Labrădor [1]

[949] Labrădor (früher Estotiland, in neuerer Zeit officiell New-Britain [Neu Britannien] genannt), große Halbinsel im Osten von Nordamerika, zwischen 50° bis 64° nördl. Breite u. 37° bis 61° westl. Breite (von Ferro), grenzt im Süden an Canada u. den Lorenzo Golf, im Osten an den Atlantischen Ocean, im Norden an die Hudsonsstraße, im Westen an die Hudsons- u. Jamesbai, umfaßt einen Gesammtflächenraum von über 24,000 QM. u. bildet einen Theil des Gebietes der Hudsonsbaigesellschaft (zum Britischen Nordamerika gehörig), welche jedoch nur das Recht der Ansiedelung, Küstenfischerei u. Jagd dort hat, während die Criminaljustiz der Krone England zusteht u. L. in dieser Beziehung unter das Gouvernement Neufundland gehört. L. ist mit hohen Schneegebirgen bedeckt, hat höchst zerrissene, nur im hohen Sommer von Eis befreite Küsten, daran die Baien: westlich die Moskitobai (untersucht 1786), südlich Augustine (fischreich u. mit vielen Inseln), Eskimobai, Templebai (fischreich) etc., nördlich Hospes Avance, Alipatik, Ungave etc., östlich die Sandwichbai mit den Schwarzen Inseln (Iroktoke Inlet, darunter Huntingdon), Davisbai (11 Meilen tief), Hawke. Von seinen Flüssen kennt man blos die Mündungen; darunter der East- (Ost-) Main, Rupert, Harricanaw, St. John, Wallfisch, Buffart, Slade, Caniapuscaw u. a.; Seen: Mistassinny, Nemiskan, beide durch den Rupert abfließend u.a. Das Klima ist rauh, wie nirgends auf der nördlichen Halbkugel unter gleichen Breitengraden. Vegetation im Innern findet sich fast nur im Süden längs der Grenze von Canada, ferner am Lorenzogolf u. an den Küsten bis 56° nördlicher Breite u. zwar etwas Getreide, Kartoffeln, Rüben, niedrige Pappeln, Kiefern, Weiden u. Birken, im Norden nur noch Moose u. Flechten; von Mineralien findet sich der Labrador, Eisen, Kupfer, Asbest u. Marienglas; am wichtigsten sind die Producte des Thierreichs: Rennthiere, Pelzthiere (Bären, Wölfe, Füchse, Marder, Biber) u. Fische (namentlich Salm u. Kabeljau). Die einheimische Bevölkerung des Landes kann auf 4000 Seelen geschätzt werden, größtentheils Eskimos (s.d.), im Norden an der Ostküste, u. einige schwache Stämme Bergindianer; die Hudsonsbaigesellschaft unterhält der Fischerei u. des Pelzhandels wegen einige Stationen u. Factoreien, wovon die bedeutendste: East Main Factory an der Westküste, an der Mündung des East Main Flusses in die Jamesbai; auf der Ostküste bestehen vier Herrnhuter Missionsstationen: Nain (1776 gegründet), Okkat (1778 gegründet), Hoffenthal (1782 gegründet), Hebron (1822 gegründet); 1850 belief sich die Anzahl der getauften Eskimos auf 1200. L. wurde den 24. Juni 1497 von Sebastian Cabot entdeckt u. 1500 von dem Portugiesen Gaspar Cortereal, welcher es Tierra del labrador (Land zur Arbeit [d. h. zum Anbau] geeignet) nannte, u. 1576 von dem Engländer Martin Forbisher besucht. Seit 1772 versuchten die Herrnhuter[949] von Grönland aus ihre Missionen nach L. auszubreiten, was ihnen erst nach mehreren Jahren vergeblicher Arbeit gelang. Vgl. E. Chappil, Reise nach Neusoundland u. die südliche Küste von L., aus dem Englischen, Jena 1819; L. A. Ansbach, Geschichte u. Beschreibung von Neusoundland u. der Küste von L., aus dem Englischen, Weim. 1822.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 949-950.
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