[351] Möhre (Moorrübe, Carotte), eine Rübenart der Pflanzengattung Daucus, Dancus carota. Als wilde M. wächst sie auf trockenen Stellen u. Bergen; das Kraut derselben dient zum Viehfutter, doch benutzt man die Samenstängel, um eine Art Quarkkäse damit zu bereiten, indem man die weiche Quarkmasse um die Samendolde herumdrückt u. dann auf gewöhnliche Art trocknet. Dieser Käse, Stielquark, hat einen gewürzhaften Geschmack. Durch Cultur hat man die wilde M. veredelt, so daß ihre Wurzel eine große Rübe wird. Man baut sie in verschiedenen Abarten an: große, weiße, grünköpfige Riesenmöhre, bis 8 Pfund schwer, mit weißlichem Fleisch; große gelbe od. Flandrische M., 5 bis 7 Pfund schwer; Altringhammöhre, sehr lang, schön roth, 7 bis 12 Pfund schwer; Saalfelder, 9 bis 12 Zoll lang, dick, mit gelbem Fleisch; frühe rothe Geraische, 9 bis 12 Zoll lang, sehr dick, schön roth; frühe Braunschweiger, bis 1 Fuß lang, ziemlich dick, mit blaßrothem Fleisch; lange rothe ordinäre, 9 bis 12 Zoll lang, blaßroth; blaßgelbe Badische, 6 bis 8 Zoll lang, walzenförmig, blaßroth; kurze Carotte, 4 bis 5 Zoll lang, walzenformig, roth; Halberstädtische rothe, 8 Zoll lang, roth, früh; Erfurter 9 Zoll lang, walzenförmig, dunkelroth; neue weiße durchsichtige, mit durchsichtiger Schale; seine weiße, 9 Zoll lang, sehr süß; Holländische blutrothe, bis 1 Fuß lang, dick; blaßgelbe Leydensche, 10 Zoll lang, blaßgelb-roth; Carote e de Surey, 8 Zoll lang, dick, roth; weiße Belgische, dient nicht blos zur menschlichen Nahrung, sondern auch als Viehfutter; namentlich ist sie ein gutes Mastfutter für Schweine; weiße, von den Vogesen, ist außen[351] u. innen blaßgelb od. fast weiß, die Wurzel kurz, spindelförmig u. regelmäßig. Nach der Form der Wurzel gibt es kurze, unten mehr abgestumpfte, wie die Carotten, od. lange, von dem Kopfe nach dem Schwanze zu allmählig an Dicke abnehmende. Der Möhrenbau geschieht in Gärten u. auf Feldern; die M. verlangt einen guten, sandigen, tief gepflügten Lehmboden, welcher das Jahr od. wenigstens den Herbst vorher gedüngt ist, u. wird am besten nach einer gedüngten Halmfrucht angebaut. Der Samen wird einige Tage vor der Saat mit abgerahmter Milch übergossen, gut durchgearbeitet, in flachen Gefäßen in einem geheizten Raume unter öfterem Umrühren aufbewahrt, ehe die Keime durchbrechen mit Gyps überstreut u. vor der Saat mit den Händen durchgerieben. Man säet so zeitig als möglich im Frühjahr breitwürfig od. in Reihen. Nach dem Säen muß der Acker überwalzt, u. später drei- bis viermal gejätet u. behackt werden, wobei man zugleich die zu dick stehenden M-n so ausreißt, daß jede M. von der anderen 5 Z oll entfernt steht. Auch säet man die M-n unter Mohn u. Frühlein. In den Niederlanden säet man sie auch im Frühjahr in die Korn-, Weizen-, Raps- u. Rübsenfelder; wenn diese Früchte geerntet sind, müssen die Stoppeln durch mehrmaliges Eggen weggeschafft werden. Die herausgenommenen M-n werden, nachdem das Kraut abgeschnitten ist, in Kellern od. Gruben aufbewahrt. Zur Samenzucht wählt man bei der Ernte die vollkommensten spindelförmigen Wurzeln, ohne zackige Seitengabeln aus. Die M. wird in neuerer Zeit von zwei Krankheiten befallen: Wurzelfäule, hervorgerufen durch den vermehrten Proteingehalt der Zellen, u. Befallen der Blätter. Mitte August färben sich die Blattseiten der äußeren Blätter schwarzgrau, weiter unten bis an der Blattfläche finden sich gleichfarbige Fleckchen. Die äußeren am meisten befallenen Blätter verwelken. Dabei wird das Wachsthum der Rüben stark beeinträchtigt. Das Befallen wird durch einen Pilz hervorgerufen. Aus der M., namentlich der grünköpfigen Riesenmöhre, läßt sich ein fuselfreier Spiritus darstellen. Die M-n werden zu Brei gerieben u. mit guter Bierhefe u. etwas Weinessig versetzt. Bei 10° R. tritt die Gährung ein; nach Beendigung derselben wird die Masse durch ein nicht zu dichtes Tuch geseiht u. sofort destillirt. Die cultivirte M. gibt ein gesundes Gemüse; auch ein gutes Futter für Pferde (in England füttert man Pferde auch bei schwerer Arbeit lange Zeit blos mit M-n u. Heu), für das Rindvieh, bei welchem sie gute u. viel Milch geben, für die Schweine u. Gänse, bes. um sie zu mästen Auch sind die M-n ein Surrogit des Kaffees, indem sie in Stücken geschnitten, gewelkt, gebrannt u. gemahlen werden. Das Möhrenkraut ist ein gesundes Futter. Auch bereitet man aus den geriebenen frischen M-n den Möhrenfast (Roob dauci) od. Möhrensyrup, zur Verfüßung mancher Speisen, auch als Brust- u. Wurmmittel u. zu mehren Zwecken in den Apotheken angewendet. Auch benutzt man die M-n zu Branntwein, Möhrenbranntwein, zu Wein (Möhrenwein), indem man sie schält, auspreßt, den Sgst, um den unangenehmen Geschmack wegzubringen, durch Kohlenpulver seiht u. den Rückstand gähren läßt; zu Zucker (Möhrenzucker), wozu bes. die weiße, grünköpfige Riesenmöhre verwendet wird, welche einen sehr weißen, süßen, harten Zucker liefert, der sich einfacher darstellen läßt, als der Rübenzucker. Äußerlich wendet man geschabte frische M-n auch gegen Brandschäden an, ingleichen gegen krebsartige u. andere Geschwüre, zur Abstumpfung der Schärfe u. Jauche Der Möhrensame (Semen dauci vulg.), war ehedem officinell; man rechnete ihn zu den vier kleinen eröffnenden Samen.