Polnische Mythologie

[306] Polnische Mythologie. Die heidnischen Polen hatten Volksgötter, u. bes. Geschlechts- u. Hausgottheiten, denn kein slawisches Volk hatte eine bedeutendere Privatreligion als die polnische. Von den übrigen Göttern gehören manche auch den westlichen Slawen; viele Untergottheiten sind ursprünglich lithauisch. Himmlische Götter waren der Segengeber Jeß, der Kriegsgott Ljada, der Beförderer menschlicher Fruchtbarkeit Dzidzielja, die Feldgöttin Marzanna, die Waldgöttin Dziewanna, der Seelenherr Nija. Die übrigen göttlichen Wesen scheinen Erdengötter (Zemopaci) u. ihr u. der himmlischen Vermittler der Götterbote Alges gewesen zu sein Unter den irdischen war die Erdenmutter Zemina u. der Lebensgott Zywie; Waldhören die Moosgötter Kierpicz u. Silinicz; unter den Hausgöttern (Numeias) stand allem Hausrathe Wlanicza vor, das Herdfeuer besorgte Polengabia, der Winkelgott hieß Aspelenie; die[306] Dugnai bewahrte den Teig, Matergabia erhielt das erste Brod beim jedesmaligen Backen als Opfer; über die Viehzucht wachten Ratainicza, Kremara, Krukis, Priparseïs, Kurwaiczin Eraiczin, Walgina, Babilos, Auftheia, Pesseias; Baumgötter waren: Lasdona u. Kirnis. Zu den Privatgöttern gehörten die Gemeinde- u. Geschlechtergötter; so Devoitis in Poiursk, Vetustis in Retowsk, Guboj u. Twertikos in Sarakowsk etc., Simonait für das Geschlecht Mikutz, Sidzj für die von Michelowicz, Twertikos in Sarakowsk etc., Rekicziow für die von Schemicz. Als Leichengöttin wird bei einigen Polen Trizna u. als Seelenherr neben Nija noch bei den eigentlichen Polen Vielona genannt; von jenem glaubte man, daß er die Seelen nach dem Tode bewahrte u. als junge Vögel in ein besseres Land führte; Kriksthos bewachte die Kreuze auf den Gräbern. Dem Vielona wurden Opfer gebracht, wenn die Todten gespeist wurden; diese Opfer bestanden in kleinen gerösteten Kuchen, welche man auf die Gräber der Todten legte. Andere Opfer für die Götter waren Hausthiere, Lichter, Bier, Brot, für Ljada auch Menschen. Heilige Orte waren die Stadt Gnesen, der Hauptsitz des polnischen Heidenthums, Krakau u. Wilna, vielleicht auch Seen u. Berge. Für die Götter wurden Kapellen gebaut, ihnen Bilder gesetzt u. Priester gegeben, auch Feste mit Spielen, Liedern, Tänzen u. dgl. gefeiert.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 306-307.
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