Saint-Germain-en-Laye

[437] Saint-Germain-en-Laye (spr. ßäng-schermäng-anglǟ'), Stadt im franz. Depart. Seine-et-Oise, Arrond. Versailles, malerisch auf einer Anhöhe am linken Ufer der Seine, 13 km westlich von Paris an der Linie Paris-S. der Westbahn und der großen Gürtelbahn gelegen, auch durch Dampfstraßenbahn mit Paris verbunden, hat eine Kirche mit dem Grabmal Jakobs II. von England, ein berühmtes Schloß (s. unten), ein Denkmal des hier 3. Sept. 1877 verstorbenen Thiers (von Mercié 1880), ein Museum, ein Rathaus mit Bibliothek (10,000 Bände) und Gemäldegalerie, Baumwollspinnerei, Fabrikation von Parketten und Schokolade und (1901) 16,863 (als Gemeinde 17,297) Einw. S ist wegen seiner schönen Lage und Umgebung eine vielbesuchte Sommerfrische. Gegen das Seinetal zu zieht sich die von Lenôtre 1672 angelegte aussichtsreiche Terrasse (2400 m lang, 30 m breit) hin; an ihrem südlichen Ende steht der Pavillon Heinrichs IV., der Rest des von Heinrich II. erbauten, 1776 demolierten neuen Schlosses, jetzt Hotel. Nördlich von der Stadt liegt der schöne, von Mauern umschlossene Wald von S., 4146 Hektar groß, wovon 428 Hektar der Stadt Paris als Rieselfeld verpachtet sind, mit einem ehemaligen Jagdschloß, Les Loges, jetzt Filiale der Erziehungsanstalt der Ehrenlegion. Hier findet jährlich Anfang September ein besuchtes Volksfest statt. – Das alte berühmte Schloß ist ein gewaltiger, historisch sehr wichtiger Bau, der unter Karl V. 1370 begonnen ward, seit der Regierung Franz' I. zum häufigen Aufenthaltsort des französischen Hofes diente und von Franz sowohl als von den spätern Königen vielfach erweitert und verschönert wurde. Heinrich II., Karl IX., Ludwig XIII. (der hier auch starb) und Ludwig XIV. wurden in S. geboren. Auch ward hier 1570 der Friede zwischen Karl IX. und den Hugenotten, 17. Okt. 1635 der Vergleich zwischen Bernhard von Weimar und Ludwig XIV. und 29. Mai 1679 der Friede zwischen Frankreich und Brandenburg geschlossen. Ludwig XIV. verließ das Schloß, weil er von hier die Königsgräber von St.-Denis vor Augen hatte, und übergab es 1689 dem vertriebenen König Jakob II. von England, der 1701 hier starb; auch sein Sohn, der Prätendent Jakob III., residiert ein S. Seitdem war es nie mehr Residenz eines Königs. Es diente in der Folge als Kaserne und Militärstrafanstalt. Napoleon III. stellte das Schloß wieder her, und jetzt befindet sich in ihm ein Museum gallorömischer Altertümer. Vgl. Lacombe, Le château de S. (4. Aufl., Par. 1874); Millet, Monographie de la restauration du château de S. (das. 1893, 100 Tafeln); »S. et les communes voisines. Guide indicateur« (St. Germain 1889); Bulard, Les traités de S. 1679 (Par. 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 437.
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