[535] Eigenthum (lat. Dominium), 1) im weiteren Sinne Alles, was das Vermögen Jemandes ausmacht; 2) im engern Sinne das Recht der vollständigen u. ausschließlichen Herrschaft über eine körperliche Sache. Das E. ist hiernach das umfassendste, zugleich aber das einfachste aller Rechte. Seine Natur ist nothwendig mit der Persönlichkeit des Menschen gegeben, welcher dieser seiner Natur nach nicht blos den Willen, sondern auch die Bestimmung hat, die zu seiner Existenz u. Erhaltung nöthigen Gegenstände sich unterthänig zu machen. Dies geschieht im einfachsten, uranfänglichen Zustand zunächst durch Ergreifung des Besitzes (s.d.), welcher sonach auch als ursprüngliche Grundlage des E-s zu betrachten ist; durch den rechtlichen Schutz, welchen die errungene Herrschaft sich gegen Andere anzueigwen weiß, wird dieselbe zum E. Es ist deshalb eine unrichtige Vorstellung, wenn man das E. gleich andern Rechtsinstituten zuweilen nur als ein positives Institut des durch den Staat geheiligten Rechtes angesehen hat, was die unzulässige Folgerung nach sich ziehen würde, daß es dem Staat auch möglich u. erlaubt sei, das E. selbst wieder aufzuheben. Zwar kann das positive Recht dem E. eine eigenthümliche Gestaltung u. Ausbildung verleihen; der Versuch aber, das E. selbst zu beseitigen, muß nothwendig daran scheitern, daß derselbe mit der Aufhebung aller besondern Persönlichkeit der Staatsbürger endigen u. damit die Grundbedingung eines menschlichen Zusammenlebens ebenso vernichten würde, als wenn der Staat z.B. die allerdings auch einer verschiedenen Ordnung fähige, nichtsdestoweniger aber ebenso im Wesen des Menschen begründete Ehe, das elterliche Verhältniß etc. aufzuheben gedächte. Wenn daher dennoch neuerdings Versuche dieser Art mehrfach gemacht u. selbst allen Ernstes als philosophische Systeme aufgestellt worden sind (s.u. Communismus), so können diese nur als utopische Träumereien u. als eine Geistesverirrung betrachtet werden, welche, wenn sie auch durch manche, in den heutigen socialen Verhältnissen unverkennbar zu Tage liegende Übelstände ihre natürliche Veranlassung u. Erklärung findet, doch in ihrer, wider die Sicherheit des E-s gerichteten Tendenz offenbar eine der gefährlichsten Erscheinungen unserer Zeit bildet. Hauptsächlich aus diesen Angriffen ist es zu erklären, wenn neuere Verfassungsurkunden es für nöthig befunden haben, die Unverletzlichkeit des Privateigenthums als einen Grundsatz ausdrücklich auszusprechen u. den Staatsbürgern den Schutz förmlich zu garantiren (vgl, Preußische Verfassungsurkunde Art. 9. Baiersche IV. 8. Sächsische §. 27), obschon es, da dieser Grundsatz als selbstverständlich angesehen werden muß u. in der That auch von jeher als allgemeines Recht der civilisirten Welt gegolten hat, einer solchen positiven Anerkennung gar nicht bedurft hätte. Für die Gestaltung des heutigen E-srechtes in seinen einzelnen Beziehungen aber ist bes. das Römische Recht von Einfluß gewesen, welches den Begriff des E-s als Individualrecht des Einzelnen in seltener Schärfe, in mancher Hinsicht mit wirklicher Schroffheit ausgebildet hat. Das Deutsche Recht beruht zwar im Ganzen auf den nehmlichen Grundsätzen, hat aber doch aus mancherlei Gründen mehrere eigenthümliche Modificationen zu Tagegebracht, Diese Modificationen traten bes. im Gebiete des Grundeigenthums hervor, welches überhaupt, gegenüber dem E. am beweglichen Vermögen (der fahrenden Habe), fast bei allen Völkern sich verschieden entwickelt hat.
I. Das ältere Römische Recht kannte zwei Arten des E-s, das Dominium ex jure Quiritium, E. des strengen römischen Stadtrechts, u. das Dominium naturale (Res est in bonis), das E. des Jus gentium. Jenes konnten. nur römische Bürger erwerben; auch waren hinsichtlich der Objecte die Provinzialgrundstücke (früher wahrscheinlich aller Grund u. Boden außerhalb der römischen Feldmark) davon ausgeschlossen. Gewisse Gegenstände, die Res mancipi, wozu außer dem Grund u. Boden noch Sklaven, Pferde, Rinder u. Esel gehörten, mußten außerdem, wenn sie in das volle E. gelangen sollten, im Handel u. Wandel durch eine besondere Übertragungsart, die Mancipatio, einen feierlichen Kauf mit Zuwägung eines As vor 5 römischen Bürgern als Zeugen, erworben werden. Das Dominium des, Jus gentium dagegen konnte an allen Sachen, auch durch einfache Übertragung, erworben werden u. wurde später von dem Prätor in ähnlicher Weise, wie das Dominium ex jure Quiritium, geschützt. Beide Arten des E-s bestanden bis in die Kaiserzeit neben einander; ja es konnte sogar an einer Sache Jemand das natürliche, ein Anderer das blos quiritarische E. besitzen, welches letztere dann als Nudum jus Quiritium bezeichnet wurde. Eine besondere Art[535] des E-s war auch noch für die frühere republikanische Zeit die Possessio am Ager publicus, das Recht am Gemeindeland, welches zwar ebenfalls die vollen Nutzungsrechte des E-s verlieh, indessen als ursprünglich vom Staate nur verliehenes Recht mehrfachen Beschränkungen unterlag. Im Justinianischen Rechte sind alle diese verschiedenen Arten des E-s hinweggefallen. Zum Erwerb des E-s wird hiernach nur erfordert: a) eine gewerbsfähige Person; b) eine Sache, welche fähig ist, im E. des Erwerbers zu stehen; c) eine gehörige Erwerbsart (Acquisitio, Modus s. Genus acquirendi), die letzteren sind theils Acquisitiones per universitatem, wo das E. in Folge der Übertragung eines ganzen Vermögens übergeht, wie z.B. das Erbrecht u. einzelne Fälle der Capitisdeminution, theils Singularacquisitionen, bei welchen es sich nur um den Erwerb des E-s an einer einzelnen Sache handelt. Zu diesen gehören die Occupation, der Erwerb einer bisher herrenlosen Sache; die Specification, welche das E. in Folge der Verarbeitung einer Sache zu einer anderen Sache überträgt; die Accession, bei welcher das E. wegen Verbindung mit einer bereits im E. des neuen Erwerbers stehenden übergeht; die Adjudication, E-erwerb in Folge richterlicher Zusprechung bei Theilungsklagen; Tradition, Erwerb in Folge freiwilliger Übertragung einer Sache von einem Eigenthümer auf den anderen; u. Usucapion (Ersitzung), der E-erwerb durch längeren fortgesetzten Besitz (s.d. a.). Mehrere andere ältere Erwerbsarten, wie die Mancipatio (s.d.), die In jure cessio, bei welcher das E. in Form eines Scheinprocesses übertragen wurde, u. die Venditio sub corona, die Form, unter welcher die Beute verkauft zu werden pflegte, sind im Justinianischen Rechte verschwunden. Die Totalherrschaft über die Sache, welche den Grundbegriff des E-s bildet, legt das Römische Recht dem Eigenthümer im vollsten Maße bei. Derselbe kann daher mit der Sache vornehmen, was er will, insbesondere nach seinem Belieben jeden Nutzen von ihr ziehen, jede Veränderung mit; ihr vornehmen, sie auch zerstören u. ebenso in beliebigster Weise zertheilen u. veräußern. Ein beschränktes E. (Dominium limitatum s. restrictum) gibt es nach Römischem Rechte der Regel nach nur insofern, als der Eigenthümer selbst od. ein früherer Besitzer der Sache Beschränkungen auferlegt hat. Hierher gehören bes. die dinglichen Rechte an einer fremden Sache (Jura in re aliena), wie Servituten, Pfandrechte, Superficies u. Emphyteusis (s.d. a.); sowie die Beschränkungen, welche in Folge letztwilliger Anordnungen od. durch, bei Veräußerungen dem neuen Eigenthümer auferlegten Bedingungen erwachsen können. Durch letztere kann insbesondere auch ein widerrufliches E. (D. revocabile, temporarium, interimisticum) entstehen, welches nach Ablauf einer bestimmten Zeit od. bei dem Eintritt eines bestimmten Umstandes von selbst aufhört u. wieder zu dem vorigen Eigenthümer zurückkehrt, der deshalb während dieser Zeit auch wohl als Inhaber eines schlafenden E-s (D. dormiens) bezeichnet zu werden pflegt. Diese Rückkehr hat entweder eine rückwirkende Kraft, so daß das E. rückwärts als gar nicht von dem früheren Eigenthümer getrennt u. so betrachtet wird, als wenn es forwährend u. ohne Unterbrechung bei Letzterem gewesen wäre (D. revocabile ex tunc); od. das E. hört erst von dem Augenblicke an auf, in welchem jener Umstand eintrat (D. revocabile ex nunc), was dann die wichtige Folge hat, daß der vorige Eigenthümer die inzwischen von dem revocabten Eigenthümer dem E. an der Sache auferlegten Beschränkungen ungeachtet der Rückkehr des E-s zu ihm anerkennen muß. In allen diesen Fällen wird dadurch der eigentliche Begriff des E-s ebensowenig moditsicirt, alsdiesbeider Statuirung eines Miteigenthums (Condominium) der Fall ist, bei welchem Mehrern das E-srecht an einer gewissen Sache zu bestimmten ideellen Theilen (Procenten, Quoten) zusteht. Als gesetzliche Beschränkungen des E-s kommen vor theils einzelne Veräußerungsverbote, wie das Verbot Res litigiosae, einen Fundus dotalis etc. zu veräußern; theils verschiedene Beschränkungen, denen namentlich das Grundeigenthum ausmeist polizeilichen Gründen unterworfen ist (sogenannte Legalservituten). Dahin gehört, daß der Eigenthümer dem, welcher auf andere Art nicht zu seinem Begräbniß gelangen kann, den Weg über sein Grundstück gestatten muß, daß in der Stadt zwischen den Gebäuden ein Zwischenraum (Ambitus) von 21/2 Fuß gelassen werden mußte, daß Gebäude nur bis zu einer gewissen Höhe (nach August 70, nach Trajan 60, nach Zeno unter Umständen 100 Fuß) geführt werden durften, daß Besitzer von Feldgrundstücken den Lauf des Regenwassers nicht willkürlich zum Nachtheil des Nachbars verändern dürfen, daß Niemand den Luftzug zu des Nachbars Tenne verbauen darf, daß die Ausbauchung einer Grenzmauer, wenn sie unter einem halben Fuß beträgt, vom Anlieger geduldet werden muß etc. Ein Gesammteigenthum in der Weise, daß Mehrere zugleich das E. ungetheilt beanspruchen könnten (Condominium pro indiviso) ist nach Römischem Rechte undenkbar. Der Schutz des E-s wird durch die dem Eigenthümer zur Verfolgung seines Rechtes gegen Dritte eingeräumten Klagen, die Rei vindicatio u. Actio negatoria, vermittelt, von denen die erste gegen jeden dritten, unberechtigten Besitzer der Sache auf Herausgabe derselben mit Früchten u. Accessionen, die zweite gegen alle Diejenigen, welche, ohne sich in den Besitz der Sache gesetzt zu haben, doch durch Anmaßung einzelner, nur dem Eigenthümer zustehender Rechte das E. beeinträchtigen, auf Unterlassung dieser Beeinträchtigungen gerichtet ist. Eine wesentliche Ergänzung erhalten beide Klagen außerdem durch die Publiciana in rem actio (Publicianische Klage), nach welcher auch Derjenige, welcher sich nur im Usucapionsbesitz einer Sache befindet, gegen jeden, mit schlechterem Rechte gegen ihn Auftretenden in nämlicher Weise klagen kann. Der Verlust des E-s tritt ein: a) mit dem Untergang der Sache; b) durch Veräußerung, welche theils eine partielle, durch Einräumung dinglicher Rechte an dem Gegenstande, theils eine totale, durch Übertragung des E-srechtes auf einen Andern sein kann; c) durch freiwillige Aufgabe des E-s (Derelictio). Der Tod des Eigenthümers bewirkt nicht ein Erlöschen des E-s, sondern nur eine Übertragung von der Person des Verstorbenen auf die Erben.
II. Das ältere Deutsche Recht kannte zwar das Wesen des E-s unverkennbar ebenso, wie es im Römischen Rechte besteht; allein es hatte dasselbe keineswegs in solcher Schärfe entwickelt. In den Rechtsquellen des Mittelalters kommt dafür vorzüglich[536] die Bezeichnung: eigentliche Gewere, Eigen, Erbe vor, ohne daß dabei aber immer Besitz u. E. genau geschieden ist; der Ausdruck E. findet sich erst im 14. Jahrh. Theils dieser Mangel an festerer Gestaltung des Rechtsbegriffes, theils der Umstand, daß das Deutsche Recht viele Nutzungsrechte kennt, welche vermöge ihres weiten Umfanges dem E-e ziemlich nahe treten, u. daß ebenso auf dem Grund der genossenschaftlichen Verbände eine große Anzahl von Verhältnissen sich entwickelt hat, welche die Mitte zwischen bloßem Miteigenthum zu ideellen Theilen u. wirklichem E. zu halten scheinen, hat im Deutschen Rechte die Lehre vom E. verwickelter gemacht u. zur Aufstellung mancher Ansichten u. Rechtssätze geführt, über deren eigentliche Berechtigung u. Bedeutung freilich die Meinungen noch keineswegs feststehen. Eigenthümlich ist dem Deutschen Rechte bes.: a) die vielfach angewendete Unterscheidung zwischen einem D. directum (Ober-E.) u. D. utile (Nutz-E.), bei welcher man unter dem letzteren ein mehr od. weniger beschränktes, von einem Oberherrn (Dominus directus) abhängiges, meist mit einem umfänglichen Nutzungsrecht verbundenes Recht, unter dem ersteren aber den Inbegriff der vorzüglich in ständigen Entrichtungen, Heimfallsrechten etc. bestehenden Reservatrechte des Obereigenthümers versteht. Anwendungen dieser Unterscheidung sind bes. bei dem Verhältnisse der Lehnsherren u. Vasallen, sowie bei verschiedenen Arten der bäuerlichen Gutsrechte gemacht worden, bei denen der Gutsinhaber in größerem od. geringerem Maße einen sogenannten Obereigenthümer, Erbzinsherrn etc. über sich anzuerkennen hat. Die neuere Wissenschaft erklärt sich indessen immer mehr gegen die Aufstellung dieses Unterschiedes, als dem Begriff u. Wesen des E-s widersprechend, u. ist zu der Erkenntniß gelangt, daß die in sich selbst höchst mannigfaltigen Verhältnisse dieser Art ihre Erklärung weit treffender als dingliche Rechte an einer fremden Sache zu finden haben. Ganz ungerechtfertigt ist es jedenfalls, wenn man selbst das Recht des Staates, nach welchem derselbe aus öffentlichem Interesse das E. seiner Bürger in Anspruch nehmen u. nöthigenfalls, um es zu erlangen, zur Zwangsenteignung (Expropriation, s.d.) schreiten kann, unter den Begriff eines Ober-E-s gebracht u. als D. eminens bezeichnet hat. Denn offenbar wird hier nicht ein schon bestehendes E. geltend gemacht, sondern nur eine für den bisherigen Eigenthümer unfreiwillige Entäußerung u. Übertragung des E-s auf andere Personen bewirkt, deren Zulässigkeit auch nicht aus privatrechtlichen, sondern nur aus staatsrechtlichen Grundsätzen abzuleiten ist. b) Die Aufstellung des Begriffs eines Gesammt-E-s (Condominium pro indiviso, s. oben), wonach bei gewissen Rechtsinstituten Jedem der dabei Betheiligten ein E. an der ganzen Sache als zustehend angenommen wird. Fälle, welche man unter diesem Begriff zu bringen vermeint hat, sind bes. das E. der Markgenossen an der gemeinen Mark, der Ehegatten an der gemeinschaftlichen Gütermasse, der Familienglieder am Stamm- u. Fideicommißgute, der durch Ganerbenschaft od. Erbverbrüderung Verbundenen an den gemeinschaftlich besessenen Gütern, der Gesammtbelehnten an dem gemeinschaftlichen Gute. Allein auch über die Richtigkeit dieses Begriffes sind neuerdings Zweifel erregt worden, welche als um so erheblicher geachtet werden müssen, als im Grunde ein solches Gesammt- E. sich ebensowenig wie im Römischen, auch in Deutschen Recht nach dem Wesen des E-s nur denken läßt. Eine genauere Betrachtung der einzelnen Fällezeigt nämlich auch hier, daß es sich meist um ganz verschiedene Rechtsverhältnisse, insbesondere entweder um das E. einer juristischen Person, deren Glieder nur die angeblichen Gesammteigenthümer sind, od. nur um eventuelle Successionsrechte, od. um ein in seiner Ausübung beschränktes E., od. ein Miteigenthum nach ideellen Theilen handelt. Dagegen hat unbestreitbar das Deutsche Recht c) manche von dem Römischen Rechte abweichende Eigenthümlichkeiten hinsichtlich der Erwerbsarten des E-s ausgebildet u. bis auf die neueste Zeit festgehalten. Hierher gehört bes. für die Übertragung des Grund-E-s der Satz, daß dieselbe, um vollgültig werden zu können, öffentlich, unter Mitwirkung des Gerichts, geschehen muß. Die ursprüngliche Form hierfür war die gerichtliche Auflassung (Investitur); die neuere, noch jetzt gebräuchliche, ist die Eintragung des Geschäfts in das öffentliche Gerichtsbuch, in welches ebenso auch die Bestellung von Hypotheken, als partielle Veräußerungen der E-srechte zum Eintrag zu bringen ist. Andere Eigenthümlichkeiten beziehen sich auf die Occupation wilder Thiere (s.u. Jagd), die Occupation von Mineralien (s.u. Bergrecht), die Beschränkung der Fähigkeit gewisser Personen, z.B. der Juden, der sogenannten Todten Hand (s.u. Amortisation) zum Erwerb von Grundeigenthum, der Bürger u. Bauern zum Erwerb von Rittergütern etc. d) Bezüglich des Inhalts des E-srechts kennt das Deutsche Recht weit mehr Beschränkungen, als das Römische; dies erklärt sich bes. aus der inneuerer Zeit in viel umfänglicherer Weise ausgebildeten polizeilichen Oberaufsicht des Staates, welche Ausschreitungen des Gebrauches einer Sache im öffentlichen Interesse zu verhüten bestrebt ist. Hierher gehören die mancherlei Bauverbote, welche für die Errichtung von Gebäuden in Dörfern u. Städten durch Bauordnungen (s.d.) festgesetzt zu sein pflegen, die Beschränkungen, welche bei der Aufsuchung von Metallen aus Gründen der Regalität dem Eigenthümer nach vielen Particulargesetzen auferlegt sind (s.u. Bergrecht); die Verbote, welche dem Waldeigenthümer nicht gestatten, den Wald anders als nach forstmäßigen Grundsätzen zu benutzen, sowie die Vorschriften, welche untersagen, daß Zäune u. Baumpflanzungen zu nahe an das nachbarliche Grundstück gesetzt werden, nach denen der Grundeigenthümer dulden muß, daß der Nachbar auf seinem Grund u. Boden seinen Pflug umwende (Anwande- od. Trepprecht), daß derselbe zum Zwecke des Baues od. der Wiederherstellung von Gebäuden auf näherem Grundstück Gerüste errichte (Hammerschlagsrecht) etc. Andere Beschränkungen beziehen sich, indem sie bei gewissen Gütern, wie Stammgütern u. Familiensideicommissen, möglichste Conservation des Familien-E-s bezwecken, auf die Veräußerungsbefugnisse des Eigenthümers. Wichtig ist endlich e) bezüglich des Schutzes des E-s die Modification, daß das Deutsche Recht bei den beweglichen Sachen keine Vindication gegen jeden dritten Besitzer der Sache, sondern nur eine (ursprünglich als Delictsklage erscheinende) Klagegegen denjenigen gestattet, welcher zuerst die Sache von dem klagenden Eigenthümer erhielt. Doch ist dieser Satz,[537] der sprüchwörtlich mit den Worten ausgedrückt ist: Hand muß Hand nähren, od.: Wo Jemand seinen Glauben gelassen hat, muß man ihn wieder suchen (fr. En fait de meubles possession vaut titre), selbst particularrechtlich verschieden modificirt worden, indem die Vindication gegen den Dritten bald nur da wegfällt, wo der Eigenthümer die Sache freiwillig aus seinem Besitze ließ, bald auch nur der gutgläubige Besitzer geschützt wird, bald endlich der dritte Besitzer doch dann die Sache herauszugeben gezwungen werden kann, wenn ihm der Preis, um den er sie selbst erwarb, wiedererstattet wird.
III. Als eine besondere Art des E-s hat man öfters das Schrift-E. (E. an Geisteswerken) aufgestellt, indem man darunter die Rechte begriffen hat, welche einem Autor in Bezug auf die von ihm ausgehenden literarischen Erzeugnisse zu beanspruchen hat. Besonders ist dieser Begriff dazu benutzt worden, um die Rechtswidrigkeit des Nachdrucks aus allgemeinen Rechtsbegriffen nachzuweisen. Vom juristischen Standpunkte aus erscheint indessen diese Idee als eine unhaltbare, indem der Begriff eines E-s auf solche Erzeugnisse sich ebensowenig anwenden läßt, als auf ein gesprochenes Wort. Nur an den Manuscripten u. den gedruckten Exemplaren eines Buchs kann ein E. bestehen; dieses richtet sich aber ganz nach den gewöhnlichen Regeln. Dagegen muß das Verbietungsrecht, welches ein Autor durch positive Gesetze gegen unbefugte Verbreiter der von ihm veröffentlichten Schriftwerke eingeräumt erhalten kann u. neuerdings fast in allen civilisirten Staaten (in Deutschland bes. durch die Bundesbeschlüsse vom 9. Novbr. 1837 u. 19. Juni 1845) wirklich eingeräumt erhalten hat, offenbar auf andere Grundsätze gebaut werden; s.u. Nachdruck.
IV. Da der Schutz des E-s eine der ersten Aufgaben eines jeden geordneten Staatslebens sein muß u. diejenigen, welche sich an demselben vergreifen, nicht blos dem unmittelbar dadurch Betroffenen einen Schaden bereiten, sondern auch sich als gemeingefährliche Subjecte darstellen, so bildet das E. auch ein Object criminalrechtlicher Verletzungen, deren Begehung öffentliche Bestrafung nach sich zieht. Die gegen die Integrität des E-s gerichteten Vergehen pflegen mit dem gemeinsamen Namen der Eigenthumsvergehen bezeichnet zu werden u. bilden erfahrungsmäßig bei Weitem die Mehrzahl aller Verbrechen überhaupt, welche zur Cognition der Strafbehörden gelangen. Über den Umfang, welchen man dem Begriffe zu geben hat, schwankt indessen nicht blos die Theorie, sondern auch die Gesetzgebung sehr. Unbezweifelt sind demselben beizuzählen: der Diebstahl (s.d.), die Unterschlagung, der sogenannte Funddiebstahl, die muthwillige Beschädigung fremder Sachen u. die Beeinträchtigung fremder Jagd- u. Fischereigerechtsame. Zuweilen wird aber auch der Betrug, die Fälschung, der Meineid, insofern er aus Eigennutz geschworen wird, hierher gerechnet, allein schwerlich mit Recht, da die Strafbarkeit bei diesen Verbrechen nicht sowohl, od. wenigstens nicht unmittelbar, in der Verletzung der E-srechte, als vielmehr in anderen Umständen (der Verletzung des öffentlichen Glaubens u. Vertrauens etc.) zu suchen ist. Im Allgemeinen hat sich die neuere Zeit hinsichtlich der Bestrafung der E-sverbrechen einer auffallenden Milde zugeneigt. Vgl. Gesterding, Ausführliche Darstellung der Lehre vom E., Greifsw. 1817; Pütter, Die Lehre vom E. nach deutschen Rechten, Berl. 1831; Pagenstecher, Die römische Lehre vom E., Heidelb. 1856 f.
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