Scherbe

1. Ain scherb gehöret zu der glut.Hätzlerin, II, 67, 403.


2. An den scherben sicht man, was ein hafen gewesen.Gruter, III, 5; Eyering, I, 89 u. 273; Lehmann, II, 35, 45; Eiselein, 600; Grubb, 5; Frommann, VI, 416, 21.

Aus den Handlungen, den Werken erkennt man Gesinnung, Charakter, Bildung, Talent. In Schwaben: An de Scherbe kennt ma da Hafe. (Nefflen, 451; Michel, 254.)

Holl.: Men ziet aan de scherven wel, hoedanig de pot was. (Harrebomée, II, 246b.)


3. Aus den Scherben erkennt man den Topf und aus dem Weisch (den Stoppeln) das Getreide.Simrock, 8968; Körte, 5301; Braun, I, 3842.

Frz.: On voit par les têtes de quoi le pot était composé.

Lat.: Cernitur amicus amore, more, ore, re. (Chaos, 45.) – Ex fimbria de texto judico. – Pulchrorum etiam autumnus pulcher. (Seybold, 464.) – Roma olim fuerit quanta ruina docet. (Philippi, II, 114.) – Spicam e culmo conjicere. (Sutor, 208; Seybold, 580.)


4. Die Scherben zeigen's an, dass der Hafen zerbrochen ist.Eiselein, 269.


5. Es gibt nirgends mehr Scherben als beim Krüger.Parömiakon, 685.

Der Sinn liegt in einem auf Kosten der Orthographie gemachten Wortspiels, indem statt Kriegen, aus denen sehr viele als Krüppel hervorgehen, Krüge gesetzt worden ist, die, zerschlagen, Scherben geben. Es könnten aber auch unter Krügen die Wirthshäuser gemeint sein, wo es auch nicht an Scherben fehlt.


6. Man sihet an scherben wohl, was für ein topff gewesen.Gruter, I, 58; Sailer, 184; Simrock, 10416; Grubb, 501.

Lat.: Cur male non sinis, homo, cum non sis, nisi cinis. (Sutor, 96.) – E culmo perspicitur spica demessa. (Binder II, 897; Eiselein, 13.)


7. Me g'seht dem Schirbi no jitz a, was mit dem Kacheli g'sih ist. (Bern.) – Schweiz, II, 298, 1.


8. On Scherb'nn siht mer sehr, wêi der Hôf'n woar. (Nürnberg.) – Frommann, VI, 416, 21.


9. Scherben findet man an allen Orten.

Lat.: Ollae contritae satis inveniuntur ubique. (Sutor, 912.)


[145] 10. Scherben klingen nicht.


11. Scherben lassen sich bös flicken vnd kitten. Mathesy, 138a.


12. Was einmal zu Scherben geworden ist, das wird nie wieder zum Topf.


13. Wo man auch mag Scherben lesen, sie riechen nach dem, was im Topf gewesen.

Poln.: Czem skorupa nawre, tém zawsze trąci. (Lompa, 8.)


*14. An alte Scherben sein. (Oberösterreich.)

So werden wol alle gebrechliche Leute in Oberösterreich genannt.


*15. Aus den Scherben sehen wie der Hafen (die Schüssel) war.

Lat.: E stipula cognoscere. (Binder I, 480; II, 911; Erasm., 156; Seybold, 165.) – Nec veteris formae gratia tota perit. (Cornelius.) (Binder I, 1080; II, 2025.) – Pulchrorum etiam autumnus pulcher. (Binder I, 1414; II, 2688; Weber, 2, 62.) – Spicam e culmo conjicere. (Manutius.) (Binder I, 1680; II, 3194.)


*16. Er hat Scherben zusammengeflickt.Lehmann, 776, 2.

Nutzlose Arbeit.


*17. Hätte ich nicht den Scherben weggenommen, hättest du die Perle nicht bekommen.Ehrmann, 127.

Ein rabbinischer Spruch, um zu sagen: Hätte ich dir nicht einen Wink gegeben, du hättest den Vortheil nicht erreicht u.s.w.


*18. Mit Scherben spielen.


*19. Scherben flicken.

Lat.: Ovum adglutinas. (Erasm., 395; Philippi, II, 79.)


*20. Sein zween Scherben darbey legen.

»Nachdem aber zu der Zeit nichts gelten musste, wo nicht der Römische Papst seine zween Scherben darbey legte, so u.s.w.« (Mathesius, Sarepta, 128.)


*21. Sie macht Scherben.

Zerbricht Geschirr.

Holl.: Zij maakt scherven. (Harrebomée, II, 246b.)


*22. Von den Scherben auf den Topf schliessen.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 145-146.
Lizenz:
Faksimiles:
145 | 146
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Selberlebensbeschreibung

Selberlebensbeschreibung

Schon der Titel, der auch damals kein geläufiges Synonym für »Autobiografie« war, zeigt den skurril humorvollen Stil des Autors Jean Paul, der in den letzten Jahren vor seiner Erblindung seine Jugenderinnerungen aufgeschrieben und in drei »Vorlesungen« angeordnet hat. »Ich bin ein Ich« stellt er dabei selbstbewußt fest.

56 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon