1. Auch Perlen verlieren ihren Glanz.
2. Die Perle im Miste ist so kostbar als die im Kranze.
3. Die Perlen findet man im Schlamm des Meeres und die besten Frauen unten im Volk.
Die Türken legen bei den Frauen kein Gewicht auf vornehme Abkunft, was sie durch dies Sprichwort ausdrücken. (Vgl. F. Bodenstedt, Die Stellung der Frauen im Orient.)
4. Die schönsten Perlen sind oft in den kleinsten Schalen.
Dän.: Tit findes de største perler udi de mindste skaller. (Prov. dan., 166.)
5. Ein Berlin ist des Lempfrids bruder.
»Ein Sprüchwort hat man: Ein Berlin ist des Lempfrids bruder.« (Forer, 181b.)
6. Eine Perle ist angenehmer im Vngerischen Gold, denn in schlechtem Silber. – Petri, II, 218.
Holl.: Eene parel toont zich schooner in het goud, dan wanneer zij op den mesthoop ligt. (Harrebomée, II, 172a.)
[1209] 7. Es sind viel Perlen im Meer, aber die Taucher kann man zählen.
8. Gebohrte Perlen haben weniger Werth als volle.
9. Kleine Perlen sind oft mehr werth als grosse Felsblöcke.
Nämlich, was man so »werth« nennt.
10. Man findet nicht allemal Perlen im Wasser. – 2 Kor. 6, 6; Fabricius, 53.
Man muss sich nicht einbilden, ein Glück, das uns einmal geworden, werde uns stets begegnen.
11. Man soll die Perlen nicht vor die Säue werfen. – Matth. 7, 6; Petri, II, 505; Blum, 429; Gaal, 1240; Simrock, 7736; Körte, 4603; Schulze, 19; Zehner, 436; Suringar, CIIC, 16; Lohrengel, II, 141; Braun, I, 3202.
Edles und Herrliches nicht dem, der es weder zu würdigen versteht, noch verdient. »It is nicht goed und plecht nicht to tögen, dat man de perlen werpet vor de sögen.« (Lauremberg, IV, 351.) Bei Tunnicius (6): Men sal de perlen nicht vor de swyne werpen. (Porcellis gemmas, gallo quis spargeret aurum.)
Mhd.: Swer berlîn schüttet für die swîn, die mugen niht lange reine sîn. (Freidank.) – Man sol diu mergriezzer vur diu swîn niht giezen, si niezzent ir niht, daz ist wâr, si behorgent si aver vil gar. (Zingerle, 136 u. 137.)
Böhm.: Před svinĕ nemáš perel metati, rovnĕt' po nich co po blátu budou šlapati. (Čelakovský, 18.)
Engl.: Pearls are ill valued by hungry swine. (Gaal, 1240.) – You must not throw pearls before swine. (Bohn II, 137.)
Frz.: Il ne faut pas semer des fleurs ou des perles, marguerites devant de porceaux. (Gaal, 1240; Masson, 274; Kritzinger, 440b.) – On monstre la Vierge Marie aux fols. (Leroux, I, 22.)
Holl.: Werp geene paarlen vor de zwijnen, zij mogten ze onder den draf inlijven. (Harrebomée, II, 172b.)
It.: Gettar le margherite ai porci. (Bohn I, 99.) – Non gittar perle dinanzi a porci. (Pazzaglia, 297, 1.)
Lat.: Cibum in matellam immittere. (Binder II, 486; Lang, 82; Masson, 274; Philippi, I, 82.) – Luto margaritam committere. (Binder II, 1720; Novarin, 135.) – Oresti pallium texere. (Philippi, II, 77.) – Turpe, rosas suibus, sanctum dare turpe catellis. (Binder II, 3370; Lehmann, 378, 86.)
Schwed.: Giff intet hunden äta helgedomen – Kasta intet pärlor för swijn. (Grubb, 428 u. 412; Marin, 18.)
Ung.: As okos disznó elejébe nem hánnya a' gyömbért. (Gaal, 1240.)
12. Manche trägt Perlen und Spangen, die in ihrer Küche nicht hat, um einen Hahn zu füttern.
13. Manche trägt Perlen und weiss nicht, was sie gekostet.
In Habesch sagt man: Wer die Perlen trägt, zählt nicht nach, wie oft der Hai nach des Tauchers Beinen geschnappt hat.
14. Mit Perlen besetzt man keinen Bettelsack.
Böhm.: Perla malé zrnko, a před pány se klade. (Čelakovský, 265.)
It.: Le perle non sono fatte per minuali. (Gaal, 1168.)
15. Perl auf'm Hals, Steiner auf'm Harz. (Jüd.-deutsch. Warschau.)
Bei äusserm Glanz innen Schmerz und Kummer.
16. Perlen brauchen keine Fassung.
Ein schönes Weib ist die herrlichste Zierde der Natur. Durch den Putz verliert ihre Schönheit, wie die Perle unter andern Zierathen ihre Wirkung.
17. Perlen, die man schütt' vor Schwein', sind niemals lange rein.
Mhd.: Swer berlîn schüttet für die swîn, diu mugen niht lange reine sîn. (Suringar, CIIC, 1.)
18. Perlen gehören nicht zur Esse (in die Schmiede).
»Zu Bononien ward von der frag disputirt, ob Acker- vnnd Handwerks Leut weissheit vnd verstand zu raths vnd Regiments Geschäfften hetten; darauf ward nagativ geschlossen, denn der Handwerker Gott, Vulcanus, hatte vor alten zeiten sich an die schöne Jungfraw vnd Göttin der Weissheit Minervam verliebt vnd dieselbe von jhrem Vater, dem Gott Jupiter zum Weibe begert, der hette sie jhm rund abgeschlagen vnd angedeut, das Perlen nicht zu Ess vnd Schmidt gehören.« (Lehmann, 364, 30.)
19. Perlen im Kothe haben keinen Schein. – Simrock, 7737; Körte, 4693.
Die Perle muss aber scheinen, wenn sie gelten soll.
20. Perlen passen für den Bettelmann, wie für das Schwein der Majoran.
21. Perlen sehen hesslich, wenn sie noch im Dreck liegen. – Petri, II, 505.
Bei Tunnicius (1112): Perlen lassen schendlich (hässlich) als se noch im Dreck liggen. (Apparent turpes gemmae dum sordibus haerent.)
[1210] 22. Perlen sind kein Labsal für den Magen.
Böhm.: Co platny perly, když krk mi škrtí. (Čelakovský, 169.)
Ill.: Zaludu mi je biser, kad mi gàrlo davi. (Čelakovský, 169.)
23. Perlen sind Perlen, wären sie auch noch so schlecht angereiht.
24. Perlin haben keinn schein, so sie im kot ligen. – Franck, II, 210a.
25. Um Perlen anzufädeln, sind wir nicht da.
Wir wollen unsere Zeit nicht mit unnützen Dingen vertändeln, uns nicht mit Kleinigkeiten aufhalten.
Frz.: Nous ne sommes pas ici pour enfiler des perles. (Demokritos, II, 12.)
26. Unrein gefasste Perle leuchtet nicht. – Körte, 4694.
27. Wer Perlen erlangen will, muss sich tief wagen.
Die Russen: Perlen muss man im Meer suchen. (Altmann VI, 407.)
28. Wer Perlen und Frauen suchet bei Licht, der ist bald ein betrogener Wicht.
Holl.: Geen parel dient bij nacht gekocht, geen vrijster bij de kaars gezocht. (Harrebomée, II, 172a.)
29. Wer Perlen vor die Säue schüttet, dem sind die Sinne wol zerrüttet. – Suringar, CIIC, 1.
30. Wer seine Perle im Meere des Elends fischt, dem wiegen sie Centner. – Sprichwörtergarten, 137.
Es gibt Kenntnisse, die man nur auf dem Erfahrungswege erlangen kann, und die uns um so höher im Werth stehen, je mehr sie uns gekostet haben.
*31. Dadurch fällt keine Perle aus seiner (ihrer) Krone. (Franken.)
Dadurch vergibt er (sie) sich nichts.
*32. Das ist eine Perle in guter (richtiger) Fassung.
Diese Redensart ist gleichen Ursprungs mit der »Perle von Meppen« (s. 34), welche Preussen annectirt und der die Centrumspartei die »richtige Fassung gegeben« hat. Diese Redensart ging sofort in den Volksmund über, um in den verschiedensten Weisen angewandt zu werden: Die Perle ist nicht gut gefasst. Diese Perle muss man besser fassen. Die Niederschles. Zeitung (Nr. 38) berichtet: »Die Centrumsfraction des Abgeordnetenhauses feierte gestern ihre ›Perle in der richtigen Fassung,‹« indem sie dem Dr. Windthorst ein Diner gab. Im Kladderadatsch ( Nr. 7) heisst es mit Bezug auf »die Perle von Meppen«: »Kaum war die richtige Fassung ihr gegeben, da that der böse Kanzler sich erheben und hat gleich aus der Fassung sie gebracht.« Auch die Berliner Wespen (Nr. 7) machen ihre Anwendung davon.
*33. Das ist eine Perle in seiner Krone.
Holl.: Dat is eene parel aan zijne kroon. (Harrebomée, II, 172a.)
*34. Die Perle von Meppen.
So heisst seit dem 10. Februar 1872 der den Wahlkreis Meppen vertretende Abgeordnete Windthorst. In der Sitzung des preussischen Abgeordnetenhauses vom 9. Februar hatte Fürst Bismarck unter den fremden Elementen, mit denen die confessionelle Centrumspartei belastet sei, das leitende Mitglied derselben, Windthorst, aufgeführt. In Beziehung hierauf sagte der zu selben Fraction gehörende Abgeordnete Mallinckrodt in seiner Rede am folgenden Tage: »Wir sind stolz darauf, ein so hervorragendes Mitglied zu besitzen. Sie haben eine Perle annectirt, und wir haben die Perle in die richtige Fassung gebracht.« Diese »Perle von Meppen« wurde augenblicklich geflügeltes Wort und ging durch alle Zeitungen in den Volksmund über. (Vgl. 32.)
*35. Dir wird keine Perle aus der Krone fallen. – Klix, 58.
*36. Einem die Perlen aus der Krone stossen.
Einen eiteln Menschen empfindlich angreifen.
*37. Es fällt ihm eine Perle aus der Krone. – Braun, I, 3201.
Sagt man z.B. von einem Stolzen, wenn er mit Leuten niederern Standes, als der seine ist, umgehen soll; und der dies in seinen Geberden zeigt, der glaubt auch, es falle ihm eine Perle aus seiner Krone.
*38. Es ist eine Perle von einer Frau.
Holl.: Het is eene parel van eene vrouw. (Harrebomée, II, 172b.)
*39. Es ist nicht so wie Perlen anfädeln.
Die Sache ist schwerer, als sie anfänglich scheint.
Frz.: Ce n'est pas pour enfiler des perles. (Leroux, II, 189.)
*40. Es schütten sich Perl aus seinem Maul.
Jüdisch-deutsch in Warschau, um zu sagen: Er spricht schön, gewählt.
[1211] *41. Man spreit die Berlin für die Schwein. – Fischart, Bewärung und Erklärung des Sprichworts: die Gelehrten, die Verkehrten, 1584, Bl. D, Bb.
»Den taumelnden Stax mit perlendem Wein aus der Champagne ergötzen, heisst, klingt's auch nicht fein, Perlen für die Säue setzen.« (Witzfunken, I a, 15.)
Frz.: Donner des perles aux pourceaux. (Leroux, I, 128.)
*42. Parl up'n Dûm. – Dähnert, 344b.
So heisst es in Trinkgelagen, wenn man so rein austrinken soll, dass das umgekehrte Glas kaum ein Tröpflein auf den Daumen fallen lässt.
*43. Wie die Perle im Golde sitzen.
»Wien sitzt wie die Perle im Golde, seine Umgebungen sind mit allen Reizen der Natur geschmückt.« (W. Menzel, Reise durch Oesterreich, S. 178.)
44. Was soll man für Perlen zahlen, wenn das Glas so theuer ist?
Lat.: Si tanti vitrum, quanti margaritum? (Erasm., 271; Philippi, II, 191.)
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