Strumpfwein

* Es ist Strumpfwein.

Dem man eine vorherrschend zusammenziehende Kraft zuschreibt. Seine, wie die Wirkungen der andern in ähnlicher Richtung hervorragenden deutschen Weine, des Dreimänner-, Schul- und Wendeweins werden in folgenden Versen charakterisirt: »Bei Grünberg zieht man einen Wein, den Schulwein, sauer und bitter, die Kinder stürzen vor ihm in die Schul' wie vor Sturmwind, Hagel und Gewitter. Bei Guben wächst ein Pflänzelein, mit «Strumpfwein» benamset, auch «Flicker», kein Seel' braucht dort Nadel und Fädelein, es hilft der Strumpfschliessungsbeglücker. Von Naumburg her, der Dreimännerwein, erfordert vier Riesen zur Stelle, zwei halten den Trinker, der dritte giesst ein ins Spundloch die flüssige Hölle. Der meissner Ausbund, der «Wendewein», ist Scheidewasser im Magen, er trennet die Wände und frisst sich zu Tag, kreiset man nicht wie Räder am Wagen.« (Neuyorker Staatszeitung vom 11. Nov. 1863, S. 6.) – Nach andern verbürgten Nachrichten ist der Strumpfwein nur eine Sorte des grünberger Weins, den man nämlich in fünf Klassen theilt. In die erste gehört der Dreimännerwein schlechthin, zwei Männer müssen den dritten halten, wenn er trinken soll. Der zweite ist der Schulwein; mit diesem droht man faulen Schülern oder schickt ihn dem Schulmeister als Besoldung. Die dritte heisst Wendewein, weil man sich nach dessen Genuss aller zehn Minuten auf die andere Seite wenden muss. Die vierte zieht durchlöcherte Strümpfe zusammen und heisst Strumpfwein. Die fünfte und die Blume aller grünberger Weine ist der Kanonenwein, denn er vermag selbst das Zündloch einer Kanone zu verengen. (Vgl. J. Franck, Programm zur Lateinschule zu Edenkoben in der Pfalz für 1873-1874, Speier 1874.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 925.
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