Zwölfe

1. Helle (d.h. mondhelle) Zwölften, dunkle1 Scheunen (und umgekehrt).Boebel, 69.

1) Bei Frischbier (368) heisst es statt dessen: helle d.i. leere Scheunen. Was ist richtig?


2. In den Zwölfen soll man den Wolf nicht bei seinem Namen nennen.Blum, 365.

Unter den Zwölfen sind die Tage von Weihnachten bis zum heiligen Dreikönigstage (25. December bis 6. Januar) zu verstehen. Ein alter Aberglaube, weil man meint, er falle sonst die Heerde an; man soll ihn nicht Wolf, sondern Ding, Unthier u. dgl. nennen. In der Regel braucht man es uneigentlich, wenn man sich scheut, den Namen von jemand, der uns schaden kann, zu nennen. (Vgl. Sandvoss, Sprichwörterlese, S. 137 fg.)


3. Man setzet Zwölfe im Rath; was Einer nicht weiss, der Andere verstaht.

»Es saget das deutsche Sprichwort, dass man jr deshalben zwölff im Rath setzet, was einer nicht sehen vnd verstehen kann, das es der andere thue.« (Lauterbeck, Regentenbuch, IIb.)


4. Wenn es in den Zwölften rohr reift, geräth die Gerste gut.Boebel, 69.


5. Wenn in den Twölfen de Böme gaut böcket, sau giht et vêle ôwest.Schambach, II, 685.

Wenn in den Zwölfen die Bäume gut »böcken«, so soll es nach dem Volksglauben viel Obst geben. Unter »gaut böcken« ist das durch Wind veranlasste Zusammenschlagen der Zweige gemeint, wodurch nach dem Glauben des Volks eine starke Befruchtung bewirkt werde. Man hofft also auf ein gutes Obstjahr, wenn der Wind in den Zwölfen geht. – Die zwölf Tage nach Neujahr gelten als Schicksalstage. Jeder Tag ist an sich schon die Vorbedeutung für Wetter und Schicksal eines Monats des folgenden Jahres. Man glaubt auch, wenn während dieser zwölf Tage ein Kleidungsstück zerrissen werde, so sterbe zwölf Jahre nacheinander jährlich ein Mensch aus dem Hause. (Vgl. Ad. Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart.)


[678] 6. Wenn in den Zwölfen der Wind stark geht, gibt es viel Obst.


7. Wenn man ihn zu Zwölfen hinzuthut, so lauft das Dutzend nicht über.

Von einem unbedeutenden Menschen, der weder Einfluss noch Gewicht besitzt. Eine jüdisch-deutsche Redensart sagt von einem solchen: Er wird botel beschischim. Nach den jüdischen Speisegesetzen wird Verbotenes, wenn es sich mit Erlaubtem vermischt hat, mit wenigen Ausnahmen aufgehoben, wenn es nur den sechzigsten Theil desselben ausmacht. Man sagt daher von einem unbedeutenden Menschen, der sich in einer Gesellschaft bedeutender Männer befindet: »Er wird botel beschischim« – er geht auf in sechzig. Es kann aber auch ein bedeutender Mann botel beschischim[679] werden, wenn sein Einfluss durch eine Menge unbedeutender Dinge aufgehoben wird. (Vgl. Tendlau, S. 232.)


8. Zwölf ist a Dutzet, dreizehn ist a Butzet.Birlinger, 1156.


*9. Et is in 'n Twölften, man darf den Wulf nich nän'n.Hennig, 315; Eichwald, 2091.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 678-680.
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