Hunter [3]

[661] Hunter (spr. hönnter), 1) William, Mediziner, geb. 23. Mai 1718 zu Long-Calderwood in der Grafschaft Lanark, gest. 30. März 1783, studierte seit 1740 in Edinburg und London, hielt hier seit 1746 medizinische Vorlesungen, bereiste Holland und Frankreich, ließ sich in London als Arzt nieder und widmete sich bald ausschließlich der Geburtshilfe und anatomischen Studien. Er ward 1768 Professor der Anatomie an der Akademie der schönen Künste und baute in Haymarket ein anatomisches Theater für seine Lehrvorträge mit einem Museum. H. schrieb: »Medical commentaries« (Lond. 1762, Supplement 1764; deutsch von Kühn, 1784–85, 2 Bde.) und das berühmte Prachtwerk »Anatomy of the human gravid uterus« (engl. u. lat., mit Kupfern, Birmingh. 1774, Lond. 1775; Text besonders, redigiert von Baillie, das. 1794; deutsch mit Anmerkungen von Froriep, Weim. 1802). Vgl. Fox, William H. (Lond. 1901).

2) John, Mediziner, jüngerer Bruder des vorigen, geb. 13. Febr. 1728 in Long-Calderwood, gest. 16. Okt. 1793, studierte in Oxford, ward 1756 Hilfschirurg am Georgshospital in London und machte als Stabschirurg die Expedition nach Belle-Isle und den Feldzug nach Portugal mit. 1768 wurde er dirigierender Wundarzt am Georgshospital, 1790 erster Generalchirurg der Armee und Generalinspektor der Militärhospitäler und 1792 Vizepräsident des neuerrichteten Tierarzneikollegiums in London. Durch H. erreichte die englische Chirurgie des 18. Jahrh. eine hohe Stufe der Ausbildung. Seine Sammlungen für Anatomie und Chirurgie wurden von der Regierung angekauft und dem königlichen Kollegium der Wundärzte überlassen. Er schrieb: »Natural history of the human teeth« (Lond. 1771–78, 2 Bde.; deutsch, Leipz. 1780, 2 Bde.); »On the venereal disease« (Lond. 1786; deutsch, Berl. 1848); »On the nature of the blood, inflammation and gunshot wounds« (Lond. 1794; deutsch, Berl. 1850); aus seinem Nachlaß erschienen »Essays and observations on natural history, anatomy, physiology, etc.« (Lond. 1861, 2 Bde.). Eine Gesamtausgabe seiner Werke gab Palmer heraus mit Biographie von Drewry Otley (Lond. 1835, 4 Bde.). 1864 wurde ihm von dem königlichen Kollegium der Wundärzte ein Marmorstandbild errichtet. Vgl. Adams, Memoirs of the life and doctrines of the late John H. (2. Aufl., Lond. 1818); Mather, Two great Scotsmen: the brothers William and John H. (das. 1894); Paget, John H. (das. 1897).

3) Sir William Wilson, engl. Staatsmann und Schriftsteller, geb. 15. Juli 1840 in Glasgow, gest. 8. Febr. 1900 in London, studierte in Glasgow, Paris und Bonn, trat 1862 in den indischen Beamtendienst und erhielt 1866 bei dem Ausbruch der Hungersnot die Überwachung des öffentlichen Unterrichts in der Provinz Orissa. Als ein Ergebnis seiner dort gemachten Erfahrungen schrieb er die »Annals ol rural Bengal« (7. Aufl. 1897) und »Comparative dictionary of the non-Aryan languages of India and High-Asia« (1868). 1871 zum Generaldirektor des indischen Statistischen Bureaus ernannt, leitete er die Zensusaufnahme von 1872 und veröffentlichte deren Resultate in einem 20bändigen Werk (1875/77). Auf den Ergebnissen dieser Aufnahmen beruht sein wichtiges Werk: »Imperial Gazetteer of India« (1881, 9 Bde.; neue Bearbeitung 1885–87, 14 Bde.). Andre Werke von H. sind: »Orissa: the vicissitudes of an Indian province under native and British rule« (1872, 2 Bde.); »Life of the Earl of Mayo« (2. Aufl. 1876, 2 Bde.; eine kürzere Biographie 1891); »Famine aspects of Bengal districts« (2. Aufl. 1874); »The Indian Mussulmans« (1871, 3. Aufl. 1876); »Statistical account of Assam« (1880, 2 Bde.); »England's work in India« (1881, 10. Aufl. 1890); »The Indian empire; its peoples, history and products« (1882, 3. Aufl. 1896); »Brief history of the Indian peoples« (20. Aufl. 1892); »Bombay 1885 to 1890, a study of administration« (1892); »Life ot Brian H. Hodgson, British resident of the court of Nepal« (1896); »History of British India« (1899–1900, 2 Bde.). Er war auch Herausgeber des biographischen Sammelwerks »The rulers of India«.[661] Nach seinem Tod erschien noch »The India of the Queen, and other essays« (1903). Vgl. Skrine, The life of Sir William Wilson H. (Lond. 1901).

4) Sir Archibald, engl. Generalleutnant, geb. 6. Sept. 1856 in London als Sohn eines Kaufmanns, trat 1874 ins Heer, wurde 1882 Hauptmann, 1894 Oberst und 1896 Generalmajor. Während des ägyptischen Feldzugs unter Francis Grenfell bei Giniß (1885)und Toski (1889) verwundet, war er 1895–99 Gouverneur von Dongola und Befehlshaber der Grenztruppe, ward 1899 Gouverneur von Omdurman und sollte ein höheres Kommando in Indien übernehmen, als ihn der Ausbruch des Transvaalkriegs in Afrika festhielt; hier befehligte er bis Ende 1900 mit Auszeichnung die 10. Division und wurde Generalleutnant. Im Frühjahr 1901 erhielt er den Befehl in Schottland, und seit 1903 befehligt er die britischen Truppen in Bombay.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 661-662.
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