[729] Grundeigenthum, das Eigenthum an Grund u. Boden u. demjenigen, was mit ihm unbeweglich zusammenhängt. Das G. hat dem abstracten Begriff nach nichts Unterscheidendes von dem Eigenthum an beweglichen Sachen; wie letzteres, ist es auf die locale Herrschaft über das besessene Object gerichtet. Allein die hohe Wichtigkeit, welche dem Grund u. Boden in volkswirthschaftlicher Beziehung zukommt, die größere Gewähr der Dauer, welche im Immobiliarbesitz liegt, u. zugleich der Umstand, daß die Idee einer staatlichen Beherrschung nothwendig an ein Staatsgebiet u. damit vorzugsweise an die Botmäßigkeit über Grundbesitzer gebunden ist, hat von jeher in allen Staaten dem E. vor dem bloßen Mobiliarbesitz eine mannigfach ausgezeichnete Stellung verschafft u. die Rechtsverhältnisse an den Immobilien meist in einer von den Rechtsverhältnissen der Mobilien sehr verschiedenen Weise zur Entwickelung gebracht. Indem mit dem G. seiner eben angedeuteten Natur nach sich nothwendig ein viel größeres öffentliches Interesse[729] verbinden mußte, als mit dem Mobiliarbesitz, zeigen die Eigenthumsverhältnisse an Grund u. Boden auch überall eine engere Beziehung zum öffentlichen Recht. Das G. pflegt daher weit mehr mit öffentlichen Lasten u. Pflichten belegt u. selbst polizeilich vielfach eingeschränkt zu sein; allein in der Regel verknüpfen sich damit auch ausgezeichnete öffentliche Rechte, welche dem Mobiliarbesitz nicht zukommen. Ganz besonders hat das Deutsche Recht diese öffentliche Natur, welche dem G. neben seiner privatrechtlichen Bedeutung zukommt, auf das Mannigfaltigste entwickelt. Am innigsten zeigte sich die Verbindung des G-s mit dem öffentlichen Rechte im alten Lehnsstaate; aber auch im neueren Staatsrecht hat das G. eine vorzügliche Bedeutung sich bewahrt, indem entweder überhaupt nur den Grundbesitzern ausschließlich das Wahlrecht für Volks- u. Gemeindevertretung eingeräumt ist, od. doch die Klasse der größeren Grundbesitzer besonders bevorzugte Wahlrechte besitzt. Mit Recht setzt man bei den Vertretern des G-s in der Regel eine conservative Richtung voraus, indem kein Stand bei einer ruhigen u. gesicherten Entwickelung der Staatsverhältnisse mehr interessirt ist, als der Stand der Grundbesitzer. Indessen ist hierbei zwischen ländlichem u. städtischem, großem u. kleinem Grundbesitz wohl zu unterscheiden. Das städtische G. pflegt eine weit größere Beweglichkeit des Verkehrs zu haben, als der ländliche; bei diesem aber verbindet sich der Unterschied zwischen großem u. kleinem Grundbesitz zugleich meist mit einem Unterschied des Standes u. der Bildung, indem die größeren Güter sich meist in den Händen des bevorrechteten Adels, die kleineren nur in denen des Bauernstandes befinden. Auch dieses wirkt nothwendig auf die ganze Stellung des G-s ein u. erzeugt mannigfache Verschiedenheiten, welche in den Eintheilungen der Güter in Ritter- u. Bauergüter (s.d.) hervortreten. Aus dem öffentlichen Interesse, welches der Staat an dem G. hat, erklärt sich auch die von den ältesten Zeiten des Deutschen Rechts bis auf die Gegenwart in ununterbrochenem Zusammenhang nachweisbare Rechtsvorschrift, daß alle auf das G. bezüglichen Rechtsgeschäfte unter der Aufsicht u. Mitwirkung einer öffentlichen Behörde stehen u. daß namentlich die Übertragung des G-s in der Regel unter Auctorität des Gerichts zu erfolgen hat. Die früher gebräuchliche Form hierfür war die der gerichtlichen Auflassung (Investitur, s.d.). Besonders durch den Einfluß der städtischen Gerichte u. das sich mehr u. mehr verbreitende schriftliche Verfahren trat später die Form an die Stelle, daß die Geschäfte in öffentliche Gerichtsbücher (Grundbücher, Flur-, Erb-, Lager-, Saalbücher) eingetragen wurden u. der Richter eine Bestätigung aussprach. In neuester Zeit ist zwar meist die letztere als besonderer Act weggefallen; dagegen ist die Eintragung in öffentliche Bücher als nothwendiger Act für alle Übertragungen des G-s an andere Personen, sowie den Erwerb von Hypotheken u. andern dinglichen Berechtigungen Regel geblieben, der Eintragung selbst aber meist eine in vielen Beziehungen verbesserte Form gegeben worden; vgl. Hypothekenwesen. Die mehrfachen persönlichen Beschränkungen, welche früher hinsichtlich der Erwerbung von G. z.B. in der Weise vorkamen, daß Rittergüter nur von Personen adeligen Standes erworben werden durften u. Juden überhaupt von dem Erwerb von G. ausgeschlossen waren, sind jetzt wohl allenthalben aufgehoben.