Erbrechen [2]

[815] Erbrechen (lat. Vomitus, gr. Emesis), die Entleerung des Magens von, in demselben enthaltenen [815] Stoffen, zu Folge einer schnell angeregten, gleichsam krampfhaften Bewegung der Muskelhaut des Magens in entgegengesetzter Richtung, unter Mitwirken der Bauchmuskeln, des Zwerchfells u. der Speiseröhre. Meist geht dem E. Ekel vorher, der in höherem Grade, nach unzureichenden Zusammenziehungen des Magens (Vomituritiones), wenn sich. der obere Magenmund zum Durchgang der Stoffe erweitert, in wirkliches E. übergeht. Am einfachsten wird es erregt, nach Magenanfüllung, durch einen mechanischen Reiz des Schlundes mittelst einer Feder, od. auf ähnliche Weise, dann durch Stoffe, die durch specifischen Reiz dasselbe bewirken (s. Brechmittel), ferner krankhafter Weise; bei Überladung des Magens mit zu vielen od. untauglichen Nahrungsstoffen ist es eine Naturhülfe. Manche Personen brechen leicht, andere schwer; dann ist das E. mit Schaudern, Zittern, Congestionen nach Kopf u. Brust, Ohnmachten etc. begleitet. Nach Verschiedenheit der ausgebrochenen Stoffe unterscheidet man: Blut-, Schleim-, Gallen-, Kothbrechen od. Miserere, auch acutes u. chronisches. Häufig ist es ein consensuelles Symptom von Hirnleiden; auch ist es das Hauptsymptom der Seekrankheit, Schwangere erbrechen sich öfters, zumal in den früheren Monaten ohne Gefahr. Habituelles E. deutet häufig auf organische Fehler des Magens, doch hängt es auch mit allgemeinen Verdauungsfehlern zusammen u. wird dann durch eine sorgfältige Diät u. Gebrauch von Magenstärkungen gehoben. In hitzigen Krankheiten ist es oft kritisch u. muß dann befördert werden, bes. durch reichliches Trinken lauer Getränke. Erschöpfendes E. stillt man am besten durch Mittel, die viel kohlensaures Gas entwickeln, wie Brausepulver, Riverisches Tränkchen, od. auch durch Opium, durch Eispillen, Senfspiritus auf die Magengegend gelegt, schwarzen Kaffee. Mehrere Thiere können wegen des Baues ihres Magens sich nicht erbrechen, so Pferde nicht, wegen einer lappenartigen Falte des oberen Magenmundes, auch wiederkäuende Thiere nicht, wenn sie nach dem Wiederkauen das Futter das zweite Mal verschluckt haben. Dagegen sind Katzen dem E. unterworfen, u. Hunde, welche Gras instinctmäßig fressen, um sich E. zu bewirken; Schweine fressen wegen Gierigkeit meist das Erbrochene von Neuem.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 815-816.
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