[341] Valentinus, 1) Gnostiker in der 1. Hälfte des 2. Jahrh., wahrscheinlich in Ägypten (u. nach der Vermuthung von jüdischen Eltern) geboren; er studirte in Alexandria griechische Philosophie u. zeichnete sich durch Gelehrsamkeit u. Beredtsamkeit aus, schrieb auch Reden, Hymnen u. Briefe, welche bis auf wenige (vielleicht unechte) Fragmente verloren gegangen sind. Von Alexandria ging er gegen 140 nach Rom, wurde wegen seiner ketzerischen Ansichten excommunicirt u. st. hier od. auf Cypern um 160. Sein u. seiner Anhänger, der Valentinianer, System hat manche Eigentümlichkeiten u. ist sehr ausgebildet: Aus dem Urwesen, Bythos od. Monas, dem unfaßbaren, unendlichen, ruhenden u. verborgenen Inbegriff aller Dinge, ging zuerst als Princip der Schöpfung der Nus (Verstand) od. Monogenes (Erstgeborner) hervor; dieser ist der offenbar gewordene Gott u. wird mit der Aletheia (Wahrheit) die Ursache der Gestaltung der 30 Äonen, u. zwar 15 männlicher u. 15 weiblicher, welche paarweise (in Syzygien) zusammengehören u. zusammen das Pleroma bilden, d.i. die Fülle des göttlichen Wesens, aber in ihrer weiteren Entfaltung verendlicht u. in der realen Welt mit allerlei Mängeln behaftet werden. Der unterste der Äonen, die Sophia (Weisheit), strebte, in dem unbehaglichen Gefühl der Mangelhaftigkeit u. des Gebundenseins an ihren Syzygos, frei von diesem zu werden u. sich mit dem Bythos selbst zu verbinden, um zur Erkenntniß des Ewigen zu kommen, stieß aber dabei auf den Horos, den Grenzhüter zwischen dem Pleroma u. dem Bythos. Damit dieses für die Existenz der Äonen gefährliche Streben der Sophia sich im Pleroma nicht wiederhole, ließ der Bythos durch den Monogenes ein neues Äonenpaar schaffen, Christus u. den Heiligen Geist, von denen jener die Äonen belehrt, daß sie sich bei dem ihnen gewordenen Wesen u. der Erkenntniß des Urwesens begnügen müssen; der Heilige Geist aber sie zur Ruhe führt u. dadurch versöhnt, daß er sie an Gestalt u. Gesinnung gleich macht. Zur Verherrlichung dieser Friedensstiftung schufen alle Äonen gemeinschaftlich, indem jeder das Schönste dazu brachte, den Soter (Heiland) Jesus. Damit ist die überirdische Schöpfung beendigt. Aber aus dem Streben der Sophia war ein ungöttliches Erzeugniß hervorgegangen, welches in das Kenoma, die Leere (als Gegensatz zum Pleroma), hinausgeworfen u. daselbst von Christus zu der Achamoth, untern Weisheit, gestaltet ward. Sich selbst überlassen außerhalb des Pleroma hatte Achamoth nichts behalten als unruhige Affecte u. die Sehnsucht nach dem Lichte. Auf ihr Gebet um Erlösung u. auf die Verwendung der himmlischen Weisheit wird ihr der Heiland Jesus geschickt; von ihm wurde sie wieder von ihren Affecten befreit u. durch seine engelhaften Begleiter befruchtet, gebiert sie den Engeln ähnliche Wesen. Die in dieser Erlösung von der Achamoth abgelösten Affecte bildeten die Hyle, aus welcher dann Körperliches hervorging, zunächst aus der Furcht das Psychische, aus der Trauer das Hylische, aus der Verzweiflung das Dämonische; dazu kam aber wieder etwas Höheres, nämlich aus der Bekehrung der Achamoth u. dem Flehen der Sophia das Pneumatische, die rechte Kraft des Psychischen. So war die Sophia das Princip der Weltschöpfung, wozu sie sich des psychischen Demiurgos bediente; dieser bildete aus Hylischem u. Psychischem den Menschen mit Leib u. Seele, in welche letztere die Sophia selbst das Pneumatische gab. Durch das Pneumatische sollte das Psychische von dem Hylischen erlöst werden; dieser Wendepunkt in der Menschenwelt, sowohl den vorzugsweise Hylischen (Heiden), als den vorzugsweise Psychischen (Juden), sollte mit dem Kommen des Erlösers, des verheißenen Messias, eintreten. Dieser Messias erschien in Jesus, in ihm die Concentration des Pneumatischen; die Erlösung besteht darin, daß das Pneumatische in dem Menschen geweckt u. zur Herrschaft über das Psychische gebracht wird. Das Ende der Dinge ist die Erlösung des pneumatisch gewordenen Psychischen von dem Hylischen u. die Vermählung der von allen Affecten befreieten Achamoth mit dem Erlöser, worauf alle pneumatischen Naturen, mit den Engeln des Erlösers zu geistigen Ehen verbunden, in das Pleroma zurückkehren. Der Demiurg kommt mit den psychisch gebliebenen Wesen an die erste Stelle der Achamoth außerhalb des Pleroma, u. das bei dieser Gelegenheit ausbrechende Feuer verzehrt endlich die Erde mit allem Hylischen. Die Valentinianer bilden eine der wichtigsten gnostischen Secten u. bestanden bis ins 4. Jahrh. fort, jedoch getrennt als die morgenländische (anatolische) u. die italische Schule. Jene dachte sich den Leib des Heilandes pneumatisch, weil der heilige Geist die Maria überschattet habe, diese hingegen psychisch, indem die pneumatische Gabe erst durch die Taufe auf denselben gekommen sei. Zu jenen gehörten Axionikos u. Ardesianes, zu diesen Herakleon u. Ptolemäus. Eine theilweise Berichtigung u. weitere Fortbildung erhielt das System des V. durch Marcus (Marcosier), welcher in einer eigenthümlich mystischen Zahlenreihe den Kreis der Äonen noch weiter ausdehnte u. einen geheimnißvollen Cultus einführte, bei welchem manche Unsittlichkeiten vorgekommen sein sollen. Das System des V. ist bekannt aus Irenäos, Hippolytos, Tertullian (welcher eine Streitschrift gegen die Valentinianer schrieb) u.a. Kirchenvätern. Vgl. Gnosis u. G. Hooper, De Valentinianorum haeresi, Lond. 1711. 2) Römer, 827 vierzig Tage lang Papst, s.d. S. 639. 3) Basilios, s.d. 14). 4) Johanns III. Sohn, Herzog von Ratibor in Schlesien; st. 1521.