Lameth

[58] Lameth, 1) Theodore, Graf von L., aus einer alten Familie der Picardie, geb. 1756 in Paris, ging Anfangs in Seedienste, wurde dann Cavallerieoffizier u. nahm als solcher 1778 Theil am Nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Nach[58] seiner Rückkehr nach Frankreich wurde er Brigadegeneral u. war 1791 Mitglied der Gesetzgebenden Versammlung u. bes. bei militärischen Discussionen von Einfluß; die Einrichtung der Cavallerie der Republik war sein Werk. Während der Schreckenszeit lebte L. in der Schweiz u. kehrte erst unter dem Consulat zurück, doch lebte er zurückgezogen. 1815 war er Deputirter für das Departement Somme u. st. 1854. 2) Charles Malo François, Graf L., Bruder des Vor., geb. 1757 in Paris, ging mit den französischen Truppen nach Amerika, um die Unabhängigkeit der Amerikanischen Freistaaten erkämpfen zu helfen, wo ihm bei dem Angriff auf Yorkstown ein Bein zerschmettert wurde, ward nach seiner Rückkehr Oberst u. Deputirter bei den Reichsständen, wo er nach der Flucht Ludwigs XVI. die Erneuerung des Verfassungseides durchsetzte, sich jedoch den Versuchen, den König zu entthronen, widersetzte; 1792 ging er zur Nordarmee u. befehligte als Maréchal de Camp eine Cavalleriedivision, wurde aber, als Lafayette das Heer verließ, in Rouen verhaftet; befreit, lebte er bei seinem Bruder, kehrte 1800 nach Frankreich zurück, wurde 1809 als Brigadegeneral zur großen Armee nach Deutschland berufen u. von Napoleon zum Gouverneur des Großherzogthums Würzburg ernannt; ging 1810 wieder nach Frankreich, erhielt das Militärgouvernement von Santona in Spanien, wurde 1814 von den Bourbons zum Generallieutenant ernannt, ward 1827 für das Arrondissement Pontoise Deputirter in der Kammer u. vertheidigte die constitutionellen Freiheiten, verlor aber viel an seinem Ansehen u. st. 1832. 3) Alexandre Graf L., Bruder des Vor., geb. 1760 in Paris, trat früh in Kriegsdienste, nahm ebenfalls am Nordamerikanischen Feldzuge u. als Adjutant des Generals Rochambeau an dem Angriff auf Jamaica Theil. Nach der Rückkehr ins Vaterland Artillerieoberst geworden, wurde er 1789 Deputirter der Reichsstände, entsagte den Vorrechten des Adels, ging zu dem Tiers état über, half an der Verbesserung der Staatseinrichtungen u. entwarf 1790 treffliche Pläne zur Errichtung des Kriegsheeres u. der Beförderung der Offiziere; eifriger Vertheidiger der Preßfreiheit, drang er auf Einführung der Geschwornengerichte u. hatte einen Zweikampf mit dem Herzog von Castries. Nach der Flucht der königlichen Familie 1792 begab er sich zu der Nordarmee in Flandern, folgte seinem Obergeneral Lafayette über die Grenze, wurde mit ihm von den Österreichern gefangen u. erst nach drei Jahren frei gelassen; er begab sich nun nach England, trat dort mit den ausgezeichnetsten Staatsmännern in Verbindung u. legte mit seinem Bruder u. dem Herzog von Aiguillon in Hamburg ein Handelshaus an. Erst unter dem Consulat kehrte er nach Frankreich zurück, wurde Präfect u. Reichsbaron u. nach dem Sturz Napoleons zum Generallieutenant befördert, blieb aber dabei Präfect, trat in den Hundert Tagen in die Pairskammer, verlor unter Ludwig XVIII. die Pairswürde wieder, wurde aber vom Departement Seine inférieure zum Deputirten in die Repräsentantenkammer gewählt, wo er stets für die constitutionellen Rechte sprach; von seinen Reden sind namentlich berühmt die über die Legitimität u. die Colonien (1822). Er st. 1829 u. schr.: Hist. de l'assemblée constituante.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 58-59.
Lizenz:
Faksimiles:
58 | 59
Kategorien: