Rohlfs

[55] Rohlfs, 1) Gottfried Heinrich, medizin. Schriftsteller, geb. 17. Juni 1827 in Vegesack, gest. 5. Mai 1898 in Wiesbaden, studierte in Göttingen, Würzburg, Berlin, Prag und Paris, ließ sich als Arzt in Vegesack, 1860 in Bremen nieder, lebte dann seit 1873 als Privatgelehrter in Göttingen, seit 1881 in Wiesbaden. Er schrieb: »Medizinische Reisebriefe aus England und Holland« (Leipz. 1868); »Heilkunde und Gesundheitslehre für Schiffsoffiziere« (4. Aufl., Halle 1885); »Geschichte der deutschen Medizin« (Stuttg. u. Leipz. 1875–85, 4 Bde.). 1878–85 gab er ein »Archiv für Geschichte der Medizin« heraus.

2) Gerhard, Afrikareisender, Bruder des vorigen, geb. 14. April 1831 in Vegesack, gest. 2. Juni 1896 in Godesberg, besuchte das Gymnasium in Bremen, kämpfte 1849 in Schleswig-Holstein, wurde nach der Schlacht von Idstedt zum Offizier ernannt, studierte dann in Heidelberg, Würzburg und Göttingen Medizin, trat als Arzt 1855 in die Fremdenlegion, wohnte der Eroberung der Großen Kabylie bei und machte sich die arabische Sprache und orientalische Sitten so zu eigen, daß er als Mohammedaner Marokko durchreisen konnte. 1862 durchzog er die marokkanische Sahara, erforschte das Wadi Draa, wurde von den Führern räuberisch angefallen und verwundet, erreichte aber noch glücklich die französische Grenze. Bei einer zweiten Reise 1864 gelangte er bis zur Oase Tuat, von der er die erste Beschreibung und Karte lieferte, kehrte dann über Ghadames und Tripolis 1865 nach Deutschland zurück, ging aber bald wieder nach Afrika und zog 1866 von Mursuk über Bilma nach Kuka am Tsadsee, wo er beim Sultan von Bornu gute Aufnahme fand. Da indes der Weg nach Wadai verschlossen blieb, brach er nach dem Binuë auf, fuhr ihn bis Lokodja hinab, dann den Niger aufwärts bis Rabba, von wo er 1867 zur Küste bei Lagos gelangte. 1868 begleitete er die englische Armee auf der abessinischen Expedition und erhielt dann den Auftrag, die Geschenke des Königs von Preußen an den Sultan von Bornu zu überbringen. Hiermit betraute er 1869 in Tripolis den Afrikareisenden Nachtigal (s. d.), während er selbst eine Reise nach Kyrenaika und der Oase des Jupiter Ammon unternahm. Im Auftrag des Chedive führte er 1873–74 eine aus zehn Deutschen (darunter Zittel, Jordan, Ascherson) bestehende Expedition in die Libysche Wüste nach der Oase Siuah (Jupiter Ammon). 1875–76 durchreiste er die Vereinigten Staaten von Amerika. 1878–79 unternahm er mit Unterstützung der deutschen Reichsregierung und begleitet von Stecker eine Expedition von Tripolis nach Wadai, um dem Sultan Geschenke des deutschen Kaisers zu überbringen, wurde aber in der Oase Kufra von Suya-Arabern überfallen und beraubt. Nach Europa zurückgekehrt, begab er sich 1880 im Auftrage des deutschen Kaisers mit Stecker nach Abessinien, um einen Brief an den Negus zu überbringen; 1885 wurde er zum Generalkonsul in Sansibar ernannt, kehrte aber bald wieder nach Europa zurück und lebte seit 1890 in Godesberg am Rhein. Sein Bildnis s. Tafel »Afrikaforscher I«. Er veröffentlichte: »Reise durch Marokko« (Brem. 1868;[55] 4. Ausg., Norden 1884); »Reise durch Nordafrika 1865–1867« (Ergänzungshefte zu »Petermanns Mitteilungen«, 1868 u. 1873); »Im Auftrag des Königs von Preußen mit dem englischen Expeditionskorps in Abessinien« (Brem. 1869); »Land und Volk in Afrika« (das. 1870; 3. Ausg., Norden 1884); »Von Tripolis nach Alexandrien« (Brem. 1871, 2 Bde.; 3. Ausg., Norden 1885); »Mein erster Aufenthalt in Marokko« (Brem. 1873; 3. Ausg., Norden 1885); »Quer durch Afrika. Reise vom Mittelmeer nach dem Tschadsee zum Golf von Guinea« (Leipz. 1874–75, 2 Tle.); »Drei Monate in der Libyschen Wüste« (Bd. 1 des Reiseberichts, Kassel 1875); »Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Afrikas« (Leipz. 1876) und »Neue Beiträge« (Kassel 1881); »Reise von Tripolis nach der Oase Kufra« (Leipz. 1881); »Meine Mission nach Abessinien« (das. 1883); »Quid novi ex Africa?« (Kassel 1886).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 55-56.
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