[496] Sintflut (lat. Diluvium), die nach dem Bericht des 1. Buches Mose zur Zeit Noahs von Gott zur Vernichtung der sündigen Menschen verhängte Überschwemmung der ganzen Erde, daher gewöhnlich Sündflut genannt. Die Benennung ist aber nicht von dem Worte Sünde, sondern von dem altdeutschen sinfluot (»große Flut«) abzuleiten, wie denn noch Luther stets Sindflut schrieb. Auffallend ist die große Verbreitung der freilich sehr weit voneinander abweichenden Sintflutmythen. Nur in Afrika, Arabien und den asiatischen Ländern, in denen Überschwemmungen unmöglich sind, fehlen sie ganz. Die alten Bücher der Chinesen und der Inder bringen verschiedene Formen dieser Mythen. Dem hebräischen Bericht (1. Mos. 69) nahe kommt eigentlich nur die assyrisch-babylonische Erzählung des Berosos (s. d.) von Xisuthrus und dem an ihn ergangenen Befehl, eine Arche zu bauen. Noch ausführlicher liegt dieser Bericht vor in den 1872 von Georg Smith (»Chaldäische Genesis«, deutsche Ausg., Leipz. 1876) entdeckten babylonisch-assyrischen Tontafeln mit Keilschrift. Die elfte Tafel des sogen. Gilgameschepos berichtet in poetischer Form und Sprache: einen Flutsturm zu machen trieb ihr Herz an die großen Götter, besonders ihren Führer Bel. Auf Befehl des den Menschen freundlich gesinnten Gottes Ea rüstet der am untern Euphrat lebende Utnapischtim ein Schiff aus, verpicht es von außen und innen mit Pech und rettet auf diese Weise sich, die Seinigen und allen Samen des Lebens durch die große Flut, die die übrigen Lebewesen vertilgen sollte. Nach sieben Tagen landet er auf dem Berge Nisir östlich vom Tigris, entläßt dann nacheinander eine Taube, eine Schwalbe, einen Raben. Die Nichtwiederkehr des letztern gibt das Signal zum Austritt aus der Arche, worauf ein Opfer dargebracht wird. Ähnliche Sagen entstanden sogar in Nord- und Südamerika. Die Indianer am Orinoko erzählten A. v. Humboldt, daß »zur Zeit des großen Wassers« ihre Vorfahren in Kanus bis zu den höchsten Felsenspitzen gelangt seien. Der Entstehung solcher Sagen an verschiedenen Punkten der Erde liegt die Tatsache zugrunde, daß fast überall auf hohen Bergen fossile Muscheln und Tierknochen gefunden werden, woraus indessen die Geologie nur den Schluß zieht, daß große Landstrecken, die jetzt gehoben sind, einst vom Meer überflutet waren. Vgl. Diestel, Die S. und die Flutsagen (2. Aufl., Berl. 1876); P. Haupt, Der keilinschriftliche Sintflutbericht (Leipz. 1881); Sueß, Die S., geologische Studie (Prag 1883); Andree, Die Flutsagen (Braunschw. 1891); C. Schmidt, Das Naturereignis der S. (Basel 1895); Usener, Die Sintflutsagen (Bonn 1899); Gunkel, Genesis übersetzt und erklärt (2. Aufl., Götting. 1902); Winckler, Keilinschriftliches Textbuch zum Alten Testament (2. Aufl., Leipz. 1903).