Tersteegen

[393] Tersteegen, Gerhard, Mystiker der Reformirten Kirche, geb. 25. Nov. 1697 in Meurs, erlernte seit 1713 in Mülheim a/R. die Kaufmannschaft, wo er sich den sogenannten Erweckten anschloß; da sein Stand der gänzlichen Hingebung an die von ihm eingeschlagene Richtung hinderlich zu sein schien, so verließ er 1719 denselben u. wurde in Mühlheim Bandmacher, wobei er ein völlig ascetisches u. einsiedlerisches Leben führte, sich mit Lectüre u. Übersetzungen erbaulicher Schriften älterer u. neuerer Mystiker beschäftigte u. seit 1725 Vorträge in den separirten Zusammenkünften der Erweckten hielt. Bes. stand er in Verbindung mit den Separatisten in Otterbeck, wo die klosterähnliche Pilgerhütte gestiftet war, für deren Brüder er die Regeln schrieb, ferner in Elberfeld, Solingen, Crefeld, mit Wilh. Hofmann, mit den Anhängern Poirets in den Niederlanden etc. Als er 1740 in Folge eines kurfürstlich pfälzischen u. königlich preußischen Verbotes die Conventikel einstellen mußte, so nahm er fremde Gesinnungsverwandte bei sich auf u. befriedigte den Drang seiner Mildthätigkeit bes. durch Speisung u. Heilung armer Leute; 1750 begann er seine öffentliche Wirksamkeit, u. obgleich er sich später der Kirche wieder mehr näherte, so blieb er doch von derselben separirt, hauptsächlich weil er das Abendmahl für entweiht dadurch hielt, daß offenbare Sünder dazu gelassen würden. Er starb 5. April 1769 in Mühlheim u. am 6. April 1838 wurde ihm daselbst ein Denkmal gesetzt. Er übersetzte Labadie's Manuel de piéte, 1726, Thomas' von Kempen Nachfolge Jesu, 1727, Gerl. Petersens Soliloquien, 1727, u.a. mystische Schriften; u. schrieb Unparteiischer Abriß christlicher Grundwahrheiten, 1724, herausgegeben 1801, 2. A. 1842; Auserlesene Lebensbeschreibungen heiliger Seelen, 1733–53, 3 Bde., 2. A. 1754; Der Weg der Wahrheit (die Vorrede zu den von ihm übersetzten Schriften), 1750; Geistliche Brosamen, 1769–73, 2 Bde.; Die wahre Theologie des Sohnes Gottes, herausgegeben 1821; Gedanken über die Werke des Philosophen von Sanssouci, 1853; Nachgelassene Schriften, 1842; Gesammelte Schriften, Stuttg. 1844, 4 Bde.; Auswahl von Gebauer, ebd. 1845; Briefe (deutsche, Sol. 1773–1775, 2 Bde., u. holländische, Hoorn 1772); Gebete, herausgegeben 1852; Geistliches Blumengärtlein (enthaltend Kurze Schlußreime, Betrachtungen u. Lieder), Frkft. 1727, 15. A. Essen 1855. Die Lebensbeschreibung T-s, Solingen 1775, u. von G. Kerlen, Mühl. 1851, 2. A. 1853.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 393.
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