[511] Schwärmerei, diejenige Erhöhung u. Steigerung des Gefühlszustandes, vermöge deren bestimmten Gegenständen, Ansichten od. Zwecken ein übertriebener Werth beigelegt, jede nüchterne Beurtheilung ausgeschlossen, dadurch das ruhige Gleichgewicht der Gemüthslage gestört wird u. mit welcher, äußeren Hindernissen gegenüber, eine Neigung zu heftigen u. gewaltsamen Handlungen verbunden ist. Lebhafte Erregbarkeit des Gefühls, Einseitigkeit der Bildung u. Mangel an praktischer Erfahrung begünstigen sie; daher die Jugend ihr mehr ausgesetzt ist, als das reifere Alter. Nicht blos nach ihrer Dauer u. ihren Graden, sondern auch nach den Gegenständen, für welche der Mensch schwärmt, kann sie sehr mannigfaltig sein. Jede Art von S., welche für eine Geliebte (Liebesschwärmerei), für einen Freund, für das Vaterland, die religiöse u. politische S. setzt einen wirklichen od. vermeinten idealen Gehalt voraus; nicht diese Hingabe an ein Ideal u. dieses Streben seiner Erreichung od. Realisirung ist an ihr verwerflich, sondern daß sie häufig ein falsches Ideal ergreift, Andern die gleiche Hingabe an dasselbe zumuthet, daher oft ausschließend u. unduldsam wird u. seine Erreichung durch Mittel für möglich od. erlaubt hält, welche eine nüchterne Auffassung entweder für vergeblich od. für unzulässig erklären muß. Die S., wenn sie namentlich auf dem religiösen u. politischen Gebiete zu gewaltsamen Handlungen sich hinreißen läßt, wird Fanatismus (s.d.) u. ist dann in ihrer gänzlichen Unzugänglichkeit für Gegengründe u. in ihrer Gleichgültigkeit für die Wahl ihrer Mittel eine Art Unvernunft. Religiöse S. zeigte sich im Alterthum bes. bei den Neuplatonikern u. Gnostikern, dann inmitten des Christenthums von den Montanisten u. Donatisten an durch die ganze Kirchengeschichte, zur Zeit der Reformation bes. bei den Karlstadtianern u. Münzerianern, dann bei den Schwenkfeldern, Swedenborgianern etc. bis in die neueste Zeit in den Revivals (s.d.a.). Eine S., welche sich in sich selbst verschließt, nennt man eine stille S.