[382] 1. De Schôlmeister on de Schmödt die frête allerwegen möt. (Ostpreuss.)
Der Schmied wird in der Regel mit dem Schullehrer gemeinschaftlich eingeladen. Die Bezeichnung Schulmeister drückt sehr oft Mangel an Achtung aus, in welcher die Lehrer stehen. So hört man wol verächtlich: 's ist ein Schulmeister. Eine jüdisch-deutsche Redensart in Warschau heisst: A Schwanz-Melammed. Der jüdische Lehrstand steht beim niedern Volke in keinen besondern Ehren, hauptsächlich in Polen, wo er seiner Bornirtheit wegen wol mit Recht verachtet wird. Der Lehrer gilt dort als Inbegriff alles Unpraktischen und hat zu vielen Sprichwörtern Anlass gegeben.
2. Es de Schaulmester krank, dann hänget de Mantel an der Want; es he dot, dann hett Frau un Kinner kain Brot. (Iserlohn.) – Firmenich, III, 187, 74; Woeste, 78, 322.
Der Mantel scheint hier schon als ein Luxusgegenstand des Lehrers zu gelten.
3. Is der Schulmêster au mit verbrannt, fragte der Junge, als man ihm sagte, der Unter richt falle aus, weil das Schulhaus abgebrannt sei.
Er meinte nämlich, der Mangel eines Schulhauses schütze nicht vor Schulstunden, der Schulmeister werde Schule halten und wäre es auf dem Thurme. In ähnlicher Weise sagt man in Warschau jüdisch-deutsch: Dus S'idderl (Diminutiv von S'idur = Gebetbuch) soll wellen starben, wenn von Beseitigung eines Grundübels die Rede ist. Ein Schüler bemerkte gegen einen Freund, das Lernen sei doch eine gar schlechte Erfindung. Wenn der Lehrer stirbt, tröstete der Freund, so hört das auf. Das nützt nichts, erwiderte jener, da bekommen wir einen andern, besser wäre es, wenn das Gebetbuch sterben möchte.
4. Jeder ist selbst sein bester Schulmeister.
Empfiehlt Selbstbildung und Selbstunterricht, von welchem ein russisches Sprichwort nicht viel hält, denn es sagt: Die nur bei sich in die Schule gehen, gehen in die Narrenschule. (Altmann VI, 412.)
5. Jeder Schôlmêster hätt 'n Flapp. (Bergisch.)
6. Neunundneunzig Schulmeister, hundert Narren, sagen die Bauern im Schwarzwald. – B. Auerbach, Neues Leben, 1852, I, 99.
Holl.: Honderd schoolmeesters (kosters) negen en negentig gekken (ook: honderd en één gekken want er is een dubbele bij). (Harrebomée, II, 257a.)
7. Schulmäster und Pfaff'n hat Gott nit erschaff'n. (Franken.)
8. Schulmeister sind selten reich. – Petri, II, 533.
9. Schulmeister und Holz(Stein-)spalter werden selten reich.
Lat.: Felix grammaticus non est. (Binder II, 1116.)
10. Schulmeister und Pastoren haben immer viel Bücher und viel Kinder.
11. Schulmeister und Pfaffen verstehen (lieben) das Raffen.
Holl.: De meester en de pastoor zijn de roofvogels in het dorp. (Harrebomée, II, 72a.)
12. Schulmeister und Priester sind der Bildung Saulen und müssen in Armuth verfaulen.
»Die Schulmeister vnd Priester möchten wol in Armuth vnd Koth verfaulen.« (Mathesy.)
Lat.: Bartolus et Baldus faciant equitare caballos, at genus et species cogantur ire pedestres. (Mathesy, 307.)
13. Unse Schaulmester es en gelärden Mann, schade, dat he nitt riäken (rechnen) un schrîwen kann. (Iserlohn.) – Firmenich, III, 179.
14. Wenn zwey oder drey Schulmeister seyn irgenwo bei dem külen wein, da hörte man, wass Dialectica sey für ein Kunst im barbara. Wenn sie doch dass celarent nur auch brachten in dieselb Figur, so würden sie vielmehr geehrt, die kunst blieb doch in irem wehrtt. – Keil, 11.
*15. Da guckt der Schulmeister heraus.
In einigen Sprichwörtern hat das Wort Schulmeister eine verächtliche Nebenbedeutung, doch erhalten die jüdischen Elementarlehrer einen weit weniger ehrenden Beinamen. Sprichwörtlich heisst es in Warschau jüdisch-deutsch: Var wus is a Melammed (Lehrer) a Schwanz? Weil er geht bejn – Regel le Regel. Die jüdischen Elementarlehrer werden mit dem Spitznamen Schwanz-Melammed belegt. Der Volkswitz erkundigt sich nach dem Grunde dieses Namens und erhält zur Antwort: [383] weil er (der Lehrer) zwischen den Beinen (Regel) herumschlendert. Das Wort Regel hat nämlich eine doppelte Bedeutung: erstens der Fuss, das Bein und zweitens bezeichnet es jedes der drei grossen Feste: Ostern, Wochen- und Laubhüttenfest, an welchen, besonders zu Ostern und Laubhütten als am Beginn des Schulsemesters, der Melammed herumgeht, seine Schüler zu werben. Also er heisst so, weil er zwischen den Beinen oder zwischen den Feiertagen herumgeht.
Holl.: Hij hangt den schoolmeester uit. (Harrebomée, II, 256b.)
*16. De Schaulmester hat ümmer de schlechtesten Blagen. (Sauerland.)
*17. De Schôlmêster lêke (laichen). (S. ⇒ Eins 35.)
So sagt man in Ostpreussen, wenn zur Zeit der Schulferien die Lehrer reisen und zahlreich zusammentreffen.
*18. Der muss a ball 'n Schullmäst'r sei' Här hüatn. (Franken.)
Der muss auch bald dem Schulmeister sein Heer (nämlich Gänse, Hühner, Schafe u.s.w.) hüten, d.h. er wird bald sterben. (S. ⇒ Empfehlen.) Die Lehrer sind oft auch Küster und haben als solche häufig die Grasweiden des Kirchhofs zur Benutzung.
*19. Der Schulmeister schlägt ihn ins Genick (in den Nacken). (S. ⇒ Polack 2.)
*20. Er gehört zu den Schulmeistern, die Bockshörndel und Geissfüssel haben.
In die Hölle.
*21. Er hat dem Schulmeister einmal einen guten Morgen geboten (gesagt). (S. ⇒ Sau 235 und ⇒ Schulsack 12.) – Simrock, 9272; Körte, 5434; Sutor, 750.
Auf die dünkelvollen Halb- oder Nichtwisser.
*22. Ich brauche keinen Schulmeister mehr.
Wenn sich jemand eine unberufene Belehrung oder Zurechtweisung nicht gefallen lassen will. Eine jüdisch-deutsche Redensart sagt in demselben Sinne: Meine Rebbe (Lehrer) is schon lang gestorben.
*23. Sie haben einn schulmeyster gehabt. – Franck, II, 95a.
Sie haben dieselben Anschauungen von der Sache, sind beide gleich gebildet oder gleich unwissend und roh.
Holl.: Zij hebben allen éénen schoolmeester gehad. (Harrebomée, II, 257a; Suringar, LXVII.)
24. Der deutsche Schulmeister hat die Schlacht bei Sadowa gewonnen.
Dieser Satz, der nicht ganz buchstäblich verstanden werden darf, ist aus einem Ausspruch des Professors der Erdkunde in Leipzig, Dr. Peschel, entstanden. In einem Aufsatze des Auslandes (Nr. 29, 17. Juli 1866): Die Lehren der jüngsten Kriegsgeschichte (S. 695), heisst es: »Wir sagten eben, dass der Volksunterricht die Entscheidung der Kriege herbeiführe. Wir wollen jetzt zeigen, dass, wenn die Preussen die Oesterreicher schlugen, es ein Sieg der preussischen Schulmeister über die österreichischen Schulmeister gewesen sei.«
25. Ein Schulmeister muss sein wie Jakob, der vor den Augen seiner Schafe die Ruthe ins Wasser gesteckt hat. – Heinmar, 52; vgl. 1 Mos. 30.
26. Ein Schulmeister muss sein wie eine Thür in der Offenbarung Johannis, die vorn und hinten voller Augen war. – Heinmar, 52.
27. Êns un twê moaken drê, söä' de Schuolmêster, doa krop 'r bî sîn Brut in 't Bedd. – Schlingmann, 1270.
28. Jeder Schulmeister hat einen Sparren. – Sutermeister, Vorträge, 15.
*29. Wer straft den Schulmeister? (Köthen.)
Buchempfehlung
Die schöne Böhmin Bozena steht als Magd in den Diensten eines wohlhabenden Weinhändlers und kümmert sich um dessen Tochter Rosa. Eine kleine Verfehlung hat tragische Folgen, die Bozena erhobenen Hauptes trägt.
162 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro