Cartagēna [1]

[715] Cartagēna, 1) Hafenstadt an einer tiefen Bai des Mittelmeeres in der spanischen Provinz Murcia; hat einen großen u. den sichersten Kriegshafen am Mittelmeere u. Schiffswerfte; der Hafen hat die Form eines Hufeisens u. ist geschützt durch die Forts Santa Anna, Trincabotgar u. San Julian; die Arsenale sind jedoch fast ganz verlassen u. liegen zum Theil in Ruinen; die Stadt ist befestigt durch eine hohe Mauer aus Quadersteinen, hat gerade, breite Straßen u. hübsche Häuser; Fertigung von Schiffen u. Schiffsgeräthschaften (12,500 Centner Hanf zu Segeltuch), Leder, Seidenwaaren, Fischerei, Handel; 20,000 Ew., eine Zahl, welche die Stadt im Verhältniß zu ihrer Größe als todt u. verödet erscheinen läßt. – C., im Lande der Contestaner, soll der Sage nach von Teucer gegründet worden sein, später soll daselbst Contestania gestanden haben; es wurde eigentlich 243 v.Chr. von dem Carthager Hasdrubal als Chartago nova gegründet, in der Tiefe eines Meerbusens, der einen sicheren Hafen gewährte u. vor welchem die Insel Scombraria (Insula Herculis, jetzt Makreleninsel) lag; hoch auf einer Landzunge, hing durch einen 2 Stunden breiten Damm mit dem Festlande zusammen; ein in Verbindung mit dem Meere stehender See u. die Hügel des Vulkan, des Aletes, des Saturnus deckten sie gegen N., gegen O. der Äsculaptempel, gegen W. der Palast des Hasdrubal; sie war durch starke Mauern u. eine Citadelle vertheidigt. Die Carthager machten sie zu ihrem Hauptwaffenplatze u. zum Mittelpunkte des Handels zwischen Afrika u. Spanien; auch machten sie Fischerei u. Pöckelei u. die nahen reichen Silberbergwerke bald zu einer blühenden Stadt. Scipio, der Afrikaner, eroberte C. 210 v.Chr.; sie erhielt ihren alten Glanz u. wurde Hauptstadt der Halbinsel, Sitz des Präfecten von Hispania tarracon. u. eines Obergerichtshofes. Cäsar schickte eine Colonie dahin (Colonia Victrix Julia Nova Carthago). Bei dem Einbruch der Alanen u. Vandalen in Spanien wurde C. von diesen genommen u. so verwüstet, daß nur wenige Hütten übrig blieben u. der Sitz des Erzbisthums nach Murcia verlegt wurde. Mit der Zeit erholte sie sich wieder. Im Spanischen Erbfolgekriege (s.d.) war C. 1706 von der alliirten Flotte genommen worden, doch zwang sie Berwick den 18. Nov. wieder zur Übergabe. Den 20. Juni 1815 hier Sieg des nordamerikanischen Commodore Decature über die algierische Flotte, s. Algier (Gesch.). C. revoltirte 2. Febr. 1844 u. wurde am 23. März 1844 vergeblich vom General Roncali beschossen; es capitulirte am 25. an die Truppen der Königin. 2) District (Partido) des Departamiento Magdalena in der Südamerikanischen Republik Neu-Granada, 643 QM.; 100,000 Ew. 3) (C. de las Indias, C. nueva), Hauptstadt desselben u. des Departamiento an der weiten Mündung des westlichen Magdalenenstromes ins Caraibische Meer, auf einer Halbinsel, stark befestigt, guter Hafen, durch eine Brücke mit der auf einer Insel liegenden, namentlich von Indianern bewohnten Vorstadt Xiximani verbunden, gut gebaut, Sitz eines Bischofs, schöne Kathedrale, viele andere Kirchen u. Klöster, Universität, Marineschule; der Hafen, durch die beiden Inseln Baru u. Tierra-Bomba gebildet u. mit 3 Eingängen (Boca-Chica [durch 2 Forts vertheidigt], Boca-Grande u. Estero de Pasacaballos) versehen, ist der beste an der Nordküste von Südamerika; Handel mit Perlen, Smaragden, Zucker, Tabak, Baumwolle, Kaffee; 25,000 Ew., wovon kaum der 8. Theil Weiße; Klima heiß u. ungesund, schlechtes Trinkwasser, häufig gelbes Fieber. – C. wurde gegründet 1562 von dem Spanier Pietro de Heredia; 1585 wurde es von Fr. Drake genommen u. verbrannt; 1697 von den Franzosen genommen u. die Werke in die Luft gesprengt; 1741 griffen es die Engländer, aber vergebens, unter Admiral Werner an. Im Juni 1815 wurde es vergebens von Bolivar belagert; später erklärte es sich für unabhängig, wurde aber durch den spanischen General Morillo im August belagert u. fiel am 6. Decbr. 1815 wieder in die Hände der Spanier, welche die Stadt nach langer Blokade (seit Juli 1820) den 26. Septbr. 1821 wieder an Montillo übergaben.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 715.
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