Sáhara

[421] Sáhara (arab. Sáh râ), große nordafrikanische Wüste, erstreckt sich als westlichster Teil des großen, über Arabien und Iran mit Unterbrechungen bis nach Innerasien sich hinziehenden Wüstengürtels vom Atlantischen Ozean im W. bis zum Roten Meer im O. und umfaßt große Gebiete von Marokko, Algerien und Tunis, ferner Fezzan, den größten Teil von Tripolis, Barka, Ägypten und Nubien. Ihr Areal ist berechnet auf 9,159,495 qkm, d.h. fast so groß wie Europa (9,7 Mill.). S. die Karte »Fluß- und Gebirgssysteme von Afrika« (im 1. Bd.).

[Bodenbeschaffenheit.] Die S. ist nicht einförmig, wie früher angenommen wurde, sondern ein landschaftlich sehr mannigfaltiges Hochland (bis 600 m hoch): Hochgebirge mit Gipfeln bis 2500 m wechseln mit steinigen Hochebenen, Dünenregionen, Becken mit Lehmboden und salzigen Seen und Sümpfen sowie mit fruchtbaren Oasengebieten. Über den geologischen Bau des nordafrikanischen Wüstenplateaus vgl. Afrika (Geognostische Beschaffenheit). Zur allgemeinen Orientierung sei folgendes bemerkt. Das aus steil ausgerichteten und gefalteten kristallinischen Schiefern bestehende Grundgebirge, das in den Gebirgen von Aïr (Asben), Ahaggar und Tibesti zutage tritt, wird überlagert von mächtigen horizontalen paläozoischen Schichtenreihen und beides von ebenfalls horizontaler mittlerer Kreide. Seit den ältesten Zeiten hat keine Faltung in der S. stattgefunden, sondern Graben- und Kesselbrüche haben die Höhenunterschiede hervorgebracht. Dagegen fehlen Sedimente aus der Perm-, Trias- und Jurazeit. Die Zone der paläozoischen Ablagerungen wird von W. nach O. schmaler, die der Kreidesedimente nimmt im umgekehrten Sinne zu. In der Tertiärzeit fand vulkanische Tätigkeit statt, während dem Quartär die ausgedehnten Dünenbildungen wie die Alluvionen im Nildelta angehören. Was Einzelheiten betrifft, so erreichen die kristallinischen Schiefer (Gneis, Glimmerschiefer, Quarzit) in Verbindung mit Granit, Syenit und Diorit das Rote Meer, beeinflussen die Bildung der Nilkatarakte und sind ebenso gegen den Sudân weitverbreitet wie in den Bergländern von Ahaggar, Aïr (Asben) und Tibesti. Dazu tritt Granit, von jüngern vulkanischen Gesteinen durchsetzt (Basalte in Tassili) und von erloschenen Vulkanen gekrönt (Vulkan Tegindshir in Aïr und Vulkan Tarso in Tibesti). An diese ältesten Gesteine lehnen sich nach N. hin jüngere, nahezu horizontal gelagerte Schichtensysteme an, die vielfach zerklüftete, wild zerrissene Tafelberge und terrassenförmig übereinander aufsteigende Plateaus zusammensetzen. Marine karbonische Schichten liegen zwischen dem Atlas und der Wüste Igidi im W.; devonische Gesteine bilden den Ostrand der Sandwüste, die Tafelberge bei Gurara, in Tidikelt und am Nordsaum des Ahaggargebirges (Mujdir, Tassili, Egele, Amsak), dann aber auch das Tümmogebirge und den Nordrand von Tibesti bis Borku. Kreideablagerungen sind östlich von den paläozoischen Sedimenten von Gurara entwickelt und erstrecken sich von Laghouat an bis zu den Tafelbergen von Tademaut, von dort bis zum Südrande der großen Hamada el Homra und über die Schwarzen Berge bis zur Libyschen Wüste hin und verbreiten sich nordwärts durch ganz Tripolis. Auch in den Oasen am Ostrande der Libyschen Wüste bis nach Kordofan sind Kreidebildungen, der sogen. Nubische Sandstein, entwickelt. Tertiäre Ablagerungen sind aus der westlichen und mittlern Wüstenregion nicht bekannt; erst zwischen den Oasen Siuah (Siwah) und Farafrah tritt Nummulitenkalk aus dem Libyschen Sandmeer hervor, um weiter nach O. hin, zumal am Nil zwischen Mokkatam bei Kairo und dem ersten Katarakt, große Ausdehnung zu erlangen (von Esneh bis Chartum, durch zehn Breitengrade). Noch jünger sind die Tertiärbildungen, die in der Oase[421] Siuah beginnen und gegen NO. hin bis in die Nähe von Suez sich fortsetzen. Die S. besteht also im Untergrund im N. vorherrschend aus Kalksteinen der Tertiär- und Kreideformation, im Süden aus cretazeïschen und paläozoischen Sandsteinen, über die sich kristallinische Gebirge erheben.

Die Zersetzungsprodukte jener Gesteine bilden den Wüstenboden. Je nachdem Felsblöcke, Kies, Sand oder Lehm überwiegen, unterscheidet man (nach Walther) mehrere Wüstentypen. 1) Felswüsten (Dschebel, im W. Tasili, in der Libyschen Wüste Charaschef genannt) sind die mächtigen Hochgebirgsländer, welche die S. vom Roten Meer bis zum Atlas durchziehen und durch die denudierenden Kräfte (chemische Verwitterung, In solation und Wind) stellenweise in felsige, auch wohl örtlich mit Kies, Sand und Lehm bedeckte Ebenen verwandelt sind (vgl. Tafel »Wüstenbildungen«, Fig. 1, 2 u. 3).

Zeugenlandschaft bei Guelb el-Zergour.
Zeugenlandschaft bei Guelb el-Zergour.

Soweit diese Felswüsten aus horizontal geschichteten Gesteinen bestehen, sind für sie Zirkustäler (isolierte amphitheatralische Mulden, von steilen Wänden umschlossen, die nur durch die erodierende Kraft gelegentlich fließender Bäche zu einem Talsystem verbunden) und Inselberge (die »Zeugen« der Araber, Überbleibsel einer ursprünglich weit ausgedehnten Terrasse; s. Abbildung) charakteristisch. 2) Die Kieswüsten sind entweder mit scharfkantigen Steinen (Hamada) oder mit glänzenden, durch Sandwinde glatt geschliffenen Kieseln (Serîr) bedeckt und sind aus den Felswüsten durch fortdauernde, alle Unebenheiten abtragende Denudation entstanden. 3) Die Sand- und Dünenwüsten (Areg oder Erog im Zentrum, im W. Igidi und im O. Remel oder Remla) erscheinen als unabsehbares, fahles Sandmeer mit gewaltigen Dünen in der Libyschen Wüste, dem großartigsten Sandgebiet der S., meist zu förmlichen Gebirgsketten angeordnet. Zwischen ihnen erstrecken sich verschieden breite Täler, die in der westlichen S., wo in geringer Tiefe angesammelte Feuchtigkeit bleibende Vegetation ermöglicht, zuweilen sehr gute Weidegründe bieten. Die Dünen sind entstanden unter dem Einfluß des Windes, der die feinern Teile der durch Insolation etc. zerfetzten Gesteine fortführt und zu Dünenwellen bis über 100 m zusammenweht, quer zur herrschenden Windrichtung. Sie rücken, in örtlich verschiedener Richtung, langsam vor und begraben zuweilen Oasen und Ortschaften. 4) Die Lehmwüsten, weit geringer verbreitet, finden sich namentlich da, wo durch Zurückweichen des Meeres Meeresboden bloßgelegt und in Wüste verwandelt ist, so an der Küste des Mittelmeers und im Gebiete der sogen. Schotts südlich von Tunis, aber auch in den Depressionen der S., wo die Seen durch Verdunstung zur Sebcha werden, d.h. eine harte, polygonal zersprungene Oberfläche mit schlammiger, sumpfiger Unterlage entsteht. Der Schlamm ist häufig von Gips und Salz durchzogen; namentlich in den Depressionen, nach denen die seltenen Gewitterbäche strömen, um dort zu versiegen, sammelt sich das Salz, zuweilen, wie auf dem Seeboden von Bilma und bei der Sebcha von Tamentit, in ziemlich reinen Massen. Bis hoch in den Norden der S. auf den Hochebenen des Atlas kommt Sebchabildung vor. Nach Chavanne verteilt sich die Oberfläche der S. folgendermaßen: Ha ma da und Serîr 4,2 Mill., Felsen und Berge 2 Mill., Steppen und Weiden 1,5 Mill., Dünenregionen 1,2 Mill., Oasen und Kulturland 200,000 qkm.

An Mineralprodukten besitzt die S. Salz (überall verbreitet), Salpeter (im Gebiete der Uled Amer), Natron (außer in Fezzan z. B. in den beiden Natronseen bei Birki zwischen Mursuk und Bilma, in Quellen zu Tetro, in West-, bez. Ost-Tibbuland sowie in einem Natronsee zu Arbat, südlich von Audschila), Antimonerze (in der Oase Tuat) und Eisenerze (im Tuareggebiet). Kochsalz wird an der Küste in Lagunen, hauptsächlich aber im Innern aus den beckenförmigen Vertiefungen der Oberfläche gewonnen. Auch beständig trockene Stellen, an denen eine fortwährende Salzgewinnung stattfindet, sind zahlreich. Ein großes Steinsalzlager befindet sich im westlichen Teil El Dschuf (s. d.) in Taudeni. Alaun (seit ältester Zeit Handelsartikel nach den Atlasländern und Ägypten) kommt besonders im Gebiete der Tuareg vor.

Die Bewässerung der S. ist außerordentlich dürftig. Der einzige perennierende Wasserlauf ist der Wadi Draa im NW. Alle übrigen sind anfangs nach jedem Regen sich füllende, ungestüme Gebirgsbäche, verschwinden aber in den Sandregionen, setzen sich jedoch unterirdisch fort, so daß man fast überall in den Flußbetten in verschiedener Tiefe auf Wasser stößt. Wo Wasser (auch Brackwasser) den Boden tränkt, entsteht eine Oase (s. Oasen). Man unterscheidet natürliche und künstliche Oasen. Zu den erstern gehören die des Wadi Draa (Südmarokko), durch den Draa gebildet, die des obern Tafilet (vom Sis durchflossen), die des eigentlichen Tafilet südlich von Ertib, die meisten von der Gruppe des nördlichen Tuat und viele kleinere südlich vom Atlas; zu den zweiten die Oase Kauar, ein Teil von Fezzan, die Oasen von Suf, Tidikelt u.a. Oasen mit oberirdisch rieselndem Wasser gibt es namentlich am Südfuß des Atlas. Für »Oase« gebrauchen die Bewohner das arabische Ain (»Quelle«, berberisch »Tit«, im Tibbu »Galle«); ein tiefer Brunnen heißt Bir; Flußbett »Ued« oder »Wadi-, Fluß-Irharhar«. Auffallend ist der Reichtum der S. an Seebecken, ja an Seen selbst, auch auf höhern Teilen der Wüste, z. B. in Fezzan.

[Klima.] Der Wüstencharakter erklärt sich wie im gleichartigen zentralasiatischen Gebiet aus den Windrichtungen, die den Mangel an Regen oder sein vol liges Ausbleiben herbeiführen. Im Sommer liegt über dem heißen Wüstengebiet ein barometrisches Minimum, das vielleicht in je eins über der Libyschen Wüste und über dem Gebiet im NO. von Timbuktu zerfällt; die Luftströmungen aus dem über dem Mittelmeer und dem Atlantischen Ozean liegenden relativ hohen Luftdruckgebiet (daher in der S. vorwiegend nördliche Winde) können aber, da sie aus kältern Gegenden in wärmere wehen, also immer trockener werden, keinen Regen bringen. Im Winter, wo über der S. ein Gebiet hohen Luftdrucks (Maximum) liegt, wehen die Winde aus ihr heraus, das Gebiet kann also auch dann keinen Regen erhalten. Daher die außerordentliche Trockenheit der S. Absolut regenlos ist die Wüste nicht; zuweilen überschreiten die Winterregen des Mittelmeers den Nordrand der S., anderseits dringen die Regen des Sudâns nicht selten weit nordwärts vor; insbes. fallen in gebirgigen Gegenden der S. verhältnismäßig häufig Regen. Die höchsten Temperaturen liegen wahrscheinlich in der Nähe des Wendekreises und dürften wenig von 50°[422] abweichen, etwas hoher als die in Indien beobachteten. Wegen der Trockenheit der Luft und der starken Ausstrahlung ist im Winter die südliche S. kälter als die Ufer des Mittelmeers, bis 30° nördl. Br. kommen nicht selten Fröste vor. Die Bodenoberfläche kann sich in der Sonnenglut bis zu 70° erwärmen, wie sie bei Nacht sich nicht selten unter den Gefrierpunkt abkühlt, so daß Eisbildung (Spaltenfrost) die Folge ist. Wenn der Wind eine Sandsäule erhebt, kann die Lufttemperatur eine außerordentliche Höhe erreichen. So entstehen die heißen Wüstenwinde (s. Samum), übrigens keine lokale Erscheinung, sie treten besonders in den Übergangsmonaten vom Winter zum Sommer auf (s. Ägypten, S. 184 f.). Gewitter sind in der eigentlichen S. äußerst selten; häufig aber wetterleuchtet der Himmel an den Südrändern der Wüste. Bei vollkommener Windstille (an sehr wenigen Tagen) ist die Luft ungemein durchsichtig. Luftspiegelungen sind häufig, su der Ebene wie in den gebirgigen Teilen. Die Folge der geringen oder gar nicht vorhandenen Niederschläge ist, daß die S. zu den wolkenfreiesten Gebieten der Erde gehört.

[Pflanzen- und Tierwelt.] Vegetationslose Strecken sind die Serîr mit felshartem, Geröll führendem Boden, die höher gelegene Hamada, die noch stärkeres Geröll bedeckt, die Areg oder Sandwüsten und die nur Halophylen erzeugende Salzwüste. In diese Gelände dringen typische Wüstenpflanzen, aus den verschiedensten Arten gebildete Formationen, ein. Charakteristisch für die Wüstenpflanzen, die gegen Hitze und intensive Nachtkälte wie Dürre zugleich kämpfen müssen, ist ihre Artenarmut, wenn auch die Individuenzahl örtlich reich sein mag. Die reichste Vegetation findet sich in den trockenen Flußbetten, den Wadis, und den quellenführenden Oasen. Für letztere ist typisch die Wälder bilden de Dattelpalme, die durch Kultur erhalten wird; ferner von afrikanischen Palmen Hyphaene Argun in den nubischen Wad is. Daneben treten, der nordsudanischen Flora entstammend, mehrere Acacia-Arten und der Oschur, die Asklepiadazee Calotropis procera, als bestimmende Pflanzen auf. In umgekehrter Richtung, vom Mittelmeer, sind eine baumartige Tamariske (Tamarix gallica), die Wüstenpistazie (Pistacia atlantica), die Polygonazee Caillgonum comosum, die Leguminose Retama Raetam und die Gnetazee Ephedra, blattlose Sträucher, die hier in einer gewissen Mannigfaltigkeit des Wuchses und Blütenbaues auftreten, in die S. eingedrungen. Unter den Salsolazeen ist Traganum nudatum endemisch. Die Häufigkeit einer am Boden kriechenden Kukurbitazee, der Koloquinte (Citrullus Colocynthis), ist wahrscheinlich auf Verbreitung durch Vögel zurückzuführen. Die Gräser der S. stimmen mit denen der asiatischen Steppen zum Teil überein. Große Rasen bildend, erscheinen zur Regenzeit im Februar und März Pennisetum-Arten und die bis 2 m hohe Halme treibende Aristida pungens. Dann erblüht in den Wadis eine üppige Vegetation von bunter Zusammensetzung; verschiedene Arten schließen sich heckenartig aneinander (Nitraria-Sträucher verflechten sich mit Lycium und halbmannshohe Gebüsche von Panicum oder Pennisetum mit einem Haufwerk aus halbstrauchartiger Umbellifere Deverra, Astragalus und Zi!la). Von besonderm Interesse sind die durch das Wüstenklima bedingten biologischen Anpassungen. Als Schutzmittel gegen die Trockenheit ist die Bildung von Dornen (Zizyphus, Alhagi) und die Bekleidung mit Haaren (Artemisia, Salvia und Gnaphalium) häufig, ebenso die unverhältnismäßig großen, dicken Wurzeln zur Wasseraufspeicherung. Sehr merkwürdig ist die Ausscheidung von Salzkristallen, wie sie der Strauch Reaumuria hirtella während der Nachtzeit zeigt, um durch deren hygroskopische Eigenschaften tagsüber die Pflanze feucht zu erhalten. Eine bekannte Erscheinung ist auch die Hygroskopizität der sogen. Jerichorosen, der Kruzifere Anastatica hierochustica und der Komposite Asteriscus pygmaeus. Im nördlichen Teil der S. bestehen pflanzengeographische Beziehungen zu Syrien, Arabien und den Kaspisteppen.

Die Tierwelt der S. ist von der mittelländischen Subregion und paläarktischen Region wie von der äthiopischen Region her bevölkert worden und bildet eine Vermittelung zwischen den Atlas- und Mittelmeergebieten und denen des Sudâns, erstern aber näher stehend. Die Grenzlinie zwischen beiden Provinzen verläuft etwa mit dem Wendekreis. Charakteristisch für die Tierwelt ist, daß der Körper, da große Strecken bei spärlichem Pflanzen wuchs und Wasservorrat zurückzulegen sind, daraufhin eingerichtet sein muß; auch ist der Gefahren wegen die Farbe desselben der umgebenden Natur angepaßt. Die Antilopenarten, welche die Savannen der südafrikanischen Hochflächen bevölkern, kommen nur in kleinen Trupps vor; im O. sind von Wiederkäuern die Giraffen am häufigsten. Größere Raubtiere, namentlich Löwen, finden sich nicht im Innern wegen Mangels an Fleischnahrung und Wasser. Von wilden Säugetieren gibt es außer den genannten Wiederkäuern wilde Esel und Rinder, Hafen und Feneks (Wüstenfüchse), von Vögeln Strauße, Wüstenlerchen und andre charakteristische Wüstenvögel. Die Reptilien sind besonders durch Hornviper, Skink und Schleuderschwanz vertreten; Amphibien finden sich gleich den Fischen in den Wasseransammlungen der Oasen. Die Insekten vertreten die Heuschrecken, besonders die Wanderheuschrecke; außerdem sind Käfer und Fliegen in größerer Artenzahl vorhanden. Von Mollusken erscheinen in manchen Strecken, am meisten im O. bei Siwah, unermeßliche Anhäufungen einer weißen, zur Gattung Helix gehörenden Landschnecke. An gezähmten Tieren gibt es: das einbuckelige Kamel, Rinder, vortreffliche Pferde und Ziegen, treffliche Schafe mit Fettschwänzen (bei den Tuaregs). Die westliche S. ist nach Lenz besonders tierarm.

[Geographische Einteilung.] Nach der Gliederung ihrer Oberfläche zerfällt die S. topographisch in drei Deile. 1) Die westliche S. Das Küstengebiet längs des Atlantischen Ozeans, vom untern Senegal bis zur Grenze von Marokko, ist ein durch Plateauhöhen wenig unterbrochenes Flachland, 1500 km lang und 180–220 km breit. Das Hochland von Taganet und El Hodh im NO. der Senegalmündung scheint eine mittlere Höhe von 500–600 m zu haben. Daran schließt sich im N. die Einsenkung von Adrar (s. d.) an, eine bis 300 m hohe, hin und wieder fruchtbare Fläche. Ihr folgt östlich das Salzgebiet El Dschuf (s. d.). Zwischen Adrar und Marokko dehnt sich von 22–25° nördl. Br. ein Wüstengürtel mit spärlichen Oasen aus, während weiter nach N. auf einer Sandstein-, Schiefer- und Kalkunterlage infolge periodischer Regen dürftige Vegetation auftritt. Südlich vom Wadi Draa in der Richtung gegen Timbuktu tritt eine Zone von Sanddünen auf, Igidi genannt, mit ziemlich reichlichen unterirdischen Wasseransammlungen, kleinen Wäldern von stachligen Mimosen und Herden von Gazellen und Antilopen. Der tiefste Punkt in diesem 200–400 m hohen Teil der westlichen S.[423] ist das 150 m ü. M. gelegene Wad Teli, woran sich die Einsenkung von Tafilet und Tuat und das Tiefbecken von Wargla anschließen, letzteres auch algerische S. oder El Areg (El Erg) genannt. Hier setzt 2) die mittlere S. ein, hauptsächlich ein Gebiet von Tafelländern mit isolierten Tafelbergen, Kuppen und Kegeln. Südlich des letztgenannten Gebietes erhebt sich Ahaggar und Asgar, das Gebirgsland. Nach NW. vermitteln die Dünen von El Golea die Verbindung mit dem Süden Algeriens, wo das Plateau von Tademaït steil gegen die Landschaften Tidikelt, Tuat und Gurara abfällt, gegen NO. aber nach dem Becken von Wargla absinkt. Weiter nach SO. erhebt sich zwischen 22 und 25° nördl. Br. das 1300 m hohe Plateau von Ahaggar mit über 2000 m hohen Berggipfeln. Daran schließt sich bis über Ghat hinaus das Plateau von Tassili, das an seinem Südrande, dem Hochlande der Asgar, bis über 1300 m ansteigt. Zwischen diesem Plateau und dem Parallelkreis von Ghadames endlich breitet sich eine weite steinige, hier und da sandige Fläche von 300–500 m Erhebung aus. Südlich vom Plateau von Ahaggar liegt das Gebirgsland Aïr oder Asben unter 16 bis 20° nördl. Br. mit tief einschneidenden, oft vegetationsreichen oder mit Mimosen dicht bewaldeten Tälern (Oase Tintellust, 577 m). Vom Ostrande des Beckens von Wargla und vom Hochland Ahaggar nach O. bis an die Libysche Wüste und nach N. bis an die beiden Syrten des Mittelmeers erstreckt sich auf einer Fläche von 990,000–1,100,000 qkm das Plateauland von Fezzan als felsige oder mit Geröll, selten mit Sand bedeckte, fast vegetationslose Hamada, die in den isolierten Bergen Tekut (852 m), Bibel, Toësche (674 m) und Ras Tekira ihre größten Höhen erreicht. Zwischen 27 und 29° nördl. Br. erstreckt sich ein über 800 km langer, öfters unterbrochener Gebirgszug mit den aus gelbem Sandstein bestehenden Sudahbergen (658 m) zwischen Sokna und El Gaaf, später, wo die Straße von Audschila nach Mursuk über ihn hinführt, Harutsch el issued und Harutsch el assuat (»schwarzer Berg«, der Mons ater des Plinius, über 1000 m) genannt. Nach O. schließt sich die Hamada bei Tibesti zwischen Tümmo- und Tarsogebirge an das Hochland der Tibu Resch ade an, wo der Tusidde (Tarso 2400 m), der höchste bekannte Berg der S., sich erhebt. Östlich dieser Gebirgszüge beginnt 3) die östliche S. Nach O. und N. senkt sie sich zur Libyschen Wüste ab, die sich von der Nordgrenze von Dar Für unter 16° nördl. Br. gegen N. bis an die Große Syrte, das Plateau von Barka und die Nilmündungen über 1500 km weit erstreckt, während ihre Breite vom Niltal bis zum 19.° westl. L. 800–1000 km beträgt. Erst seit 1870 haben Schweinfurth und Rohlfs sie etwas näher erforscht. Dennoch ist dies etwa 400 m hohe Plateau, das nur an seinen Grenzen von Straßen durchschnitten wird, noch ziemlich unbekannt. Das Innere enthält bloß eine Oasengruppe, die von Kufra (s. d.); im nordöstlichen Teil zieht sich dagegen eine ganze Reihe von Oasen hin (Audschila, Dschalo, Siwah, Bacharieh, Farafrah, Dachel und Chargeh, einige unter dem Meeresspiegel); sie liegen in einer Senke, welche die Libysche Wüste vom Plateau von Barka scheidet. Getrennt durch die Senke des Nils (s. d. und Ägypten, S. 183), setzt sich das Wüstengebiet auf afrikanischem Boden noch fort in der Arabischen und Nubischen Wüste, die wiederum jenseit des Grabenbruches des Roten Meeres in Arabien (s. d., S. 652) selbst ihre Fortsetzung finden.

[Bevölkerung.] Die S. ist früher feuchter und deshalb in größerer Ausdehnung bewohnbar gewesen, wie das Vorhandensein zahlreicher alter Flußläufe, die auf einst reichere Bewässerung und größere Fruchtbarkeit hindeuten, das Vorkommen von Krokodilen in Seebecken der S., die versteinerten Stämme in vielen Teilen der Wüste erweisen. Die jetzige Bevölkerung gehört fast durchweg dem Berberstamm an. Die eingewanderten Araber aber (fast nur an den Zentren des Karawanenverkehrs unvermischt) haben ihre Sprache zur herrschenden in der S. gemacht. Die Berbervölker vom Meer im W. bis Tuat und Timbuktu im O. bezeichnet man als Mauren; Mischung mit Negern ist sehr häufig. Auf sie folgen die Tuareg (etwa 150 bis 200,000), den mittlern Teil einnehmend, bis zur Karawanenstraße von Tripolis nach Kuka im O. An sie schließen sich, den östlichen Teil einnehmend, die Tibbu (Teda und Daza) an, deren Völkerstellung zwischen Negern und Berbern schwankt, aber nach Nachtigal mehr letztern zuneigt. Juden leben in den Oasen als Händler und Goldschmiede; dann echte Neger, größtenteils aus ihrer Heimat verkaufte Sklaven oder Kaufleute. Alle Bewohner der S. beschäftigen sich vorzugsweise mit Viehzucht und Handel, da der Boden keinen Ackerbau zuläßt, und sind Nomaden. Die östliche S. scheint sehr dünn bevölkert zu sein und höchstens 50,000 Menschen zu beherbergen, von denen in Kufra 700, Tibesti 12,000, Borku 10–12,000, Wanjanga 4500, Guro 1000, Ennedi 14,000, Kauar und Bilma 6000 wohnen. Die mittlere und westliche S. ist dichter bevölkert. Es werden berechnet (zum Teil nach Schätzung) für Nordwest-Mauretanien 30,000, das übrige Mauretanien 300,000, Ahaggar und Asdjer 9000, Tuareg bis zum Niger 240,000, Aïr etc. 130,000, Nomaden nördlich von Kanem und Wadaï 50,000. Vgl. Seehausen, Siedlungen in der S. (»Deutsche Geographische Blätter«, Bremen 1890).

[Verkehr.] In der S. werden von Karawanen jetzt fünf nordsüdliche Haupthandelsstraßen benutzt: Mogador-Timbuktu, Insalah-Timbuktu, Tripolis-Kano (über Ghadames, Ghat und Agades), Tripolis-Kuka (über Mursuk und Bilma), Bengasi-Wadaï. Die Straßen, nie zu derselben Zeit gleich begangen, werden nach der politischen Sachlage ausgewählt. Von den ostwestlichen kommt, dem Oasenzuge südlich von Barka folgend, nur die Straße Kairo-Tafilelt (über Audschila, Sokna, Tripolis, Ghadames und Insalah) in Betracht. Der Handel besteht in dem Austausch von Lebensmitteln und Landesprodukten aus den Oasen (Vieh, Salz, Alaun, Datteln, Straußfedern, Pferden etc.) an die Bewohner der Randländer gegen Goldstaub (Sklaven), Elfenbein, Getreide, Waffen, Pulver und Kleidungsstoffe. Der Handel ist mithin vornehmlich Durchgangshandel, vielfach in den Händen arabischer und berberischer Kaufleute. Ob in diesen uralten Verhältnissen die Besitzergreifung eines großen Teils der S. durch die Franzosen (s. unten), deren Besitzanteil auf 3,88 Mill. qkm (1904) berechnet wird, etwas ändern wird, muß erst die Zukunft lehren. Plänen zur Bewässerung der Schotts (s. d. und Roudaire) und zur Durchquerung der S. von Algerien nach Timbuktu mittels einer Eisenbahn (von Flatters, Rolland u.a.) ist man schon öfters von französischer Seite nähergetreten, sie sind jedoch bisher gescheitert. Nur von den Randgebieten ist man im letzten Jahrzehnt, besonders von N. und W., etwas eingedrungen. Geplant ist, nach Aufgabe der Linie Biskra-Timbuktu, eine Bahn Biskra-Tsadsee (3000 km). Die politische Zugehörigkeit der S. war bis vor kurzem nur im N.[424] genauer festgelegt, wo Marokko, Algerien, Tunis, Tripolis und Ägypten feste Ansprüche auf bestimmte, an ihre nördlichern Gebiete angrenzende Teile erhoben; seit dem Übereinkommen zwischen Frankreich und England (5. Aug. 1890) und mit Spanien (27. Juni 1900) ist indes die westliche und zentrale S. als zur französischen Interessensphäre gehörig zu betrachten. Das Wüstengebiet zwischen Senegal, Timbuktu und Marokko-Algerien wird jetzt (1903) als Mauretanien bezeichnet, hat aber noch keine eigentliche Kolonialverwaltung erhalten. Algerien, Französisch-Westafrika und Französisch-Kongo teilen sich (ohne feste Grenzlinien) in dasselbe. Der abenteuerliche Versuch Lebaudys (s. d.), sich im N. des sogen. Mauretanien als »Kaiser der Sahara« (1903) zu proklamieren, fand in Paris Beachtung, ein Beweis, wie ernst die französische Regierung diese Angelegenheit nahm.

[Entdeckungsgeschichte.] Die Kenntnis der Griechen von der S., die sie »die Wüste« (Eremos) nannten, war sehr mangelhaft. Daß es Land im Innern von Libyen gebe, erfuhr erst Herodot von Etearchos, dem Priester des Ammontempels, der ihm sagte, daß fünf Nasamonen (s. d.) die Wüste durchzogen hätten. Die Karthager unterhielten höchstwahrscheinlich mit den Äthiopiern lebhaften Handel, an dem die Garamanten als Vermittler beteiligt waren. Die Römer sind nach Unterwerfung der Nordküste Afrikas in die Nordsahara, wie zahlreiche noch vorhandene Baureste bekunden, vorgedrungen. Nach der Peutingerschen Tafel hatten die Römer eine Karawanenstraße, die bis etwa zum heutigen Agades reichte. 19 v. Chr. zog L. Cornelius Balbus nach Fezzan, am Ende des 1. Jahrh. Septimius Flaccus und Julius Maternus bis in die Regionen des Sudâns, desgleichen Gajus Suetonius Paullinus 37 n. Chr. ebendahin, und im 4. Jahrh. erreichte der Feldherr Salomon gleichfalls den Sudân. Aber erst die Araber drangen, nach Besetzung des Nordrands Afrikas, durch die Wüste vor und trugen Glauben und Sprache bis zum Sudân und Senegal. Durch ihre großen Reisenden (Leo Africanus und Ibn Batuta) wurde das Innere der S. zuerst näher bekannt, während die Erforschung durch Europäer erst im 18. Jahrh. beginnt, eine genauere Kenntnis erst im 19./20. Jahrh. erzielt wurde. Im W. machten uns die Franzosen Panet (1850) und Vincent (1860) mit dem maurischen Teil bekannt; 1828 gelangte René Caillié von Timbuktu nach Marokko. Die Landschaften im Süden Marokkos (Tuat) erforschte Rohlfs, die südlich von Algerien gelegenen Teile Duveyrier und (1875) Largeau, die westliche O. Lenz (1879–80). Für den mittlern Teil war die große Expedition unter Richardson, Barth und Overweg epochemachend; die Tibbuländer eröffnete Nachtigal und die Libysche Wüste Rohlfs. Weiteres über die Erforschungsgeschichte s. Afrika, S. 149 ff. Vgl. Zittel, Die S., ihre physische und geologische Beschaffenheit (Kassel 1883); Duveyrier, Exploration du S. (Par. 1864) und S. algérien et tunisien (hrsg. von Maunoir u. Schirmer, das. 1905); Soleillet, Exploration du S. (das. 1876); Chavanne, Die S. (Wien 1878); Largeau, Le S. algérien (2. Aufl., Par. 1882); Nachtigal, S. und Sudân (Berl. 1879 bis 1889, 3 Bde.); Lenz, Timbuktu etc. (2. Ausg., Leipz. 1892, 2 Bde.); Bonelli, El S., descripcion geografica, comercial y agricola (Madr. 1889); Rolland, Géologie du S. algérien, etc. (Par. 1891); Bissuel, Le S. français (das. 1892); Schirmer, Le S. (das. 1893); Vuillot, L'exploration du S. (das. 1895); Walther, Das Gesetz der Wüstenbildung in Gegenwart und Vorzeit (Berl. 1900); Bernard-Lacroix, Historique de la pénétration saharienne (Algier 1900); Lenfant, La grande route du Tchad (Par. 1905); Foureau, Au S., mes deux missions de 1892 et 1893 (2. Aufl., das. 1897), D'Alger an Congo par le Tchad (das. 1902) und Documents scientifiques de la Mission saharienne (das. 1905); Dürkop, Die wirtschafts- und handelsgeographischen Provinzen der S. (Jena 1902); Bernard und Lacroix, La pénétration saharienne 1830–1906 (Algier 1906); Nieger, Carte des oasis sahariennes, 1: 250,000 (Par. 1904, 9 Blätter).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 421-425.
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