Mast [2]

[954] Mast, das Fettmachen der Hausthiere. Man theilt die M. ein in die Stall- u. Weidemast. A) Stallmast. Hauptsächlichster Zweck ist Erzeugung von Fleisch od. Fett; deshalb müssen die Thierezum Fressen gereizt u. ihnen mehr u. kräftigeres Futter gegeben werden, als sie zum Unterhalt des Lebens bedürfen. Dabei ist Alles zu vermeiden, was ihre Lebenskraft nach Außen hin aufreizen, ihre äußere u. innere Ruhe stören könnte. Man soll deshalb die Mastthiere in einem dunkeln, warmen Stalle aufstellen, sie wenig od. gar nicht ins Freie lassen u. Alles von ihnen entfernt halten, was den Geschlechtstrieb aufregen könnte. Letzteres wird am sichersten erreicht, wenn man nur verschnittene Thiere zur Mast aufstellt. In dem Stalle muß ferner reine Luft u. die größte Reinlichkeit herrschen. Diese Reinlichkeit ist auch an den Thieren selbst zu beobachten, weshalb sie fleißig zu putzen u. ihnen die Haare abzuscheeren sind. Einfluß auf die Mast haben auch Körperbau, Farbe u. Alter der Thiere. Vollkommener Körperbau, mittlere Größe, kurze Beine, weiter Bauch, glänzende Haare, weiche lose Haut, kräftiges, munteres Aussehen, lebhafte Augen sind Haupterfordernisse eines guten Mastthieres. Thiere von weißer Farbe haben ein zarteres u. wohlschmeckenderes Fleisch als dunkelfarbige; dagegen mästen sich letztere leichter u. schneller. Ganz junge Thiere soll man nicht zur M. stellen, weil sie während derselben im Wachsthum fortschreiten u. deshalb mehr Zeit u. mehr Futter zum Fettwerden bedürfen; letzteres gilt auch von zu alten Thieren, welche überdies trockenes, grobes, langfaseriges Fleisch liefern; am besten sind Thiere von mittlerem Alter. Die gebräuchlichsten Mastungsmittel sind gedämpfte Kartoffeln, Kleie, Schrot von Bohnen, Erbsen, Lupinen, Roßkastanien, Mais, Gerste u. Ölkuchen, Leinsamen (wirken mehr auf Erzeugung von Fett), Rüben, Heu, Trebern, Branntweinspülicht (wirken mehr auf die Hervorbringung von Fleisch). Damit das Futter auflöslich u. leichter verdaulich werde, ist es durch Schneiden, Kochen, Schroten, Pulvern zu zertheilen. Die verschiedenen Futtermittel sind zu mischen, weil dadurch die Freßlust gereizt u. befördert wird. Bei der M. sind zwei Perioden zu unterscheiden; in der ersten wird das Thier geneigt gemacht, sehr viel verdauliche Futterstoffe in sich aufzunehmen, denn eine schnelle M. ist gewöhnlich auch die vortheilhafteste; es erhält seine Nahrung in Form von Saftfutter, das ein großes Volumen besitzt u. schmackhaft u. leicht verdaulich ist; daneben muß Rauhfutter in entsprechender Menge gefüttert werden. In der zweiten Periode der M. soll das Fleisch verbessert werden, während gegen das Ende der M. hauptsächlich solche Futtermittel zu geben sind, welche, wie die Körnerarten, zur Fettbildung beitragen. Die Zunahme an Fleisch u. Fett wird auch durch eine angemessene Salzgabe begünstigt. In der Fütterung muß die größte Ordnung u. Pünktlichkeit herrschen; die Thiere dürfen weder Hunger leiden noch überfüttert werden. Bei reichlichem u. gutem Futter nehmen die Thiere in der ersten Zeit der M. am meisten zu; je fetter sie werden, desto weniger fressen sie; deshalb muß man mitfortschreitender Fettleibigkeit das Volumen des Futters verringern, dafür aber die Nahrhaftigkeit steigern. Mit fortschreitender M. nimmtder Wassergehalt der Körpertheile ab u. die Trockensubstanz derselben zu, indem ein Theil des Wassers durch Fett ersetzt wird. Im Fleische von gutem Mastvieh erhält der Fleischer vom Landwirth u. der Consument vom Fleischer bei gleichem Gewicht im Mittel etwa 40 Procent mehr trockene thierische Masse als in dem Fleische von ungemästetem Viehe; bei höchst fetten Thieren sogar um 60 Procent mehr. Heraus geht hervor, welcher große Unterschied in den Nährstoffen des Fleisches gemästeter u. ungemästeter Thiere stattfindet, u. daß die gebräuchlichen Fleischtaxen, ohne Rücksicht auf diesen Unterschied, irrig sind. B) Bei der Weidemast bleibt die ganze thierische Constitution im freien Verkehr mit der Außenwelt. Das Erzeugniß dieser M. ist weniger einseitig, naturgemäß, vollkommener u. dem Menschen zuträglicher. Da aber auf der Weide die [954] Lebenskraft mehr Stoff verbraucht, so schreitet die M. weniger rasch vorwärts, dafür fleischt aber das Thier mehr aus. Da die ersten Frühjahrgräser weit nahrhafter sind als die Sommer- u. Herbstgräser, so soll das zu mästende Vieh im Anfang des Frühjahrs auf die Weide gebracht werden, die frei von allen Schlammtheilen sein muß. In der ersten Zeit der Weide sollen die Thiere früh u. Abends etwas trockenes Futter erhalten; während der heißen Jahreszeit sollen sie auch über Nacht im Freien bleiben. Am schnellsten u. besten erfolgt die M. des Rind- u. Schafviehes auf beständigen Fettweiden (s. Weiden); Schafvieh kann aber auch auf Stoppeläckern u. Wiesen fettgeweidet werden. Mit Schweinen kann Waldmast stattfinden. Man unterscheidet dieselbe in Ober- od. Baum- u. Unter- od. Erdmast; die Ober- od. Baummast besteht in Eicheln od. Bucheckern, die Unter- od. Erdmast größtentheils aus Mosen, Käferlarven, Würmern u. Pflanzenwurzeln. Vgl. Müller, Die Viehmast, Weim. 1855; P. Schneider, Die Mästung des Rindviehs etc., eld 1856.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 954-955.
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