Fläche und einer Kaientwickelung von 4800 m) besteht. Über den Kanal zwischen dem Hafen und der Bucht stellt eine rollende Brücke die Verbindung mit Saint-Servan her. Die Stadt ist von einer Mauer (aus dem 15. Jahrh.) umgeben und bildet mit Saint-Servan eine Festung zweiten Ranges, die durch mehrere Forts, namentlich auf den vorliegenden Felseninseln, geschützt ist. Die Straßen der Stadt sind eng und winklig. Bemerkenswerte Gebäude sind: die gotische Kirche St.-Vincent (12. Jahrh.) mit schönem Glockenturm, das Schloß aus dem 15. Jahrh. (jetzt Kaserne) am westlichen Ende des Dammes, mit vier flankierenden Türmen, und das Stadthaus. Auf dem Damme befinden sich ein Kasino (1899) mit besuchtem Seebad und ein Denkmal Châteaubriands (von Millet), außer dem die Stadt noch ein Denkmal Duguay-Trouins besitzt. Als Promenaden dienen die Stadtwälle. 1,5 km östlich, in der Vorstadt Rocabey, liegt die Station S.-Saint-Servan der Westbahn. S. zählt (1901) 11,149 (als Gemeinde 11,486) Einw., die Schiffbau, Seilerei, Fabrikation von Ketten und Schiffszwieback, Spitzenerzeugung, lebhaften Handel, Austernzucht und Fischerei sowie Schiffahrt betreiben. 1901 sind im Hafen 1067 Schiffe von 215,140 Ton. ein- und 1220 Schiffe von 212,660 T. ausgelaufen; davon entfielen auf den Auslandsverkehr 634 (171,240 T.), bez. 675 (181,893 T.). Der Warenverkehr mit dem Ausland und den Kolonien betrug 125,347 T. in der Einfuhr und 66,705 T. in der Ausfuhr. Die Haupthandelsartikel sind in der Einfuhr: Steinkohle, Bauholz, Stockfisch, Salz, Phosphat, Wein und Branntwein; in der Ausfuhr: Vieh, Geflügel, Eier, Butter, Getreide, Obst, Zider, Tabak. Bei der Seefischerei sind (1901) 75 Fahrzeuge von 6714 T. beschäftigt. Vom Stockfischfang (bei Neufundland) sind 1901 in S. 56 Schiffe von 11,373 T. eingelaufen. Die Stadt ist Sitz eines Gerichtshofs und eines Handelsgerichts und hat eine hydrographische Schule, eine Bibliothek von 10,000 Bänden, ein Museum, ein Theater, eine Ackerbau- und eine Handelskammer. Auch befinden sich hier mehrere auswärtige Konsulate. Von S. führen Dampfstraßenbahnen nach Saint-Servan und nach dem 3 km nordöstlich gelegenen Dorfe Paramé, mit Seebad, Kasino, schönen Villen und (1901) 2975 (als Gemeinde 5140) Einw. Omnibusse gehen nach Cancale, eine Dampffähre nach dem an der Rancemündung gegenüberliegenden Dinard, Dampfschiffe nach Dinan, Jersey und Southampton. – Die Stadt wurde im 8. Jahrh. von Einwohnern von Aletum (St.-Servan), das Angriffen von Seeräubern fortwährend ausgesetzt war, gegründet und nach ihrem Bischof S. genannt. Am 29. Nov. 1693 wurde die Stadt durch die Engländer bombardiert und teilweise zerstört. Sie war der Sitz der französischen Indischen Kompanie und Geburtsort von Cartier, Maupertuis, Chateaubriand (der hier auf der Felseninsel Grand Bé begraben liegt), Duguay-Trouin, Lamennais, Labourdonnais, Lamettrie und Broussais. Vgl. Herpin, La côte d'émeraude. S., ses souvenirs (Rennes 1894); Prampain, S. historique (Amiens 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 444.
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