Ilex

[752] Ilex L. (Stechpalme, Hülfe), Gattung der Aquifoliazeen, Sträucher und Bäume mit abwechselnden, selten hautartigen und hinfälligen, meist lederartigen, glänzenden, bleibenden, ganzrandigen, selten gezahnten oder dornig gezahnten Blättern, achselständigen Blüten in wenigblütigen Doldentrauben und kugeligen, vier- bis achtkernigen Steinfrüchten; etwa 170 Arten, meist in Amerika. I. aquifolium L. (gemeine Stechpalme, Stecheiche, Stech- oder Christdorn, Walddistelstrauch), bis 15 m hoher und 50 cm starker Baum oder Strauch mit bleibenden, kurzgestielten, eiförmigen, lederartigen, welligen, buchtigen, stark dornig gezahnten, spiegelnden Blättern, kurzgestielten weißlichen Blüten und scharlachroten, erbsengroßen Beeren, wächst auf frischem, beschattetem sandigen oder kalkigen Boden in der westlichen norddeutschen Zone (Rügen, Neuvorpommern, Westfalen, Niederrhein) sowie in Gebirgswäldern der südlichen rheinischen Zone (Schwarzwald, Vogesen, Jura), in den Alpen (bis 1260 m), Ungarn, Kroatien, Istrien. Sie ist nordwärts durch Dänemark und Südnorwegen, westwärts durch England, Westfrankreich, Spanien bis Portugal, südwärts bis Sizilien und die mittlere Türkei, südöstlich bis Transkaukasien und Persien verbreitet. Die Stechpalme wächst ungemein langsam, und nach 80 Jahren erreicht sie nur eine mäßige Höhe. Der Same keimt erst nach 11/2-2 Jahren. Man kultiviert in Gärten und Parkanlagen gegen 70 Varietäten (auch ganzrandige und panachierte), und da die Stechpalme den Schnitt sehr gut verträgt und gutes Ausschlagsvermögen hat, so wird sie mit bestem Erfolg auch als Heckenpflanze benutzt. Das Holz ist ungemein hart und dicht, im Kern grau oder braun, im Splint weiß und wird als feineres Tischlerholz und zu Drechslerarbeiten benutzt. Die Blätter schmecken bitter-schleimig und wurden früher wie auch Rinde und Beeren arzneilich benutzt. Die Samen dienen als Kaffeesurrogat. Die Zweige benutzt man zu Kränzen, zum Schmuck der Gräber und Kirchen; aus der Geest Schleswig-Holstein werden sie zu diesem Zweck in großen Mengen versandt. I. paraguariensis Lösener (I. paraguayensis St. Hil., s. Tafel »Genußmittelpflanzen«, Fig. 7) liefert den Paraguaytee, Südseetee, Peruaner Tee, Maté. Man schlägt die Zweige ab, zieht sie durch offenes Feuer, erhitzt sie auf Hürden über hellem Feuer, läßt sie einige Tage fermentieren, trocknet sie dann über Feuer vollständig und zerstampft die Blätter mit hölzernen Säbeln. Rationeller geschieht die Röstung in Pfannen, Ofen etc. und die Zerkleinerung auf Mühlen. Das grobe, hellgrüne Pulver riecht krautartig, nach einigen Monaten aber ziemlich aromatisch. Der Ausguß wird ähnlich wie der des chinesischen Tees zubereitet, schmeckt angenehm und riecht balsamisch; am Morgen nüchtern genossen, wirkt er erregend; man schätzt ihn als Verdauungs- und Erfrischungsmittel und genießt ihn zu allen Tagesstunden, namentlich auch um Sorgen und Ermüdung zu verscheuchen, Strapazen leichter ertragen zu können. Man bereitet daraus auch ein alkoholfreies bierähnliches Getränk, das als sehr erfrischend und durststillend gerühmt wird. Als wirksamen Bestandteil enthält der Paraguaytee Kassein (etwa 1 Proz.), dazu Kaffeegerbsäure, wenig ätherisches Öl, Cholin und reichlich Kali- und Magnesiasalze. Außer den genannten liefern noch viele l. – Arten Maté, ebenso aber auch Villaresia congonha und mucronata (Ikazinazeen), Discaria (Colletia) febrifuga (Rhamnazee), Lomatia oblinqua (Proteazee) und mehrere Symplocos-Arten (Symplokazeen). Bisher gewann man den Maté nur von wild wachsenden Pflanzen, doch bemüht man sich jetzt, Kulturen anzulegen. In Südamerika bedienen sich ca. 11 Mill. Menschen des Maté und der Konsum beträgt etwa 100 Mill. kg. Die Ausfuhr nach Europa ist unbedeutend. Die Maté findet sich schon in den peruanischen Gräbern bei Aneon, und die Guarani-Indianer benutzten sie ebenfalls als Genußmittel. I. Cassine Mich. (I. religiosa Barth., heilige Stechpalme. Appalachentee, Carolinatee, indischer Tee), ein 3 m hoher Strauch mit kleinen, lederartigen, länglichen, gekerbten Blättern, unscheinbaren Blüten und roten Beeren, wächst in den südlichen Staaten des östlichen Nordamerika und gilt den Eingebornen wegen seiner kräftigen Wirkung gegen allerlei Krankheiten als heilig. Bei ihren religiösen Versammlungen spielen die Blätter eine große Rolle. Der aus den Blättern bereitete Tee, Blackdrink (schwarzes Getränk), wirkt berauschend. Die Blätter enthalten 0,011 ätherisches Öl, 2,409 Gerbsäure, 0,122 Kassein, 15,277 Stärkemehl, Pektose etc., 8,19 stickstoffhaltige Substanz etc. Der Strauch erträgt unsern Winter, wenn man ihn an geschützten Orten gut deckt. I. gongonha Lamb. in Brasilien liefert den Kassinentee (Conchonga, Cangucha), I. Dahoon Walt. in Florida den indianischen Tee (Yaupon). Vgl. Neger und Vanino, Der Paraguaytee (Stuttg. 1903); Moreau de Tours, Le maté (Par. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 752.
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