Damasciren

[657] Damasciren, 1) Eisen- u. Stahl waaren flammig u. adrig bearbeiten, wie es im Orient gewöhnlich ist. Der Name D. u. Damascenerstahl kommt zwar von Damask her, bes. weil Damask die Haupthandelsstadt war, woher man sonst die damascirten Waffen bezog; verfertigt wurden u. werden sie im[657] ganzen Orient, in Ägypten, Persien, bes. in Tiflis, von besonderen Waffenschmieden, deren Namen auf den Klingen in Gold eingelegt sind; man bezahlt die Klingen nach der Berühmtheit des Meisters. Über das Verfahren, welches die Orientalen beim Schmieden dieser Waffen beobachten, ist nichts Zurerlässiges bekannt; jedenfalls verwenden sie verschiedene Stahlsorten dazu, die sie zusammenschweißen u. nachher ausschmieden. Der verschiedene Kohlenstoffgehalt der einzelnen nicht zu einer homogenen Masse verarbeiteten Stahllagen ist die Ursache, daß beim Beizen des polirten Stahles mit einer schwachen Säure diese die verschiedenen Eisensorten verschieden stark angreift u. heller od. dunkler erscheinen läßt; der Stahl erhält dadurch das flammige od. geaderte Aussehen (s. unt.) u. solche Festigkeit, daß man mit echten türkischen Damascenerklingen auf Eisen hauen kann, ohne daß die Klinge sich umlegt od. ausspringt. Stets ist aber nur die Schneide gehärtet, die eigentliche Klinge aber weich. Auch Wooz mischt man unter die Zainer, welche man zu dem D. braucht, u. die persischen Waffenschmiede haben stets Aufkäufer in Indien, die ihnen Wooz verschaffen. Bei in Deutschland (hier zuerst von Peter Simmelpus in Solingen im 17. Jahrh.), Frankreich, England, Italien (bes. in Mailand), Spanien (bes. in Toledo) nachgemachtem Damascenerstahl wird gewöhnlich folgendes Verfahren beobachtet: man legt dünne Stäbe od. Bleche von Stahl, weichem od. weißem u. hartem od. grauem Eisen übereinander, schweißt sie zusammen u. dreht dann mittelst eines Schraubenstockes u. einer Zange den zusammengeschweißten Stab wie eine Schraube herum, zerschneidet den so gewonnenen Stab in 4 od. mehr Theile u. wiederholt das Zusammenschweißen u. Herumdrehen mehrmals. Auf diese Weise erhält man eine Damascirung mit schraubenförmig gewundenen Linien; schwieriger ist die Erzeugung paralleler Streifen od. regelmäßiger Figuren, wie französische Messerschmiede anwenden. Dabei wird auf die oberste Platte eines Päckchens verschiedenartiger Stahlplatten eine Zeichnung gravirt. Beim Hämmern preßt sich der Stahl von unten in die Höhlung der Gravirung, so daß sämmtliche Platten an dieser Stelle eine Ausbiegung erhalten, welche beim Ätzen als Damascirung erscheint. Ein drittes Verfahren ist die Mosaikdamascirung. Man verfährt dabei wie bei der ersten Methode, nur daß man die zusammengewundenen Stäbe quer durch in kleine Stücke zerschrotet u. diese an einander legt, schweißt u. ausschmiedet. Alle drei Methoden sind von Clouet u. Hochette zuerst angewandt u. erprobt. Später fand Bréaut, daß die orientalischen Klingen aus einem Gußstahl bestehen, welcher reicher an Kohlenstoff als der europäische ist, so daß bei einer sorgfältig vorgenommenen Abkühlung eine Sonderung u. theilweise Krystallisation zweier verschiedenartiger Eisencarburete beim Schweißen derselben stattfindet. Am besten gelang es Crivelli in Mailand, die echten Klingen nachzuahmen, indem er Schmiedeeisen u. Stahl in einander arbeitete, so daß der zur Klinge auszuschmiedende Stab aus einer großen Zahl dünner Schichten von wechselsweise Stahl u. Eisen bestand. Was die echten Klingen indeß noch immer auszeichnet, ist das eigenthümliche Wasser (Giohar), d.h. die Zeichnung der theils gradlinigen, theils krummen, parallelen od. verschlungenen Streifen von weißem, silberfarbenem u. schwarzem Aussehen. Aus solchem Stahl gefertigte Säbelklingen Damascenerklingen) u. Gewehrläufe (Damascenerläufe, Damascirte Gewehrläufe, Canons tordus), haben ein schönes Ansehen; letztere sind sehr fest u. gegen das Springen mehr als gewöhnliche Läufe gesichert. Bandläufe (Canons à ruban) damascirt man auch, indem man einen alten, dünnen Gewehrlauf bis zur Hälfte mit Eisen- u. Stahldraht umwickelt u. darauf schweißt, auf den dazwischen bleibenden leeren Raum wiederum Draht wickelt u. fest schweißt u. so nochmals; dieser innere Kern wird später beim Bohren des Rohres ganz herausgebohrt, so daß der Lauf selbst aus dem zusammengeschweißten Draht besteht. Solche Gewehrläufe sind noch weniger dem Zerspringen ausgesetzt. Sollen runde Figuren, Rosen u. dgl. darauf hervorgebracht werden, so geschieht dies, indem Draht rund zusammengerollt u. an den einzelnen Stellen des Gewehrlaufs aufgeschmiedet wird. Die unechten damascirten Säbelklingen werden oft wie die türkischen parfümirt; man glüht nämlich die Klinge über einem Kohlenfeuer u. bestreicht sie dann mit einer Mischung von grauem Ambra, Bisam, Zibeth u. Behenöl. Um das flammige Ansehen (Damast, Damastzeichnung) hervorzubringen, hat man noch eine andere Art zu damasciren. Man überzieht das schon polirte Stück mit dünnem Wachs, gräbt in dasselbe die Flammenfiguren u. bringt Scheidewasser darauf, wodurch auf dem polirten Stück matte Flammen entstehen. Säbelklingen damascirt man, indem man auf die polirte Klinge mit einer Mischung von Kalk u. Wasser Flecken u. Flammen macht, diese an der Sonne trocknet, dann die Klinge mit, in Wasser aufgelöstem Vitriol bestreicht u. nach kurzer Zeit Alles rein abwäscht. Die gewöhnlich im Handel unterschiedenen Arten der Damascirung sind Canon tors ou à ruban, Can. damassé, Ruban d'acier, Can. double laminette, Can. demi turc, Can. turc uni u. Can. turc à ruban; die 2 letzten Sorten sind die gesuchtesten. – Die sehr alte Erfindung des D-s soll schon bei Herodot unter dem Namen Kollesis vorkommen, doch bedeutet dies mehr eine Auflöthung des Metalls auf das andere, u. da dies Glaukos von Chios zuerst machte, so pflegt man (fälschlich) den Glaukos als den Erfinder des D-s zu nennen. Später, als unter Diocletian Waffenfabriken zu Damask u. diese Stadt Haupthandelsplatz wurde, erhielt das D. seinen jetzigen Namen. Mit den Kreuzzügen wurde es in Europa bekannt. 2) Blau anlaufen lassen, s. u. Anlaufen 7); 3) Stahlwaaren mit Gold- u. Silberfiguren auslegen; bei Damascenerklingen sind diese Figuren der Halbmond, Sonne, Mond u. Sterne, u. der Name des Verfertigers türkisch, arabisch od. persisch. Solche Arbeit wird auch in Sheffield, Eskiltuna (Schweden) u. in Solingen gemacht; 4) Zeuge damastartig weben, daher Damascirtes Zeug.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 657-658.
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