Schule

[829] Schule (Schulhaus), Gebäude zur Erteilung von Unterricht für die verschiedensten Alters- und Bildungsstufen; seine Ausbildung ist daher auch die mannigfaltigste, doch sind die Bedingungen und Erfordernisse für die einzelnen Arten, niederer wie höherer Schulen, besonders aber der Volksschulen, in den meisten Kulturstaaten durch Verordnungen festgestellt, in welchen über die Anzahl und Größe der Schulzimmer, Beleuchtung, Einrichtungsgegenstände u.s.w. Bestimmungen getroffen sind, welche für die Gesundheit und körperliche Entwicklung der Schüler die günstigsten Wirkungen bezwecken.

So in Preußen: Allgemeine Vorschriften für die räumliche Gestaltung von Gebäuden für höhere Schulen vom 17. November 1870; über Schulbänke ein Ministerialerlaß vom 30. Oktober 1879. In Sachsen: ein Schulgesetz vom 3. April 1873. In Bayern: Normalprogramm über Bau von Schulhäusern vom 20. Oktober 1855. In Württemberg: Ministerialverfügung vom 28. Dezember 1870. In Oesterreich: Ministerialerlaß vom 9. Juni 1873.

Allgemeine, durch Erfahrung längst bewährte Gesichtspunkte sind: Die gesamte Aufführung des Gebäudes sei durchweg eine feste und dauerhafte. Die Ausbildung des Aeußeren und die innere Ausstattung sei einfach, aber würdig. Eingänge, Gänge und Treppen seien weit und hell. Gangbreite 2,2–3 m. Die Schulzimmer, welche entweder nach der Länge oder Tiefe des Gebäudes liegen, erhalten nur eine Fensterseite und diese, wenn tunlich, nach Norden gerichtet, wegen des gleichmäßigen Lichtes, oder aber vom Straßenlärm abgewendet. Die Größe der Schulzimmer richtet sich nach Sehweite und Anzahl der Schüler. Da jene nur bis 8,2 m deutlich ist und auf einen Lehrer nur 50, höchstens 70 kleinere Schüler kommen sollen, ist die Länge des Zimmers nicht über 9,50 m, die Breite 5,7–7 m anzunehmen. Die Höhe ist nach dem Klima verschieden, von 3,4–4,4 m. An Raum für Schüler ist zu berechnen:


Schule

Die wichtige Frage über die vorteilhafteste Gestaltung der Schulbänke (s. Fig. 1) ist durch lange Jahre seitens der Aerzte, Lehrer und Fabrikanten behandelt worden, und sind hierüber die Ansichten wesentlich geklärt und in manchen Schriften [13]–[15] niedergelegt worden. – Zur Erhellung des Zimmers ist die Gesamtfensterfläche = 1/5 Grundfläche zu bemessen. Die Fensterbank ist mindestens 1 m über Fußboden; die, wenn tunlich, geraden Stürze sind der Decke möglichst nahe zu rücken. Breite der Fensterpfeiler 0,35–1,0 m. Die Wände sind ringsum[829] mit Täferung von 1,2–1,5 m Höhe zu versehen. – An der vorderen Schmalwand befinde sich der Lehrersitz mit Tafel und Podium. Die Heizung kann lokal oder zentral sein, in letzterem Falle mit Lüftung verbunden. Es ist Raum für Aufbewahrung der Kleider vorzusehen: entweder im Schulzimmer durch Rechen an der Langwand, in den Gängen oder in besonderen Räumen neben den Zimmern. Die Aborte sind nach Alter und Geschlecht zu trennen und so zu legen, daß sie nicht störend wirken, d.h. in besonderen Gebäudeflügeln oder in niederen Einzelbauten im Hofe, mit dem Hauptbau durch einen gedeckten Gang verbunden [1], [3], [4], auch [6]–[8].

Die Gebäude der Volksschulen zeigen den größten Unterschied in bezug auf räumliche Ausgestaltung, je nach den Gemeinwesen, für welche sie zu dienen haben. Die Schulen in Dorfgemeinden (s. Fig. 2 und 3), wie auch Kinderschulen und Bewahranstalten sind oft auf ein Stockwerk beschränkt, falls nicht eine Wohnung für den Lehrer ein weiteres bedingt. Dagegen werden die Schulgebäude der Städte, besonders der Großstädte ([9]–[12]), als vielgestaltige, palastartige Bauten von drei bis vier Stockwerken aufgeführt (vgl. Fig. 4 und 5). Gleichartiger sind die städtischen Mittelschulen, als Bürger- oder Realschulen (fünf Klassen), Oberrealschulen und höhere Töchterschulen, Gymnasien und Realgymnasien (sieben bis neun Klassen), Fortbildungs- und Gewerbeschulen u.s.w., für welche noch folgende Nebenräume sich als nötig erweisen: Vorstands- und Lehrerzimmer; eine Bibliothek und ein größerer Zeichensaal (s. Saal, S. 536) sowie ein Gesangsaal, der auch als Raum für Schulfeste dienen kann Zimmer für Unterricht in Physik und Chemie, letzteres mit Laboratorium. Ferner eine Turnhalle (s.d.), welche für die körperliche Entwicklung der Schüler besonders wichtig erscheint. Eine Wohnung für den Schuldiener, oft auch eine solche für den Vorstand. Neben oder hinter dem Gebäude ist ein größerer Schulhof als Spiel- und Turnplatz anzuordnen (s. Fig. 6).

Für den höheren Unterricht der Wissenschaften und Künste [2] bestehen meist als staatliche Anstalten die Universitäten (s.d.), technischen Hochschulen, Kunstakademien (s. Bd. 5, S. 749), Konservatorien (s. Bd. 5, S. 600) u.s.w. Ihrer hohen Bedeutung entsprechend, sollen die Gebäude dieser Anstalten, welche in den deutschen Staaten eine so eifrige Pflege finden, in einer dem Verkehr und Tagesgeräusch entrückten Lage sowie in würdiger Umgebung einen möglichst hervorragenden Platz finden und einen künstlerisch vollendeten, monumentalen Anblick gewähren.[830]


Literatur: [1] Handbuch der Architektur, IV.T., 6. Halbbd., 1. Heft, Niedere und Mittelschule, mit reicher Literaturangabe, Stuttgart 1903. – [2] Ebend., IV.T., 6. Halbbd., 2. Heft, Hochschulen, mit Literaturangabe, Stuttgart 1905. – [3] Baukunde des Architekten, Bd. 2, Berlin 1884, S. 286 ff. – [4] Klasen, L., Grundrißvorbilder, Abt. III, Schulgebäude, Leipzig 1884. – [5] Hase, C.W., Das Volksschulhaus (o. J.). – [6] Narjoux, F., Les écoles publiques en France et en Angleterre, Paris 1876. – [7] Ders., Les écoles publiques en Suisse, Paris 1879. – [8] Ders., Les écoles publiques en Belgique et en Hollande, Paris 1878. – [9] Berlin und seine Bauten, Berlin 1896. – [10] Leipzig und seine Bauten, Leipzig 1892. – [11] Frankfurt und seine Bauten, Frankfurt 1886. – [12] Straßburg und seine Bauten, Straßburg 1894. – Ueber Schulbänke: [13] Elsässer, C., Schulbankfabrik, Schönau i. O. 1886. – [14] A. Lickroth & Cie., Schulbankfabrik, Frankental (Pfalz). – [15] Rettig, W., Neue Schulbank, Leipzig 1895. – [16] Reese, H., Die neueren Schulhäuser Basels, Basel 1902. – [17] Geifer, A., Neuere städtische Schulhäuser in Zürich, Zürich 1901. – [18] Neumeister und Häberle, Neubauten, Bd. 1, Heft 5, Schulhäuser, Leipzig 1904. – [19] Wheelwright, E.M., School-Architecture, Boston 1901. – [20] Burgerstein, L., Ratschläge u.s.w. bei Gymnasien und Realschulen und Wohlfahrtseinrichtungen, Wien 1900.

Weinbrenner.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 4.
Fig. 2., Fig. 4.
Fig. 3., Fig. 5.
Fig. 3., Fig. 5.
Fig. 5a.
Fig. 5a.
Fig. 6.
Fig. 6.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 829-831.
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