Kabeljau

[205] Kabeljau, 1) so v.w. Schellfisch (Gadus); bes. der Gemeine K. (Gadus morrhua), hat größere Schuppen, oben aschgrau mit gelblichen Flecken, unten weiß, hat am Unterkiefer einige Bartfäden, auf dem Rücken drei (wie die erste After- u. die Schwanzflosse) gelbpunktirte Flossen, die zweite Afterflosse u. die Bauchflossen grau, die Brustflossen gelb; in allen nördlichen Meeren, bes. in denen zwischen Europa u. Amerika einzeln, zwischen dem 40.[205] bis 60° nördl. Breite aber, bes. in der Laichzeit, wo er an die Küste kommt, in großer Menge. Der K. ist meist 2–4 Fuß lang u. bis 20 Pfd. schwer, u. hat 3–4 Millionen Eier, ist ein Raubfisch, frißt Häringe, Schellfische, Krabben u. Gewürm; Laichzeit vom Januar bis März; Hauptfangort an der großen Bank von Neufundland u. an den Küsten von Island. Das Recht, K-e zu fangen, ist der Gegenstand besonderer Artikel in mehreren Friedensschlüssen geworden. Der Fang bei Neufundland wird mit Schiffen von 90–120 Tonnen, die mit 19–30 Mann bemannt sind, vom April bis October mittelst Spießen od. Angeln betrieben; die Angeln werden entweder in langen Reihen an einem, über 100 Ellen langen Grundfeil, welches durch Breter u. alte Fässer auf der Höhe des Wassers erhalten wird, befestigt, od. von den Schiffen aus ins Wasser gelassen. Als Köder braucht man zerschnittene Häringe, Schellfische, Seestinte, das Herz von Wasservögeln, auch unbrauchbare Stücken des K-s selbst, rothe Lappen, Stücken Blei od. Zinn in Gestalt eines Fisches. Wo der K. sich in Menge vorfindet (am liebsten hält er sich auf den Bänken auf, wo es viele Muscheln u. Krebse gibt), kann zuweilen ein Boot an einem Tage 4–600 Stück u. in Zeit von zwei bis drei Wochen eine Ladung von 5–6000 Stück fangen. Sobald ein K. angebissen hat, zieht der Fischer die Schnur an, stemmt dem gefangenen Fisch ein Hölzchen in das Maul, wirst ihn hinter sich u. besorgt seine Angel aufs Neue. Ein Hintenstehender schneidet die Zunge aus u. wirst dieselbe in einen Korb (denn nach der Anzahl der Zungen wird der Lohn des Fischers bestimmt). Ein Köpfer haut nun dem Fische den Kopf ab, ein Aufschneider schneidet den Bauch auf, reinigt den K., legt Leber u. Rogen besonders, nimmt die Schwimmblase heraus u. wirst den K. durch eine Röhre in den Schiffsraum, wo der K. das erste Salz bekommt u. in Ordnung gelegt wird. Die Ladung wird hierauf sortirt u. als frischer (grüner) Stockfisch od. Laberdan verkauft. Die Holländer treten ihn mit Salzlaken gleich in Fässer u. sortiren u. bereiten ihn durch Schlagen mit einem kleinen Besen u. durch Waschen sorgfältig. Um den eigentlichen Stockfisch zu bereiten, haben die großen Schiffe 20–24 kleinere zerlegbare Boote bei sich. Jedes von diesen wird mit 3 Mann besetzt, welche dann einen schicklichen Platz an der Küste aufsuchen u. hier einen Damm mit Schoppen zum Zubereiten der K-s errichten. Hier werden die des Kopfes u. der Eingeweide beraubten Fische im Meerwasser abgespült, dann auf Haufen zum Trocknen gelegt u. oft umgewendet; die Thran gebenden Theile werden in besondere Kisten gelegt, wo die Sonne den Thran auskocht. Der getrocknete K. wird oft noch an Leinen zwischen Stangen aufgehängt (Hängefisch); wird er flach gelegt u. so getrocknet, heißt er Flack- (Flach-) od. Platt- (Isländer-) fisch; wird ihm eine runde Gestalt gegeben, Rundfisch; bekommt er noch Salz u. wird so auf Klippen getrocknet, Klippfisch. Der K. ist in seinen verschiedenen Gestalten u. Zubereitungen, bes. als Fastenspeise in Spanien u. in Frankreich, beliebt, doch auch in Deutschland wird er (als Stockfisch) mit grünen Erbsen u. mit Semmel, Petersilie, Kartoffeln u. dergl. gekocht von Vielen gern gegessen. Um ihn zu erweichen, setzt man ihn unausgegrätet mit kaltem Flußwasser aus Feuer, läßt ihn ein paar Stunden in gelinder Hitze stehen, ohne ihn jedoch zum Kochen kommen zu lassen, legt ihn dann heraus, sucht alle Gräten heraus u. salzt ihn. Auch hackt man ihn mit Kräutern klein, knetet ihn mit Eiern, Gewürz u. Semmel zu einem Teige, dem man Fischform gibt. Die abgeschnittenen Köpfe werden gedörrt gegessen od., wie auch die Eingeweide u. Gräten, gepulvert dem Viehe gegeben, wonach die Kühe reichlicher Milch geben sollen, od. dienen als Köder u. zur Feuerung; Leber u. einige andere Theile geben einen guten, sparsam brennenden Thran, der auch in der Gerberei gute Dienste leistet u. als Arznei dient. Der Rogen wird von den Franzosen, Spaniern u. Holländern gekauft, zum Bestreuen ihrer Netze beim Sardellenfang; die Schwimmblase wird wie Hausenblase benutzt. Um den K. in Europa frisch zu haben, wird er lebendig in Schiffen mit doppeltem Boden (deren unterer durchlöchert ist) herüber geführt. Der K. kommt im Handel vor als grüner (K. in Tonnen), u. zwar in erster Sorte als großer K. (Kaufmannsfisch), das Hundert muß 9 Centner wiegen; in zweiter als Mittel-K. (Mittelfisch) 100–6 Centner; in dritter als kleiner K. u. in vierter als Ausschuß-K. Der Stockfisch kommt bes. über Hamburg, Lübeck u. Bremen.

Früher wurde der Kabeljaufang im Großen nur an den Küsten von Island u. bei den westlicher Hebriden, seit der Entdeckung Neufundlands im Jahr 1497 aber bes. hier von Seiten der Franzosen, Portugiesen, Spanier u. später auch der Engländer betrieben. An der Bank von Neufundland befanden sich im Jahr 1578150 französische. 120–130 spanische, 50 portugiesische u. 30–50 englische Fahrzeuge; zu Anfang des 18. Jahrh. aber war die dort betriebene Fischerei hauptsächlich in den Händen der Engländer, Angloamerikaner u. Franzosen. Durch den Amerikanischen Freiheitskrieg ging dann ein Theil der britischen Fischerei auf die Vereinigten Staaten über, der wichtigste Theil verblieb den Engländern, u. 1787_–89 sollen sie dort durchschnittlich 400 größere Schiffe u. 1910 Boote beschäftigt haben, noch mehr zur Zeit des Französischen Krieges, wo die Franzosen völlig davon ausgeschlossen waren. Seit 1815 aber nahm die Fischerei der Engländer dort mehr u. mehr ab (1814 betrug der Gesammtwerth der Fischerei Englands bei Neufundland über 2, 800,000 Pfund St.; 1835 aber nur noch 440, 155 Pfd. St.) u. sie wird jetzt fast ausschließlich von den Franzosen u. den Vereinigten Staaten betrieben, während dagegen die britische Fischerei an der Küste von Labrador sehr bedeutend ist. Von den Vereinigten Staaten Nordamerikas wurden 1840 u. folgende Jahre zwischen 65–70,000 Tonnen, in einem Werthe von etwa 1, 300,000 Dollars, ausgeführt. In Frankreich rüsten bes. Schiffe für den Kabeljaufang Dünkirchen, Granville, Bordeaux, La Rochelle, Nantes, Marseille aus. 1839 wurden eingeführt 22, 022, 405 Kilogr. gesalzener u. 14, 480, 409 Kilogr. getrockneter K., sowie 1, 627, 063 Kilogr. Thran. Die Holländer betrieben den Kabeljaufang an ihren Küsten, auf der in der Nordsee gelegenen Doggersbank u. an den Küsten von Island. Man geht dorthin im Monat Mai ab u. kommt im Aug. od. Sept. zurück. Belgien betreibt den Kabeljaufang theils an seiner Küste, theils auswärts. Für den Kabeljaufang im Großen rüstet jedoch meist nur Ostende Schiffe aus, wenige nur Nieuport u. [206] Antwerpen; sie gehen jährlich zweimal nach der Doggersbank, den Färöer u. Island; 1839 lieferten 85 Schiffe einen Ertrag von 11, 686 Tonnen, im Werthe von 399,000 Franken, u. 88 Schiffe, welche während der Wintermonate auf den Fang abgegangen waren, einen Ertrag von 454,000 Franken. In Norwegen wird dieser Fang (der Hauptfang findet im Februar u. März statt) bes. bei den Lofoddeninseln u. an der Küste des Stiftes Bergen u. Drontheim betrieben; den wichtigsten Handel aber mit Stockfisch betreibt Bergen. Es sollen bei diesem Fischfange etwa 3000 Schiffe u. Boote mit 16,000 Mann beschäftigt sein u. der Ertrag sich durchschnittlich auf 1, 290,000 Speciesthaler belaufen. Jedoch sind die für den Betrieb nothwendigen Ausgaben sehr bedeutend (circa 1 Mill. Speciesthaler). 2) Mehrere Arten von Schellfischen, auf ähnliche Weise wie der Gemeine K. gefangen u. zubereitet, z.B. der Dorsch (Gadus callarias), Seehecht (G. merluccius), grüne Seehecht (G. viridis), eigentliche Schellfisch (G. aeglefinus) etc.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 205-207.
Lizenz:
Faksimiles:
205 | 206 | 207
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Waldsteig

Der Waldsteig

Der neurotische Tiberius Kneigt, ein Freund des Erzählers, begegnet auf einem Waldspaziergang einem Mädchen mit einem Korb voller Erdbeeren, die sie ihm nicht verkaufen will, ihm aber »einen ganz kleinen Teil derselben« schenkt. Die idyllische Liebesgeschichte schildert die Gesundung eines an Zwangsvorstellungen leidenden »Narren«, als dessen sexuelle Hemmungen sich lösen.

52 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon