Weihnachten

1. Besser die Weihnachten knistern, als dass sie flüstern.

Besser Frost als Regenwetter.

Böhm.: Lepší Vánoce třeskuté nežli tekuté. (Čelakovsky, 457.)


2. Bis Weihnacht gibt es Speck und Brot, nachher kommt Kält' und Noth.

In der Herzegowina heisst es: Bis Weihnachten weder Kälte noch Hunger; aber von Weihnachten an Kälte und Hunger. (Hausfreund, XVI, 495.)


3. Bis Weihnacht: juchhe, nach Weihnacht: o weh.

In vielen Wirthschaften ist bis Weihnachten die Ernte ziemlich aufgezehrt und dann fängt die Noth an. Die Masuren sagen: Bis Weihnacht ist kein Hunger, Lichtmess ist nicht mehr da. Do god, to nie głod, do gromnic to niemasz nic. (Frischbier, III, 3182.)

Böhm.: Do Vánoc neni hladu ani zimy. Do Vánoc huj, od Vánoc auve. (Čelakovsky, 457.)


4. Gröne Wînachten, witte Ostern. (Münster.) – Firmenich, I, 298, 44; Frommann, VI, 426, 55; ostfriesisch bei Bueren, 478; Hauskalender, II; für Steiermark: Firmenich, II, 768, 108; für Solothurn: Schild, 117, 156; für Amrum.: Haupt, VIII, 370, 325; für Hannover: Schambach, II, 353.


5. Grüne Weihnachten, fetter Kirchhof.


6. Grüne Weihnachten, weisse Ostern.Petri, II, 362; Gaal, 1686; Körte, 6612; Boebel, 67; Simrock, 11413; Lohrengel, I, 344; Meckl. Anz., Nr. 38.

Wenn im Winter Witterungsextreme stattfinden, so wird die erwärmte Luft der daneben befindlichen kalten nicht lange Widerstand leisten können. Das Eindringen der letztern wird desto plötzlicher sein, je unvorsichtiger sich die Wärme gesteigert hatte. Daher wird der Frühling unangenehm werden durch häufige Abwechselung warmer oder rauher Witterung. Darauf gründen sich (vgl. Dove, Witterungsverhältnisse, Berlin 1842, S. 30) alle die Witterungssprichwörter, welche aus grünen Weihnachten weisse Ostern voraussagen.

Böhm.: Zelené (černé) Vánoce, bilá Velkonoc. (Čelakovsky, 456.)

[82] Dän.: Juule-sommer, Paaske-vinter. (Prov. dan., 329.)

Engl.: If Janiveer calends be summerly gay, 't will be winterly weather till the calends of May. – If the grass grow in Janiveer it grows the worse for all the year. (Bohn II, 32.)

Frz.: Noël a son pignon et Pâques a son tison. (Gaal, 1686; Lendroy, 1425.) – Quand Noël est vert, les Pâques seront blanches.

Holl.: Eene groene kersmis maakt een witte Paschen. (Harrebomée, I, 396a.)

It.: Quando Gennajo mette erba seta hai grano, e tu lo serba.

Poln.: Zielone bože Narodzenie, biała Wielkanoc. (Čelakovsky, 456.)


7. Hat Weihnachten Fliegen, so hat Ostern Eisschollen.


8. In den Weihnachten ist ein jung Lamb in einer Schäferey, es sey auch wie es wolle.

»Sagen die alten Schäfer.« (Coler, 115, 1.)


9. Ist Weihnacht kalt, kommt der Winter hart und der Frühling bald. (Luzern.)


10. Ist Weihnachten grün, ohne Schnee und Eis, so werden sein die Ostern weiss.


11. Lichte Weihnacht, lichte Scheuern.Medau 1845.

Die Engländer dagegen: A light Christmas, a heavy sheaf. (Bohn II, 4.)

Böhm.: Jestli o jitřní hvĕzdno, slepice hodnĕ ponesou. – Jitřni jasné, tmavé stodoly. – Tmavé Vánoce. svĕtlé stodoly. (Čelakovsky, 456.)


12. Man spricht schon von Weihnachten, und wir haben den heiligen Geist erst ausgegossen.

Erst Pfingsten gefeiert. In Abessinien sagt man: Wenn die Karavane noch in Arkiko ist, redet man schon von Mekka.

Engl.: They talk of Christmas so long, that it comes. (Bohn, II, 20.)


13. Nach Weihnachten kommt Fasten.

Engl.: After Christmas comes Lent. (Bohn II, 78.)


14. Sind die Bäume zu Weihnachten weiss von Schnee, so sind sie im Frühjahr weiss von Blüten.

Holl.: Zijn de boomen om kersmis wit van sneeuw, ze zijn in de lente wit van bloesem. (Harrebomée, I, 396b.)


15. Sind die Weihnachten grün, kannst du zu Ostern den Pelz anziehn.


16. To Wihnachte backt jedermann, to Ostre wer da kann, to Pingste sölle (selten) man. Frischbier2, 4011.


17. To Wihnachte ett et jedermann, to Ostre, wer da kann, to Pingste, da öss e rîker Mann. Frischbier2, 4011.


18. Ueber Weihnacht kein Fest, über des Adlers kein Nest.

Böhm.: Vánoce jsou vánoce, a pečenĕ jest jejich sestra. (Čelakovsky, 457.)


19. Vor Wiehnacht grossi Wasser, noh Johanni chlyni Brod. (Solothurn.) – Schild, 117, 254.

Da Nässe der Saat schadet, so wird das Getreide theuer. Nach Johanni geniesst man das erste Brot des Wintergetreides und nach dem hohen Preise fällt es klein aus.


20. Warme Weihnachten, kalte Ostern.

Böhm.: Nedej bůh jasných Vánoc a pošmourného sv. Jiří. – Teplým Vánacům a přátelskému koláči nikdy se neraduj. (Čelakovsky, 457.)


21. Weihnacht nass, leert Spir und Pass. (Luzern.)


22. Weihnachten dauert nicht bis Ostern.

Schwed.: Jul räker intet til sosk. – Julekakan blijr intet Påskemal. (Grubb, 404.)


23. Weihnachten klar, gutes Weinjahr.


24. Weihnachten feucht und nass gibt leere Speicher und leeres Fass.Boebel, 68; Lohrengel, I, 734; Bair. Hauskalender; Wunderlich, 35.

Böhm.: Nešt'astné vánoce, horší velkonoc. (Čelakovsky, 155.)

Kroat.: Nesréčen božić, gorji vuzem. (Čelakovsky, 155.)

Poln.: Mokre gody, mało urody. (Lompa, 21.)


25. Weihnachten, gefroren und klar, gibt ein gutes Weinjahr.


26. Weihnachten im Klee (Dreck), Ostern im Schnee.Boebel, 68; Simrock, 11414; Lohrengel, I, 733; für Solothurn: Schild, 217, 155.


27. Weihnachten ist das beste unter den Festen, der Pastor der beste unter den Gästen. Bertram, 58.


[83] 28. Weihnachten – Mücken; Ostern – Eis.

Frz.: A Noël au balcon, à Pâques au tison. – A Noël les moucherons, à Pâques les glaçons. – A Noël souvent moucherons, et à Pasques sont les glaçons. (Leroux, I, 72; Cahier, 1158-59.)


29. Weihnachten Schnee, Ostern Klee.Frischbier2, 4010.


30. Weisse Weihnachten, grüne Ostern.Peter, 454.


31. Wenn es vor Weihnachten nicht vorwintert, so nachwintert es gern.Wunderlich, 35.


32. Wenn man lange genug von Weihnachten geredet hat, so kommt es endlich.

Frz.: Tant crie l'on Noël qu'il vient. (Leroux, I, 149.)


33. Wenn um Weihnachten sich der Wein im Fass erhebt, den Winzer die Hoffnung auf ein gutes Weinjahr belebt. (Duisburg.) – Boebel, 69.


34. Wenn vor Weihnachten der Rhein friert zu, so friert er dann noch zweimal zu. (Euskirchen.) – Boebel, 69.


35. Wenn Weihnachten die Bauern Schweine schlachten, so sind sie bis Lichtmess (2. Februar) aufgezehrt mit sachten.Boebel, 69.


36. Wenn Weihnachten flockt und stürmt auf allen Wegen, das bringt den Feldern Segen.

Frz.: Le Noël est plus beau aux champs qu'à la ville. (Leroux, I, 73.)


37. Wenn zu Weihnachten hängt Eis an den Weiden, so kann man zu Ostern Palmen schneiden.Medau 1845.


38. Wenn's auf Weihnacht ist gelind, sich noch viele Kält' einfind't.


39. Wer zu Weihnachten um Maiblumen bittet, kann lange warten, bis sie blühen.

Dän.: Hvo som beder at have may-tid om Juulen, han mane bede indtil May kommer. (Prov. dan., 329.)


40. Wînachten in'n Klei, Ôstern in'n Schnei. Schambach, II, 681.

Klei bezeichnet hier vom Regen aufgeweichten, kothigen Boden, gewöhnlich Marschboden, zähen, thonigen Schlamm. (Vgl. Stürenburg, 110a.)


41. Zu Weihnachten der Mondenschein meint's für Scheuer und Keller fein.Oesterr. Volksbote, 1869.


42. Zu Weihnachten gibt's keine Ostereier.

Alles zu seiner Zeit.

Schwed.: Hvi jul, i påsk få wij ägg. (Törning, 78.)


43. Zu Weihnachten Gras, zu Ostern Eis (oder so was).Boebel, 67.

Poln.: Po trovie w gody to wielka noc lody.


44. Zu Weihnachten kann man sich nicht an der Hundstagssonne wärmen.

Die Russen: Die Kälte vom vorigen Winter erregt keinen Frost mehr. (Altmann VI, 504.)


*45. Zu Weihnachten im Schnitt.Eiselein, 636.


*46. Zu Weihnachten im Sommer.Eiselein, 636.

»Ize weinachten in dem summer.« (Suchenwirt, XLV.)


*47. Zu Weihnachten in der Ernte.Schottel, 1124a; Körte, 6612a.

Wird es geschehen, d.h. nie.

Holl.: Te St. Jutmis, als de kalven op het ijs dansen.


48. So es vmb die Weyhnachten grün, weiss Ostern zu fürchten seyn, geht aber im Fass in der Christnacht der Wein, soll folgendes Jahr ein guter Vorbott seyn.Lins.


49. Zu Weihnacht beim Spiel, zu Ostern beim Feuer.

Wenn zu Weihnacht die Witterung an mild ist, dass man im Freien sich vergnügt, so wird sie zu Ostern so rauh sein, dass man den warmen Ofen aufsucht.

It.: Natale al giuoco, Pasqua al fuoco. (Giani, 1139.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 82-85,1807.
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