[430] Polnische Literatur. Die älteste Literatur in Polen war lateinisch: die Chronisten Gallus, Kadłubek, Długosz, das Statut von Wislica, die Dichter Kallimach, Janicius u.a. Die ältesten Denkmäler in poln. Sprache (zum Teil schon aus dem 14. Jahrh.) sind Predigten, ein Psalter, religiöse Lieder, bes. ein Marienlied, das als Schlachtlied gesungen wurde, Gebetbücher, Legenden, histor. Lieder. Infolge der Reformation entstanden poln. Übersetzungen der Heiligen Schrift (N.T. 1551, Calvinische Bibel 1563, antitrinitarische 1573), Postillen, Kirchenlieder, polemische Schriften. Zur Abwehr mußte der Katholizismus zu demselben Mittel greifen (kath. Übersetzung 1561, die von Wujek 1599), Predigten von Skarga, Traktate von Kromer, Hosius u.a. Gleichzeitig entstand eine nationale Literatur durch die Dichter Rej, Kochanowski, Klonowicz, Grochowski u.a.; in Prosa Geschichtswerke von Bjelski, Górnicki, Strykowski, Paprocki; viel wurde lateinisch geschrieben. Im 17. Jahrh. wurde die Reformation unterdrückt und die Jesuitenschulen wurden herrschend; die literar. Produktion versiegte allmählich. Im Sinne Kochanowskis dichteten noch Miaskowski, Szymonowicz; dann wirkten Marini, Tasso ein: die erotischen Lyriker Hieronymus und Andreas Morsztyn, die Epiker Kochowski, Twardowski, Potocki, Lubomirski, Gawłowicki u.a. In neulat. Poesie glänzt Sarbievius. Die Historiker: Kochowski, Kojałowicz, Węgierski; die Memoiren Paseks. Die Prosa wimmelt von lat. Brocken (makkaronischer Stil), in der Poesie überwiegt die panegyrische Dichtung. Dieser Charakter ging ins 18. Jahrh. über und begann sich erst zu ändern durch die Schulreform der Piaristen, Anlage von Bibliotheken, Aufhebung des Jesuitenordens. In der Literatur begann man den Klassizismus zu verlassen: die Dichter Naruszewicz, Krasicki, Trembecki, Węgierski, Kniaźnin, Karpiński; die Dramatiker Bohomolec, Zabłocki, Bogusławski; die polit. Schriftsteller Konarski, Staszyc, Kollontaj.
Der polit. Untergang Polens hielt die literar. Entwicklung nicht auf; zunächst wirkten noch in pseudoklassischer Richtung: der Ästhetiker Osiński, die Dramatiker Feliński, Kropiński, der Dichter Woronicz; mit der neuen Richtung vermittelten Brodziński, Koźmian. In Wilna wirkten die beiden Sniadecki, Groddeck u.a. Die neue Richtung, gefördert durch den Einfluß Byrons, Goethes etc., brachten zum Siege Mickiewicz neben Malczewski, Goszczyński, Zalewski u.a., und die poln. Poesie erlangte ihren Höhepunkt in der Emigration, in den drei großen Dichtern Mickiewicz, Słowacki, Krasiński. Neben ihnen verblaßte die Tätigkeit in der Heimat: Bielowski, Siemieński, Morawski, Korsak u.a., und nach ihnen tritt der Einfluß der Poesie überhaupt zurück. Ihre Vertreter seit den sechziger Jahren sind: Zaleski, Pol, Syrokomla, Ujejski, Lenartowicz, Deotyma u.a., in neuester Zeit Asnyk, Konopnicka, Tetmajer, Kasprowicz; Dramatiker: Korzeniowski, Małecki, Szujski, Swiętochowski, Rapacki, Przybyszewski, Zapolska u.a.; in Komödie und Posse: Fredro (Vater und Sohn), Bałucki, Narzymski, Bliziński u.a. In Roman und Novellen entwickelte eine erstaunliche Fruchtbarkeit Kraszewski; auf demselben Gebiete wirkten Rzewuski, Czajkowski, Kaczkowski, Miłkowski u.a., in neuerer Zeit Zachariasiewicz, Bałucki, Prus, Gowalewicz und besonders Sienkiewicz und Orzeskowa; Humoristen: Lam, Wilczyński. Eine kritische Geschichtschreibung begann mit Naruszewicz, Lelewel, Bielowski, Szajnocha und Narbutt; sie wurden vervollständigt durch Szujski, Bobrzyński, Jarochowski u.a. Memoiren und literarhistor. Arbeiten von Kraszewski, Małecki, Spasowicz, Tarnowski, Chmielowski u.a. Philosophen: Gołuchowski, Liebelt, Trętowski, Struve, Ochorowicz, Mahrburg. Die Volkspoesie, beschränkt auf Lyrik (Krakowiaken, Balladen etc.), ist gesammelt von Wacław z Oleska, Pauli, Roger, Lipiński; Märchen von Gliński; Rätsel und Sprichwörter von Wojcicki, Darowski: Gebräuche, Sitten, Aberglauben von Golębiowski. Alle Zweige vereint bei Kolberg (»Lud, jego zwyczaje, mowa« etc., 20 Bde., 1857-92).
Literaturgeschichte von Spasowicz (deutsch in Pypin und Spasovič, »Geschichte der slaw. Literaturen«, 2 Bde., 1880-84), Lipnicki (1873), Nitschmann (1883), Tarnowski (poln., 5 Bde., 1900), Brückner (1901).
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