[17] Personenwagen (passenger-carriages; voitures; carrozze), Eisenbahnwagen, die zur Beförderung von Reisenden bestimmt und hierfür dauernd mit entsprechenden Einrichtungen versehen sind.
Inhaltsübersicht: I. Geschichtliches. II. Bauformen. A. Allgemeines. B. P. für Hauptbahnen. 1. Abteilwagen; 2. Durchgangswagen; 3. Saalwagen, Schlafwagen, Speisewagen. C. P. für Nebenbahnen. D. Amerikanische Wagen aus Stahl. III. Laufwerk und Untergestell. IV. Kasten. V. Äußere Ausstattung. VI. Innere Einrichtung.
I. Geschichtliches.
Die ersten auf Eisenbahnen verwendeten P. waren den Straßenfuhrwerken nachgebildet. Der Innenraum wurde durch Querwände gewöhnlich in 3 von den beiden Langseiten durch Türen zugängliche Abteile getrennt, die sich äußerlich wie die nebeneinander gesetzten Kasten eines Postwagens darstellten. Das Reisegepäck wurde wie bei den Postwagen auf dem Dach des Wagens untergebracht.
Ein P. I. Klasse der London-Birmingham-Eisenbahn aus der Zeit ihrer Eröffnung (1838) ist in den Abb. 17 a u. b dargestellt. Jedes Abteil bildete eine für sich bestehende sog. Berline mit Türen und Fenstern auf beiden Seiten und mit 6 Sitzplätzen, so daß der ganze Wagen im Innern 18 Personen faßte. Außen auf den beiden Enden des Daches waren unbedeckte Sitze angebracht.
Die Liverpool-Manchester-Eisenbahn verwendete 2 Arten von Wagen I. Klasse, die sich durch die größere oder geringere Bequemlichkeit der Sitzplätze unterschieden und 2 Gattungen von Wagen II. Klasse, die eine mit, die andere ohne Fenster.
Lange Zeit hindurch wurden Reisende auch in offenen Wagen ohne Dach stehend befördert. Auf der Scarborough and Whitby-Bahn wurde es für ein ausreichendes Maß von Bequemlichkeit gehalten, die Reisenden, die zum geringsten Satz fuhren, in einer Art Kiepe, die hinter dem Wagen aufgehängt wurde, zu befördern. Erst auf Veranlassung des Parlaments wurden notdürftig ausgestattete bedeckte Wagen III. Klasse eingeführt; diese besaßen jedoch meistens keine Fenster, sondern waren bloß mit Vorhängen an den Seiten versehen.
Die überwiegende Mehrzahl der Wagen hatte nur 2 Achsen; doch gab es auch 3- und 4achsige P.
In Amerika wurde im Gegensatz zu den Fahrzeugen englischer Bauart der Innenraum der P. gewöhnlich nicht durch Querwände unterteilt, so daß in der Regel nur ein Raum vorhanden war, der etwa 70 Fahrgäste aufnehmen konnte. Zwischen den Sitzen war der ganzen Länge des Wagens nach ein Durchgang. Die Stirnwände hatten Türen; durch diese gelangte man von den an den Stirnenden[17] angeordneten Plattformen (Bühnen) in das Wageninnere. Die Wagen besaßen 4 Achsen, von denen je 2 in einem Drehgestell untergebracht waren.
Abb. 18 a u. b zeigt die Anordnung eines 4achsigen P. mit 72 Sitzen nach der im Jahre 1840 auf der Baltimore-Ohio-Eisenbahn üblichen Bauart.
Der Kasten hatte im Innern eine Länge von 10∙98 m (7'), eine Breite von 2∙13 m (7') und eine Höhe von 1∙80 m (5' 11''). Die Sitze waren 355 mm (14'') breit, das Maß zwischen den Sitzen betrug 280 mm (11'').
In Frankreich verkehrten, wie der von der französischen Westbahn veröffentlichte Bericht zur Pariser Ausstellung vom Jahre 1889 entnehmen läßt, in den Jahren 18371843 auf den Linien der Pariser Bannmeile 2achsige P. I. und 2achsige P. II. Klasse. Die P. I. Klasse, erbaut nach englischem Muster mit 3 nebeneinander gestellten Abteilen, hatten an beiden Stirnenden Dachsitze. Die Wagen II. Klasse waren beiderseits über Bordhöhe offen, hatten aber ein Dach; sie besaßen 4 Abteile und für jedes, wie die P. I. Klasse, an den beiden Langseiten des Wagens einen besonderen Aufstieg. Auf den großen Linien liefen im Jahre 1843 2achsige P. von 3 verschiedenen Klassen. Die Wagen hatten Laufbretter und über diesen zum bequemen Ein- und Aussteigen unter jeder Tür noch einen Fußtritt. Die Wagen der I. und der II. Klasse, nach englischer Bauart mit je 3 Abteilen ausgeführt, waren geschlossen, die Wagen III. Klasse dagegen, von den Bordwänden abgesehen, ganz offen. Die Abschaffung der offenen P. III. Klasse wurde erst 1848 durch die provisorische Regierung verfügt und im Jahre 1852 durch die gesetzgebende Versammlung neuerlich beschlossen.
In Deutschland und Österreich wurden die ersten P. fast ausschließlich nach englischen Vorbildern gebaut. Auf einzelnen Bahnen wurden aber auch bald 4achsige P. amerikanischer Bauart verwendet, so z.B. auf der Leipzig-Dresdener Eisenbahn schon 1838, ferner auf den württembergischen Bahnen, der österreichischen Südbahn, der Berlin-Frankfurter Bahn, den hannoverischen Staatsbahnen u.a.
Abb. 19 a, b u. c stellt einen der P. III. Klasse dar, die in den Jahren 18381840 in Wien für die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn gebaut worden sind.
Außer den 2- und 4achsigen P. wurden in Deutschland, namentlich im nördlichen Flachland, in der Folge häufig 3achsige P. in Verkehr gesetzt. Ein solcher Wagen mit 6 Abteilen, wie ihn im Anfang der Vierzigerjahre des vorigen Jahrhunderts die Wagenbauanstalt der Leipzig-Dresdener Eisenbahn für viele[18] deutsche Eisenbahnen baute, ist in Rühlmanns Maschinenlehre (2. Aufl., Bd. III, S. 214 u. 215) abgebildet.
Der inneren Ausstattung der P. wurde in Deutschland durchwegs mehr Sorgfalt zugewandt als in England. Die Wagen III. Klasse erhielten bald allgemein Fenster und die Wagen II. Klasse gute Polsterungen. Die Abteile I. Klasse hatten meist nur 3 nach Art von Lehnstühlen ausgestattete Sitze. Bei Wagen II. Klasse waren in der Regel 4 Sitze nebeneinander.
Da die I. Klasse verhältnismäßig wenig benutzt wurde, so baute man P. I. und II. Klasse, die nur ein Vollabteil I. Klasse u. z. w. gewöhnlich in der Wagenmitte oder 2 Halbabteile I. Klasse, eines an jedem Wagenende, enthielten. Solche Wagen waren in Deutschland viel verbreitet, in England dagegen selten anzutreffen.
Die alten engen und niedrigen Abteilwagen wurden nach und nach durch Wagen neuerer Bauart verdrängt, die mehr Raum, Licht und Bequemlichkeit boten und häufig mit durchlaufenden Trittbrettern versehen waren, auf denen die Zugbeamten während der Fahrt am Zug entlang gehen konnten.
In der Schweiz und in Deutschland (besonders in Württemberg) wurden schon bald Durchgangswagen eingeführt, die sich von ihren amerikanischen Vorbildern bloß dadurch unterschieden, daß sie einen wesentlich kleineren Kasten als jene und nur 2 Achsen hatten. Außerdem war ihr Innenraum gewöhnlich durch Wände in mehrere Abteile getrennt.
Das Bestreben die für jeden Sitzplatz entfallende tote Last möglichst zu mindern, gab Anlaß zum Bau von P. mit 2 Geschossen (Doppelwagen, Etagewagen, s.d.). Die Einführung solcher Wagen dürfte, wenn von den Wagen mit offenen Sitzplätzen auf dem Dach wie sie auf der Paris-Versailler Eisenbahn verkehrten abgesehen wird, dem englischen Oberst Kenedy zuzuschreiben sein.
P. III. Klasse mit 2 Geschossen nach Kenedys Plan wurden auf den ostindischen Eisenbahnen (Bombay-Baroda-Bahn) in Betrieb genommen (s. Organ 1865, S. 26). Die Wagen faßten in der unteren Abteilung 70, in der oberen 60, im ganzen 130 Personen.
In ausgedehnterem Maße sind die P. mit 2 Geschossen zuerst auf einer 1866 eröffneten Zweiglinie der französischen Nordbahn von Enghien nach Montmorency angewendet worden (s. Organ 1867, S. 41). Weiterhin wurden sie dann eingeführt auf der Pariser Gürtelbahn für den Lokalverkehr, auf der Bahn von Fougères nach Vitré, von Perpignan nach Prades, auf der Linie Pepinster-Spa (Belgien), auf Zweigbahnen des Großherzogtums Luxemburg, auf der französischen Ostbahn, in Deutschland auf der Altona-Kieler (im Jahre 1868), der rheinischen und der Thüringer Bahn, auf den dänischen Staatsbahnen u.a.m.
Beschreibung und Zeichnung eines P. mit 2 Geschossen s. unter Etagewagen (Bd. IV, S. 409).
Im Jahre 1863 regte Heusinger v. Waldeck an, bei den P. das englische Abteilsystem mit dem amerikanischen Durchgangssystem zu vereinigen. Zu dem Zweck wollte er außen an den beiden Langseiten der nach dem Abteilsystem zu erbauenden Wagen 457 mm (18'' engl.) breite, offene, nur durch Geländer geschützte Gänge und an den Stirnseiten einfache Übergangsbrücken anbringen (s. Ztg. d. VDEV. 1863, S. 353 ff.). Dieser Gedanke wurde jedoch nicht weiter verfolgt.
Heusinger v. Waldeck machte dann im Jahre 1870 einen neuen verbesserten Vorschlag (s. Organ 1870, S. 150). Hiernach sollten die Wagen auf 3 m verbreitert werden, offene Endbühnen und im Innern neben den Abteilen einen Seitengang erhalten. Dieser sollte durch Türen mit den Endbühnen verbunden und letztere für den Übergang von Wagen zu Wagen mit aufschlagbaren Klappbrücken versehen werden.
Obwohl dieser Vorschlag einen wesentlichen Fortschritt im Eisenbahnwagenbau bedeutete, dauerte es noch 4 Jahre bis der erste Wagen nach Bauart Heusinger, u. z. w. Ende September 1874, auf der hessischen Ludwigsbahn (ausführliche Beschreibung des Wagens s. Organ 1874, S. 254) in Verkehr gesetzt wurde.
Im gleichen Jahre sind Wagen ähnlicher Ausführung von der Ringhofferschen Wagenfabrik in Smichow bei Prag hergestellt und auf der russischen Fastow-Bahn in Betrieb genommen worden. Ähnliche Wagen wurden auch auf der Arlbergbahn verwendet.
Die Bauart Heusinger hat in der Folge eine große Verbreitung gefunden. Ihre weitere Durchbildung führte allmählich zu dem heute auf fast allen Hauptbahnen des europäischen Festlandes verwendeten sog. D-Zugwagen (Durchgangswagen) mit Seitengang, geschlossenen Vorplätzen und gedeckten, durch Faltenbälge verbundenen Stirnübergängen.
Mit der Entwicklung der Bauformen wurden auch die einzelnen Bauteile und die innere Einrichtung der P. verbessert.
Während man früher zur Herstellung der Kasten und Untergestelle nur Holz benutzte, ging man in den Fünfzigerjahren des vorigen Jahrhunderts in England dazu über auch Eisen als Baustoff für P. zu verwenden. In Deutschland folgte man diesem Beispiel erst später. Bis[19] 1860 waren die Untergestelle der deutschen Wagen ganz aus Holz; nur zuweilen wurden die Langträger durch aufgeschraubte Blechplatten verstärkt.
Gegenwärtig werden die Untergestelle teils vollständig aus Eisen, teils aus Holz und Eisen gebaut; die Kastengerippe sind in der Regel aus Holz, ihre Verbindungsteile aus Eisen und die Kastenverschalungen entweder aus Eisen oder aus Holz. In Amerika hat man vor etwa 10 Jahren damit begonnen P. ganz aus Stahl herzustellen (Näheres hierüber s. Abschnitt D Stahlwagen). Auch die preußischen Staatseisenbahnen haben in jüngster Zeit Stahlwagen bauen lassen.
Im Interesse der Betriebssicherheit werden die P. mit durchgehenden Bremsen (s. Bremsen) ausgerüstet. Außerdem erhalten sie Einrichtungen (Interkommunikationssignale, Notbremseinrichtungen), die es den Reisenden ermöglichen in Gefahrfällen unmittelbar oder mittelbar den Zug zum Stillstand zu bringen (s. Interkommunikationssignale).
Den wachsenden Ansprüchen der Reisenden an Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten aller Art wird jetzt von den Bahnverwaltungen ausgiebig Rechnung getragen. Im Gegensatz zu den in der ersten Zeit des Eisenbahnwesens gebauten P., bei denen weder für Heizung noch für Beleuchtung des Wageninnern gesorgt war, erhalten die P. der Gegenwart Heizanlagen mit Einrichtungen, die es gestatten die Wärme in den Abteilen nach Belieben zu regeln, sowie eine Innenbeleuchtung mit Öllicht, gewöhnlichem Gaslicht, Gasglühlicht, Azetylenlicht oder elektrischem Licht. Durch Anordnung von besonderen Lüftern wird eine entsprechende Lufterneuerung in den Wagenräumen bewirkt. In heißen Ländern werden die P. auch mit Vorrichtungen zur Abkühlung versehen z.B. mit Sonnendächern, Sonnenläden oder Rollvorhängen an den Fenstern, mit luftdurchlässigen Zwischenwänden, zuweilen auch mit Eiskammern, in denen die den Wagenabteilen zuzuführende Luft abgekühlt wird.
Eine heute ganz unentbehrliche, in früherer Zeit aber unbekannte Einrichtung in P. sind die Abort- und Waschräume.
(Siehe Aborte in Eisenbahnwagen; Beleuchtung der Eisenbahnwagen; Eisenbahnhygiene; Heizung der Eisenbahnwagen).
Zur Erhöhung der Annehmlichkeit des Reisens dient auch die Anordnung von Schlafsitzen, die in Deutschland, soweit die P. des allgemeinen Verkehrs in Betracht kommen, allerdings wieder verlassen wurde, weil in allen durchgehenden Nachtschnellzügen besondere Schlafwagen eingestellt werden, deren Sitze sich in bequeme Schlaflager umwandeln lassen.
Die ersten Schlafwagen wurden in Europa 1872/73 auf Veranlassung des belgischen Ingenieurs Nagelmakers gebaut und in Schnellzüge eingestellt, die den Verkehr zwischen den Großstädten des Festlandes vermittelten. Die Wagen waren noch 2achsig und hatten, wie Abb. 20 a u. b zeigt, 3 Abteile, einen Mittelgang und in der Mitte Abort, Waschraum und Einsteigbühne. Jedes Abteil enthielt 2 untere und 2 obere Betten. Die unteren Betten konnten bei Tag in bequeme Lehnstühle verwandelt, die oberen Betten nach, der Decke zurückgeschlagen werden. Von der in Amerika üblichen Anordnung eines großen Schlafsaales war mit Rücksicht auf die Vorliebe des europäischen Reisepublikums für kleine Abteile abgesehen worden.
Auch bei den neuzeitlichen Schlafwagen der europäischen Bahnen hat man die Einzelabteile beibehalten, den Gang aber an eine Wagenlangseite verlegt, damit er jederzeit ohne Störung der Mitreisenden betreten werden kann, was bei der alten Anordnung nicht möglich war.
Im Jahre 1883 hat die Internationale Eisenbahn-Schlafwagengesellschaft, geleitet von dem Bestreben die Verpflegung der Reisenden zu erleichtern und es ihnen zu ermöglichen während der Fahrt die Tagesmahlzeiten in voller Ruhe und Behaglichkeit einzunehmen,[20] eigene Speisewagen mit vollständiger Kücheneinrichtung bauen lassen.
Die Wagen (Abb. 21) hatten 3 Achsen, 2 Endplattformen für den Einstieg, 2 Speiseräume zu je 12 Plätzen und in der Mitte die Küche mit einem seitlichen Durchgang; sie verkehrten zum ersten Mal auf den Linien Paris-Le Havre und Nizza-Marseille, dann ab 1. Juni 1883 zwischen Paris und Wien in dem damals neu geschaffenen ersten europäischen Luxuszug, dem sog. Orientexpreß.
Die Speisewagen sind inzwischen wesentlich verbessert worden. Während sie anfänglich nur in einzelnen Zügen anzutreffen waren, werden sie seit etwa 10 Jahren in allen wichtigen Tagesschnellzügen mitgeführt. Der Speisewagenverkehr bietet nicht nur den Reisenden ein erhöhtes Maß von Bequemlichkeit sondern hat auch ganz erheblich zur Kürzung der Reisezeit der Schnellzüge beigetragen, weil mit seiner Einführung die früher in den Verpflegungsstationen gegebenen langen Zugsaufenthalte entfallen konnten.
Von den sonstigen der Personenbeförderung dienenden Wagen sind noch zu erwähnen die Krankenwagen (s. den Artikel Krankenbeförderung) sowie die Saalwagen (s. auch Hofzüge).
Saalwagen (Salonwagen) wurden in früherer Zeit fast nur für die Reisen der Staatsoberhäupter oder der Mitglieder der landesherrlichen Familien verwendet. Heute werden sie auch für den allgemeinen Verkehr gegen Bezahlung besonderer Gebühren zur Verfügung gestellt. Ihre innere Einrichtung, ursprünglich sehr einfach und nach jetziger Anschauung vollständig ungenügend, ist mit der fortschreitenden Entwicklung des Wagenbaues allmählich so durchgebildet worden, daß sie den verwöhntesten Ansprüchen Rechnung trägt.
II. Bauformen.
A. Allgemeines. Die Personenwagen werden eingeteilt nach der Anzahl der Achsen:
in 2-, 3-, 4- und 6achsige Wagen;
nach der Form und der Raumanordnung der Wagenkasten:
in Abteil- und Durchgangswagen;
nach der inneren Ausstattung:
in Wagen I., II.; III. und IV. Klasse und in solche mit Abteilen verschiedener Klassen, in Schlafwagen, Speisewagen, Saalwagen, Krankenwagen u.s.w.
und nach der Verwendungsweise:
in Hauptbahn- und in Nebenbahnwagen.
Zwei-, drei-, vier- und sechsachsige P.
Zwei- und dreiachsige Wagen sind im Betrieb als leichte, bequeme Einheiten sehr beliebt. Gegenüber den 4- und 6achsigen Wagen haben sie die Vorteile der geringeren Anschaffungs- und Unterhaltungskosten, der einfacheren Bauart, der leichteren Zugänglichkeit ihrer Laufwerksteile, des kleineren toten Gewichts für den Sitzplatz und der größeren zulässigen Kastenbreite, die eine größere Sitzplatzbreite oder eine Vermehrung der Sitzplätze ermöglicht. Bei den regelmäßigen Untersuchungen dieser Fahrzeuge in der Werkstätte werden dem Betrieb weniger Sitzplätze entzogen, auch geht die Wiederherstellung der Wagen selbst rascher von statten.
Als Nachteile der 2- und 3achsigen P. werden bezeichnet:
die unvollkommene Einstellung ihrer Achsen in Krümmungen, wodurch die Wagen beim Befahren krümmungsreicher Strecken mit größeren Geschwindigkeiten weniger ruhig laufen als Drehgestellwagen;
die für die Reisenden unangenehm fühlbare Beeinträchtigung oder Aufhebung des Tragfederspiels beim Bremsen;
die verhältnismäßig geringe Kastenlänge, die den Einbau größerer Räume, wie Säle, Schlafzimmer, Speiseräume u.s.w. nur in beschränkter Weise zuläßt.
Zweiachsige P. werden in Deutschland nur noch in langsamer fahrenden Personenzügen der Hauptbahnen und auf Nebenbahnen, in Rußland bloß auf Nebenbahnen und in England fast gar nicht mehr verwendet.
Andere Länder dagegen, wie Frankreich, dann auch Italien und Österreich haben aus wirtschaftlichen Erwägungen 2achsige P. für den inneren Schnellzugdienst noch beibehalten. Die Bauart der für diesen Dienst benutzten 2achsigen Wagen wurde jedoch sehr verbessert. In erster Linie ist der Radstand der Wagen wesentlich vergrößert und sodann die Federung zweckmäßiger ausgestaltet worden u.zw. meist in der Weise, daß nicht nur der Wagenkasten mit dem Untergestell gegen die Achsbüchsen; sondern auch noch der Kasten gegen das Untergestell abgefedert wurde. Durch diese Maßnahmen sowie durch sorgfältige Gewichtsausgleichung der Radsätze, gleichmäßige Verteilung des Wagengewichts auf die einzelnen Räder und durch genaue Zusammensetzung aller Laufwerksteile hat die französische Ostbahn sehr gute Ergebnisse erzielt. Ihre 2achsigen Schnellzugwagen, deren Bauart auch für andere Bahnverwaltungen vorbildlich geworden ist, haben selbst bei hohen Geschwindigkeiten einen ruhigen, sanften Gang.[21]
Dreiachsige P. sind fast auf allen Hauptbahnen Europas, die schwedischen, dänischen und einige kleinere Bahnen ausgenommen, zu finden. Sie laufen bei Zuggeschwindigkeiten bis zu 90 km/Std. noch vollständig ruhig, sofern ihr Gewicht nicht zu klein, der Gesamtradstand im Verhältnis zur Kastenlänge möglichst groß, die auf den Rädern der Endachsen ruhende Last gleichmäßig verteilt und die Belastung der Mittelachse kleiner ist als die einer Endachse, damit der Kasten nicht auf der Mittelachse reitet.
Vier- und 6achsige P. werden, wenn ihre Achsen, wie jetzt allgemein üblich, in 2 Drehgestellen (s.d.) vereinigt sind, kurzweg auch »Drehgestellwagen« genannt. Früher hatte man auf englischen Bahnen und auf einzelnen Festlandsbahnen, so z.B. auf der österreichischen Südbahn, 4achsige P., deren Achsen wie jene der 2- und 3achsigen Wagen einzeln im Untergestell gelagert waren; den beiden Mittelachsen oder den Endachsen war wegen des Befahrens von Krümmungen ein größeres seitliches Spiel gegeben. In der Gegenwart dürften Wagen mit derartiger Achsenanordnung kaum mehr gebaut werden.
Die Drehgestellwagen sind nach allgemeiner Anschauung der Eisenbahntechniker für hohe Geschwindigkeiten und für krümmungsreiche Strecken wegen ihres ruhigeren, geräuschloseren Ganges den 2- und 3achsigen Wagen vorzuziehen1.
Die unangenehme Erscheinung des Aufhebens der Federwirkung beim Bremsen tritt bei Drehgestellwagen nicht ein, weil die den Wagenkasten stützenden Federn durch die Bremse nicht beeinflußt werden. Infolge der besseren Abfederung werden bei Drehgestellwagen die Schienenstöße weniger stark auf den Kasten übertragen, wodurch dessen Haltbarkeit gewinnt.
Bei Verwendung von Drehgestellwagen wird die erforderliche Zugkraft geringer. Die französische Nordbahn hat, ehe sie im Jahre 1897 den Bau von Drehgestellwagen aufnahm, durch eingehende Versuche die Vorteile dieser Wagen für den Schnellzugdienst festgestellt. Dabei hatte sie gefunden, daß der Widerstand eines aus Drehgestellwagen gebildeten Zuges bei Geschwindigkeiten bis zu 60 km/Std. nur unwesentlich kleiner, dagegen bei Geschwindigkeiten zwischen 100 und 120 km/Std. bis zu 15% geringer ist als der Widerstand eines aus 2- und 3achsigen Wagen bestehenden Zuges2.
Die Drehgestellwagen sind in Nordamerika schon seit Beginn des dortigen Eisenbahnwesens in Verwendung. Auf den europäischen Bahnen dagegen wurden sie erst in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts in größerem Umfang eingeführt. Jetzt laufen sie in allen internationalen Schnellzügen des Festlandes. In Deutschland werden andere Wagen für den Schnellzugdienst überhaupt nur noch ausnahmsweise zugelassen.
Abteilwagen und Durchgangswagen.
Das Ursprungsland des Abteilwagens ist England, das des Durchgangswagens Amerika.
Der Kasten der Abteilwagen ist im Innern entweder durch Querwände oder nur durch die Rücklehnen der Sitzbänke in kleinere, von den beiden Wagenlangseiten durch Türen zugängliche Räume (Abteile) geschieden. Die Eingangstüren der Abteile schlagen nach außen gegen die Kastenwände auf.
Je nachdem die Abteile eine Sitzreihe oder 2 einander gegenüberliegende Sitzreihen haben, werden sie als Halbabteile oder Vollabteile bezeichnet. Die Abteile sind innen häufig, entweder gruppenweise oder alle zusammen, unter sich und mit den zwischen ihnen oder am Wagenende eingebauten Abort- und Waschräumen durch einen Gang verbunden, der meist an der Seite, zuweilen auch in der Mitte angeordnet ist.
Die Durchgangswagen enthalten eine oder mehrere Abteilungen, zu denen man über offene oder über geschlossene an den Wagenenden befindliche Bühnen, manchmal auch über eine in der Wagenmitte angeordnete offene oder geschlossene Bühne gelangt. Die geschlossenen Endbühnen haben seitliche Eingangstüren und für den Übergang von einem Wagen zum andern Stirnwandtüren und Brücken. Bei den Wagen mit offenen Endbühnen (Stirnplattformen) befinden sich die Eingangstüren an den Kastenstirnwänden. Auch diese Wagen haben Übergangsbrücken.
Die Abteilwagen sowohl als die Durchgangswagen haben Vorteile und Nachteile.
Vorteile der Abteilwagen.
Die Wagen lassen sich rasch füllen und, was besonders in Gefahrfällen von Bedeutung ist, auch rasch entleeren.
Sie gestatten eine vollständige und bequeme Trennung der Reisenden nach kleineren Gruppen und nach den Reisezielen.
Ihre Sitzplätze sind breiter als die der Durchgangswagen.
Nachteile der Abteilwagen.
Der Wagenkasten ist wegen der vielen Türöffnungen wenig widerstandsfähig und teuer in der Unterhaltung.
Die Einsteigtritte sind infolge der beschränkten Breitenverhältnisse steil und unbequem.
In der ungünstigen Jahreszeit werden die Reisenden beim Öffnen der Türen durch Kälte, Zugluft u.s.w. belästigt.[22]
Die Reisenden können während der Fahrt nicht unmittelbar mit den Zugbeamten verkehren und müssen bei voller Besetzung dauernd auf ihren Plätzen verweilen, was für sie besonders an heißen Tagen außerordentlich lästig ist.
Bei vollständig gegeneinander abgeschlossenen Abteilen ist die Sicherheit gegen Beraubung der Reisenden nicht in dem Maß gewährleistet wie bei Durchgangswagen oder bei Abteilwagen mit innerer Verbindung.
Vorteile der Durchgangswagen.
Die Durchgangswagen haben bequeme Einsteigtritte.
Ihre Seitenwände sind durch Türöffnungen nicht verschwächt. Die Wagen bieten deshalb bei Unfällen den Reisenden eine weit größere Sicherheit als Abteilwagen.
Die Heizung wird durch den Wegfall der vielen Eingangstüren wesentlich erleichtert.
Die Abort- und Waschräume können im allgemeinen zweckmäßiger untergebracht werden als bei Abteilwagen.
Die Zugbeamten können den Zug während der Fahrt ständig überwachen.
Die Reisenden sind beim Zu- und Abgang anderer Fahrgäste den Unbilden der Witterung nicht ausgesetzt; sie können während der Fahrt ihre Plätze verlassen, etwas Bewegung machen und mit den Insassen anderer Abteile oder Wagen sowie auch mit den Zugbeamten verkehren.
Nachteile der Durchgangswagen.
Die freie Bewegung und auch das Herumstehen der Reisenden in den Gängen der Wagen ist für die auf ihren Plätzen verbleibenden Fahrgäste oft recht lästig und störend.
Die geringe Anzahl der Türen hindert die rasche Entleerung der Wagen, was bei Unfällen sehr mißlich werden kann. Die deutschen Bundesregierungen haben in Erwägung dieses Umstandes bei einer vom 14. bis 16. Februar 1901 in Berlin abgehaltenen Beratung von Maßnahmen zur Erhöhung der Betriebssicherheit sich auch eingehend mit der Frage beschäftigt, durch welche bauliche Vorkehrungen eine rasche Entleerung der nur an den Enden mit Türen versehenen deutschen D-Zugwagen erreicht werden könne.
Man ist dabei zu dem Beschluß gekommen die bewährte Bauart der Wagen beizubehalten, von dem Einbau von Nottüren oder regelmäßig zu benutzender Seitentüren wegen der Verminderung der Festigkeit des Wagenkastens und der nötigen Einschränkung der Wagenbreite abzusehen, dagegen die Fenster als Notöffnungen auszubilden.
Die deutschen D-Zugwagen führen jetzt auch Leitern mit, durch die den Reisenden bei Unfällen das Verlassen der Wagen durch die Fenster erleichtert werden soll.
Für die Wahl der Wagenform waren in den verschiedenen Ländern das Klima, die Lebensgewohnheiten der Bevölkerung, die Stärke des Verkehrs und die Handhabung des Betriebs maßgebend.
In Nordamerika werden ausschließlich Durchgangswagen mit Drehgestellen, Mittelgang oder zuweilen auch mit Seitengang verwendet, in England vorzugsweise Abteilwagen, in Österreich, Ungarn, Rußland, Schweden, Bulgarien, Serbien und der Schweiz überwiegend Durchgangswagen und in den übrigen Ländern sowohl Abteil- als Durchgangswagen.
Auf Nebenbahnen sind fast nur Durchgangswagen zu finden.
Zur Bedienung des Vorortverkehrs großer Städte werden vielfach Abteilwagen, aber auch Durchgangswagen mit Endbühnen oder mit Eingangstüren in den Seitenwänden benutzt.
P. I., II., III. und IV. Klasse.
Die einzelnen Wagenklassen unterscheiden sich durch die mehr oder minder bequeme sowie bessere oder einfachere Innenausstattung der Abteile.
Die beiden oberen Klassen haben Polstersitze, die beiden unteren Holzsitze; in der IV. Klasse ist die Zahl der Sitze beschränkt, dafür sind aber Räume vorhanden, in denen die Reisenden stehen und größere Gepäckstücke einbringen können.
In England hat man fast durchwegs nur 2 Wagenklassen, die erste und die dritte. Letztere hat leicht gepolsterte Sitze. Auch auf einzelnen französischen Bahnen findet man in der III. Klasse eine ähnliche Ausstattung.
Auf den Bahnen der Vereinigten Staaten von Amerika gibt es für den gewöhnlichen Verkehr in der Regel nur P. I. Klasse. Diese haben meist eine einzige große Abteilung, manchmal auch 2 Abteilungen, einen Mittelgang und einige kleine Nebenräume für Abort- und Wascheinrichtungen. Die Polstersitze der Wagen sind mit umlegbaren Rücklehnen ausgestattet, damit die Reisenden stets in der Fahrrichtung sitzen können. Für Auswandererzüge, Vergnügungszüge u.s.w. werden auch P. II. Klasse mit einfacherer Ausstattung verwendet. In allen Schnellzügen und in vielen Personenzügen werden für anspruchsvollere Reisende Luxuswagen mitgeführt. Diese sind entweder nur für den Tagesverkehr mit bequemen Lehnstühlen oder Drehsesseln oder für den Tag- und Nachtverkehr mit festen Sitzbänken und Schlafeinrichtungen ausgestattet. Die Luxuswagen werden von der bekannten Pullman-Gesellschaft, vielfach aber von den Bahnverwaltungen selbst beigestellt.
P. für Hauptbahnen und für Nebenbahnen.
An Hauptbahnpersonenwagen werden, sofern sie nicht ausschließlich dem lokalen Verkehr dienen, in bezug auf Festigkeit, ruhigen Gang, Ausstattung und Bequemlichkeiten aller Art weit höhere Anforderungen gestellt als an P. für Nebenbahnen (Vizinalbahnen, Lokalbahnen, Kleinbahnen).
Die Nebenbahnwagen werden möglichst leicht ausgeführt, weil Bahnkörper und Gleise[23] der Nebenbahnen die auf Hauptlinien üblichen großen Achsdrücke und Geschwindigkeiten nicht zulassen. Bei den geringen Zuggeschwindigkeiten auf Nebenbahnen sind für die ständig dort verkehrenden P. weder starke Abmessungen zur Erhöhung der Sicherheit noch kostspielige Bauarten zur Erzielung eines ruhigen Laufes nötig. Ebenso können wegen der meist kurzen Reisedauer in diesen Wagen größere Bequemlichkeiten entbehrt werden.
Immerhin ist man jetzt aber dazu übergegangen den Nebenbahnwagen, die früher überaus einfach und meist recht unschön waren, gefälligere Formen und vor allem auch größere Fenster zu geben, sie, wenn auch mit einfachen Mitteln freundlicher auszustatten, besser zu beleuchten und mit Aborten zu versehen.
Da auf Nebenbahnen der Post- und Gepäckverkehr häufig so geringfügig ist, daß es sich nicht verlohnen würde, hierfür eigene Wagen mitzuführen, so findet man nicht selten in die P. Räume für den Post- und den Gepäckdienst eingebaut.
Nachstehend sind eine Anzahl neuerer Wagengrundformen dargestellt; in der Übersicht auf S. 61 u. 62 sind deren Hauptverhältnisse angegeben.
B. P. für Hauptbahnen.
1. Abteilwagen.
Abb. 22 zeigt einen 2achsigen Abteilwagen III. Klasse der Paris-Orléans-Bahn.
Dieser P. hat 9 Abteile zu je 10 Sitzplätzen, zusammen 90 Sitzplätze. Bei einem Leergewicht des Wagens von 13.150 kg entfallen auf den Sitzplatz nur 146 kg. Der Wagen ist somit in wirtschaftlicher Hinsicht sehr vorteilhaft. Bemerkenswert ist der von der üblichen Form abweichende trapezförmige Querschnitt des Wagenkastens.
Abb. 23. Zweiachsiger Abteilwagen I. Klasse der französischen Südbahn3.
Der Wagen faßt 38 Reisende in 6 Abteilen. Letztere sind unter sich und mit dem in der Wagenmitte befindlichen Abort durch einen Seitengang verbunden. Beachtenswert ist der große Radstand von 9 m.
Taf. I, Abb. 1. Dreiachsiger Abteilwagen III. Klasse der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen für den Berliner Vorort- und Stadtbahnverkehr.
Der Wagenkasten ist nach preußischen Regelformen mit Lichtaufsatz auf dem Dach ausgeführt. Er enthält 6 durch einen Seitengang verbundene Abteile mit zusammen 50 Sitzplätzen. Der Gang hat hier vornehmlich den Zweck den Reisenden während der Fahrt das Aufsuchen von Plätzen zu ermöglichen, da hierzu bei stärkerer Besetzung der Wagen während der sehr kurzen Aufenthalte in den Stationen meist nicht genügend Zeit vorhanden ist. Damit das Ein- und Aussteigen erleichtert wird, ist der Raum zwischen den Sitzen sehr breit. Die Eingangstüren können auch von innen mittels Drücker geöffnet werden.
Zur tunlichsten Beschränkung der Zuglänge haben die Wagen auf der einen Stirnseite Kurzkupplung.
Die Wagen sind mit vereinigter Niederdruck- und Hochdruckdampfheizung, Gasglühlicht, Luftdruckbremse und Spindelbremse ausgerüstet. Die Bremsen wirken nur auf die beiden Endachsen.
Abb. 24. Dreiachsiger Abteilwagen III. Klasse der belgischen Staatseisenbahnen.
Der Wagen besitzt 8 Abteile, 1 Seitengang, 1 Abort, 1 offene Stirnplattform und an beiden Stirnen Übergangsbrücken. Die Übergänge sind nur für die Zugbeamten bestimmt. Eine Drehtür führt vom Gang zur Plattform und eine zweite Drehtür[24] im Gang trennt die 5 zusammenhängenden Raucherabteile von den beiden Nichtraucherabteilen und dem Frauenabteil, das seinerseits gegen den Gang noch durch eine Schiebetür abgeschlossen ist. Die Abteile werden mit Dampf geheizt und mit elektrischen Glühlampen beleuchtet.
Taf. I, Abb. 2. Dreiachsiger Abteilwagen IV. Klasse der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen.
Der Wagen enthält 3 Abteile mit 26 Sitzplätzen und 34 Stehplätzen sowie 2 Aborte. Er ist mit Niederdruckdampfheizung, Gasglühlichtlaternen, Westinghouse-Bremse und Spindelbremse, die beide aber nur auf die Endachsen wirken, ausgestattet. An den Seitenwänden des Oberlichtaufbaues sind Lüftungsschieber angebracht. Vor jedem sitzt außen ein Luftsauger, der auf einem mit Reinigungsklappen versehenen Saugkasten befestigt ist.
Abb. 25. Dreiachsiger Abteilwagen I./II. Klasse der italienischen Staatseisenbahnen.
Bei diesem Wagen, der mit Spindelbremse und Westinghouse-Bremse ausgerüstet ist, wird auch die Mittelachse gebremst. Der Wagen bietet in 2 Abteilen I. Klasse und in 3 Abteilen II. Klasse Platz für 13 + 25 = 38 Fahrgäste. An das Endabteil II. Klasse ist ein Dienstabteil angebaut. Die Aborte liegen zwischen den beiden Klassen und stehen durch Gänge in Verbindung mit den Abteilen. Die Mittelabteile sind mit Schiebetüren, die Endabteile mit Drehtüren gegen die Gänge abgeschlossen. Das Wagendach [26] ist gewölbt, die Innendecken der Abteile und der Gänge sind symmetrisch ausgebildet.
Der Wagen hat Dampfheizung und elektrisches Licht. Torpedosauger auf dem Dach bewirken die Entlüftung der Abteile.
Taf. II, Abb. 1. Dreiachsiger Abteilwagen II./III. Klasse mit 20 Sitzplätzen in 3 Abteilen II. Klasse und 22 Sitzplätzen in 3 Abteilen III. Klasse, badische Staatseisenbahnen.
Die 2 Aborte sind nicht wie bei dem vorigen Wagen zusammengebaut, sondern getrennt angeordnet. Der Abort der II. Klasse hat einen kleinen Vorraum. In beiden Aborten befinden sich Wascheinrichtungen, im Abort der II. Klasse ein Waschtisch, in dem der III. Klasse ein Klappwaschbecken. Der Vorraum des Aborts der II. Klasse und der Abort der III. Klasse sind durch Türen in der Kastenlängswand von außen zugänglich, damit bei Aufenthalten in Stationen das Reinigungspersonal in die Aborte gelangen kann ohne die Abteile betreten und dadurch die Reisenden belästigen zu müssen.
Der Wagen hat Spindelbremse und Luftdruckbremse, die alle Räder bremsen können, Dampfheizeinrichtung und Gasglühlichtlaternen. Für die Entlüftung sind in den Abteilen über den Eingangstüren Lüftungsschieber vorgesehen. Die Endachsen sind als Lenkachsen ausgebildet. Die Mittelachse ist in einem am Untergestell geführten Schiebegestell gelagert und läßt sich mit diesem in der Querrichtung des Wagens nach jeder Seite um 60 mm verschieben. Die Rückstellung in die Mittellage wird durch Pendelstützen, die zwischen Schiebegestell und Wagenuntergestell angeordnet sind, und durch Rückziehfedern bewirkt.
Taf. III, Abb. 1. Vierachsiger Abteilwagen I./II./III. Klasse der englischen Cambrian-Eisenbahn.
Der Wagen hat 6 Abteile, 2 Abort- und Waschräume, 1 Seitengang und 1 Gepäckabteil. Die Abteile sind durch eine Wand und Drehtüren vom Gang getrennt. Die Außenwand des Ganges hat nur 3 Eingangstüren, eine für jede Wagenklasse. Die Wagenstirnen sind mit Türen und Übergangseinrichtungen versehen. Das Gepäckabteil, zugleich Schaffnerraum, hat beiderseits zwischen den Seitentüren und der Kastenstirnwand kleine Nischen für den Ausguck.
Der Wagen besitzt Spindelbremse, selbsttätige Luftsaugebremse, Dampfheizeinrichtung und Gaslampen.
Taf. I, Abb. 3. Vierachsiger Abteilwagen III. Klasse der bayerischen Staatseisenbahnen.
Der Wagen kann in 10 Abteilen, die gruppenweise unter sich und mit den Aborten durch Seitengänge verbunden sind, 84 Reisende aufnehmen. Die Abteile haben in der Mitte eine lichte Höhe von 2500 mm. Gegen die Gänge sind sie offen. Sie werden mit Dampf geheizt, mit Gasglühlicht beleuchtet und durch Grove-Sauger, die auf dem Dach angebracht sind, entlüftet.
Die 4 Aborte haben Wasserspülung, an der Rückwand 1 Kippwaschbecken und über diesem 2 kleine Schränke für die Wasserkannen.
Um an Gewicht zu sparen, hat man, wie bei allen neuen Abteilwagen der bayerischen Staatseisenbahnen, von dem Anbau eines Bremshauses abgesehen und den Antrieb für die Spindelbremse in das Wageninnere verlegt. Die Bremsspindel ist im Untergestell in der Längsachse gelagert und wird durch eine Kette bewegt, die in der Kastenwand des Seitengangs der großen Abteilung untergebracht ist. Das Handrad des Bremsantriebs ist mit umlegbaren Griffen versehen und wird zur Verhütung unbefugten Drehens mit einem Bügel an die Wand angeschlossen (Einzelheiten dieser Bremsanordnung s. Untergestelle).
Erwähnenswert ist auch der große Radstand der Drehgestelle von 3∙5 m. Nach den Erfahrungen der bayerischen Verkehrsverwaltung hat die Vergrößerung des Radstandes 2achsiger Drehgestelle von ursprünglich 2∙5 m auf 3∙5 m auf den Gang der Wagen einen sehr günstigen Einfluß gehabt.
Taf. II, Abb. 2. Vierachsiger Abteilwagen I./II. Klasse der niederländischen Staatseisenbahnen.
Der Wagen bietet in 3 Abteilen I. Klasse Plätze für 15 Reisende und in 4 Abteilen II. Klasse Plätze für 27 Reisende. Die zwischen den Abteilen eingebauten und mit Wascheinrichtung ausgestatteten 3 Aborte haben Vorräume, die auch von der Außenseite des Wagens zugänglich sind und mit den Abteilen durch Türen und Seitengänge in Verbindung stehen. Der Wagen hat Spindelbremse, Luftdruckbremse, Dampfheizung und Gasbeleuchtung.[27]
2. Durchgangswagen.
Taf. II, Abb. 3. Zweiachsiger Durchgangswagen III. Klasse der bayerischen Staatseisenbahnen.
Die Wagen dieser Bauart werden zur Bedienung des Lokalverkehrs auf Hauptbahnen verwendet. Sie haben ein hochgewölbtes Dach, 2 Endplattformen mit Vordach, Übergangseinrichtungen und Dixschen Klappgittern für den seitlichen Abschluß, im Innern eine große Abteilung mit Mittelgang und 56 Sitzplätzen sowie 1 Abort mit Klappwaschbecken über dem Leibstuhl. Auf jeder Plattform können 10 Fahrgäste stehen. Die Eingangstüren in den Kastenstirnwänden sind als Schiebetüren ausgebildet. Die sehr breiten Fenster der Kastenlängswände sind herablaßbar und mit Gewichtsausgleich versehen.
Die Wagen besitzen Spindelbremse, Westinghouse-Schnellbremse, Dampfheizeinrichtung, Gasglühlichtlaternen und für die Entlüftung Grove-Sauger auf dem Dach.
Das Eigengewicht der Wagen beträgt 14∙3 t.
Abb. 26. Zweiachsiger Durchgangswagen III. Klasse der ungarischen Staatseisenbahnen.
Der Wagen hat an beiden Enden geschlossene Vorbaue. In dem größeren Vorbau ist der Abort untergebracht. Der Innenraum des Kastens ist durch eine mit Pendeltür versehene Querwand in 2 Abteilungen getrennt. Die große Abteilung hat 40 Sitzplätze, die kleine 15. Ein Mittelgang stellt die Verbindung im Wagen her.
Taf. IV, Abb. 1. Zweiachsiger Durchgangswagen II./III. Klasse der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen.
Bei diesem Fahrzeug ist der Abort in die Wagenmitte verlegt und sowohl von der II. als von der III. Klasse aus zugänglich. Die beiden Wagenabteilungen haben einen Mittelgang und sind durch eine Wand mit Schiebetür getrennt. Die Abteilung II. Klasse hat 13 Sitzplätze, die Abteilung III. Klasse 26 Sitzplätze. Der Eingang in das Wageninnere erfolgt über offene Plattformen und durch Drehtüren, die nach außen aufschlagen. Die Plattformen haben Vordach, Übergangseinrichtungen und an der Seite Drehtürchen. Bemerkenswert ist die große Breite der Seitenfenster, der Wagen wird deshalb auch als Aussichtswagen bezeichnet.
Taf. II, Abb. 4. Zweiachsiger Durchgangs wagen III. Klasse der schwedischen Staatseisenbahnen.
Der Wagen verkehrt in Güterzügen und ist deshalb mit Kohlenöfen ausgerüstet. Er hat 2 offene Endplattformen mit Vordach und Übergangsbrücken, im Innern einen durch. Wände und Türen abgeschlossenen Vorraum mit Abort, dann 2 Abteilungen III. Klasse mit je 1 Ofen, 1 Dienst- und Gepäckabteil mit Ofen. Der Wagenkasten ist außen mit Holz verkleidet.
Taf. IV, Abb. 2. Zweiachsiger Durchgangswagen I. Klasse für den inneren Schnellzugverkehr, französische Ostbahn.
Der Wagen ist doppelt abgefedert. Der Kasten ruht auf 8 an den Hauptträgern des Untergestells federnd aufgehängten Tragfedern von 1∙12 m Länge und 75 × 6 mm Blattquerschnitt und das Untergestell stützt sich auf 4 mit den Achsbüchsen verbundene Tragfedern von 2∙5 m Länge und 120 × 15 mm Blattquerschnitt. (Einzelheiten dieser Federanordnung s. Untergestelle.)[28]
Der Wagen hat 2 geschlossene Vorbaue mit Stirnwandübergängen und Faltenbälgen, 1 Seitengang, 2 Schlafabteile mit je 3 Sitzplätzen und 1 Abort, 1 gewöhnliches Abteil I. Klasse mit 6 Sitzplätzen und anschließend hieran noch 1 Abort. In jedem Schlafabteil lassen sich durch Umlegen der an der Rückwand befindlichen Klappen 3 Schlaflager herstellen. Damit diese möglichst breit gemacht werden konnten, ist der Gang neben den Schlafabteilen um 8 cm verschmälert worden. Die Abteile sind durch Drehtüren zugänglich. Diese schließen zwar dichter als Schiebetüren und klappern auch nicht während der Fahrt, beengen aber im geöffneten Zustand den Durchgang. Die seitlichen Eingangstüren der Vorräume schlagen, wie bei allen französischen Wagen mit Seitengang, nach innen auf. Durch diese Anordnung soll vermieden werden, daß Reisende, die sich gegen die Tür lehnen und deren Schloß unbeabsichtigt öffnen, aus dem Wagen fallen. Für die rasche Entleerung des Wagens, insbesondere bei Unfällen, ist die deutsche Anordnung, bei der die Türen nach außen aufgehen, vorteilhafter.
Taf. II, Abb. 5. Zweiachsiger Durchgangswagen I./II. Klasse für den inneren Schnellzugverkehr der österreichischen Staatsbahnen.
Auch dieser Wagen hat doppelte Abfederung, jedoch in anderer Anordnung als der vorstehend beschriebene Wagen. Das Untergestell ist hier mit dem Kasten fest verbunden. Die beiden Tragfedern jeder Achse hängen an einem Rahmen, in dem 4 gefederte Stützen untergebracht sind. Auf den kugelförmigen Köpfen dieser Stützen ruht der Kasten mittels Pfannen, deren Deckplatten das Abheben desselben von den Stützen verhindern (s. auch unter Untergestelle). Der Radstand des Wagens ist für ein 2achsiges Fahrzeug ungewöhnlich groß, er beträgt 9∙4 m.
Der Wagen hat in 1/2 Abteilen I. Klasse 9 Sitzplätze und in 4 Abteilen II. Klasse 32 Sitzplätze. Die Abteile I. Klasse haben Drehtüren, die der II. Klasse Schiebetüren. Der Seitengang ist zwischen den beiden Klassen durch eine Pendeltür unterteilt; neben der I. Klasse ist er um 100 mm verbreitert worden. An dem einen Wagenende sind 1 Waschraum mit Pißbecken und 1 Abort mit Wascheinrichtung angeordnet. Die geschlossenen Vorbauten sind nicht symmetrisch ausgeführt. Ihre Türwand auf der Gangseite verläuft in der Richtung gegen die Wagenmitte schräg nach außen, damit die Enden des Ganges keine Einschnürung erleiden.
Der Wagen hat Spindelbremse, selbsttätige Luftsaugeschnellbremse, Gasglühlichtlaternen und Dampfheizeinrichtung.
Taf. IV, Abb. 3. Dreiachsiger Durchgangswagen II./III. Klasse der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen.
Der nach preußischen Regelformen ausgeführte Wagenkasten hat neben den Abteilen II. Klasse einen Seitengang und in den Abteilen III. Klasse einen Mittelgang. Er nimmt 42 Reisende auf, 16 in der II. Klasse und 26 in der III. Klasse. Die Aborte sind an den Wagenenden untergebracht, der der II. Klasse in einem besonderen Vorraum, der der III. Klasse in dem großen Abteil III. Klasse. Die Stirnplattform mit der Bremsspindel ist offen, die entgegengesetzte ist geschlossen. Beide Plattformen haben Übergangsbrücken. Der Wagen besitzt die bei preußischen Personenfahrzeugen üblichen Einrichtungen.
Abb. 27. Dreiachsiger P. I./II. Klasse (Aussichtswagen) der Mittenwaldbahn (betrieben von den k. k. österreichischen Staatsbahnen).
Da die Bahn durch Gebirgsgegenden von ganz hervorragender Schönheit führt, hat man für sie Aussichtswagen gebaut um den Reisenden während der Fahrt den vollen Genuß der prächtigen Landschaftsbilder zu ermöglichen.
An dem einen Wagenende ist für die I. Klasse ein Saal vorgesehen, der nicht nur große Fenster in den Seitenwänden, sondern auch Fenster in der Kastenstirnwand hat; außerdem sind für die Insassen der I. Klasse auf der anstoßenden offenen Plattform Klappsitze angebracht. Neben dem Saal sind 1 Waschraum und 1 Abort eingebaut, dann folgen 3 Abteile II. Klasse mit großen, einen weiten Ausblick gewährenden Seitenfenstern.
Der Wagen faßt 34 Reisende, 10 in der I. Klasse und 24 in der II. Klasse. Er hat Gasglühlichtlaternen, elektrische Heizeinrichtung, Spindelbremse und Westinghouse-Schnellbremse.
Taf. II, Abb. 6. Vierachsiger Durchgangswagen II. Klasse der russischen Wladikawkas-Eisenbahn.
Der Wagen hat gewölbtes Dach. Seine Fenster sind, entsprechend dem Klima des Landes, das möglichst geringe Abkühlungsflächen erfordert, sehr klein. Die lichte Höhe der Abteile beträgt in der Wagenmitte etwa 3 m, ist sonach ungewöhnlich groß. Ein Mittelgang verbindet die 3 großen Wagenabteilungen untereinander sowie mit den an den beiden Wagenenden gelegenen Vorräumen und den geschlossenen Endbühnen. Die Vorräume enthalten die Aborte und Waschzimmer; im rechten Vorraum ist ein Ofen mit Warmwasserbehälter für die Heizung aufgestellt. Der Wagen hat 46 Sitzplätze bei Tag und 46 Schlaflager bei Nacht. Jede von den längeren Sitzbänken bildet ein Schlaflager, ebenso jede zu diesen Bänken gehörige Rücklehne, die zu dem Zweck aufgeschlagen wird; außerdem werden immer je 2 gegenüberliegende kurze Sitze zu einem Schlaflager vereinigt.
In der Mittelabteilung ist ein kleiner, durch eine Drehtür zugänglicher Raum mit 4 Sitzplätzen und in der rechts gelegenen Endabteilung sind 2 durch Drehtüren verschlossene Räume mit je 2 Sitzplätzen eingebaut.
Taf. II, Abb. 7. Vierachsiger Durchgangswagen II. Klasse der dänischen Staatseisenbahnen4.
Der nach amerikanischen Mustern ausgeführte Wagen besitzt einen Oberlichtaufbau mit Fenstern und Lüftungsschiebern in den Längswänden, 2 geschlossene Endbühnen mit Übergangsbrücken und Faltenbälgen und 2 von den Endbühnen durch Drehtüren zugängliche Personenabteilungen mit breitem Mittelgang und 68 Sitzplätzen. Die Sitzplätze sind gepolstert und mit amerikanischen Wendelehnen ausgestattet, die nach vorn oder hinten umgelegt werden können. Die Personenabteilungen sind durch eine Wand und eine Schiebetür voneinander getrennt. Am Ende der großen Abteilung ist ein Abort eingebaut, der aber nur von dem anstoßenden Vorplatz aus betreten werden kann.
Der Wagen ist mit elektrischer Beleuchtung, Dampfheizeinrichtung, Handbremse und selbsttätiger Luftsaugebremse ausgerüstet. Sein Leergewicht beträgt 28∙4 t, auf den Sitzplatz entfällt eine tote Last von nur 418 kg. Der Wagen ist somit sehr wirtschaftlich.
[29] Taf. III, Abb. 2. Vierachsiger Durchgangswagen I. Klasse mit 36 Sitzplätzen, vormalige Gotthardbahn5.
Bemerkenswert sind die an beiden Wagenenden befindlichen, als Aussichtsräume ausgebildeten, 1145 mm breiten Seitengänge. Sie haben in der Mitte ein 1500 mm breites Fenster, das ebenso wie die links und rechts davon befindlichen schmäleren Fenster herabgelassen werden kann. Die Seitengänge stehen durch Drehtüren mit dem Mittelgang der beiden inneren großen Abteilungen in Verbindung. Die Seitenwandfenster zwischen den Sitzen sind 3teilig, die 2 Seitenteile sind fest, der Mittelteil ist herablaßbar. Alle beweglichen Fenster des Wagens haben Gewichtsausgleich. Am linken Wagenende ist ein Abort eingebaut. Die Endbühnen sind geschlossen und mit Stirnwandübergängen und Faltenbälgen versehen. Auf dem gewölbten Wagendach sitzen Torpedosauger, die die Innenräume entlüften. Der Wagen hat elektrische Beleuchtung, Dampfheizung, Handbremse, die selbsttätige und die nicht selbsttätige Westinghouse-Bremse und Notbremseinrichtung. Die beiden Drehgestelle werden unabhängig voneinander gebremst. Die Bremsvorrichtungen sind daher doppelt vorhanden.
Zu erwähnen wäre noch, daß an den Außenseiten der Kastenlängswände unterhalb der Fenster 3 mm starke Tragbleche aus Martinstahl zur Verstärkung des Kastens aufgeschraubt sind.
Taf. III, Abb. 3. Vierachsiger Durchgangswagen III. Klasse mit 80 Sitzplätzen in 10 Abteilen und mit 2 Aborten, Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn6.
Der Wagen ist in mehrfacher Beziehung sehr bemerkenswert. Er zählt zu den längsten Fahrzeugen, die auf europäischen Bahnen verkehren. Zwischen den Stoßflächen der Puffer mißt er 22∙45 m; der Kasten ist 21∙19 m lang, der Abstand der Drehzapfenmitten beträgt 14∙98 m. Der mit gewölbtem Dach versehene Kasten ist wie bei Abteilwagen unten eingezogen. Der Gang ist -förmig ausgebildet; die beiden an entgegengesetzten Wagenseiten verlaufenden Teile des Ganges sind in der Wagenmitte durch einen Quergang (Mittelbühne) verbunden. Die Seitengänge haben 1∙7 m breite, feste und dazwischen schmale, bewegliche Fenster. An der Mittelbühne sind auf beiden Kastenlangseiten nach außen aufschlagende Türen angebracht. Die darunter befindlichen Einsteigtritte sind mit den Türen zwangläufig verkuppelt und werden beim Öffnen selbsttätig heruntergeklappt, beim Schließen wieder gehoben. Das Leergewicht des Wagens beträgt 35∙07 t, für 1 Sitzplatz 438 kg. Der Wagen ist mit Dampfheizung, Gasglühlicht, der selbsttätigen und der nicht selbsttätigen Westinghouse-Bremse sowie mit Übergangsbrücken und Faltenbälgen an den Stirnen der geschlossenen Endbühnen ausgerüstet.
Taf. IV, Abb. 4. Vierachsiger Durchgangswagen I./II. Klasse der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen.
Die Drehgestelle des Wagens sind nach amerikanischer Bauart ausgeführt. Der Kasten hat den bei preußischen Wagen üblichen Oberlichtaufbau, 2 geschlossene Endbühnen mit Übergangseinrichtungen, einen Seitengang, der durch eine Pendeltür geteilt ist, 2 Abteile I. Klasse mit je 4 Sitzplätzen, 5 Abteile II. Klasse mit je 6 Sitzplätzen, an beiden Enden je einen vereinigten Abort- und Waschranm und am rechten Ende auch noch einen besonderen Pißraum. Die Abteile sind durch eine Wand und Schiebetüren vom Gang getrennt. Die Schiebetüren werden in den beiden Endstellungen durch ein Doppelschloß festgehalten. Die großen Fenster in den äußeren Seitenwänden des Kastens und die Fenster der Eingangstüren sind beweglich und können vollständig herabgelassen werden. Sie haben Metallrahmen, Gewichtsausgleich, Druckrahmen und oben Lüftungsklappen. Vor den Abteil-, Gang- und Vorplatzfenstern sind Roll- oder Schiebevorhänge angebracht. In jedem Abteil sind zu beiden Seiten an den Längswänden des Oberlichtaufbaues Lüftungsschieber angeordnet, die durch einen Saugkasten mit einem Sauger in Verbindung stehen. Über den Sitzen befinden sich, wie bei allen deutschen D-Zugwagen Schilder mit der Platznummer und an der Außenseite der Schiebetüren Schilderkasten mit den Platznummern der Abteile. Die Nummern der Schilderkasten können so eingestellt werden, daß zu ersehen ist, welche Plätze belegt sind.
In jedem der beiden für Wasserspülung eingerichteten Aborte befinden sich ein freistehender Waschtisch aus Steingut mit Klappbecken aus Nickelblech und verschiedenes Zubehör. Der leichten Reinigung wegen sind die Böden der Aborte mit Steinfliesen, die Wände bis zur Höhe der Fensterbrüstung mit emaillierten Eisenkacheln und im oberen Teil mit weiß gestrichenem Linoleum bedeckt. Im Dachaufsatz über jedem Abortraum ist ein Wasserbehälter untergebracht, der sowohl oben vom Dach aus als auch durch 2 Leitungen von unten her gefüllt werden kann. Jede der Leitungen dient für die andere als Überlaufrohr.
Im Seitengang sind eine Gasfeuerspritze und in einem Wandschrank mit Glasdeckel ein Beil und eine Fuchsschwanzsäge zur Benutzung bei Unfällen untergebracht. Leitern, die am Untergestell aufgehängt sind, Fußtritte an den Langträgern und Handgriffe unter den beweglichen Fenstern erleichtern in Notfällen das Verlassen des Wagens durch die Fensteröffnungen.
Der Wagen ist mit Spindelbremse und Luftdruckbremse, vereinigter Hoch- und Niederdruck-Dampfheizung und Gasglühlichtlaternen ausgestattet.
Taf. II, Abb. 8. Vierachsiger Durchgangswagen II./III. Klasse der bayerischen Staatseisenbahnen.
Bei diesem Wagen sind nur die Endabteile durch Wände und Türen gegen den Gang abgeschlossen; die Mittelabteilungen sind auf der Gangseite offen, aber durch Pendeltüren voneinander und von den äußeren Gangteilen geschieden. Die 3 Abteile II. Klasse können 18 und die Abteile III. Klasse 40 Reisende aufnehmen. Am linken Wagenende befindet sich ein vereinigter Abort- und Waschraum, am rechten dagegen sind die Abort- und Wascheinrichtungen in getrennten Räumen untergebracht. Die letztere Anordnung verdient, sofern genügend Platz zur Verfügung steht, den Vorzug, weil der Raum, in dem beide Einrichtungen vereinigt sind, bei Benutzung der Waschgelegenheit von einzelnen Reisenden oft ungebührlich lange belegt wird, was besonders in den Morgenstunden zu Unzuträglichkeiten führen kann. Die Einrichtung und die innere Ausstattung der Abort- und Waschräume sind, wie bei den D-Zugwagen aller deutschen Eisenbahnverwaltungen nach dem vorstehend beschriebenen preußischen Muster ausgeführt.[30]
Die Fenster in den Kastenlängswänden sind rahmenlos, vollständig herablaßbar und haben Gewichtsausgleich. Der Abstand der Unterkante der Fensteröffnungen vom Wagenboden ist so klein als möglich angenommen worden, damit die Reisenden auch beim Sitzen die nächstliegenden Teile der Bahn überblicken und bei Unfällen erforderlichenfalls den Wagen bequem durch die Fensteröffnungen verlassen können. Für letzteren Zweck sind überdies Leitern, Fußtritte unter dem Kasten und Anhaltgriffe im Wageninnern vorhanden.
3. Saalwagen, Schlafwagen, Speisewagen.
Taf. III, Abb. 4. Vierachsiger Saalwagen für die Luxuszüge der sibirischen Eisenbahn7.
Diese von der Internationalen Schlafwagengesellschaft gestellten Züge brauchen zum Durchfahren der etwa 6000 km langen Strecke von Moskau nach Irkutsk 8 Tage. Um den Reisenden diese lange Fahrt so erträglich als möglich zu machen, hat man die Wagen mit großer Pracht und ganz besonderen Bequemlichkeiten, sportlichen und gesundheitlichen Einrichtungen, einer Bücherei und anderen Unterhaltungsmitteln ausgestattet.
Der dargestellte Wagen hat einen Aussichtsraum, einen großen Gesellschaftsraum mit Klavier, ferner, an einem Seitengang liegend, 1 Turnraum, 1 Barbierstube, 1 Bade- und Massageraum mit Leibstuhl sowie 1 Zugführerabteil mit Apotheke. In 2 kleinen, von den Endbühnen zugänglichen Räumen sind der Badeofen und der Kessel für die Warmwasserheizung des Wagens aufgestellt. Sämtliche Räume werden elektrisch beleuchtet.
Taf. II, Abb. 9. Sechsachsiger Saalwagen der bayerischen Staatseisenbahnen.
Der einfach aber vornehm ausgestattete Wagen hat in der Mitte einen großen Saal, links davon einen kleineren, der gegen den Gang durch einen schweren Schiebevorhang abgeschlossen werden kann, dann 2 durch eine Schiebetür verbundene Halbabteile, ferner einen Abort- und Waschraum und anstoßend hieran einen Wäscheschrank und eine Eiskammer zur Luftkühlung. Rechts vom großen Saal befindet sich ein Vollabteil und daneben ein Dienerabteil mit Anricht- und Spültisch, Eisschrank, Gaskochherd, Geschirr- und Vorratsschrank; hierauf folgen noch 2 Räume, in dem inneren ist der Kessel für die Warmwasserheizung des Wagens und im äußeren ein Abort mit Wascheinrichtung untergebracht.
In dem kleinen Saal und in jedem der beiden Halbabteile ist ein Schrank mit Wascheinrichtung eingebaut. Die Sofas in den Sälen können ebenso wie die Sitze und Rücklehnen der Abteile zu bequemen Schlaflagern umgewandelt werden.
An heißen Tagen wird den Sälen und Halbabteilen gekühlte Frischluft mittels eines elektrisch angetriebenen Flügelrades zugeführt, das die Luft durch die Eiskammer aufsaugt und durch Röhren, die in einem auf dem Dach angeordneten Holzkasten verlegt sind, in die genannten Räume hineinpreßt.
Die Breiten- und Höhenmaße des Wagens sind so gewählt, daß er auf alle regelspurigen Hauptbahnen des europäischen Festlandes übergehen kann. Er ist zu diesem Zweck auch mit allen gebräuchlichen Brems- und Signalvorrichtungen, Signalstützen, Faltenbalg- und Heizanschlüssen ausgerüstet.
Taf. III, Abb. 5. Sechsachsiger Aussichtswagen der Chicago-Milwaukee- und St. Paul-Eisenbahn.
Der Wagen hat einen über die ganze Kastenbreite sich erstreckenden großen Saal (Aussichtsraum) und in Verbindung damit eine Schreibstube, hierauf folgen neben einem Gang 1 Büfettraum, 1 Raucherraum, 1 Barbierstube, 1 Badezimmer mit Leibstuhl, 1 Abort mit Waschgelegenheit und gegenüber diesem ein kleiner Raum mit dem Kessel der Warmwasserheizung. Neben dem Saal befindet sich eine große, offene Aussichtsplattform.
Taf. III, Abb. 6. Vierachsiger Schlafwagen der Internationalen Schlafwagengesellschaft.
Der Wagen besitzt 8 Halbabteile und zwischen diesen Waschräume, deren beiderseitige Eingangstüren sich gleichzeitig von innen verriegeln lassen. In jedem Abteil können 2 Schlaflager, eines auf der Sitzbank und eines auf der hochgeklappten Rücklehne hergestellt werden. Die Abteile sind durch eine Wand und durch Drehtüren von dem Gang abgeschlossen. Am linken Wagenende ist ein Abort und am rechten[31] ein vereinigter Abort- und Waschraum angeordnet. Diesem gegenüber liegt der Raum für den Ofen der Warmwasserheizung. Im Seitengang sind 1 Schaffnersitz, 5 Klappsitze für die Reisenden und einige Schränke angebracht. Der Wagenkasten hat einen Oberlichtaufbau. Seine Längswände sind im unteren Teil als Gitterträger ausgeführt, weshalb die Seitenwandfenster nicht, wie sonst üblich, nach unten, sondern nach oben zu öffnen sind.
Abb. 28. Sechsachsiger Schlafwagen der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen.
Der Wagen wurde auf der internationalen Industrie- und Gewerbeausstellung Turin 1911 zum erstenmal vorgezeigt und hat dort wegen der neuen, sehr zweckmäßigen Gestaltung seiner Abteile allgemeine Anerkennung gefunden.[32]
Die Wascheinrichtungen (Eckwaschschränke mit herausklappbarer Schüssel) sind bei diesem Wagen in den Abteilen selbst untergebracht. Die Trennungswände der zusammengehörigen Halbabteile sind schräg angeordnet, wodurch ein entsprechend großer Raum vor der Wascheinrichtung gewonnen und deren Benutzung sowie auch das Aus- und Ankleiden, das bei der früheren geraden Anordnung der Wände recht unbequem war, sehr erleichtert wird.
Je 2 Halbabteile können durch Zurücklegen der in ihrer Trennungswand sitzenden doppelten Flügeltüren zu einem Raum vereinigt werden. Jedes der 10 Halbabteile hat 2 Lager, das eine auf der Sitzbank und darüber ein zweites auf der wagrecht herausgedrehten Rücklehne. Zur Erhöhung der Bequemlichkeit sind die Schlaflager gegen ältere Ausführungen verbreitert worden. Außerdem läßt sich das untere Lager um 100 mm von der Wand abrücken, so daß bei Nichtbenutzung des oberen Lagers die Rücklehne auch nicht aufgeklappt werden muß und der Raum über dem unteren Bett frei bleiben kann.
Für den Schlafwagenschaffner ist am rechten Wagenende ein Dienstraum vorgesehen, der u.a. auch eine elektrische Kocheinrichtung zur Bereitung warmer Getränke u.s.w. enthält.
Die beiden Aborte sind unmittelbar neben den Endbühnen angeordnet. In der Ecke neben dem rechtsgelegenen Abort ist der Kessel für die Warmwasserheizung aufgestellt. Der Wagen wird elektrisch beleuchtet.
Abb. 29. Vierachsiger Speisewagen der Internationalen Schlafwagengesellschaft.
Das Wageninnere enthält links an einem Seitengang die Küche und den Anrichtraum, dann schließt sich ein kleiner Raum für die Bedienungsmannschaft an, hierauf folgen 2 Speisesäle mit 22 und 18 Sitzplätzen, 1 Vorraum mit 1 Abort, 1 Schrank und 1 Raum für den Heizofen und anstoßend an den Vorraum die Endbühne.
Die Wagenräume werden mit Gasglühlichtlampen beleuchtet. Der Wagenkasten ist mit Teakholz verkleidet.
C. P. für Nebenbahnen.
Abb. 30. Zweiachsiger Durchgangswagen III. Klasse der bayerischen Staatseisenbahnen.
Die bildlichen Darstellungen zeigen die neuere Ausführungsform der auf den regelspurigen bayerischen Lokalbahnen verwendeten P. III. Klasse mit gewölbtem Dach, offenen Endbühnen und Übergangsbrücken, einem Mittelgang, einem kleineren Abteil für Frauen oder Nichtraucher, einer großen Abteilung für Raucher, einem Abort und einem Schubabteil. Die Wagen haben bei einem Eigengewicht von 13∙5 t 56 Sitzplätze im Innern und 20 Stehplätze auf den Endbühnen. Ihre Innenräume werden durch Petroleumlampen beleuchtet, mit Dampf geheizt und durch Grove-Sauger entlüftet. Die Achsen sind als freie Lenkachsen ausgebildet. Die Bremsausrüstung der Wagen besteht aus einer Handbremse und der Westinghouse-Schnellbremse mit Notbremseinrichtung in den Abteilen.
Bei einzelnen Wagen ist an Stelle des Schubabteils ein Dienstabteil für den Zugführer vorgesehen.
Taf. I, Abb. 4. Vierachsiger Durchgangswagen II./III. Klasse der niederösterreichischen Landesbahn St. Pölten-Mariazell.
Der Wagen ist für 760 mm Spurweite gebaut. Sein Eigengewicht beträgt 13∙5 t. Er hat 2 geschlossene Plattformen mit Stirnwandübergängen, 11/2 Abteile II. Klasse mit 9 Sitzplätzen, 1 große Abteilung III. Klasse mit 32 Sitzplätzen und 1 Abort. Die Fenster sitzen in Metallrahmen. Der Wagen ist mit elektrischer Beleuchtung und Heizung, Mittelbuffern und Mittelkupplungen sowie mit Spindelbremse und selbsttätiger Luftsaugeschnellbremse ausgestattet.
Abb. 31. Vierachsiger Durchgangswagen II./III. Klasse der regelspurigen Lokalbahn Wien-Preßburg.[33]
Am linken Wagenende befindet sich 1 Abteilung III. Klasse mit Mittelgang und 28 Sitzplätzen, ihr schließt sich 1 Raum mit Seitengang an, an dem der Abort und 1 Postabteil liegen, hierauf folgen 1 Dienst- und Gepäckabteil und weiterhin 1 Abteil II. Klasse mit 9 Sitzplätzen. Das Postabteil steht durch Türen mit dem Gang und dem Dienstabteil in Verbindung. Dieses ist durch Schiebetüren unmittelbar von außen zugänglich; in die Personenabteile gelangt man über die offenen Endbühnen.
Der Wagen hat Mittelbuffer und Mittelkupplungen, elektrische Beleuchtung und Beheizung, Spindelbremse, selbsttätige Luftsaugeschnellbremse und für die Entlüftung Torpedosauger.
Sein Leergewicht ist 16∙7 t.
D. Amerikanische Wagen aus Stahl.
(All-steel passenger service cars).
In Amerika ist seit dem Jahre 1904 auf dem Gebiet des Personenwagenbaues ein bedeutsamer Umschwung eingetreten, der voraussichtlich auch auf andere Länder mit hochentwickeltem Eisenbahnwesen nicht ohne Rückwirkung bleiben wird.
Während die amerikanischen P. u.zw. sowohl die Kasten als auch die Unterrahmen und die Drehgestelle früher fast ganz aus Holz hergestellt wurden, hat man von dem genannten Zeitpunkt an damit begonnen diese Wagen aus Stahl zu bauen und Holz für sie nur noch in ganz beschränktem Umfang und zu untergeordneten Zwecken zu verwenden.
Die erste Anregung zu dieser neuesten Entwicklungsstufe des Personenwagenbaues gab der bekannte Erfinder der Druckluftbremse Ingenieur George Westinghouse. Nach dem furchtbaren Unglück auf der Pariser Untergrundbahn (August 1903), bei dem infolge Kurzschlusses ein Zug in Brand geraten war und 85 Fahrgäste eines Gegenzuges durch Ersticken den Tod gefunden hatten, empfahl er für elektrisch betriebene Untergrund- und Tunnelbahnen feuersichere Wagen zu verwenden.
Die Interborough Company of New York City ist in dieser Richtung bahnbrechend vorgegangen; sie war die erste Eisenbahngesellschaft, die sich entschloß, für ihre Linien Stahlwagen zu beschaffen. Da jedoch alle großen amerikanischen Wagenbauanstalten die Ausführung solcher Wagen einmütig ablehnten, ließ sie mit Unterstützung der Pennsylvania-Eisenbahn in deren Werkstätten zunächst einen Probewagen bauen. Die mit diesem im Jahre 1904 vorgenommenen Versuchsfahrten hatten wider alle Erwartung ein so günstiges Ergebnis, daß die Gesellschaft sofort 20 Stahlwagen und im Laufe der nächsten Jahre weitere 150 Stahlwagen bestellte. Ihrem Beispiel folgten alsbald viele Vorort- und Untergrundbahnen und auch die Wagenbauanstalten sträubten sich nun nicht mehr länger gegen die anfänglich von ihnen bekämpfte Neuerung, obwohl diese sie zu kostspieligen Neueinrichtungen und zu weitgehenden Umgestaltungen ihrer Betriebe nötigte.
Die guten Erfahrungen, die mit den Stahlwagen im Nahverkehr gemacht wurden, führten die Bahngesellschaften bald dazu auch für den Fernverkehr Wagen dieser Art zu beschaffen. Anlaß zu diesem Vorgehen gaben:
1. die zunehmende Verteuerung der Bauhölzer;
2. das Bestreben, die Unterhaltungskosten zu vermindern;
3. die Steigerung der Fahrgeschwindigkeiten und die dadurch gebotene Verstärkung der Wagen;
4. die große Gefährdung der Reisenden durch das Splittern des Holzes bei Unfällen (Zusammenstößen, Entgleisungen);
5. das allgemeine Verlangen nach Erhöhung der Feuersicherheit.
Bei Fernzügen ist allerdings, solange sie auf freier Strecke laufen und mit Dampflokomotiven befördert werden, die Brandgefahr außerordentlich gering. Anders aber liegt die Sache, wenn Fernzüge, wie z.B. in New York, durch lange Tunnelröhren mit elektrischen Lokomotiven in die Stadtbahnhöfe eingeführt werden. In diesem Fall sind sie bei etwaigem Kurzschluß ebenso gefährdet wie die in denselben Tunneln verkehrenden Vorortzüge und es wird deshalb von ihren Wagen mit Recht die gleiche Feuersicherheit gefordert wie von jenen der Vorortzüge.
Der Vorschlag, Stahlwagen auch für die Fernzüge zu bauen, ging von dem Präsidenten Cassatt der Pennsylvania-Eisenbahn aus. Da die Ausführung dieser Fahrzeuge weit schwieriger erschien als die der viel kleineren Vorort- oder Stadtbahnwagen, so bildete Cassatt einen besonderen Ausschuß, der auf Grund sorgfältiger Berechnungen und unter Verwertung aller damals vorliegenden Erfahrungen die Entwürfe der neuen Wagen zu bearbeiten hatte. Zugleich stellte er nach einer Mitteilung vom Juni 1909 im Am. Eng. and R. J. folgende Grundsätze für den Bau der Wagen auf:
1. Der Wagen soll unbedingt feuersicher sein;
2. er muß Stöße auf die Stoßvorrichtung bis zu 180 t aufnehmen können ohne irgendwie nachzugeben oder Formveränderungen zu erleiden;
3. das Kastengerippe soll so widerstandsfähig sein, daß der Wagen ohne Schaden über einen Damm heruntergerollt werden kann.
4. die Verbindung des Wagenkastens mit dem Untergestell soll an den Stirnseiten so kräftig sein, daß das Abstreifen des Kastens[34] vom Untergestell durch einen aufsteigenden andern Wagen ausgeschlossen ist;
5. der fertige Wagen soll so leicht sein, wie es sich mit den vorstehenden Bedingungen vereinbaren läßt.
Der Bau von Stahlwagen für Fernzüge wurde in der Folge von allen großen amerikanischen Bahnen und Wagenbaufirmen aufgenommen. Es entstanden eine Reihe der verschiedenartigsten Ausführungen, die sich hinsichtlich der Bauart des Untergestells in 3 Hauptgruppen zusammenfassen lassen.
Zur ersten Gruppe zählen die Wagen, bei denen das Gewicht des Kastens und der Ladung sowie auch die Zug- und Stoßkräfte ausschließlich von 2 besonders kräftigen Mittelträgern des Untergestells aufgenommen werden.
In die zweite Gruppe gehören jene Wagen, auf deren Mittelträger nur die Zug- und Stoßkräfte wirken, während das Gewicht des Kastens und der Ladung von seitlichen Längsträgern oder den Seitenwänden aufgenommen und unmittelbar auf die Drehgestelle übertragen wird, ohne daß hierbei die Mittelträger beansprucht werden.
Der dritten Gruppe sind die Wagen zuzuweisen, bei denen die Gewichtsbeanspruchungen teils auf die Mittelträger, die auch die Zug- und Stoßkräfte auszuhalten haben, teils auf die Seitenwände oder Seitenträger entfallen.
Nach den Untersuchungen des Prüfungsausschusses der Pennsylvania-Eisenbahn sind Gewicht und Kosten der Wagen der ersten und zweiten Gruppe, solange die Zug- und Stoßkräfte unter 45 t bleiben, annähernd gleich. Bei größeren Beanspruchungen werden dagegen die Wagen der zweiten Gruppe erheblich schwerer als die der ersten Gruppe, deren Bauart deshalb den Vorzug verdient, zumal in die Seitenwände der Wagen Türen eingebaut werden können, ohne eine Verstärkung der Wände erforderlich zu machen.
Der Bau von Stahlwagen für Personenbeförderung hat in Amerika einen auch für dortige Verhältnisse ungewöhnlich raschen Entwicklungsgang durchgemacht. Verschiedene Schwierigkeiten, die sich anfänglich aus der Eigenschaft des neuen Baustoffs als guter Schall- und Wärmeleiter ergaben, sollen durch Anwendung zweckentsprechender Mittel jetzt behoben sein.
Über die Lebensdauer der Stahlwagen läßt sich heute noch kein Urteil fällen. Die amerikanischen Fachleute rechnen damit, daß sie mindestens ebenso groß sein werde als die der hölzernen Wagen. Die Erfüllung dieser Hoffnung dürfte aber wesentlich davon abhängen, ob die Maßnahmen, die man zur Verhütung des Röstens der verdeckt liegenden, nach dem Zusammenbau nicht mehr zugänglichen Wagenteile getroffen hat, den gewünschten Erfolg haben werden.
Am 1. Januar 1913 liefen auf den nordamerikanischen Bahnen bereits 7271 Stahlwagen. Zurzeit liegen dem Kongreß in Washington Gesetzentwürfe vor, die den Ersatz der noch vorhandenen 47000 hölzernen P. durch Stahlwagen in der kurz bemessenen Frist bis zum Jahre 1918 fordern. Die Kosten, die den amerikanischen Bahnen bei Annahme der Vorlagen erwachsen werden, sind auf etwa 2∙5 Milliarden M. zu veranschlagen.
Nachstehend sei die Bauart einiger Stahlwagen erläutert.
Taf. III, Abb. 7. Sechsachsiger Schlafwagen der Pullman-Gesellschaft.
Der Wagen ist ganz aus Stahl hergestellt. Im Innern zeigt er die bei den Schlafwagen der Gesellschaft übliche Einteilung. Ein großer Raum bei Tag mit 24 Sitzbänken, bei Nacht mit 12 unteren und 12 oberen Betten liegt in der Mitte des Wagens, links davon befinden sich 1 Raum für Raucher und 1 Abort, rechts 1 Gesellschaftszimmer in Verbindung mit 1 Abort ferner 1 Waschzimmer für Frauen und daneben der Frauenabort. Die einzelnen Räume sind durch Gänge unter sich und mit den Endbühnen verbunden.
Der Wagen hat elektrische Beleuchtung, Garland-Ventilatoren, Westinghouse-Bremse, Westinghouse-Zugvorrichtung und Stirnwandübergänge mit Faltenbälgen. Sein Gewicht beträgt 65.090 kg.
Nach der Bauart seines Untergestells, dessen mittlere Langträger sowohl die statischen als auch die dynamischen Beanspruchungen vollständig aufnehmen, gehört der Wagen zur ersten der im vorhergehenden Abschnitt erwähnten Gruppen. Das Untergestell (Abb. 32) hat 2 mittlere und 2 seitliche Langträger, 2 mittlere Querträger aus Stahlguß, eine größere Anzahl Querverbindungen aus gepreßten Stahlblechen und an beiden Enden je ein großes, die 4 Langträger verbindendes Stahlgußstück, das die 2 Hauptquerträger, den Träger des Drehzapfenlagers, den Stirnbalken und die Bufferbohle als Ganzes in sich vereinigt. Die Verbindungsstelle der mittleren Langträger (Hauptträger) mit dem Gußstück liegt etwa da, wo das Biegungsmoment dieser Träger das Vorzeichen wechselt, also gleich Null ist. Die Verbindung ist dadurch außerordentlich sicher.
Das Kastengewicht wird durch die Endgußstücke und durch die beiden Stahlgußquerträger auf die Hauptträger übertragen.
Die 2 fischbauchförmigen Hauptträger sind in einem Abstand von 457 mm angeordnet und mit einem auf ihre ganze Länge sich erstreckenden Deckblech von 762 × 9∙5 mm verbunden. Jeder der Träger besteht aus einem Stegblech von 7∙9 mm Dicke, 2 oberen Winkeleisen von 102 × 76 × 15∙9 mm und 2 unteren Winkeleisen von 76 × 76 × 9∙5 mm. Bei der gewählten Ausführung (schweres Deckblech und die schweren Winkel oben am Steg) liegt die neutrale Achse der Träger so hoch, daß sie fast mit der Angriffslinie der auf die Bufferbohle wirkenden Stoßkräfte zusammenfällt. Biegungsbeanspruchungen der Träger durch diese Stoßkräfte bleiben somit fast ganz vermieden.[35]
Als seitliche Langträger sind 127 mm hohe -Eisen verwendet.
Der Fußboden liegt unmittelbar auf dem Untergestell. Das mit diesem vernietete Tragblech des Fußbodens hat eine Stärke von 1∙6 mm. Auf dem Tragblech befindet sich eine 25∙4 mm dicke, durch Längsleisten abgeteilte Magnesiaschicht, darüber ein 12∙7 mm starker Keystone Metallboden und auf diesem eine 15∙9 mm dicke Lage von Flexolith. Der Fußboden der Endbühnen besteht nur aus einem 3∙2 mm dicken Blech mit Linoleumbelag.
Das Kastengerippe (Abb. 33) ist aus Preßteilen hergestellt. Die zwischen den beiden Fenstern jeder Sitzreihe angeordneten Hauptrungen der Langseiten haben einen hohlen, geschlossenen Querschnitt und erstrecken sich von den seitlichen Langträgern des Untergestells bis zu den unteren Langträgern des Dachaufbaues; die oberen nach einwärts gebognen Enden der Rungen bilden zugleich die unteren Deckenstreben. Die unmittelbar neben den Fenstern befindlichen -förmigen Rungen verlaufen von den Seiten-längsträgern nur bis zu den unteren Decken--Eisen. Anschließend an diese Rungen sind von hier bis zu den unteren Langträgern des Dachaufbaues besondere Streben aus Preßblech durchgeführt.
Der Wagenkasten ist doppelwandig. Die Innenwände der Kastenlangseiten sind in ihrem unteren als Träger ausgebildeten Teil aus durchlaufenden, mit den Seitenrungen und den seitlichen Langträgern vernieteten Stahlblechen von 3∙2 mm Dicke und 895 mm Höhe hergestellt. Die Bleche sind oben mit einer Gurtleiste besetzt. Die äußeren Wände der Kastenlangseiten bestehen aus 1∙6 mm starken Blechtafeln. Auf diesen sitzt unterhalb der Fenster eine Gurtleiste, die mit den Rungen verbunden ist und zur Befestigung der äußeren Kastenverkleidung und der Fensterleiste dient. Oberhalb der Fenster ist an der[36] äußeren Kastenwand eine 298 mm breite und 3∙2 mm dicke, durchlaufende, an den Seitenrungen mittels -Eisen befestigte Blechplatte angebracht. Die Kastenstirnwände (Abb. 34) haben Gerippe aus Formeisen, die innen und außen mit Stahlblechen verkleidet sind.
Die Längswände des Dachaufsatzes sind aus durchlaufenden 2∙4 mm starken und mit den nötigen Ausschnitten für Lüfter, Gitter und Oberlichtfenster versehenen Stahlblechen gebildet und durch senkrecht angeordnete Rungen aus Winkeleisen versteift. Mit diesen Wänden fest vernietet sind die unteren aus Winkeleisen von 76 × 76 × 4∙8 mm bestehenden Längsrahmen des Aufsatzes und die aus Preßblechen hergestellten Langträger des oberen Daches. Die Dachspriegel, teils -, teils -, teils -förmige Preßstücke, sind an den Längswänden mit Nieten befestigt. Ein in der Mitte des Daches auf dessen ganze Länge durchgeführtes -Eisen, das mit den Spriegeln vernietet ist, sichert diese in ihrer Lage. An dem -Eisen sind auch die Dachbleche und deren Deckleiste befestigt. Die -förmigen Hauptspriegel sind mit Agasote ausgefüttert und vorgebohrt, damit an ihnen die Deckenverkleidung angeschraubt werden kann.
Zur Verkleidung der Innenräume sind Stahlbleche und feuerfeste Agasote verwendet, der letztere Stoff[37] für die Decke, den oberen Teil der Wände und für verschiedene Füllungen und Täfelungen.
Die Sitz- und Bettgestelle sind ganz aus Stahl hergestellt.
Die inneren und äußeren Bleche der Kastenlängswände sind auf den Außenseiten mit 9∙5 mm starkem Resisto, einem Haarfilz mit zwischenliegenden Asbestschichten, verkleidet.
Die Abb. 35 zeigt Einzelheiten der 4achsigen P. der New York Central und Hudson River-Eisenbahn.
Bei diesem der zweiten Gruppe (vgl. den vorigen Abschnitt) zuzurechnenden Fahrzeug wird das Wagengewicht, wie die Zeichnungen, insbesondere der Querschnitt CD des Untergestells ersehen lassen, durch die Hauptquerträger ohne Beanspruchung der Mittelträger des Untergestells, die nur die Stoßkräfte abzufangen haben, unmittelbar auf die Drehgestelle übertragen. Die Längswände nehmen die statischen Kräfte auf und sind deshalb im unteren Teil als kräftige Stehblechträger ausgebildet. Eine eingehende Beschreibung des Wagens findet sich in Am. Eng. and R. J. 1907.
Taf. III, Abb. 8. Sechsachsiger P. der Santa Fé-Eisenbahn.
Der Wagen, der im Innern die bekannte Einteilung der amerikanischen Tageswagen aufweist, hat 76 Sitzplätze. Der Kasten (ohne Vorbauten) ist außen gemessen 21∙336 m lang und 2∙896 m breit. Die Länge von Buffer zu Buffer beträgt 23∙673 m. Das Gewicht des Wagens ist 61.690 kg.
Holz ist nur für den Bodenbelag und für die Fensterbrüstungen verwendet, alle übrigen Wagenteile sind aus Stahlblech oder gewalztem Stahl angefertigt.
Das Untergestell nimmt als Ganzes die statischen und dynamischen Beanspruchungen auf. Der Wagen ist deshalb der dritten der im vorigen Abschnitt aufgeführten Gruppen zuzuweisen.
Die Bauart des Untergestells ist aus den Abb. 36 u. 37 ersichtlich. Die beiden mittleren aus Blech und Winkeleisen zusammengesetzten -Langträger haben Fischbauchform und erstrecken sich von der einen Bufferschwelle bis zur andern. Oben sind sie mit Blech abgedeckt. Die auf die ganze Wagenlänge bis zu den Endschwellen des Kastens durchlaufenden seitlichen Langträger bestehen aus Blech, das auf der Außenseite oben durch ein -Eisen, unten durch ein Winkeleisen und auf der Innenseite oben durch ein Winkeleisen verstärkt ist. Die seitlichen und mittleren Langträger sind durch die aus Preßblechen hergestellten Kopfschwellen und Querträger verbunden. Zwischen den beiden mittleren Langträgern sind Preßbleche angeordnet, die zusammen mit den Querträgern durchgehende Querversteifungen ergeben. Diese sind oben und unten mit Blechen verstärkt. Das obere Blech geht quer über die ganze Wagenbreite, das untere nur von den Mittelträgern zu den Seitenträgern. Die Querträger sind durch Langstreben aus -Eisen gegenseitig abgesteift. Eine weitere Versteifung des Untergestells wird durch die von den Seiten- zu den Mittelträgern schräg geführten Stahlbänder bewirkt. Die Bufferschwellen aus Stahlguß werden durch die Mittelträger und 2 -Eisen abgestützt.
Die Rungen der Seitenwände (Abb. 3638), die Fensterriegel und die Kastenoberrahmen der Langseiten bestehen aus Preßblechen von -förmigem Querschnitt; an ihren Flanschen ist die innere und äußere Wandverkleidung angenietet. Das Gerippe der Kastenstirnwände ist, wie die Abb. 39 ersehen läßt, besonders kräftig durchgebildet.
Der Oberlichtaufbau ist aus Preßteilen zusammengesetzt. Die unteren Längsrahmen haben einen winkelförmigen, die oberen Längsrahmen, die oberen und unteren Dachspriegel und die Seitenrungen der Längswände haben -förmige Querschnitte.
Das Wagenuntergestell ist mit 1∙6 mm dickem, galvanisiertem Stahlblech abgedeckt. Auf diesem[38] liegt eine Schicht von 19 mm starkem, feuersicherem Flaxlinum und darüber in einem Abstand von 38 mm der Holzboden aus Zirbelkiefer.
Für die Kastenverkleidung sind innen und außen Stahlbleche, für die Dachbedeckung galvanisierte Stahlbleche verwendet. Die Kastenwände und das Dach sind mit Flaxlinum isoliert.
III. Laufwerk und Untergestell.
Räder, Achsen, Achslager, Drehgestelle.
Bezüglich der Bauart und Anordnung dieser Teile wird auf die besonderen Aufsätze verwiesen (s. auch Abschn. II A dieses Artikels, dann den Artikel Güterwagen), ferner auf die im Gebiet des VDEV. gültigen Vorschriften der TV. über den Bau und die Betriebseinrichtungen der Haupt- und Nebenbahnen von 1909 sowie die Bauvorschriften in der Technischen Einheit im Eisenbahnwesen von 1907. Hier sei nur erwähnt, daß die Anordnung der Achsen einen sehr erheblichen Einfluß auf den Gang der Wagen hat. Ein Wagen wird um so ruhiger laufen, je größer sein Radstand (die Entfernung der Endachsen) überhaupt und im Verhältnis zur Kastenlänge ist.
Die Achsen sind entweder
1. im Wagenuntergestell fest gelagert oder
2. im Wagenuntergestell derart angeordnet, daß sie sich in Gleiskrümmungen einstellen können, oder
3. in besonderen Gestellen (Drehgestellen) untergebracht.
Man unterscheidet hiernach:
Wagen mit festem Radstand;
Wagen mit einstellbaren Achsen, Lenkachsen;
Wagen mit Drehgestellen.
P. der ersten Art werden heute nur noch selten gebaut. Die Größe ihres Radstandes richtet sich nach den Krümmungen der Bahn (vgl. § 118 der TV. von 1909).
Bei den P. der zweiten Art darf der Radstand wesentlich größer sein als bei den erstgenannten, doch soll er aus Gründen der Betriebssicherheit
bei Krümmungen von 180 m das Maß von 9∙0 m und
bei Krümmungen von 200 m das Maß von 10∙0 m
nicht überschreiten (§ 118 der TV. von 1909). Die Lenkachsen sind entweder frei oder zwangläufig einstellbar. Die freien Lenkachsen, darunter die sog. Vereinslenkachsen, verdienen wegen ihrer Einfachheit und Billigkeit den Vorzug. Die dem VDEV. angehörenden Bahnen lassen alle neuen 2- und 3achsigen P. mit [39] Vereinslenkachsen ausrüsten. Die Bestimmungen über deren Anordnung sind in den TV. von 1909 (§§ 119123) enthalten (s. Lenkachsen).
Die Mittelachsen 3achsiger P. werden häufig gleich den Endachsen auch als Vereinslenkachsen ausgebildet oder sie erhalten nur eine[40] Querverschiebbarkeit, deren Größe von dem Radstand der Endachsen abhängt (s. § 124 der TV. von 1909). Manchmal, wie z.B. bei Wagen der badischen Staatseisenbahnen, ist die Mittelachse in einem besonderen quer zur Wagenlängsrichtung verschiebbaren Rahmen untergebracht, der durch Federn und Pendelstützen in die Mittellage zurückgeführt wird.
Für sehr lange und schwere P. mit 4 oder 6 Achsen werden jetzt allgemein Drehgestelle verwendet, deren Bauart ähnlich ist wie die der Wagenuntergestelle. In der Regel hat ein Wagen 2 Drehgestelle, auf denen der Kasten drehbar gelagert ist und von denen jedes die Hälfte der Wagenachsen aufnimmt. Der Radstand der Drehgestellwagen ist an sich zwar unbeschränkt, eine Grenze nach oben ist ihm aber dadurch gezogen, daß mit der Wagenbreite, die bei zunehmendem Radstand immer kleiner werden muß, unter ein gewisses Maß nicht herabgegangen werden kann. Die[41] Beziehungen zwischen Radstand, Drehzapfenabstand und Wagenbreite sind im Gebiet des VDEV. durch die TV. von 1909 (§ 117) geregelt.
Die Drehgestelle der P. haben gewöhnlich eine schwingend aufgehängte Wiege; auf die sich der Wagenkasten stützt. Das Gewicht des Kastens wird von der Wiege auf die Drehgestellrahmen und von diesen durch Federn entweder unmittelbar auf die Achsbüchsen und Achsen oder bei der amerikanischen Anordnung auf Längsbalken übertragen, deren Enden auf den Achsbüchsen ruhen. Zuweilen trifft man bei P. auch Drehgestelle an, die ähnlich wie die der Lokomotiven ohne Wiege ausgeführt sind.
Wegen der Bauart der Drehgestelle im einzelnen s. den besonderen Artikel, ferner die Eis. T. d. G. (Personen-, Gepäck- und Postwagen u.s.w., 2. Aufl.) und den Ergänzungsband zu Glasers Ann. vom Jahre 1904.
Tragfedern, Bremsen, Zug- und Stoßvorrichtungen.
Die nötigen Angaben hierüber sind unter den betreffenden Stichwörtern zu finden.
Untergestell.
Das Untergestell nimmt die Zug- und Stoßkräfte auf, stützt den Wagenkasten, überträgt dessen Gewicht auf die Achsen und hält diese in der richtigen Lage. Seine Verbindung mit dem Kasten ist entweder lösbar oder, wie bei den amerikanischen Wagen und den diesen nachgebildeten D-Zugwagen deutscher und anderer europäischer Bahnen, unlösbar.
Für die Bauart der Personenwagenuntergestelle gelten dieselben Grundsätze wie für die der Güterwagenuntergestelle, weshalb auf das dort Gesagte verwiesen wird. Die Untergestelle der P. werden zuweilen noch ganz aus Holz, häufiger aus Holz und Eisen, meistens aber ganz aus Eisen, u.zw. aus Formeisen, in neuester Zeit auch aus Preßblechen angefertigt. Hölzerne Untergestelle verursachen beim Fahren weniger Geräusch als eiserne und werden deshalb angewendet, wenn ein besonders geräuschloser Gang der Fahrzeuge erzielt werden soll.
Das Untergestell wird gewöhnlich mit dem Wagenkasten verschraubt. Zur Dämpfung der Fahrgeräusche und Zitterbewegungen werden zwischen Untergestell und Kasten Blei-, Gummi- oder Filzplatten gelegt. Man hat auch Untergestell und Kasten durch Gummi, Wickel- oder Blattfedern gegenseitig abgefedert. Gummi und Wickelfedern haben sich aber nicht bewährt.[42] Gummi verliert bald an Elastizität und Wickelfedern geben wegen ungenügender innerer Reibung Anlaß zu starken Schwankungen des Kastens. Mit Blattfedern dagegen wurden gute Erfahrungen gemacht.
Abb. 408 zeigt die an 2achsigen Wagen I. und I./II. Klasse der französischen Ostbahn ausgeführte Anordnung derartiger Federn zwischen Untergestell und Kasten. Die Tragfedern des Untergestells und die des Kastens sind im entgegengesetzten Sinn gekrümmt und haben gleiche Schwingungszeiten. Die Kastenfedern sind mit den Hauptträgern an Punkten verbunden, in welchen die bei der Fahrt auftretenden Schwingungen der Träger am kleinsten sind.
Die italienischen Bahnen haben ebenfalls 2achsige P. mit doppelter Federung nach französischem Vorbild gebaut.
Durch die Doppelfederung wird allerdings en sanfter Gang der Wagen erreicht. Sie hat aber auch gewisse Nachteile. Die Verbindung des Kastens mit dem Untergestell ist weniger fest und sicher und, was recht mißlich ist, alle sowohl mit dem Untergestell als dem Kasten verbundenen Rohrleitungen für Heizung, Beleuchtung u.s.w. bedürfen elastischer Zwischenglieder, die schwer dicht zu halten sind und rasch verschleißen.
Die österreichischen Staatsbahnen verwenden bei 2achsigen P. eine Doppelfederung[43] (Abb. 41), die die Nachteile der vorstehend beschriebenen Anordnung zu vermeiden sucht. Die Tragfedern jeder Achse sind nicht an den Hauptträgern des Untergestells, sondern an einem Rahmen aufgehängt, der mittels abgefederter Stützen den mit dem Untergestell fest verbundenen Kasten trägt.
Es sei hier noch an einigen Beispielen die Bauart von Personenwagenuntergestellen gezeigt.
Abb. 42 ac veranschaulicht das aus Formeisen angefertigte Untergestell des auf Taf. I, Abb. 3 dargestellten 4achsigen P. III. Klasse der bayerischen Staatseisenbahnen.
Die seitlichen Hauptträger, die Brustbäume, alle Querträger, die zwischen den Hauptquerträgern und die zwischen diesen und den Brustbäumen durchgeführten Langstreben sind aus -Eisen und durch Winkel, teilweise auch noch durch Bleche miteinander verbunden.
Die das Drehzapfenlager aufnehmenden, kastenförmigen Hauptquerträger bestehen aus je 4, oben und unten mittels Blechplatten verbundenen und an den Stegen mit Blech verstärkten -Eisen. Die mittleren Felder des Untergestells sind durch schräg laufende Flacheisen verspannt Die Hauptquerträger und die Brustbäume sind auch durch Zugstangen verbunden.
Die Langträger werden durch ein Sprengwerk unterstützt. Auf der Innenseite dieser Träger sind zur Dämpfung der Fahrgeräusche Holzbeilagen aufgesetzt.
Bemerkenswert ist die Anordnung der Handbremse. Die Bremsspindel ist hier in das Untergestell verlegt und wird von einem seitlich angeordneten Kettenrad und 2 Kegelrädern angetrieben, auf welche bemerkenswerte Einzelheit schon in der Gesamtbeschreibung dieser Wagenbauart hingewiesen wurde (s. S. 27). Die Buffer haben, wie das bei langen P. allgemein üblich ist, Ausgleichvorrichtung.
Die der Eis. T. d. G. (Personenwagen u.s.w.), 2. Aufl., entnommenen Abb. 43 af lassen das Untergestell der neueren 4achsigen Schlaf- und Speisewagen der Internationalen Schlafwagengesellschaft ersehen.
Seine Baustoffe sind Holz und Eisen. Für die Kopfschwellen, die Seitenträger der Kastenvorbauten und die mittleren Streben zwischen den Kopfschwellen und den Hauptquerschwellen ist Formeisen, für die sonstigen Langstreben, für die Langträger und die Querschwellen dagegen Holz verwendet. Die Hauptquerschwellen sind durch -förmige Bleche, die Langträger durch gewalztes -Eisen und durch Sprengwerke verstärkt. Die mittleren Felder des Untergestells haben Schrägverbindungen aus Flacheisen. Die Hauptquerschwellen sind durch 2 nachstellbare Stangen und die Langträger an jeder Querschwelle[44] durch je 2 Zugstangen gegenseitig verspannt.
IV. Kasten.
Größe und Form der Kasten.
Die Größenverhältnisse der Kasten sind abhängig von der Spurweite, dem Radstand, den Bahnkrümmungen, dem Abstand der Gleismittel, der Umgrenzungslinie des lichten Raumes der Bahn und bis zu einem gewissen Grad auch von den zulässigen Raddrücken. Fast alle Bahnen haben Begrenzungslinien festgesetzt, die von den leeren und beladenen Fahrzeugen bei der Mittelstellung im geraden Gleis nicht überschritten werden dürfen.
Für die im internationalen Verkehr auf den regelspurigen Bahnen des europäischen Festlandes zu verwendenden Güterwagen, die sog. Transitwagen, ist durch die Technische Einheit im Eisenbahnwesen, Fassung 1913 eine gemeinsame Begrenzungslinie vorgeschrieben; für die dem internationalen Verkehr dienenden P. sind Vereinbarungen wegen Aufstellung einer solchen Linie vorläufig noch nicht zu stände gekommen. Im Gebiet des VDEV. ist deshalb für R zurzeit noch die in § 116 der TV. von 1909 angegebene Umgrenzung maßgebend.
Mit Rücksicht auf das Durchfahren von Krümmungen müssen die nach den Begrenzungslinien zulässigen größten Breitenmaße zwischen den Endachsen und darüber hinaus, bei Wagen mit Drehgestellen zwischen den Drehzapfen und über diese hinaus, eingeschränkt werden. Nach der BO. für die Haupt- und Nebeneisenbahnen Deutschlands sind diese Maße soweit einzuschränken, daß Krümmungen von 180 m Halbmesser anstandslos durchfahren werden können. Die TV. von 1909 enthalten im § 117 nähere Angaben über die Größe der bei dem Krümmungshalbmesser von 180 m und bei den verschiedenen üblichen Radständen, Drehzapfenabständen und Drehgestellradständen nötigen Breiteneinschränkungen.
Die Längenmaße der P. sind an weniger enge Grenzen gebunden als die Breitenmaße. Auf den europäischen Bahnen, die anfangs nur kurze Wagen nach englischem Muster verwendeten, war man schon bald darauf bedacht, die Wagenlängen zu vergrößern, um das Verhältnis zwischen dem toten Gewicht und der Nutzlast günstiger zu gestalten. Späterhin sah man sich allgemein zu dieser Maßnahme gezwungen, weil die zunehmende Fahrgeschwindigkeit der Züge dazu[45] drängte möglichst große Radstände zur Erzielung eines ruhigen Ganges der Fahrzeuge anzuwenden.
Die Wagenlänge muß der Größe des Radstandes angepaßt werden. Die Ausladungen über die Endachsen der Drehzapfen (Überhänge) dürfen aus Gründen der Betriebssicherheit bestimmte Maße nicht überschreiten, damit die Bufferscheiben zweier verkuppelter Wagen in Krümmungen nicht außer Eingriff kommen sondern sich noch in genügend großen Flächen berühren. Die TV. von 1909 geben in § 125 die bei den üblichen Radständen und Drehzapfenabständen zulässigen größten Wagenlängen und Überhänge an. Die dort aufgeführten Maße sind für Wagen mit Faltenbälgen und für Wagen mit Übergangsbrücken für den durchgehenden Verkehr bindend.
Die Form und die in den verschiedenen Ländern üblichen Abmessungen der Personenwagenkasten sind aus den Taf. IIV und aus den Abb. 2231 zu ersehen. Die Seitenwände der Durchgangswagen sind gerade, die der Abteilwagen zur Erleichterung des Einsteigens unten eingezogen.
Der Wagen besteht im wesentlichen aus den Seiten-, Stirn- und Zwischenwänden, dem Fußboden und dem Dach.
Kastengerippe. Das Kastengerippe (Gerippe der Wände und des Daches) wird gebildet durch die oberen und unteren Längs- und Querrahmen (Bodenrahmen und Dachrahmen), die Kastensäulen und die Dachbogen oder Dachspriegel. Zwischen den Kastensäulen werden zur Absteifung, zur Befestigung der Schalung und als Rahmen für die Fensteröffnungen Riegel eingesetzt. Die Kastensäulen stehen auf den Bodenrahmen und tragen die Dachrahmen. Ihre Lage richtet sich nach der Anordnung der Fenster und Türen.
Die Geripphölzer sind durch Zapfen, z.T. auch noch durch aufgeschraubte eiserne Winkel oder Preßbleche verbunden. Zur Erhaltung des Schrägverbandes der Seitenwände sind häufig Streben oder Zugbänder angeordnet, wie aus den Abb. 44 ac des Kastengerippes eines 4achsigen Durchgangswagens III. Klasse der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen zu ersehen ist.[46]
[47] Die Dachlängsrahmen werden bei langen Wagen, die keine oder nur wenige Querwände haben, durch Spannstangen gegenseitig verankert.
Die Boden- und Dachrahmen sind meist aus Eichen- oder Pitchpineholz, seltener aus Eschen- oder Teakholz, die Kastensäulen und Riegel entweder aus Eichen- oder Eschenholz.
Schalung. Die innere Schalung der Seiten- und Stirnwände besteht in der Regel aus schmalen Brettern von Fichten-, Kiefern-, Mahagoni- oder Teakholz, die in Falze der Säulen und Riegel gelegt und mit diesen verschraubt sind. Nur bei den amerikanischen Stahlwagen werden zur Innenschalung andere Stoffe (Stahlbleche und feuerfeste Kunststoffe) benutzt.
Die äußere Schalung des Kastens wird bei einigen ausländischen Bahnen aus schmalen, gespundeten Brettern von Teak-, Mahagoni- oder Pitchpineholz, auf dem europäischen Festland aber meist aus 1∙52 mm starken Blechen hergestellt und mit versenkten Schrauben am Kastengerippe befestigt. Die Fugen der Bleche und ihre Ränder an den Fensteröffnungen werden mit schmalen Eisenleisten überdeckt. Das untere Ende der Bleche wird unter die[48] Bodenrahmen gebogen und an diese von unten her genagelt oder geschraubt. Die Bleche müssen vor der Anbringung sorgfältig gespannt und auf der Innenseite nach Abschleifen des Zunders, des Rostes und sonstiger Uneinigkeiten mit fetter Ölfarbe gestrichen werden.
Das Verkleidungsblech unterhalb der Fenster der Seiten wände ist zuweilen auch als Träger ausgebildet und zu dem Zweck in einem Stück von 35 mm Stärke auf die ganze Wagenlänge durchgeführt und oben und unten durch Formeisen verstärkt. Diese Anordnung ist jedoch nicht zu empfehlen, weil sich die Seitenwände unter dem Einfluß der Sonnenwärme leicht ausbauchen und weil bei Ausbesserungen der hinter dem Blech liegenden Teile die ganze Schalung abgenommen werden muß.
Die Hohlräume zwischen der inneren und äußeren Schalung werden, soweit sie nicht als Fensterschächte dienen, zum Wärmeschutz und zur Dämpfung der Fahrgeräusche häufig mit Kokosfaser, Rohrwolle oder Korksteinen ausgefüllt.
Fußboden. Dieser besteht bei einfacheren Wagen gewöhnlich nur aus einer Bretterlage von Tannen- oder Fichtenholz, bei besseren Wagen dagegen aus 2 solchen Lagen, die manchmal unmittelbar aufeinander liegen, meist aber einen Raum zwischen sich lassen, der mit schalldämpfenden Stoffen (Rohrwolle, Kokosfaser u. dgl.) ausgefüllt ist. Die Bodenbretter sind entweder nur überplattet oder durch Nut und Feder verbunden und an den Bodenrahmen und den Bodenträgern befestigt. Bei Doppelböden kreuzen sich die Bretter der beiden Lagen im rechten Winkel. Dabei verlaufen die Bretter des einen Bodens gewöhnlich in der Querrichtung, die des andern in der Längsrichtung des Wagens, zuweilen sind die Bretter beider Böden auch schräg verlegt.
Dach. Dieses ist entweder gewölbt oder hat in der Wagenmitte, manchmal auch über der Mitte der Abteile, also in einseitiger Anordnung, einen Aufbau mit Fenstern und Lüftern in den Seitenwänden. Da der Aufbau das Wagengewicht, die Beschaffungs- und Unterhaltungskosten erhöht, so ist dem gewölbten Dach der Vorzug zu geben, zumal bei entsprechender Wahl seiner Pfeilhöhe der Luftraum im Wageninnern ebenso groß gemacht werden kann als bei Anwendung eines Aufbaues.
Die Dachspriegel werden aus krumm gewachsenem Holz oder aus gebogenen und verleimten Streifen verschiedener Hölzer angefertigt und mit den Oberrahmen, in die sie gewöhnlich schwalbenschwanzförmig eingesetzt sind, durch Winkel und Schrauben verbunden. Bei hochgewölbten Dächern ist es ratsam die Spriegel durch seitlich aufgeschraubte Flacheisen zu verstärken. Unter den Dachaufbauten werden einzelne besonders kräftig ausgeführte Spriegel der unteren Decke zur besseren gegenseitigen Versteifung der Kastenlängswände ohne Unterbrechung durchgeführt.
Die 2025 mm starken, gewöhnlich durch Nut und Feder verbundenen Dachbretter aus Tannen- oder Fichtenholz liegen auf den Spriegeln und sind mit ihnen verschraubt. Sie erhalten nach erfolgter sorgfältiger Auskittung aller Fugen eine Blechverkleidung oder noch häufiger einen Überzug aus Segeltuch, der nach dem Aufbringen mehrmals mit gutem Waterproof-Firnis gestrichen, zuweilen auch noch vor dem Trocknen gesandet wird.
Viele P. haben unter den Spriegeln noch eine zweite Schalung aus furniertem Holz, bemalter Pappe oder aus Holz, das mit Tapeten aus Stoff, Linkrusta, Pegamoid u.s.w. verkleidet oder nur weiß gestrichen ist.
Die Räume zwischen den beiden Deckenschalungen sind meist mit den gleichen Stoffen wie die Hohlräume der Wände ausgefüllt.
Auf das eigentliche Dach wird in heißen Ländern zum Schutz gegen die Sonnenstrahlen oft noch ein zweites Bretterdach, ein sog. Sonnendach, so aufgesetzt, daß zwischen beiden die Luft durchstreichen kann.
An den Dachrändern der Wagenlangseiten werden in der Regel Dachrinnen angebracht, durch die das vom Dach niederrinnende Regenwasser aufgefangen und den an den Wagenenden befindlichen Ablaufröhren zugeleitet wird.
Zwischenwände. Diese, bestehend aus 3040 mm dicken Holzrahmen, in deren Felder 2 Lagen kreuzweise verlegter Schalungsbretter oder besondere Füllungen eingesetzt sind, dienen gleichzeitig als Querversteifung für den Kasten und sind deshalb mit den Seitenwänden sehr fest verbunden. Damit sie bei etwaigen Unfällen dem Zusammenschieben der Abteile einen möglichst großen Widerstand entgegensetzen, werden sie vielfach auch am Boden mit kräftigen eisernen Winkeln befestigt.
Fenster. Diese sind fest oder beweglich. Bei den Abteilwagen sind die Fenster der Eingangstüren stets beweglich, die Fenster neben den Türen dagegen meist fest. Bei den Durchgangswagen sind in der Regel alle Seitenwandfenster beweglich. In deutschen und österreichischen Durchgangswagen wird jetzt zwischen je 2 einander gegenüberliegenden Sitzbänken ein einziges sehr großes, vollständig herablaßbares Fenster angebracht, dessen Öffnung in Notfällen zum Verlassen des Wagens benutzt werden kann.[49]
Die festen Fenster werden gewöhnlich ohne besondere Rahmen in Falze der Fenstersäulen und Querriegel gelegt und mit Holzleisten befestigt. Ihr unterer Rand sitzt der besseren Abdichtung wegen meist in der Nut einer zwischen die Fenstersäulen eingeschobenen Gußleiste.
Wagen mit besserer Ausstattung erhalten manchmal zum Schutz gegen Kälte und gegen das lästige Beschlagen der Scheiben doppelte Fenster, von denen das innere zum Öffnen eingerichtet ist, damit die einander zugekehrten Fensterflächen gereinigt werden können.
Die beweglichen Fenster sind in Holzrahmen (Eichen-, Eschen-, Nussbaum-, Mahagoni- oder Teakholz) oder in Metallrahmen gefaßt, in neuerer Zeit vielfach auch rahmenlos ausgeführt (Schweiz). Sie werden beim Öffnen in Schächte der Wand herabgelassen oder hinaufgeschoben. Seitliche Nuten der Fenstersäulen bilden dabei die Führung. Aufwärts schiebbare Fenster werden nur angewendet, wenn die Bauart des Kastengerippes, wie z.B. bei den amerikanischen Wagen, die Anordnung von Fensterschächten im unteren Teil der Wände nicht zuläßt. Herablaßbare Fenster sind auf europäischen Bahnen die Regel. Sie können, weil der Raum in den Wänden nach unten weniger beschränkt ist als nach oben, höher ausgeführt werden als hinaufschiebbare Fenster.
Die unterhalb der Fensterbrüstungen liegenden Schächte (Fenstertaschen) werden zur Vermeidung von Schädigungen durch das eindringende Regen- oder Niederschlagwasser mit einem dauerhaften Ölfarbenanstrich oder zweckmäßiger noch mit Zinkblecheinsätzen versehen, die mit dem Bekleidungsblech verlötet werden. Für den Abfluß des Wassers wird durch Anbringung von Ablaufröhrchen gesorgt. Damit Gegenstände, die in die Fensterschächte hineinfallen, sowie der sich dort ansammelnde Schmutz und Staub entfernt werden können, sind in der inneren Wandverschalung Putzklappen angeordnet.
Die beweglichen Fenster werden nach unten durch Aufsetzen auf den Rand der Regenleiste und an den beiden Seiten durch Leisten, die mit Tuch oder Plüsch überzogen und auf die Rahmen geschraubt sind, gegen Regen und Zugluft abgedichtet. Derselbe Zweck wird noch vollkommener durch Druckrahmen erreicht, die durch Federn ständig gegen die Fenster gepreßt werden. Bei Verwendung von rahmenlosen Fenstern werden die Führungsnuten meist mit Filz ausgekleidet, der sich dicht gegen die Scheiben legt. Diese erhalten zudem stets Druckrahmen zur weiteren Dichtung.
Zum Heben und Senken der Fenster dienen Ledergurte, Borten und Heberinge. Für schwere Fenster ist Gewichtsausgleich durch Federkraft oder Gewichte nötig. Dieser bewirkt, daß die Fenster sich ohne besonderen Kraftaufwand bewegen lassen und in jeder Lage stehen bleiben. (Näheres über die Bauart solcher Ausgleichvorrichtungen s. Eis. T. d. G. [Personenwagen u.s.w.], 2. Aufl.)
Die nach aufwärts schiebbaren Fenster der amerikanischen Wagen können durch federnde Riegel, die seitlich in Vertiefungen oder Zahnleisten eingreifen, in beliebiger Höhe festgestellt werden.
Für die Fenster der oberen Wagenklassen wird Spiegelglas, für die der unteren Klassen gewöhnliches Fensterglas und für die der Aborte und Waschräume Milchglas oder Ornamentglas verwendet.
Türen. Man unterscheidet zwischen Drehtüren und Schiebetüren. Beide werden gewöhnlich einflügelig ausgeführt. Schiebetüren werden nur dann angewendet, wenn es an Platz für die aufschlagenden Drehtüren mangelt.
Die Einsteigtüren an den Langseiten der P. sind fast stets einflügelige Drehtüren, die in 3 kräftigen Gelenkbändern hängen und in der Regel nach außen aufschlagen, wobei sie sich meist von links nach rechts öffnen. Nach innen aufgehende Türen, wie sie z.B. an den Vorbauten französischer D-Zugwagen zu finden sind, bieten wohl größere Sicherheit gegen Hinausfallen bei zufälligem Öffnen, sind aber beim Aussteigen hinderlich und können nur schwer dicht gehalten werden.
Die lichte Öffnung der Seitentüren ist 600 bis 700 mm breit und 1∙822 m hoch. Das Rahmenwerk dieser Türen wird zuweilen aus Formeisen, gewöhnlich jedoch aus Eichen-, Eschen- oder besser noch aus dem sich nicht so leicht verziehenden Teakholz hergestellt und innen mit Holz, außen wie der Kasten mit Blech oder Holz verschalt. Die Längsrahmen der Türen sind bei Durchgangswagen gerade, bei Abteilwagen unten, gleich den Kastenwänden, geschweift. Die Oberrahmen und Längsrahmen der Seitentüren sind, wie die Abb. 45 ff. zeigen, seitlich stufenförmig abgeschrägt und mit einer Eisenleiste beschlagen. Bei geschlossener Tür legt sich der Stufenabsatz des Türrahmens an den mit Leder oder Filzstreifen aufgefütterten Absatz des Türfalzes an, während der halbrunde Kopf der Beschlagleiste außen die Fuge zwischen der Tür und dem Rahmen der Türöffnung abdeckt. Unten schlägt die Tür in einen Ausschnitt der Bodenschwelle. Die Abdichtung wird hier durch ein Winkeleisen bewirkt, das auf der Innenseite des unteren Türrahmens sitzt und in eine Nut der Bodenschwelle[50] greift. Im Wageninnern werden die Einsteigtüren an den Seiten und oben durch Lederstreifen abgedichtet, die etwas über den Rand der Türöffnung vorstehen und mit Holzleisten an der Wand befestigt sind.
Bei allen P., deren Seitentüren nach außen aufschlagen, müssen innen an den Öffnungen dieser Türen neben dem Türfalz Schutzvorrichtungen (Fingerschutzleisten) gegen Verletzungen angebracht werden (s. § 1375 der TV. von 1909). Die Fingerschutzleiste, die in neuerer Zeit meist zu beiden Seiten der Türöffnungen angeordnet wird, besteht in der I. und II. Klasse aus einem mit Plüsch überzogenen Leder- oder Pappstreifen, in der III. Klasse aus einer gekehlten Holzleiste.
An der Innenseite der Türen sind zur Erleichterung des Einsteigens Handgriffe oder schräg laufende Seile mit einem Überzug von Stoff oder Ledergeflecht angebracht.
Die Seitentüren haben meist 2 Verschlußvorrichtungen, darunter einen Vorreiber oder Einreiber. In neuerer Zeit werden die Verschlüsse vielfach so eingerichtet, daß die Türen auch von innen geöffnet werden können.
Nach § 1372 der TV. von 1909 müssen bei Neubauten und größeren Umbauten alle äußeren Handgriffe der Türverschlüsse, die sich nicht von innen handhaben lassen, so angeordnet werden, daß sie auch vom Innern des Wagens aus bei offenem Fenster mit der Hand erfaßt werden können.
Wenn die Türen Dornverschluß erhalten, so müssen im Vereinsgebiet die Dorne und Schlüssel die in § 1374 der TV. von 1909 vorgeschriebenen Abmessungen haben.
Bei P. der Untergrundbahnen und bei solchen einzelner Stadt- und Vorortbahnen mit Massenverkehr sind an den Langseiten Schiebetüren angebracht. So verwendet z.B. die amerikanische[51] Illinois-Zentralbahn, die die hauptsächlichsten Vorortlinien von Chicago besitzt und zu bestimmten Tageszeiten einen außergewöhnlich großen Verkehr bewältigen muß, in ihren Vorortzügen P. mit 2 Seitengängen und 12 Schiebetüren an jeder Langseite. Die Türen werden gleichzeitig und selbsttätig von einer mit Preßluft betriebenen Vorrichtung zugeschoben und verschlossen. Durch Umsteuerung der Vorrichtung werden die Verschlüsse gelöst und die Reisenden können dann die Türen selbst öffnen. (Nähere Beschreibung dieser interessanten Einrichtung s. Eis. T. d. G. [Personenwagen u.s.w.], 2. Aufl.)
Die Stirnwände der P. mit offenen Endbühnen erhalten zweckmäßig Schiebetüren mit obenliegenden Führungsrollen (s. Abb. 46) und einem Fallenschloß, das innen und außen einen Handgriff hat. Einseitig aufschlagende Drehtüren sind hier beim Betreten und Verlassen der Wagen oft sehr hinderlich. Um diesem Nachteil abzuhelfen, hat man die Drehtüren als Umstelltüren ausgebildet, die sich rechts und links, beim Betreten des Wagens also stets auf der Einsteigseite, öffnen lassen.
Die badischen Staatseisenbahnen wenden eine Umstelltür, Bauart Fischer & Kiefer, an, bei der ein mit den Türdrückern verbundenes Hebelwerk die Zapfen der Gelenke (Scharniere) auf der aufgehenden Seite aushebt, wenn man den Türgriff zum Öffnen der Tür niederdrückt.
Bei der auf österreichischen Bahnen (z.B. Wiener Stadtbahn) gebräuchlichen Umstelltür von Belcsak ist die eigentliche Tür in einem eisernen Rahmen drehbar gelagert, der gleichfalls, aber im entgegengesetzten Sinn wie die Tür, in Gelenken drehbar ist. Die beiden Schlösser sind durch eine Verbindungsstange in Abhängigkeit gebracht, so daß immer das eine beim Öffnen des andern verriegelt wird.
Die Umstelltüren müssen sehr genau gearbeitet sein, aus besten Stoffen hergestellt und äußerst sorgfältig unterhalten werden.
Die Türen der Zwischenwände und die der Abteile in Seitengangwagen werden vielfach als Schiebetüren gebaut. Die Türen der Zwischenwände werden ebenso wie die Stirntüren beim Öffnen in die Wand hineingeschoben, die der Abteile laufen außen vor der Wand. Beide haben oben liegende Führungsrollen und einfache Schnappschlösser mit Drücker, die Abteiltüren außerdem meist noch einen Riegel, der von außen mit dem Dornschlüssel, von innen mit einem Griff bewegt werden kann. Bei neueren deutschen D-Zugwagen werden für die Abteilschiebetüren Schlösser (Bauart Kiekert) verwendet, die die Türen in den beiden Endstellungen festhalten.
Die Verbindungstüren der Gangabteilungen in D-Zugwagen sind gewöhnlich als Pendeltüren ausgeführt und haben, damit sie nach beiden Richtungen durchschlagen können, entsprechend eingerichtete Gelenkbänder und Schlösser.
Bei Wagen mit geschlossenen Endbühnen werden teils einflügelige teils doppelflügelige Stirntüren verwendet, die nach innen oder außen aufschlagen. Die Bauart dieser Türen ist im allgemeinen dieselbe wie die der Seitentüren. Die Fenster der Stirntüren sind jedoch fest eingesetzt.
Offene Endbühnen, auf denen sich die Reisenden während der Fahrt aufhalten dürfen, müssen an den seitlichen Einsteigöffnungen einen sicheren Abschluß erhalten. Die hierfür vielfach benutzten, nach innen aufgehenden Drehtüren sind bei besetzten Endbühnen für das Ein- und Aussteigen sehr unbequem, weshalb man sie vielfach durch aufklappbare Gestänge (wie z.B. bei den P. der Stadtbahn in Wien, den badischen Staatseisenbahnen) oder durch aufschlagbare Gitter (wie z.B. bei P. der bayerischen Staatseisenbahnen) ersetzt hat. Die früher üblichen einfachen Einhängstangen sind wegen der Gefahr unbeabsichtigten Öffnens des Verschlusses nicht zu empfehlen.
Übergangseinrichtungen.
Die Durchgangswagen sind mit Einrichtungen ausgestattet, die den Übergang von[52] einem Wagen zum andern ermöglichen. Die nur für die Zugmannschaft bestimmten Übergänge bestehen gewöhnlich aus einer Brücke und einer seitlichen Anhaltstange. Statt dieser findet man häufig auch Ketten oder Lederseile, die in Haken der einander gegenüberliegenden Plattformstirnwände eingehängt werden. Übergänge, die während der Fahrt von den Reisenden betreten werden dürfen, müssen besondere Schutzvorrichtungen gegen Hinabfallen erhalten und bei Schnell- und Luxuszugwagen überdies zum Schutz gegen die Witterung vollständig geschlossen werden.
Die österreichischen Staatsbahnen und die bayerischen Staatseisenbahnen verwenden als Seitenschutz für die Übergänge der P. mit offenen Plattformen beiderseits sog. Scherengitter mit gefalteten Stoff- oder Lederwänden. In Württemberg werden auf jeder Seite des Übergangs 3 in verschiedener Höhe angeordnete, an Federkolben hängende Ketten als Schutzvorrichtung benutzt.[53]
Die Schnellzug- und Luxuswagen erhalten fast überall aus Leder oder anderen wasserdichten Stoffen hergestellte Faltenbälge, die den Übergang ganz umschließen. Die im Gebiet des VDEV. übliche Anordnung der Faltenbälge ist in Abb. 47 dargestellt (vgl. auch § 136 der TV. von 1909)9. Die an drehbaren Armen federnd aufgehängten, eisernen Faltenbalgrahmen werden durch 6 Vorreiber verkuppelt, nachdem zuvor die Paßstifte jedes Rahmens in die zugehörigen Löcher des andern Rahmens geschoben sind. Die Rahmen haben je 7 aufeinander passende Bohrungen, damit sie auch mit Durchsteckschrauben verbunden werden können. Nach Lösung der Kupplung werden die Faltenbälge gegen die Stirnwände zurückgeschoben und durch Vorreiber festgestellt.
Bei Faltenbalgwagen mit nach innen aufschlagbaren Stirntüren müssen die Übergänge mit geländerartigen Schutzvorrichtungen versehen werden. Wagen mit nach außen aufschlagenden Stirntüren bedürfen solcher Schutzvorrichtungen zwar nicht, sie müssen aber Ösen haben, in die gegebenenfalls die Schutzvorrichtungen eines benachbarten Wagens der ersten Art eingehängt werden können.
Lüftungseinrichtungen.
Die Lüftung der P. zählt zu jenen Aufgaben des Eisenbahnbetriebs, für die eine vollständig befriedigende Lösung bisher noch nicht gefunden worden ist.
Früher wurde es auf allen Bahnen als ausreichend erachtet, die Abteile durch Öffnen der Fenster mit frischer Luft zu versorgen. Diese Art der Lüftung (natürliche Lüftung) ist nur in der wärmeren Jahreszeit bei günstiger Witterung durchführbar; sie hat den Nachteil, daß die Reisenden durch Zugluft, Sand, Rauch, Flugasche u.s.w. belästigt werden.
Um bei geschlossenen Fenstern einen Luftaustausch zu ermöglichen, hat man über den Fenstern, im Dach oder im Oberlichtaufbau Lüftungsöffnungen angebracht, die durch Schieber oder durch Klappen verschlossen werden können. Von außen werden diese Öffnungen zum Schutz gegen Regen und Schnee gewöhnlich mit Kappen gedeckt. Bei Anwendung von Schiebern wird vor die Öffnungen ein feines Drahtsieb gesetzt, das den Zweck hat die Zugwirkung des eindringenden Luftstroms abzuschwächen und Sand u.s.w. vom Wageninnern abzuhalten. Eine ausgiebige Lufterneuerung läßt sich durch die verhältnismäßig kleinen Öffnungen nicht erzielen. Bei kaltem Wetter werden sie zudem von den Reisenden meist verschlossen und kommen dann überhaupt nicht zur Wirkung.
In neuerer Zeit wird für P. fast allgemein künstliche Lüftung angewendet. Dabei wird in der Regel so verfahren, daß man entweder nur die verdorbene Luft absaugt oder, wie es jetzt auf einzelnen amerikanischen Bahnen geschieht, frische Luft zuführt und gleichzeitig die verbrauchte absaugt. Im ersten Fall dringt die frische Luft von außen durch die Fenster, Türen oder Fugen in das Wageninnere wegen des dort herrschenden Unterdrucks. Im zweiten Fall wird die frische Luft während der Fahrt an den Stirnseiten der Wagen aufgefangen und durch besondere, in der Nähe des Fußbodens ausmündende Leitungen in die Wagen geführt.
Die Absaugvorrichtungen sind fast immer am Dach untergebracht; sie benutzen zur Absaugung in der Regel den durch die Fahrt entstehenden Luftstrom. Die vielfach den Schornsteinaufsätzen nachgebildeten Sauger dieser Art sind teils fest teils drehbar angeordnet, manchmal auch mit den Kaminen der Lampen zusammengebaut. In Deutschland werden hauptsächlich Wolpert-Sauger, Grove-Sauger, Torpedosauger oder Potsdamer Sauger (s. Abb. 48, 49, 50, 51) verwendet.
Über die Wirksamkeit dieser und anderer Sauger gibt ein in Glasers Ann. 1906, Bd. LIX, S. 145 ff. enthaltener Aufsatz von Prof. Rietschel, Berlin-Grunewald, näheren Aufschluß.
Die Luft wird aus den Wagen zuweilen auch durch Flügelräder abgesaugt, die entweder elektrisch oder von einem auf ihrer Achse sitzenden und über dem Dach angeordneten Windrad angetrieben werden.
Die amerikanische Pennsylvania-Eisenbahn wendet in ihren P. seit etwa 15 Jahren eine auf Grund zahlreicher Versuche durchgebildete Lüftungseinrichtung an, durch die frische Luft zugeführt und die verbrauchte abgesaugt wird. Die Leistung der Einrichtung ist derart bemessen, daß bei geschlossenen Fenstern und Türen und normaler Fahrgeschwindigkeit in der Stunde 60.000 Kubikfuß (rd. 1700 m3) oder für 1 Reisenden 1000 Kubikfuß (28∙32 m3) Luft gefördert werden, wobei alle 4 Minuten oder 15mal in der Stunde eine vollständige Lufterneuerung im Wagen erfolgt.
Die Einrichtung (Abb. 52 u. 53) besteht aus 2 an schräg gegenüberliegenden Dachecken angebrachten Luftfängern, den nötigen Luftleitungen und einer entsprechenden Anzahl Deckensauger. Die Luftfänger sind mit einer Umstellklappe versehen, die so eingestellt werden kann, daß die Luft stets in der Fahrrichtung eintritt. Die äußere Mündung der Luftfänger ist zur möglichsten Abhaltung von Staub und Ruß mit einem feinen Drahtsieb überzogen.[54]
An jeden der beiden Luftfänger schließt sich ein senkrechter, mit einer Drosselklappe absperrbarer Schacht an und an jeden dieser Schächte ein zwischen Fußboden und Blindboden eingebauter, auf die ganze Kastenlänge durchgeführter Kanal, wovon der eine an der rechten, der andere an der linken Seitenwand verlegt ist. Unmittelbar über dem Fußboden ist an jeder Seitenwand ein durch den ganzen Wagen laufender, rechteckiger Kasten angeordnet, der zur Aufnahme der Heizröhren dient und mit dem unteren Kanal durch Schächte verbunden ist. Von diesem Kasten zweigt unter jedem Sitz ein bis zum Mittelgang durchgeführtes und an seinem Ende offenes, verzinktes Eisenrohr von 203 mm lichtem Durchmesser ab.
Die frische Luft tritt während der Fahrt durch die Fänger ein, strömt in den senkrechten Schächten nach abwärts zu den unteren Kanälen, dann wieder nach aufwärts zu den oberen Kanälen und schließlich durch die Abzweigrohre in das Wageninnere. Während der kälteren Jahreszeit wird die Luft in den oberen Kanälen erwärmt, so daß sich die Reisenden trotz der raschen Lufterneuerung durch die zuströmende Luft nicht belästigt fühlen.
Der Abzug der verbrauchten Luft wird durch die Deckensauger so geregelt, daß im Wagen ein kleiner Überdruck entsteht, damit das Eindringen von Zugluft an Tür- und Fensterspalten vollständig verhütet wird.
Durch Schließen der Drosselklappen in den absteigenden Leitungen kann man nötigenfalls die Luftzufuhr absperren und schlechte äußere Luft oder Rauch (z.B. bei Fahrten durch Tunnel) vom Wageninnern abhalten.
Die Einrichtung hat sich bei Wagen mit nur wenig oder gar nicht unterteiltem Innenraum bewährt. Ob sie sich auch für Wagen mit zahlreichen voneinander getrennten Abteilen verschiedener Größe eignet, ist noch als offene Frage zu betrachten. Die Herstellungskosten der Einrichtung sind nicht unerheblich; der Betrieb ist im Winter sehr teuer, weil infolge der raschen Lufterneuerung große Luftmengen in kurzer Zeit erwärmt werden müssen.
Es erübrigt noch, hier auch auf den im Bulletin d. Int. Eis.-Kongr.-Verb. (deutsche Ausgabe Bd. XXIII, H. 2 vom Februar 1909) veröffentlichten Bericht eines Ausschusses der Master Car Builders Association über die Lüftung und Heizung der P. auf amerikanischen Bahnen hinzuweisen.
Beleuchtungs- und Heizungseinrichtungen s. die besonderen Artikel.[55]
V. Äußere Ausstattung.
Anstrich.
Eiserne Untergestelle werden zunächst sorgfältig gereinigt, dann mit einer rostschützenden Farbe und hierauf mit einer Ölfarbe in dem von der Verwaltung vorgeschriebenen Farbenton gestrichen. Radsterne und Achsen erhalten meist den gleichen Anstrich, Achsbüchsen, Federn, Bremsteile, Gasbehälter, Zug- und Stoßvorrichtungen, Fußtritte, eiserne Anhaltstangen und Handgriffe aber immer schwarzen Anstrich. Die Holzteile der Untergestelle werden vielfach nur mit heißem Leinöl, manchmal auch noch mit grauer Ölfarbe gestrichen.
Die Verschalungsbleche sind vor der Anbringung mit Bimsstein und Wasser sauber abzuschleifen und auf der Innenseite mit fetter Ölfarbe anzustreichen. Nach der Befestigung am Kastengerippe müssen sie außen nochmals gut gereinigt und abgeschliffen werden. Sodann sind folgende Arbeiten vorzunehmen:
1. Grundanstrich mit einer sehr dünnen (mageren) Ölfarbe;
2. Auskitten der Schraubenlöcher und sonstiger Vertiefungen;
3. drei- bis fünfmaliges Auftragen von Spachtelgrund je nach der Dicke der einzelnen Schichten;
4. Abschleifen mit Bimsstein;
5. Anstrich mit einer mageren Ölfarbe von dem Farbenton, der für den Wagen verlangt ist, und nach dem Trocknen des Anstrichs Auskitten der sich zeigenden Unebenheiten und Risse mit Spachtelgrund sowie Nachschleifen der ausgekitteten Stellen;
6. zwei oder 3 Anstriche mit einer fetteren Ölfarbe von dem gleichen Farbenton wie unter 5 angegeben;
7. zwei Überzüge mit Schleiflack, nach jedem Überzug Schleifen der Blechtafeln mit feingemahlenem Bimsstein;
8. Anbringung der Aufschriften und Einfassungslinien;
9. Überzug mit feinem Kutschenlack.
Bei einfacheren Wagen wird zuweilen ein kürzeres Arbeitsverfahren angewendet. Die Behandlung mit Schleif- und Kutschenlack entfällt und die Wagen erhalten nach dem Auftragen der zweiten Farbe (6) einen Anstrich mit einer Lackfarbe: Japanlack, Ripolin od. dgl. und auf diesem die Aufschriften und Einfassungslinien, die dann nach dem Trocknen noch überlackiert werden.
Um haltbare Anstriche zu erzielen, muß man bei jedem Arbeitsverfahren streng darauf achten, daß ein neuer Anstrich erst gegeben wird, wenn der vorausgehende gut durchgetrocknet ist. Die für den vollständigen Anstrich eines Wagens benötigte Zeit ist von der Wärme in der Lackierwerkstätte abhängig. Sie beträgt 1825 Tage. Manche Verwaltungen haben ihren Lackierwerkstätten besondere Trocken räume angegliedert, in denen die zu lackierenden Wagen nach jedem Arbeitsabschnitt 58 Stunden lang einer Temperatur von 8090° C ausgesetzt werden. Die Gesamtzeit für den Anstrich wird auf diese Weise um etwa 8 Tage gekürzt.
Holzverschalungen werden entweder ebenso wie die Blechverkleidungen behandelt oder, wenn sie aus feineren Hölzern hergestellt sind, nur mit farblosem Lack mehrmals überzogen.
Anschriften und Schilder.
P. müssen gleich den Güterwagen an den Seitenwänden und den Langträgern eine Reihe von Anschriften erhalten, die über die Eigentumsverwaltung, die Wagennummer, die Gattung des Wagens, das Eigengewicht, die Zeit der letzten Untersuchung, den Radstand, das Vorhandensein von Lenkachsen, die Art der durchgehenden Bremse oder Leitung für eine solche und über sonstige Verhältnisse der Wagen Aufschluß gibt (vgl. Anschriften).
In neuerer Zeit findet man in Deutschland allgemein und ebenso auf vielen Bahnen anderer Länder an den Seitenwänden der P. Laufschilder mit der Bezeichnung des Reisewegs der Wagen. Die gleichen Schilder sind in den deutschen D-Zugwagen auch in den Seitengängen angebracht, damit sich die Reisenden während der Fahrt darüber versichern können, ob sie den richtigen Wagen benutzen.
Fußtritte, Anhaltgriffe, Signalstützen.
Zum Besteigen der Wagen, der Bremshäuser und der Dächer sind Fußtritte und Anhaltgriffe nötig. Die von den Reisenden benutzten Einsteigtritte an den Langseiten der Wagen werden aus Holz oder Riffelblech hergestellt. Die Tritthalter sind an den Langträgern, bei Drehgestellwagen manchmal an den Drehgestellrahmen befestigt. Hölzerne Tritte werden an den Enden durch ein übergezogenes Eisenband oder durch lange Bolzen gegen Reißen gesichert und zur Verhütung des Abrutschens bisweilen mit geriffelten Gummiplatten belegt, meist aber nur an den vorderen Rändern der oberen Fläche mit geriffelten Metalleisten besetzt.
Bei Abteilwagen besteht die untere Trittstufe an den Langseiten aus einem Laufbrett, das auf die ganze Wagenlänge und über die Stirnbalken hinaus durchgeführt ist, damit die Zugbeamten während der Fahrt von einem Wagen zum andern übertreten können.
Die Enden der Laufbretter und Tritte müssen hinter der Stoßfläche der nicht eingedrückten Buffer mindestens um 300 mm zurückstehen (§ 135 der TV. von 1909). Die unteren Trittstufen der P. werden so weit ausladend und so tief angeordnet, als es die von den Verwaltungen vorgeschriebenen Umgrenzungslinien der Fahrzeuge gestatten. Die Ausladung der[56] Tritte muß aber bei längeren Wagen mit Rücksicht auf das Befahren von Krümmungen nach den im Abschn. IV dieses Aufsatzes besprochenen Vorschriften eingeschränkt werden.
Die gewöhnlich für jedes Abteil einzeln ausgeführten, über dem Laufbrett befindlichen zweiten Trittstufen der Abteilwagen reichen beiderseits etwas über die Türöffnung hinaus; ihre Vorderkante liegt in einer durch die Vorderkante der Türschwelle und der unteren Trittstufen bestimmten Ebene.
Der Aufstieg ist bei Abteilwagen im allgemeinen unbequem; wesentlich günstiger gestaltet er sich bei den Durchgangswagen, weil bei diesen die oberste Stufenkante näher an die Wagenmitte gelegt werden kann.
Wenn sehr breite Wagen Mitteleingänge haben, so müssen die zugehörigen Fußtritte während der Fahrt hochgeklappt oder unter den Wagen hineingeschoben werden können.
Bei D-Zugwagen und anderen Durchgangswagen der deutschen Bahnen sind unter den Seitenfenstern an den Kastenlangschwellen oft Notfußtritte angebracht, die dazu bestimmt sind den Reisenden bei Unfällen das Verlassen der Wagen zu erleichtern.
Die Anhaltgriffe werden aus Eisen oder Rotguß hergestellt und so angebracht, daß sie beim Auf- und Absteigen bequem erfaßt werden können.
Abteilwagen sind mit senkrechten Anhaltgriffen neben den Türen und zum Anhalten beim Begehen der Laufbretter mit wagrechten Stangen zwischen den Türöffnungen ausgerüstet. Durchgangswagen mit geschlossenen Vorbauten haben senkrechte Anhaltgriffe an den Türsäulen und Durchgangswagen mit offenen Plattformen senkrecht oder schräg laufende Anhaltgriffe zu beiden Seiten der Einsteigtritte an den Kastenstirnwänden und Plattformsäulen.
Die Durchgangswagen einiger deutscher Bahnen haben außerdem an den äußeren Seitenwänden unter den Fenstern Handgriffe, die demselben Zweck dienen wie die vorerwähnten Notfußtritte.
Anhaltstangen sind ferner neben den Aufsteigleitern zu den Bremshäusern und den Dächern und, soweit erforderlich, auch auf den Dächern selbst angeordnet.
Bei allen Fahrzeugen ohne Notketten müssen nach § 80 der TV. von 1909 an jeder Kopfschwelle 2 Handgriffe für die Wagenkuppler angebracht werden.
Die Stirnseiten der P. sind zum Aufstecken der Zugsignale mit Signalstützen versehen. Die Ausführung der Signalstützen und ihre Anordnung an den Wagen ist für das Gebiet des VDEV. in § 81 der TV. von 1909 festgelegt.
VI. Innere Einrichtung.
Sitzbänke.
Die Sitzbänke sind fast stets in der Querrichtung, selten in der Längsrichtung der Wagen aufgestellt. In der I. und II. Klasse sind sie gepolstert und gefedert, in der III. Klasse dagegen aus Holz angefertigt und auf englischen und einigen französischen Bahnen mit einer leichten Polsterung versehen. Die IV. Klasse hat entweder keine oder nur wenige Holzbänke, dafür aber größere Stehräume, in denen die Fahrgäste Traglasten und umfangreicheres Reisegepäck unterbringen können.
Die Höhe der Sitze beträgt 450480 mm. Die in den verschiedenen Ländern üblichen Maße für die Breite und Tiefe der Sitze und für den freien Raum zwischen 2 gegenüberliegenden Bänken sind aus den zu Abschn. II beigegebenen Wagenzeichnungen zu ersehen.
Abteilwagen haben gewöhnlich auf einer die ganze Wagenbreite einnehmenden Querbank
der I. Klasse 3 Sitzplätze
der II. Klasse 4 Sitzplätze
der III. Klasse 5 Sitzplätze
In den D-Zugwagen der deutschen und in zahlreichen P. der österreichischen Bahnen sind auf einer Querbank
der I. Klasse 2 Sitzplätze
der II. Klasse 3 Sitzplätze
der III. Klasse 4 Sitzplätze
Die italienischen, die französischen und einige andere Bahnen dagegen statten die Bänke in den D-Zugwagen mit derselben Anzahl Sitzplätze aus wie die der Abteilwagen.
Die Sitze und die Rücklehnen sollen tunlichst der Körperform angepaßt sein. Sie werden in der I. und II. Klasse getrennt ausgeführt, in der III. und IV. Klasse als zusammenhängendes Ganzes.
Sitze I. und II. Klasse. Die Sitzkissen der beiden oberen Klassen haben einen Holzrahmen. Über diesen sind in der Längs- und Querrichtung breite, kräftige Hanfgurte gespannt und auf deren Kreuzungsstellen Spiralfedern (Sprungfedern) aus 34 mm starkem, verkupfertem Stahldraht mit Bindfaden befestigt. Die vorne und seitlich am Rand befindlichen Federn sind mit einem Bügel aus 5 mm dickem Stahldraht verbunden. Der Bügel dient zur Bildung der Kanten und verhindert die Federn am seitlichen Ausweichen, erhält also die Form der Kissen.
Die Federn sind unter sich verschnürt und auf das richtige Höhenmaß niedergespannt. Der Federrost ist mit einem kräftigen Oberzug aus Zwillich versehen, dann folgen eine dicke Schicht Seegras und eine dünne Schicht von Roßhaaren und darüber wieder ein Überzug[57] von ungebleichter Leinwand. Die beiden losen Schichten sind durch Abheften gegen Verschieben gesichert und an den Rändern sind durch Abnähen wulstartige Kanten hergestellt. Das so vorgerichtete Kissen ist mit einer durch Schnur befestigten dicken Schicht von Roßhaaren belegt, hierauf mit feiner Leinwand und zuletzt mit Tuch, Plüsch, Leder oder einem andern geeigneten Stoff überzogen.
Sitze mit Auflagkissen erhalten über dem Federrost nur eine Polsterung mit Seegras und etwas Roßhaaren und einen Überzug aus Drell oder Leinwand.
Statt der Hanfgurte sind auch Tragroste aus gewelltem und verzinntem Stahldraht in Gebrauch.
In neuerer Zeit werden Polsterungen mit einem aus Stahlbändern bestehenden Federkorb verwendet, der getrennt vom eigentlichen Polster hergestellt, in den Holzrahmen des Polsters eingeschoben und damit verschraubt ist. Diese Anordnung hat den Vorteil, daß die Polster leicht gereinigt und ausgebessert werden können.
Die Traggestelle der Sitzkissen sind aus Holz und häufig mit der Rückwand des Abteils durch Flacheisenbügel verbunden. Zum Schutz gegen den Staub und die strahlende Wärme der Heizrohren werden die Sitze unten am Rahmen mit Asbestschiefer oder Steinpappe belegt.
Die Rücklehnen sind in ähnlicher Weise gepolstert wie die Sitze. Sie haben gewöhnlich, entsprechend der Sitzeinteilung, entweder in der Mitte eine oder rechts und links vom Mittelplatz je eine aufklappbare, gepolsterte Armlehne und darüber feste Kopfbacken, außerdem an den Seiten feste, gepolsterte Armlehnen oder lose, zwischen Wand und Sitzbank eingeschobene Keilkissen, die auch als Kopfpolster verwendet werden können, und über diesen ebenfalls feste Kopfbacken. Zuweilen sind in Abteilen I. Klasse die Armlehnen durch lose und die Kopfbacken durch abknüpfbare Rollen ersetzt.
Bei den D-Zugwagen der preußisch-hessischen Eisenbahnen werden für die Abteile I. Klasse verhältnismäßig niedrige Rückenpolster benutzt, damit die Reisenden, wenn sie sich dagegen lehnen, den Hut nicht abnehmen müssen. Über den Rücklehnen ist in der Mitte ein fester Kopfbacken angebracht und für jeden Sitzplatz sind 2 lose aufgehängte Daunenkissen und 1 Armrolle beigegeben.
Auf den nordamerikanischen Bahnen sind Sitze von sehr verschiedener Bauart in Benutzung. Am häufigsten findet man in den Tageswagen Polsterbänke mit beweglichen, am Gestell drehbar gelagerten Rücklehnen, die sich umlegen lassen, so daß man nach Belieben vor- oder rückwärts sitzen kann. Der auf Taf. II, Abb. 7 dargestellte dänische P. ist mit der gleichen Sitzeinrichtung versehen. Die amerikanischen Luxuswagen haben teils feste Polstersitze, teils Korbsessel, Drehsessel oder ähnliche Sitzgelegenheiten.
Schlafeinrichtungen. Die Sitze in den Abteilen I. Klasse sind häufig, die der Schlafwagen stets so eingerichtet, daß sie in der Nacht zu Schlaflagern umgewandelt werden können. Die Lagerstätten sind entweder in der Längsrichtung oder in der Querrichtung der Wagen angeordnet. Man unterscheidet hiernach Längs- und Querbetten.
Bei einer früher für Abteilwagen verwendeten Einrichtung der Wagenbauanstalt Gebr. Gastell in Mainz wurde das Schlaflager durch Umlegen der einander gegenüber stehenden, rückwärts gepolsterten Rücklehnen, von denen die eine einen Kopfpolster hatte, hergestellt. Die mit den Rücklehnen durch ein Hebelwerk verbundenen Sitzkissen wurden dabei gleichzeitig vorgeschoben und stützten das Lager.
In den Abteilwagen einiger deutscher Bahnen lassen sich die Sitzkissen der I. Klasse so weit vorziehen, daß sie zusammenstoßen; wenn dann noch die unteren Teile der dem Abort gegenüber befindlichen Rücklehnen umgeklappt werden, so entstehen 3 Schlaflager in der Längsrichtung des Wagens. Die umgelegten Rücklehnen dienen als Kopflager, die Kissen auf der entgegengesetzten Seite und eine an der Aborttür drehbar befestigte und herabschlagbare Polsterklappe als Fußlager. Diese und die erstbeschriebene Anordnung haben den Nachteil, daß der Zugang zum Abort durch die Schlaflager gesperrt wird und daß ein Reisender meist nicht ohne erhebliche Störung der Mitschläfer den Wagen verlassen kann.
Schlaflager in der Längsrichtung des Wagens finden sich noch bei französischen und bei amerikanischen Wagen.
Die von Canton erdachte und erstmals 1865 in Wagen der französischen Ostbahn angewendete Schlafeinrichtung ist auf Taf. IV, Abb. 2, dargestellt. Jedes Schlafabteil hat 3 bequeme Sitze. Hinter den Rücklehnen der Sitze ist ein Kasten eingebaut. Dieser hat vorne 3 mit den Rücklehnen verbundene Klappen, die um eine in ihrem unteren Drittel angeordnete Achse drehbar sind. Auf der Rückseite jeder Klappe befindet sich eine Sprungfedermatratze und auf dieser eine Roßhaarmatratze. In dem Kasten sind für jedes Bett eine lose Kopfrolle und 2 Kopfkissen untergebracht. Beim Herrichten der Schlaflager legt man die Klappen um, wobei diese auf[58] die durch Hebel und Schwingen selbsttätig herabgesenkten Sitzkissen zu liegen kommen. Die Einrichtung beansprucht viel Platz und hat wohl schon deshalb eine größere Verbreitung nicht gefunden.
In den amerikanischen Schlafwagen werden nachts zu beiden Seiten des Mittelgangs obere und untere Liegestätten in der Längsrichtung des Wagens bereitet. Die unteren Liegestätten gewinnt man durch Vorziehen der einander gegenüberstehenden Sitze und durch Einschieben der Rückenkissen in die Räume, die zuvor von den Sitzkissen eingenommen waren; die oberen Liegestätten entstehen durch Herunterklappen der oberhalb der Seitenfenster befindlichen, bei Tag schräg gegen die Decke hinaufgeschlagenen Matratzen. Hinter jeder derselben sind Keilkissen, Decken und eine lose Wand untergebracht, die auf die Rücklehne gesteckt wird und dazu dient die oberen Betten in der Längsrichtung zu trennen. Auf der Gangseite werden die Schlafräume durch Vorhänge abgeschlossen. Als Nachteil der Einrichtung ist zu bezeichnen, daß die freie Höhe über den Sitzen bei Tag durch die tief herabreichenden Klappen der oberen Betten sehr beengt wird.
Die Schlafwagen der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen und die der Internationalen Schlafwagengesellschaft haben Einrichtungen zur Herstellung von 4 Querbetten in einem Vollabteil und von 2 Querbetten in einem Halbabteil. Ähnliche Anordnungen sind auch in den Abteilen I. Klasse vieler D-Zugwagen der großen europäischen Festlandsbahnen anzutreffen. Bei der ältesten dieser Anordnungen, die heute noch für Schlafwagen allgemein gebräuchlich ist, wird die Rücklehne hochgeklappt, in wagrechter Lage verriegelt und außerdem durch Gurten an der Decke befestigt. Nach Zurückschlagen der in der unteren Hälfte der Rücklehne angenähten Polsterklappe entsteht oben eine ebene Liegestätte. Das Unterlager ergibt sich auf der etwas vorgezogenen Sitzbank, bei Schlafwagen auf der Unterseite der hier wendbaren Bank. Lose beigegebene Rollen dienen in den D-Zugwagen als Kopfpolster. In den Schlafwagen werden für jedes Bett 1 Matratze, 1 Keilkissen, 1 Kopfkissen, 1 Leintuch und 2 wollene Decken in Leinenbezügen mitgeführt.
Zur Vergrößerung des Abstandes zwischen den oberen und unteren Liegestätten werden bei einer auf den württembergischen und anderen Eisenbahnen in D-Zugwagen eingeführten Schlafeinrichtung von Wetter gleichzeitig mit dem Aufklappen der Rücklehnen durch ein Hebelwerk die Sitze selbsttätig gesenkt und vorgeschoben.
Die Rücklehnen können in den eben besprochenen Fällen, weil ihre Vorderseite als Liegestätte zu dienen hat, nicht so gestaltet werden, daß sie beim Sitzen eine bequeme Rückenstütze bilden, auch dürfen sie in der Mitte weder Kopfbacken noch Armlehnen erhalten. Die bayerische Staatseisenbahn hat deshalb in einer Anzahl von Wagen eine vom Verfasser dieses Aufsatzes angegebene Einrichtung ausführen lassen. Bei dieser werden die in einem eisernen Rahmen drehbar gelagerten Rücklehnen nach dem Hochklappen vollständig in dem Rahmen durchgeschlagen und die gepolsterten Rückseiten der Lehnen als Oberlager benutzt. Diese Anordnung ermöglicht es, die Vorderseite der Rücklehnen ebenso bequem wie in Abteilwagen und mit Kopfbacken und Armlehnen auszustatten.
Die französische Ostbahn hat im Jahre 1906 auf der Mailänder Ausstellung einen D-Zugwagen vorgeführt, der in den Vollabteilen I. Klasse eine aus 4 Querlagern bestehende neue Schlafeinrichtung hatte. Die Oberlager sind in diesem Wagen vollständig getrennt von den Sitzbänken über deren Rücklehnen angeordnet und bei Tag gegen die Wand hinaufgeschlagen. Sie werden beim Herrichten der Schlaflager heruntergeklappt, verriegelt und mit Lederriemen an der Decke aufgehängt, nachdem zuvor die über ihnen angebrachten mit drehbaren Haltern versehenen Gepäcknetze dicht an die Wand zurückgedreht worden sind. Die die unteren Liegestätten bildenden Sitzbänke werden zur Erzielung einer möglichst großen Lagerbreite gegen die Wagenmitte vorgezogen. Die Einrichtung gestattet wie die bayerische Anordnung eine allen Anforderungen der Bequemlichkeit entsprechende Ausführung der Rücklehnen.
Sitze III. und IV. Klasse. Die Sitzgestelle der III. und IV. Klasse werden aus Holz oder Eisen hergestellt, die Sitzflächen und Rücklehnen der Holzgestelle aus verleimten Brettern, die der Eisengestelle aus gebogenen Holzfurnieren oder aus Holzlatten, die in Abständen von etwa 5 mm an das Sitzgestell angeschraubt sind. Bänke, unter denen Heizröhren liegen, sind durch ein auf ihrer Unterseite befestigtes Blech, durch Asbestschiefer oder Steinpappe gegen die strahlende Wärme geschützt.
In russischen Durchgangswagen III. Klasse sind die Sitzeinrichtungen oft auch als Schlaflager verwendbar. Die Wagen haben auf der einen Seite des Ganges Sitze mit 3 Plätzen, auf der andern Sitze mit einem Platz. Auf der breiten Sitzreihe dienen die Bänke als untere, die aufgeklappten Rücklehnen als mittlere und die Gepäckbretter als obere Querlager. Auf der schmalen Sitzreihe werden durch Einschieben[59] von Zwischenstücken zwischen den Sitzen und den aufgeklappten Rücklehnen der einander gegenüberstehenden Bänke obere und untere Liegestätten in der Längsrichtung gewonnen. Die recht wenig Bequemlichkeit bietende Einrichtung ist in anderen Ländern nicht nachgeahmt worden.
Ausstattung der Innenräume.
Wände und Decken. Die hölzernen Wände und Decken in den beiden unteren Klassen bekommen einen Ölfarben- und Lackanstrich, bei Verwendung edlerer Hölzer für die Wand- und Deckenschalungen wohl auch nur einen farblosen Lacküberzug. Die Decke streicht man stets weiß, die Wände dagegen werden gewöhnlich in einem gelblichen Holzton gehalten und vor dem Lackieren mit Masern bemalt.
Wände und Decken der 2 oberen Klassen hatten früher in der Regel Holztäfelung; heute bekleidet man sie vielfach mit anderen Stoffen u.zw. die Decken mit Steinpappe, Linoleum, Wachstuch, Linkrusta oder Pegamoid und die Wände unterhalb der Fenster mit Linoleum oder dem Stoff der Kissenbezüge und über den Fensterbrüstungen mit Wachstuch, Linkrusta, Pegamoid, Linoleum, Seide, Tuch u.s.w. Größere Wand- und Deckenflächen werden durch Aufsetzen von Zierleisten oder polierten Holzrahmen in Felder geteilt. Die Fenster- und Türöffnungen werden mit polierten Holzleisten eingefaßt. Damit die Einheitlichkeit der Ausstattung gewahrt bleibt, verwendet man für alle sichtbaren Holzteile die gleiche Holzgattung (Nußbaum, Mahagoni, Teakholz u.s.w.).
Wände und Decken der Seitengänge und Vorräume in den verschiedenen Klassen der D-Zugwagen werden in gleicher Weise behandelt wie die der Abteile.
Fußboden. Die Fußböden der III. und IV. Klasse werden mit einer dunkelgrauen oder braunen Ölfarbe gestrichen oder mit Linoleum überzogen und im Winter mit Kokosmatten belegt.
Die Fußböden in den oberen Klassen haben fast stets einen Linoleumbelag, über den in den Abteilen I. Klasse häufig Velour- oder Smyrnateppiche gebreitet werden. Im Winter werden die Teppiche entfernt und sowohl in die Abteile I. wie II. Klasse Kokosmatten oder Decken aus Kokosplüsch eingelegt.
Die Böden der Seitengänge und Vorräume in D-Zugwagen erhalten zur Schonung des Linoleumbelags oft hoch besondere Linoleumteppiche. In den Vorräumen der Schlaf- und der Speisewagen besteht der Bodenbelag manchmal aus geripptem Gummi.
Vorhänge, Fensterläden, Staubgitter, Fensterschutzstangen. Die Fenster der P. erhalten zum Schutz gegen die Sonnenstrahlen Schiebe- oder Rollvorhänge aus dicht gewebten, farbechten Stoffen. Vorhänge der zweiten Art werden durch Schraubenfedern nach oben aufgerollt, die der ersten Art hängen mit Ringen an Stangen und lassen sich seitlich verschieben.
Statt der Vorhänge werden namentlich in heißen Ländern oft gitterartige Holzläden angewendet, die man, wenn sie nicht gebraucht werden, in die Fensterschächte versenken kann.
Bisweilen sind P. auch mit Staubgittern ausgerüstet, die in den Fensterschächten untergebracht und bei vollständig herabgelassenen Fenstern in die Fensteröffnungen eingesetzt werden.
Vor den herablaßbaren Seitenwandfenstern im Gang, seltener auch vor denen in den Abteilen der D-Zugwagen, werden mit Rücksicht auf die ziemlich tief liegenden Fensterbrüstungen dieser Fahrzeuge feste oder bewegliche Schutzstangen angeordnet, die die Reisenden an dem gefährlichen Herausbeugen aus den Fenstern hindern und sie gegen Hinausfallen sichern. Die beweglichen Stangen können beim Ein- und Ausladen des Handgepäcks durch die Fensteröffnungen oder bei deren Benutzung als Notausgang nach oben oder unten geklappt, oder wie in den bayerischen Wagen mit dem einen Ende ausgehoben und zur Seite gelegt werden. Die festen Stangen lassen sich in Notfällen leicht zerbrechen oder abreißen.
Gepäckhalter, Hut- und Kleiderhaken. Die Gepäckhalter dienen zur Unterbringung des Handgepäcks in den P. und sind in entsprechender Höhe über den Sitzen an den Querwänden, bei Durchgangswagen, wenn Zwischenwände fehlen, entweder an den Längswänden oder in freistehender Anordnung über den Rücklehnen angebracht.
Hauptverhältnisse der auf den Tafeln IIV abgebildeten Wagen.
Die Gepäckhalter bestehen aus Eisen- oder Rotmetallträgern und einem Netzgeflecht oder einem Holzbelag (Bretter oder Latten). Die Träger sind an ihrem unteren Ende meist als Kleiderhaken ausgebildet oder mit solchen verbunden.
Hauptverhältnisse der auf den Tafeln IIV abgebildeten Wagen.
Hut- und Kleiderhaken werden auch an anderen geeigneten Stellen vorgesehen.
Sonstige Ausstattungsgegenstände. Als solche sind anzuführen:
Aschenbecher, Thermometer, Spiegel, Schilder mit der Eigentumsbezeichnung, der Wagennummer, dem Abteilzeichen, der Bezeichnung der Raucher-, Nichtraucher- und Frauenabteile, Anschläge mit den von den Reisenden zu beachtenden Bahnvorschriften, Karten des Bahnnetzes, Notbremszüge sowie Heiz-, Beleuchtungs- und Lüftungseinrichtungen.[60]
[62] Die D-Zugwagen enthalten überdies Klapptische, zusammenlegbare Tischchen, Klappsitze, Schilder mit den Platznummern, Laufschilder, Nothandgriffe an den Fenstern, häufig auch eine Handfeuerspritze und in einem unter Bleiverschluß befindlichen Glaskasten im Seitengang ein Beil und eine Säge zur etwaigen Benutzung bei Unfällen.
Es wäre noch zu erwähnen, daß in P. I. und II. Klasse der großen Durchgangslinien jetzt auch Bilderschmuck verwendet wird; so sind z.B. P. der schweizerischen Bundesbahnen, ferner einzelne P. der sächsischen, österreichischen und anderer Eisenbahnen mit Landschaftsbildern ausgestattet. Über die künstlerische Gestaltung der Inneneinrichtung von P. s. Künstlerische Gestaltung der Eisenbahn, Bd. VII, S. 16.
Aborte und Wascheinrichtungen.
S. den Aufsatz Aborte in Eisenbahnwagen, Bd. I, S. 28.
Ergänzend sei bemerkt, daß die Wascheinrichtungen, sofern der nötige Platz vorhanden ist, oft in besonderen, von den Aborten getrennten Räumen untergebracht werden. Bei den Schlafwagen werden entweder Waschräume zwischen die einzelnen Abteile eingebaut oder Waschschränke in den Abteilen selbst aufgestellt.
Wände, Decken und Böden der getrennten Waschräume sind in der Regel ähnlich wie die der Aborte ausgeführt.
Literatur: Eis. T. d. G. Wiesbaden 1910, Bd. I, 1. Abschn., 2. T. Stockert, Handbuch des Eisenbahnmaschinenwesens, Berlin 1908, Bd. I; Das deutsche Eisenbahnwesen der Gegenwart, Berlin 1911; Organ; Glasers Ann.; Ztschr. dt. Ing.; Bulletin, d. Int. Eis.-Kongr.-Verb. (deutsche Ausgabe); Rev. gén. d. chem.; Engg.; Railw. Gaz.; The Car Builders Dictionary, New York 1906; Railway Age Gazette (Mechanical Edition) including the American Engineer, New York-Chicago.
Biber.
1 | Vgl. Bericht der Technikerversammlung des VDEV. vom 10./12. März 1903 über die Fortschritte der Technik des deutschen Eisenbahnwesens in den letzten Jahren. VII. Abteilung. |
2 | S. den Bericht der französischen Nordbahn-Gesellschaft zur Pariser Weltausstellung 1900, S. 144. |
3 | Abbildung aus Eis. T. d. G. (Personenwagen u.s.w.), 2. Aufl. |
4 | Abbildung aus Eis. T. d. G. (Personenwagen u.s.w.), 2. Aufl. |
5 | Abbildung aus Organ 1900. |
6 | Abbildung aus Eis. T. d. G. (Personenwagen u.s.w.), 2. Aufl. |
7 | Abbildung aus Eis. T. d. G. (Personenwagen u.s.w.), 2. Aufl. |
8 | Abbildung aus Eis. T. d. G. (Personenwagen u.s.w.), 2. Aufl. |
9 | Abbildung aus Eis. T. d. G. (Personenwagen u.s.w.) 2. Aufl. |
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