Geburtshilfe

[420] Geburtshilfe, die Lehre von den Fortpflanzungsvorgängen im weiblichen Körper und von den Hilfeleistungen, die beim regelmäßigen und regelwidrigen Verlauf von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett zur Anwendung gelangen. Obwohl die Geburt als ein physiologischer Vorgang ihren Schutz in den Einrichtungen des weiblichen Körpers selbst findet und darum ohne fremde Hilfe glücklich verlaufen kann, so erscheint doch eine sachverständige Überwachung der Gebärenden unter unsern heutigen Kulturverhältnissen als eine Notwendigkeit. Die Aufgabe der hiermit betrauten Personen (Hebamme oder Arzt) besteht darin, Schädlichkeiten fernzuhalten, Regelwidrigkeiten rechtzeitig zu erkennen und die erste Sorge um das Neugeborne zu übernehmen. Gleichzeitig soll der Gebärenden jede mögliche körperliche Erleichterung und seelische Beruhigung geboten werden. Haupterfordernis bei allen Maßnahmen ist, daß alle Infektionskeime von der Gebärenden ferngehalten werden, d. h. daß die Geburt aseptisch geleitet wird. Dazu gehört eine gründliche Kenntnis und genaue Befolgung aller Vorschriften bezüglich der Desinfektion, welch letztere sich nicht nur auf Arzt und Hebamme, sondern auch auf die Gebärende selbst und auf die zur Anwendung kommenden Instrumente zu erstrecken hat. In den meisten Fällen beschränkt sich die zu leistende Hilfe auf eine Überwachung des Geburtsaktes in seinen einzelnen Phasen und auf eine sachgemäße Unterstützung der dabei in Wirksamkeit tretenden Naturkräfte.

Diese Aufgabe fällt bei der normalen Geburt in der Regel der Hebamme zu. Sie besorgt die Vorbereitung der Gebärenden zur Geburt, richtet das Geburtslager her und legt die zur Entbindung nötigen Gerätschaften bereit. Nach vorschriftsmäßiger Desinfektion muß sie sich durch äußere und innere Untersuchung über den Stand der Geburt, die Beschaffenheit der Geburtswege und die Lage und das Leben des Kindes unterrichten. Nach zweckmäßiger Lagerung der Gebärenden überwacht sie weiterhin die Wehentätigkeit, bestimmt den Zeitpunkt, wann die Gebärende bei den Wehen mitpressen darf, und überzeugt sich in größern Zwischenräumen durch erneute Untersuchung von dem normalen Fortgang der Geburt. Beim Durchtritte des Kopfes übt sie den Dammschutz aus, um den Damm möglichst vor Einrissen zu bewahren. Nach der Geburt des Kindes besorgt sie die Abnabelung und darauf seine Reinigung im Bade. Daneben hat sie bei der Gebärenden auf den Blutabgang in der Nachgeburtsperiode zu achten und festzustellen, ob und wann die Lösung der Nachgeburt durch die Wehen erfolgt ist. Wird die gelöste Nachgeburt nicht bald durch die Naturkräfte ausgestoßen, so soll die Hebamme sie nach Verlauf einer halben Stunde durch äußern Druck herausbefördern. Stets ist die Nachgeburt auf ihre Vollständigkeit sorgfältig zu prüfen. Darauf werden die äußern Geschlechtsteile der Wöchnerin abgespült, auf etwaige Verletzungen untersucht und mit einer Vorlage aus Verbandwatte versehen. Zum Schluß wird die Wöchnerin vorsichtig umgebettet.

Nicht in allen Fällen verläuft die Geburt in normaler Weise. Verschiedene Ursachen können Abweichungen vom regelmäßigen Verlauf bedingen. Dazu gehören: Unregelmäßigkeiten der austreibenden Kräfte (Wehenschwäche, Krampfwehen), regelwidrige Beschaffenheit der Geburtswege (Rigidität des Muttermundes, enges Becken) und Anomalien des Kindes (ungewöhnliche Größe, Mißbildungen, fehlerhafte Lage [vgl. Querlage, Steißlage, Fußlage, Gesichtslage]). Erfährt durch eine der genannten Ursachen die Geburt eine Störung, oder treten andre für Mutter oder Kind gefährliche Ereignisse ein (Blutung, Geburtskrämpfe, Nabelschnurvorfall), so muß die Hebamme dafür sorgen, daß die Hilfe des Arztes rechtzeitig in Anspruch genommen wird. Nach seinem Eintreffen übernimmt der Arzt die fernere Leitung der Geburt, während die Hebamme sich auf die ihr angewiesenen Handreichungen beschränkt. Hat sich der Arzt durch die Untersuchung überzeugt, daß längeres Zuwarten das mütterliche oder kindliche Leben oder beide in Gefahr bringen, so muß er durch operatives Eingreifen die Beendigung der Geburt herbeiführen. Hierzu stehen ihm je nach den Umständen verschiedene Verfahren zu Gebote, wie die Entbindung mit der Zange (s. Geburtszange), die Wendung des Kindes (s. Querlage) und die Extraktion am Beckenende (s. Steißlage). Muß das Leben des Kindes im Interesse der Erhaltung des mütterlichen Lebens geopfert werden, so kommen die Kraniotomie (s.d.) und die Embryotomie (s.d.) in Frage. Bei gewissen Graden der Beckenenge kann, abgesehen von der künstlichen Frühgeburt (s.d.), zuweilen eine Erweiterung des knöchernen Geburtskanals durch die Symphyseotomie oder den Schamfugenschnitt (s.d.) am Platze sein. In Fällen, wo die Geburt des Kindes auf natürlichem Wege nicht vor sich gehen kann, ist der Kaiserschnitt (s.d.) angezeigt. Alle diese Operationen sind dank der Einführung der Antiseptik und Asepsis in die G. bei weitem nicht mehr mit der Lebensgefahr verknüpft wie früher.

In neuerer Zeit ist es vielfach üblich, dem Arzt auch die Leitung normaler Geburten zu übertragen. Diese Maßregel gewährt den Vorteil, daß bei unerwartet eintretender Geburtsstörung ärztliche Hilfe sofort zur[420] Stelle ist und nicht erst unter oft Gefahr bringendem Zeitverlust herbeigeholt werden muß. In manchen Fällen kann das Eintreten von Geburtsstörungen schon in der Schwangerschaft vom Arzt mit Sicherheit vorausgesagt werden. Die hierzu notwendige Untersuchung wird am besten in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft vorgenommen und sollte in keinem Fall unterlassen werden. Ergeben sich dabei Anzeichen, die auf Abweichungen vom normalen Geburtsverlauf schließen lassen (z. B. allgemeine Körperschwäche, Herz-, Lungen-, Nierenleiden, Anomalien des Beckens, Hängebauch, regelwidrige Lage des Kindes), so ist eine Überwachung der Geburt durch den Arzt dringend erforderlich. Alle größern geburtshilflichen Operationen werden in der Regel in Narkose ausgeführt. Bei den Geburten, die keinen operativen Eingriff erfordern, kommt die Narkose dagegen nur ausnahmsweise zur Anwendung, wenn es sich darum handelt, den allzu heftig auftretenden Wehenschmerz in seiner Intensität abzuschwächen. Auch sind in letzterm Falle nur kleine Gaben von Chloroform gestattet, deren Darreichung möglichst auf die schmerzhafteste Periode der Geburt, die Austreibungszeit, beschränkt wird, da eine tiefe und lang andauernde Narkose den normalen Fortschritt der Geburt durch Herabsetzung der Wehentätigkeit und Ausschaltung der Bauchpresse ungünstig beeinflussen würde.

Die Geschichte der G. zeigt, daß das Bestreben, dem gebärenden Weibe Hilfe und Erleichterung zu bringen, so alt wie das Menschengeschlecht ist. In den ältesten Zeiten hat sich die G. auf die wenigen Hilfeleistungen beschränkt, die man ohne besondere Kenntnis vom Bau und von den Verrichtungen des Körpers den gebärenden Weibern angedeihen lassen konnte. Ohne Zweifel wurden diese Hilfeleistungen von Frauen ausgeübt. Wir finden in den heiligen Büchern bei den Israeliten und Ägyptern nur Wehmütter genannt. Griechen und Römer hatten unter ihren Göttern, die dem Geburtsakt vorstanden, nur weibliche Gottheiten. Auch finden wir bei den alten römischen und griechischen Klassikern nur Hebammen erwähnt. Die Hippokratischen Schriften enthalten allerdings viel auf die G. sich Beziehendes; wir ersehen daraus, daß Ärzte in schwierigen Fällen Rat erteilten und auch wohl mit Händen und eignen Werkzeugen Hilfe leisteten, deren nähere Auseinandersetzung indes nur auf eine höchst beschränkte Einsicht in das ganze Geburtsgeschäft schlief;en läßt. Das erste Lehrbuch für Hebammen in Fragen und Antworten schrieb Moschion um 220 n. Chr.; es behandelt die Anatomie der Geschlechtsteile, gibt den Hebammen den nötigen Rat zur diätetischen und ärztlichen Behandlung der Schwangern, Gebärenden und Neugebornen und lehrt, was bei der Geburt selbst zu beobachten ist. Durch die arabischen Ärzte ist für die G. wenig geschehen. Im christlichen Abendland befand sich die G. nur in Händen ununterrichteter Weiber oder höchstens männlicher Pfuscher. Man begnügte sich oft damit, in schwierigen Fällen Geistliche zu Gebärenden zu rufen, die durch abergläubische Mittel Hilfe zu leisten versuchten. Nicht viel besser sind die Lehren von Mich. Savonarola in Padua, die er in seiner »Practica« (Vened. 1497) vorträgt. Erst mit dem 16. Jahrh. sing die G. an, eine bessere Gestalt anzunehmen. Das erste geburtshilfliche Werk aus dieser Zeit ist das Hebammenbuch des Eucharius Rößlin: »Der swangern Frawen und Hebammen Rosengarten« (1513, mit Holzschnitten), dem die ähnlichen Werke von Russin Zürich (1533) und Reiff in Straßburg (1561) folgten. Wohltätig mußte auf die geburtshilflichen Lehren der damals wieder erwachende Eifer für die Anatomie wirken, und besonders bemühten sich Vesal (gest. 1564), dessen Schüler Reald. Columbus (1559), Fallopia (gest. 1562) u. a. über alles, was sich auf Anatomie und Physiologie des weiblichen Organismus wie der Leibesfrucht bezieht, Aufklärung zu geben. Da indessen immer nur die schwersten Fälle der männlichen Hilfe anheimfielen, auch diese selbst nur durch Anwendung von mechanischen Mitteln geleistet wurde, so finden wir die G. in genauer Vereinigung mit der Chirurgie. Es ist vorzugsweise die operative Seite, die in den geburtshilflichen Werken P. Francos, Parés, Fabr. Hildanus' u. a. hervorgehoben wird; man verbesserte die ältern Methoden, erfand neue, welche die Anwendung so mancher das Leben des Kindes gefährdender älterer Operationen wenigstens beschränken sollten, und empfahl die Wendung des Kindes im Mutterleib auf die Füße, die einen enormen Fortschritt bezeichnet und zu den glänzendsten Resultaten führten. So verschafften. die Bestrebungen dieser Männer nach und nach der männlichen G. mehr Eingang und Vertrauen. Der Umstand, daß Ludwig XIV. zur Entbindung der königlichen Geliebten, Madame de Lavallière, den Wundarzt Clément aus Arles berief, der nach glücklicher Vollziehung seines Auftrags zum ersten Geburtshelfer des Hofes ernannt wurde, trug nicht wenig dazu bei, diese Kunst in Aufnahme zu bringen. In Deutschland entwickelte sich die G. nur langsam; es blieb fast alles den Hebammen überlassen, die nur in sehr gefährlichen Fällen Wundärzte hinzuriefen. Notdürftig wurde durch Hebammenbücher für den Unterricht der erstern gesorgt. Zu nennen sind: Welsch' »Hebammenbuch«, aus dem Italienischen des Scipione Mercurio (Leipz. 1653), und Völlters »Neueröffnete Hebammenschule« (1679). Unter den Hebammen erlangte Iust. Siegmund in (1690), die brandenburgische Hofwehmutter, den bedeutendsten Ruf. Sie bediente sich zuerst der sogen. Wendungsstäbchen zur Anlegung der Fußschlinge. Einen würdigen Schlußstein dieser Periode bildet der Holländer van Deventer, der Verfasser der »Morgenröte der Hebammen« (Leid. 1696) und des »Neuen Hebammenlichts« (das. 1701). Letzteres Werk ist das erste wissenschaftliche Buch über G. Vortrefflich ist die von ihm abgehandelte Beckenlehre, worin er seinen Vorgängern durch richtige Auffassung und praktische Bemerkungen weit vorgeschritten ist; er suchte ferner den Gebrauch der mörderischen, zur Zerstückelung des Kindes benutzten Instrumente zu vermindern und erwarb sich große Verdienste um die weitere Verbreitung der Wendung auf die Füße. Als Erfinder des für die G. wichtigsten Instruments, der Geburtszange (s.d.), gilt der englische Wundarzt Peter Chamberlen (s.d.). Indes wurde die Erfindung als Familiengeheimnis durch drei Generationen hindurch ausgebeutet. Das große Verdienst, die Zange zum Gemeingut aller Ärzte gemacht zu haben, gebührt dem Genter Geburtshelfer Johann Palfyn. Er hat das Instrument selbständig von neuem erfunden und 1723 als »Manus ferrei« der Pariser Akademie vorgelegt. In Frankreich gab Levret (gest. 1780) der Geburtszange eine zweckmäßigere Form und stellte für ihre Anwendung bestimmtere Regeln auf, als es bisher geschehen war; auch schrieb er in einem ausführlichen Werke über die Ursachen und Zufälle verschiedener schwerer Geburten und gab eine Menge geburtshilflicher Instrumente an.

Von ihm an datiert die rasche Entwickelung der G. als Wissenschaft in Frankreich. Solayrès de Renhac[421] stellte in seiner Abhandlung »De partu viribus maternis absoluto« (Par. 1771) dynamische und mechanische Regeln, nach denen die Natur bei der Geburt verfährt, auf das treffendste und so wahrheitsgetreu dar, daß Spätere ihn hierin kaum übertrafen. In England lehrte Smellie (gest. 1763) die Art und Weise, wie das Kind bei einer natürlichen Geburt vorrücke, verbesserte die Geburtszange und gab zur Erläuterung ihrer Anwendung außer seinen Lehrbüchern ein großes Kupferwerk heraus. Die künstliche Frühgeburt wurde von englischen Geburtshelfern in der Mitte des 18. Jahrh. zuerst in Vorschlag gebracht und ausgeführt, um bei engem Becken Kaiserschnitt und Perforation zu vermeiden und so Mutter und Kind am Leben zu erhalten. In Deutschland begann die G. erst nach der Mitte des 18. Jahrh. eine bessere Gestalt zu gewinnen. Wenngleich Böhmer (1647) die Zange und ihre Anwendung in seinem Vaterland bekannt machte, so behielten doch noch Perforation und Zerstückelung des Kindes in schwierigen Fällen die Oberhand. Erst durch Röderer in Göttingen (1726 bis 1763) bekam die G. in Deutschland eine gediegenere Richtung. Sein Schüler Stein (gest. 1803) verpflanzte Levrets Grundsätze auf deutschen Boden, gab zur Ausmessung des Beckens besondere Instrumente an, suchte über die Wendung klare und richtige Ansichten festzustellen und bemühte sich, unter seinen Landsleuten die richtige Anwendung der (Levretschen) Zange zu verbreiten. Einflußreich waren die Lehren des Dänen Saxtorph (gest. 1801), der in einer klassischen Schrift: »He diverso partu ob diversam capitis ad pelvim relationem mutuam« (Hannov. 1772), den natürlichen Geburtshergang bei Kopflagen beschrieb und in spätern Schriften sich besonders um die Operationen der Wendung und mit der Zange verdient machte. Von dem größten Einfluß auf die G. sind die im 18. Jahrh. errichteten Lehranstalten und Entbindungshäuser geworden. In Frankreich wurde das Hôtel-Dieu auch als Lehranstalt für G. in Paris eingerichtet, allein nur Hebammen durften diese treffliche Gelegenheit benutzen, während bei der 1728 in Straßburg errichteten Entbindungsanstalt auch Studierende zugelassen wurden. In Großbritannien wurden zwar Entbindungshäuser, in Dublin 1745, in London 1739, errichtet; allein eine eigne Lehranstalt ward erst 1765 mit dem Westminster-Lying-in-Hospital unter der Direktion Leakes errichtet, wo Ärzte und Wundärzte zum Unterricht zugelassen wurden. In Deutschland ward von Friedrich II. die erste Hebammenschule zu Berlin in der Charitee 1751 nach dem Muster der Straßburger errichtet und der Direktion Meckels übergeben; letzterm folgten Henkel und Hagen im Amte nach. In demselben Jahre ward auch in Göttingen eine Entbindungsanstalt errichtet, deren Leitung Röderer übernahm. Zu Anfang des 19. Jahrh. standen sich in Deutschland zwei Schulen gegenüber. Osiander in Göttingen (1759–1822) zeigte, wie weit die sogen. künstliche G. es bringen konnte, und führte lediglich mit der Zange und der Wendung den größten Teil der seiner Sorge anvertrauten Geburten zu Ende; Boër in Wien (gest. 1835) dagegen setzte die durch voreiliges Eingreifen der Kunst beeinträchtigte Natur in ihre vollen Rechte ein und ward so der Gründer einer G., deren wohltätige Folgen sich in der neuesten Zeit immer schöner zeigen. Im Laufe der ersten Hälfte des 19. Jahrh. sind allmählich an allen Universitäten geburtshilfliche Institute zum theoretischen und praktischen Unterricht in der G. errichtet worden. In neuester Zeit werden diese mit allem erdenklichen Komfort ausgerüstet, namentlich wurden die Betten bis zu Kunstwerken verfeinert, um den äußersten Grad von Sauberkeit zu ermöglichen. Reinlichkeit ist das Losungswort der modernen Chirurgie und nicht minder der G., denn die geschickte Leitung des Gebäraktes selbst ist nur die erste Aufgabe des Geburtshelfers, ihr gleich steht an Wichtigkeit die zweite Anforderung: die Behandlung der Wöchnerin. Nur die äußerste, peinlichste Sauberkeit, die sich auf die Ärzte, Hebammen und Wärterinnen erstreckt, und die auf Wäsche, Betten, Instrumente etc. ausgedehnt wird, vermag in stark bevölkerter Gegend und besonders im Spital die höchst ansteckende Seuche des Wochenbettfiebers (Kindbettfieber, s. d.) zu verhüten. Wenn man aus diesem Gesichtspunkte die Statistik großer Krankenhäuser vergleicht mit den Resultaten früherer Jahre, so wird man in der G. den Segen der neuen antiseptischen Ära ohne Scheu mit dem Umschwung, den einst die Einführung der Geburtszange hervorgebracht, in Parallele stellen können. Vgl. Busch, Lehrbuch der Geburtskunde (5. Aufl., Berl. 1849); Hohl, Lehrbuch der G. (2. Aufl., Leipz. 1862); Scanzoni, Lehrbuch der G. (4. Aufl., Wien 1867); Schröder, Lehrbuch der G. (12. Aufl., Bonn 1893, seitdem selbständig von Olshausen u. Veit, 5. Aufl. 1902); Winckel, Lehrbuch der G. (2. Aufl., Leipz. 1893); Zweifel, Lehrbuch der G. (5. Aufl., Stuttg. 1903); Runge, Lehrbuch der G. (7. Aufl., Berl. 1903); Ahlfeld, Lehrbuch der G. (3. Aufl., Leipz. 1903); Bumm, Grundriß zum Studium der G. (2. Aufl., Wiesb. 1903); »Handbuch der G.«, mit andern hrsg. von Winckel (das. 1903ff., 3 Bde.). Zur Geschichte: Siebold, Versuch einer Geschichte der G. (Berl. 1839–45, 2 Bde.; Neudruck, Tübing. 1901; dazu als 3. Band. Dohrn, Geschichte der G. der Neuzeit, das. 1903); Häser, Lehrbuch der Geschichte der Medizin (3. Aufl., Jena 1875); Curàtulo, Die Kunst der Juno Lucina in Rom. Geschichte der G. (Berl. 1902); Me. Kay, History of ancient gynaecology (Lond. 1901).

[Geburtshilfe bei den Haustieren.] Anlaß zur G. bei Haustieren geben, abgesehen von einigen Abnormitäten der Genitalien des Muttertieres, Mißbildungen und sonstige Veränderungen des Fötus, abnorme Lagen und auch wohl die zu beträchtliche Größe. Je weiter das mütterliche Becken, um so günstiger gestaltet sich unter allen Umständen die Geburt. Der günstigste Beckentypus ist derjenige der Stute, aber auch die kleinen Wiederkäuer und Schweine haben gute Beckenformen. Am ungünstigsten ist das Becken der Kuh, weshalb bei dieser G. auch am häufigsten notwendig wird. Bei Stute und Kuh gestatten die Raumverhältnisse eine Einführung des ganzen Armes; anderseits erschwert aber Länge und Gewicht des Fötus (40–50 kg) die geburtshelferische Arbeit. Nicht selten ist Embryotomie nötig. Normal ist die Kopfendlage, bei welcher der Kopf zugleich mit beiden vorgestreckten Vorderbeinen zuerst hervortritt: Zurückbleiben oder Zusammenkrümmung eines Beines oder Zurückbiegung des Kopfes bei vortretenden Beinen bildet ein Geburtshindernis und ist durch Kunsthilfe zu beseitigen. Ebenso normal ist die Steißendlage, wenn beide Hinterbeine gestreckt zuerst in den Geburtsweg eintreten. Rohe Gewalt kann selbstverständlich auch bei Tieren nur Schaden stiften. Nachkrankheiten sind namentlich bei Kühen häufig, Gebärmutterentzündung,-Vorfall, Gebärparese (s.d.). Vgl. Harms, Lehrbuch der tierärztlichen G. (mit Eggeling u. Schmaltz, 3. Aufl., Berl. 1899, 2 Bde.). [422] Franck, Handbuch der tierärztlichen G. (4. Aufl. von Albrecht und Göring, das. 1900); de Bruin, G. beim Rind (2. Aufl., Wien 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 420-423.
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