Urlsperger

[291] Urlsperger, 1) Samuel, geb. 31. Aug. 1685 in Kirchheim u. T., studirte in Tübingen Theologie, lebte dann längere Zeit in Holland, war 1710–12 lutherischer Prediger in London, hielt sich nachher in Berlin u. Halle auf, wurde 1713 Pfarrer zu Stetten im Remsthal u. 1714 Hofcaplan in Stuttgart u. im nächsten Jahre Oberhofprediger u. Consistorialrath. Als er, auf Anregen seines Freundes H. A. Francke, am Charfreitage 1718 eine ernste Predigt mit Bezug auf das Verhältniß des Herzogs zu der Grävenitz gehalten hatte, u. seine Predigt auf der Kanzel selbst nicht widerrufen wollte, ließ ihn der Herzog arretiren u. zum Tode verurtheilen, aber auf den Rath des Geheimrathes von Schulz das Todesurtheil nicht vollziehen, sondern entsetzte ihn blos seiner Stelle. 1720 wurde er indeß wieder zum Pfarramte nach Herrenberg berufen, doch verließ er 1723 diese Stelle u. ging als Pastor an der Annenkirche nach Augsburg, wo er, nachdem er kurz vorher in Ruhestand getreten war, 20. April 1772 starb. Er war nicht nur ein reger Freund u. Unterstützer der dänischen Mission an der Küste von Malabar, sondern wirkte auch für die Anlegung einer Colonie der Salzburger Emigranten in Pennsylvanien. Er dichtete mehre fromme Lieder u. schr. u.a.: Der Kranken Gesundheit u. der Sterbenden Leben, Stuttg. 1723, 3. A. Augsb. 1756; Nachrichten von der großbritannischen Colonie Salzburger Emigranten, u. dazu Fortsetzung als Amerikanisches Ackerwerk Gottes, 1760. Vgl. Sammlung U-scher Jubelschristen, Augsb. 1763; I. A. Urlsperger, Ehrengedächtniß Samuel U-s, ebd. 1773. 2) Johann August, Sohn des Vorigen, geb. 25. Nov. 1728 in Augsburg; er studirte 1747–54 in Tübingen u. Halle Theologie, machte nach Beendigung seiner Studien Reisen in Norddeutschland u. Dänemark u. wurde nach seiner Rückkehr 1755 Pfarrer in Augsburg, 1762 Diakonus an der Annen-, 1770 Pfarrer an der Kreuz- u. 1772 Nachfolger seines Vaters als Senior an der Annenkirche, mußte aber sein Amt 1776 Kränklichkeitshalber niederlegen. Gegen den Illuminatenorden suchte er einen echt religiösen u. sittlichen Verein zu stiften u. machte in dieser Absicht Reisen in Süd- u. Norddeutschland, welche er 1779 u. 80 bis nach Holland u. England ausdehnte; in Basel gelang es ihm auch 1780 die Deutsche Gesellschaft zur Beförderung christlicher Wahrheit u. Gottseligkeit nach seinem Plane entstehen zu sehen, von welcher viele Zweigvereine sich bildeten u. aus welcher dann die Bibelgesellschaft u. die Missionsgesellschaft hervorgingen; 1805 machte er seine letzte Reise nach England u. starb 1. Dec. 1806 in Hamburg. Er schr.: Neue dem Sinne Heiliger Schrift wahrhaft gemäße Entwickelung der alten christlichen Dreieinigkeitslehre, 1769; Auszug 1777.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 291.
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