Hufeisen [1]

[579] Hufeisen, ein eiserner, hinten offener Kranz, der auf die Hufe der Pferde, Maulthiere, Esel u. Zugochsen genagelt wird, um den Huf gegen Beschädigungen zu sichern u. dem Thiere einen festern Auftritt zu geben. Der vordere runde Theil des H-s heißt die Zehe od. der Bug, die beiden hintern Theile die Arme. Das H. muß im Allgemeinen mit der Gestalt u. Fläche des ausgeschnittenen Hufs übereinstimmen, an den äußern Rändern, wo es auf den Wänden anfliegen soll, dicker sein u. nach den innern Rändern zu dünner werden, damit es nicht auf der Sohle aufliege u. diese nicht drücke. Ferner sollen die Arme des H-s gegen das Ende zu etwas schwächer werden, daselbst seitwärts ein wenig über den Huf hinausragen, aber nicht so weit sein, daß sie mit den innern Wänden auf die Trachten drücken; auch dürfen sie nicht so eng sein, daß sie den Strahl berühren. Die acht in einem gewöhnlichen H. befindlichen Nagellöcher sollen trichterförmig sein, damit sich die Nagelköpfe in denselben versenken u. nicht sobald abgenutzt u. abgestoßen werden. Die Nagellöcher sollen ferner im H. so angebracht u. vertheilt sein, daß sie dem äußern Rande des H-s um die Hälfte näher stehen als dem innern u. daß sie sich bei den Vordereisen mehr gegen die Zehen zu u. entfernter von den Trachten, bei den Hintereisen aber mehr in den Armen u. mehr gegen die Trachten befinden. Da die Hinterfüße größerer Gewalt ausgesetzt sind, so können die Hintereisen an der Zehe einen kleinen Aufzug erhalten, der den Huf beim Abstoßen schützt.

Das H. kommt in verschiedenen Constructionen vor. Zunächst unterscheidet man das Rinn- od. Reifeisen, was die Nagelköpfe schützt, aber auch das H. schwächt, u. das H. mit keilförmig versenkten Nagellöchern, welches am meisten im Gebrauche ist. Von den verschiedenen Constructionen der H. sind anzuführen: a Das gebräuchliche Deutsche H. hat am Ende jedes Armes eine vierkantige Hervorragung (Stollen), u. vorn unter der Zehe ein angeschweißtes, gutgehärtetes Stückchen Eisen (Griff). Über dem Griffe ist ein schwaches Stück Eisen (Feder, Kappe), welches an die obere Seite des Hufes angebogen wird. Die H. sollen keine hohen Stollen haben, sonst trägt die Zehe die ganze Last, die Schenkel erhalten eine schiefe Stellung u. der Gang des Pferdes ist unsicher. Auf hartem, ungleichem Boden geben mäßig hohe Stollen mehr Haltung. Im Winter, bei scharfem Frost, wird der Griff von außen nach innen geschärft (Eisgriff); eben so werden auch die Stollen kegel- u. keilförmig geschärft u. im letztern Falle die Schärfe bald der Länge bald der Breite nach, oder bei dem äußern u. inneren Stollen verschieden gestellt (Eisstollen). Auch hat man einschraubbare Eisstollen. Jedes H. wird mit acht Nägeln aufgenagelt. b) Federhufeisen haben oben auf jeder Seite drei Federn od. dünne Hervorragungen, um sie damit an dem Rande des Hufs zu befestigen. Sie werden bei alten zersplitterten Hufen, wo man keine Nägel einschlagen kann, od. auf Reisen, wenn ein Pferd unterwegs ein Eisen verliert, angewendet. c) Gebrochene Federhufeisen (Schereisen) können mit einer Schraube enger gestellt werden, so daß sie auf jeden Huf passen, auch ein zu breiter Huf nach u. nach damit enger gemacht werden kann. d) Das Englische H. hat weder Stollen noch Griffe, ist am äußeren Rande dünner, als am innern u. hat hinten unter den Trachten viel Breite; es ist viel leichter, als das Deutsche, sichert aber den Zugpferden in festem Boden keinen festen Tritt. e) Das Französische H. hatte sonst weder Stollen noch Griffe, aber eine hohe Feder, u. war am äußern Rande stärker als am innern; jetzt hat man auch niedrige Griffe u. an der Außenseite einen Stollen. f) Das Spanische H. hat weder Stollen noch Griffe, lange Arme, welche hinter den Ballen aufwärts gebogen sind, u. auf der äußern Seite einen 1/8 Zoll hohen Rand. g) Das Türkische H. ist sehr dünn u. breit, hat am äußern Rande einen erhabenen Reif u. die breiten Arme legen sich in der Gegend des Strahles über einander; es ist in der Mitte nur wenig offen u. bedeckt daher fast den ganzen Huf (Deckende H.). Außerdem hat man: h) Halbarmige (Halbmondförmige) H., welche nur den Huf vorn an der Zehe schützen, aber die Quartiere u. Fersen unbedeckt lassen; sie sichern nicht hinlänglich gegen das Ausgleiten; i) Pantoffeleisen, bei welchen die innere Seite der Stollen sehr dick ist; bei dem Halben Pantoffeleisen nicht so sehr dick; oft versteht man unter Pantoffeleisen auch Eisen ohne alle Stollen. Außer diesen älteren Constructionen tauchten in der neuern u. neuesten Zeit folgende H. auf: k) Barey's H., werden mit Hülfe von Draht befestigt, die Löcher im H. paarweise angebracht; hierauf wird das H. mittels Einstecken der Enden eines gebogenen Drahtstückes in jedes Löcherpaar im Hufe u. das H. im Zusammendrehen der beiden Drahtenden befestigt u. die zusammengedrehten Theile in eine ringsum laufende Vertiefung umgebogen u. dieselben mit Eisenkitt ausgefüllt; l) Mile's H. gründen sich auf die Expansion des Hufs u. werden nur mit 5 Nägeln befestigt, von denen 3 an der äußern u. 2 an der innern Seite des Hufs so angeschlagen werden, daß in der Mitte der Zehen etwa die halbe Länge des H. frei von Nägeln bleibt. Die Nägel sind vierkantig, laufen verjüngt zu u. mit einem länglich starken Kopfe aus; der Kopf wird im Rande des H-s versenkt; m) Steinhoff's H. besteht aus drei Stücken, die beim Anschlagen an der Zehe zusammengelegt werden; der eine Arm ist an der Zehe abgerundet, der andere halbmondförmig ausgeschnitten, so daß die Rundung in den Ausschnitt paßt; n) H. mit Schraubstollen. Diese Construction besteht darin, daß die Stollen nicht an das H. selbst festgeschmiedet, sondern mit einer Schraube versehen werden, um sie Behufs des Schärfens ab- u. anschrauben zu können, ohne das Eisen selbst abnehmen zu müssen. Verschiedenartige andere Versuche in dieser Richtung führten endlich zur Erfindung von H. mit eingesetzten u. blos durch Querschrauben befestigten Stollen, die mittelst Schraubenzieher bequem abgenommen, in wenig Minuten zu jeder Zeit u. an jedem Orte geschärft werden können, ohne das H. selbst abnehmen zu müssen. Ganz bes. eignen sich diese neuen H. für Kutsch- u. Reitpferde; sie gestatten selbst bei dem glattesten Eise den Pferden ein vollkommen sicheres Auftreten, verhüten auch das Ausgleiten. Vgl. Neue Construction der Hufeisen mit abnehmbaren Einsetzstollen[579] u. die neu erfundenen Nothhufeisen, Dresd. 1858.

Das Schmieden der H. erfordert viel Genauigkeit, indem jedes H. genau nach dem Huf des Pferdes eingerichtet werden muß. Der Schmied nimmt ein Stück Eisen (Hufeisenstab) schmiedet es zur gehörigen Breite, biegt erst den einen Arm herum, macht an diesen Arm den Stollen, indem er ihn am Ende umschlägt, macht auf der untern Seite mit dem Falzhammer den Falz hinein, schlägt in diesen mit einem Spitzhammer (Hufeisenstempel) die Löcher für die Hufnägel ein, verfährt dann mit dem andern Arme eben so u. ebnet nachher mit einem Handhammer das Eisen, wobei er es auch für vollhufige Pferde etwas wölbt. Da hierdurch die Hufnagellöcher an der obern Seite wieder zugeschlagen werden, so öffnet er sie mit dem Hufeisendorn, einem spitzigen Stück Eisen, von Neuem (Gegenlochen, Gegendurchschlagen). Am besten ist es, das Eisen auf einen Lochstift zu setzen u. nicht umzuwenden, wo man dann auf der obern Seite den Auswurf, den der Lochstift macht, mit dem Hammer niederschlägt. Wird das fertige H. nochmals rothglühend gemacht u. mit einem Handhammer glatt geschlagen, so heißt dies Ein richten. H., welche keine Stollen u. Griffe haben, bekommen gewöhnlich keinen Falz, aber die Hufnagellöcher werden keilförmig gemacht. In neuester Zeit erfand Burdee in Amerika eine Hufeisenmaschine, welche in einer Stunde 240 H. anfertigt. Dieselben bestehen aus Gußstahl, der direct in die Maschine gegossen wird. Sie sind zwar etwas schwerer, aber haltbarer als die schmiedeeisernen. Die Nägel (Husnāgel), mit welchen die H. auf dem Hufe befestigt werden, sind vierkantig, breit u. dünn, müssen von geschmeidigem, festem, nicht brüchigem od. splittrigem, gut geschmiedetem Eisen (Hufnageleisen) sein, damit sie sich nicht biegen, nicht brechen, den Huf nicht splittern u. keinen Splitter zurücklassen. Die Spitze des Nagels (Hufnagelzwicke) ist am besten, wenn sie einem schrägen Durchschnitt gleicht. Bei den deutschen Hufnägeln gleicht der Kopf einem Würfel; bei den französischen u. englischen ist er trichterförmig u. auch die Löcher in den H. haben dieselbe Gestalt, so daß der Kopf in den Löchern ganz od. zum Theil versenkt ist u. nicht so leicht abspringt. Bei den englischen ragt der Kopf über das H. hervor u. vertritt die Stelle der Stollen. Bei H. ohne Stollen gebraucht man im Winter Eisnägel, welche einen sehr hervorragenden, spitzigen Kopf haben. Damit sie beim Einschlagen nicht stumpf werden, wird ein Stück Eisen mit einer pyramidenförmigen Vertiefung (Eisnagelmütze) darauf gesetzt u. auf dieses geschlagen. Die Hufnägel bekommt der Hufschmied von Hufnagelschmieden od. aus Fabriken krumm. Die besten deutschen Hufnägel werden in Schmalkalden gefertigt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 579-580.
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